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Einhalt geboten werden, wenn es dem Herzog gelang, seine persönliche Macht zu einer alle andern überragenden zu gestalten. Otto Ⅰ. bereitete dies vor durch das damals beliebte Mittel der Heiraten. Sein Sohn Ludwig folgte auf diesem Wege. Vor allem aber kam dem Herzog das Aussterben der Grafengeschlechter dabei zu Hilfe. Schon den drei ersten Wittelsbachern erwuchs aus dieser und andern Thatsachen die Verdreifachung ihres ursprünglichen Hausbesitzes. Die wichtigste Errungenschaft unter Ludwig Ⅰ. war die Erwerbung der Rheinischen Pfalz (s. Pfalz) 1214. Allein schon unter Otto Ⅱ. (1231–53) zeigten sich sichere Zeichen des Verfalls.
In dem Kampfe um die erledigten Herzogtümer Österreich [* 2] und Steiermark [* 3] zog Otto Ⅱ. gegen Böhmen [* 4] den kürzern. Nach seinem Tode 1253 teilten seine Söhne Ludwig Ⅱ. (1253–94) und Heinrich ⅩⅢ. das Land unter sich (1255), so daß Ludwig Ⅱ. Oberbayern mit der Rheinpfalz und der Kurwürde, Heinrich Niederbayern erhielt. Der Schwerpunkt [* 5] der Entwicklung B.s liegt für die nächsten Jahrhunderte in dem selbständigen Eingreifen der Stände, und Herzog Otto Ⅲ. von Niederbayern (1290–1312) erteilte denselben in der sog. Ottonischen Handfeste die niedere Gerichtsbarkeit (1311). Indessen war den Wittelsbachern ein neuer Rival im Hause Habsburg erstanden.
Die Zwietracht der Brüder Ludwig Ⅱ. und Heinrich ⅩⅢ. hatte zu dem Emporkommen dieses Geschlechts am meisten beigetragen. Österreich ging dauernd in den Besitz Habsburgs über, und jetzt strebte dieses Geschlecht zugleich mit Bayern [* 6] nach der deutschen Königskrone. Friedrich der Schöne von Österreich und Ludwig Ⅳ. von Oberbayern (1302–47) wurden 1314 gleichzeitig zu Königen gewählt (s. Ludwig Ⅳ., der Bayer). 1328 erlangte Ludwig die Kaiserkrone. Seine Regierung ist eine für Deutschland [* 7] ungünstige gewesen und für Bayern brachte sie keinen dauernden Vorteil.
Während er seine Kraft [* 8] nach allen Seiten zersplitterte, gelang es ihm nicht, die nächstliegenden Interessen genügend wahrzunehmen. 1329 schloß er mit seinen Neffen, den Söhnen Rudolfs (1294–1319) zu Pavia einen Vertrag, wonach diese die Rheinpfalz und einen Teil der Oberpfalz erhielten. Die Kurwürde sollte unter beiden Linien abwechseln. 1324 übertrug der Kaiser die erledigte Mark Brandenburg an seinen Sohn Ludwig, doch mußte dieser bei dem Tode Heinrichs von Kärnten 1335 auf dessen Lande verzichten.
Österreich nahm Kärnten und Krain, [* 9] Böhmen nahm Tirol. [* 10] 1340 starb die niederbayr. Linie aus, und Kaiser Ludwig vereinigte also Bayern wieder in seiner Hand. [* 11] Im Herbst 1342 vermählte er seinen Sohn Ludwig von Brandenburg [* 12] mit Margarete Maultasch (s. d.) und bemächtigte sich ihres Erbes Tirol. 1346 zog er die erledigten Provinzen Holland und Hennegau ein, während sein Sohn Stephan in Schwaben für Begründung der Wittelsbachschen Macht thätig war. Da starb Ludwig plötzlich im Okt. 1347. Wittelsbachs Kraft war nach allen Seiten zersplittert, das ganze Reich stand ihm als Gegner gegenüber und fiel dem glücklichern Luxemburger, dem König Karl von Böhmen (Karl Ⅳ.) zu.
In das 14. Jahrh. fällt die Ausbildung einer landständischen Verfassung in Bayern, indem der Adel und die Städte die Verlegenheiten der Fürsten zur Erlangung von Rechten und Freiheiten benutzten und die Besitzer geistlicher Herrschaften und Güter sich an sie anschlossen. Die Stände (Prälaten, Ritter und Städte) traten zusammen, so oft es ihnen beliebte, und zwar entweder als «gemeine Landschaft» (vereinigte Stände) oder als einzelne Stände, deren jeder einen Bund für sich bildete.
Die Blüte [* 13] der landständischen Macht fällt in dieselbe Zeit, da die herzogl. Macht durch die beständigen Teilungen fortwährend geschwächt wurde. Das Eindringen des röm. Rechts und damit das Eintreten gelehrter Juristen zunächst in die Obergerichte (nach der Mitte des 15. Jahrh.) arbeitete an der langsamen Entkräftung der heimischen Verfassung, und mit Hilfe Kaiser Maximilians Ⅰ. gelang es dann Albrecht Ⅳ. (s. d., 1465–1508), dem Übel durch Einführung der Erstgeburtsordnung 1506 abzuhelfen. Bayern hatte in der Zwischenzeit vielfache Teilungen über sich ergehen lassen müssen.
Die sechs Söhne Kaiser Ludwigs des Bayern teilten 1349 das Land in Niederbayern mit den holländ. Provinzen und Oberbayern mit Tirol, Brandenburg und Lausitz. In Niederbayern erfolgte 1353 eine weitere Teilung in Niederbayern-Landshut und Niederbayern-Straubing. 1363 kam Oberbayern an Niederbayern-Landshut. 1392 erfolgte eine neue Teilung in Bayern-Ingolstadt, Bayern-Landshut, Bayern-München. An diese drei wurde 1429 Bayern-Straubing verteilt. Bayern-Ingolstadt fiel 1447 an Landshut, [* 14] dieses 1504 an Bayern-München, welches den Stamm fortpflanzte und den Teilungen ein Ende machte. – Die auswärtigen Besitzungen waren längst verloren. 1363 starb Meinhard von Tirol, der Sohn Ludwigs des Brandenburgers (1324–61) und der Margarete Maultasch.
Diese übertrug Tirol an Habsburg. 1373 zwang Kaiser Karl Ⅳ. den Wittelsbacher Otto im Vertrag zu Fürstenwalde [* 15] zur Abtretung Brandenburgs an das Haus Luxemburg. [* 16] 1433 zwang ebenso Philipp der Gute von Burgund Jakobäa (s. d.), die Tochter Wilhelms Ⅱ. von Bayern, zur Aufgabe der niederländ. Provinzen, deren sich dann auch bald die Habsburger bemächtigten. Damit waren die Errungenschaften Kaiser Ludwigs alle wiederum dahin, und selbst die Kurstimme hatte Bayern verloren, die in der Goldenen Bulle Karls Ⅳ. endgültig Böhmen zugesprochen wurde, während die pfälz. Linie der Wittelsbacher im Alleinbesitz ihrer Kurstimme blieb. Der socialen und religiösen Umwälzung warf sich an der Seite Habsburgs entgegen, ein Schritt, der für die folgende Periode der bayr. Geschichte von weittragender Bedeutung sein sollte.
3) Neuere Geschichte Bayerns seit 1508 bis zu seiner Erhebung zu einem Königreich 1806. Albrechts Ⅳ. ältester Sohn, Wilhelm Ⅳ., übernahm nach dem Tode des Vaters 1508 die Regierung. In ihm zeigte sich der Geist der neuen Zeit, und die Stände, namentlich der Adel, fürchteten bald für ihre Selbständigkeit. Man trieb Wilhelms Bruder Ludwig an, die Mitregierung für sich zu fordern. Erst die immer deutlicher werdenden Absichten Kaiser Maximilians, den Zwist der Wittelsbacher für Habsburg auszunutzen, wie ihm dies im Landshuter Erbfolgekrieg (s. d., 1503–5) mit Kufstein gelungen war, trieb die Brüder zur Einigung. Von 1515 bis zum Tode Ludwigs 1545 führten sie ein gemeinschaftliches Regiment. Anfangs der Lehre [* 17] Luthers keineswegs abgeneigt, zu deren Aufnahme sich das bayr. Volk allenthalben anschickte, schlugen die Herzöge bald einen andern Weg ein, als sie bemerkten, daß diese Lehre sich nicht auf das religiöse Gebiet beschränkte. Da ohne Kurstimme war und bei der Beratung über das Reichsregiment (Jan. 1521) die Besorgnis auftauchte, die Kurfürsten würden die ganze Reichsregierung in ihre ¶
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Gewalt zu bringen suchen, ward Bayern von selbst in die Opposition gegen die Kurfürsten und zum Anschlusse an Kaiser Karl Ⅴ. gedrängt. Damit war B.s künftiger Politik trotz aller Rivalität mit Habsburg die Bahn vorgezeichnet. Am veröffentlichte Wilhelm Ⅳ. das Edikt von Worms [* 19] und verbot die luth. Lehre. Als Böhmen 1526 erledigt wurde, stand Habsburg Bayern im Wege, und alle Intriguen des Kanzlers Leonhard von Eck waren nicht im stande, Bayern aus dieser unglücklichen Zwitterstellung herauszureißen.
Noch fester wurde dieses Abhängigkeitsverhältnis durch die Berufung der Jesuiten nach Ingolstadt [* 20] (1549). Auf Herzog Wilhelm Ⅳ. folgte sein Sohn Albrecht Ⅴ. (s. d.), der «Großmütige» (1550–79). Unter ihm verloren die Landstände, die ihren Charakter einer Volksvertretung längst eingebüßt hatten, auch ihre Macht. Das absolute Regiment wurde angebahnt. Von seinen drei Söhnen folgte ihm Wilhelm Ⅴ., der Fromme (1579–97; gest. 1626). Die Jesuiten beherrschten ihn vollkommen, doch versiegte auch unter ihm das künstlerische Leben in B.s Hauptstadt nicht ganz. In Finanz-, Gerichts- und Religionssachen dagegen herrschte eine arge Mißwirtschaft. Da dankte Wilhelm Ⅴ. zu Gunsten seines Sohnes Maximilian ab, dem er eine Staatsschuld von 5 Mill. Fl. hinterließ. Unter Wilhelm Ⅴ. kam das Erzbistum Köln [* 21] an seinen Bruder Ernst, der an die Stelle des calvinisch gewordenen Gebhard, Truchsessen von Waldburg, erhoben wurde. Seitdem blieb Kurköln fast zwei Jahrhunderte bei dem Hause Wittelsbach, dem bald eine dritte Kurstimme zufallen sollte.
Herzog Maximilian Ⅰ. (s. d.) regierte in Deutschlands [* 22] unglücklichster Zeit (1597–1651). Gewohnheit, Erziehung und Religion wiesen auch ihn, einen der begabtesten Staatsmänner seiner Zeit, an die Seite Habsburgs. Als Führer der von ihm gegen die prot. Union ins Leben gerufenen Liga (s. d., 1609) war er zugleich das angesehenste Haupt der kath. Partei während des Dreißigjährigen Krieges. Kaiser Ferdinand Ⅱ. übertrug ihm 1623 die pfälz. Kurstimme und die Oberpfalz als Unterpfand für die Kriegskosten. Für sein Land rastlos besorgt, konnte Maximilian ihm doch die furchtbarsten Kriegsnöte infolge seiner polit. Parteinahme nicht ersparen. Der Westfälische Friede bestätigte ihm die erbliche Kurwürde mit dem Erztruchseßamte, die Oberpfalz und die Grafschaft Cham; die Unterpfalz fiel an die pfälzische Linie zurück, für die zugleich eine achte Kur errichtet wurde.
Maximilian starb in Ingolstadt nach 55jähriger Regierung. Sein Nachfolger war Ferdinand Maria (s. d., 1651–79). Unter ihm erholte sich das Land allmählich wieder, und daß er trotz aller Lockungen Frankreichs gegen Habsburg den Frieden wahrte, bleibt sein Verdienst. Die Landstände waren schon unter Maximilian Ⅰ. nicht mehr berufen worden. Ferdinand Maria berief sie nur noch einmal. Er starb in Schleißheim Sein Nachfolger war Maximilian Ⅱ. Emanuel (s. d., 1679–1726), der Bayern wieder dem deutschen Norden [* 23] näher zu bringen suchte durch Werbung um die Hand einer Tochter des prot.
Herzogs Hans Georg von Sachsen-Eisenach. Doch Papst und Jesuiten vereitelten diesen Plan. Anfangs für Habsburg, entschloß sich Max Emanuel im Spanischen Erbfolgekrieg zur Parteinahme für Frankreich. Dadurch brachte er namenloses Elend über sein Land, das von den Österreichern nach ihrem Siege bei Höchstädt, [* 24] als erobertes Land besetzt und behandelt wurde. Die Bedrückungen durch die österr. Kommissare rüttelten dasselbe zum erstenmal gewaltsam auf.
Seitdem erstarkte allmählich diese Stimmung gegen Österreich und führte einen langsamen Wandel der Dinge herbei. Im Frieden zu Baden [* 25] (in der Schweiz) [* 26] 1714 wurde die 1706 über Max Emanuel verhängte Acht wieder aufgehoben, und er erhielt Kurwürde und Länder zurück. Nur die inzwischen ausgeübte Statthalterschaft der Niederlande [* 27] ging wieder verloren. Bei seinem Ableben, hinterließ er seinem ältesten Sohne und Nachfolger Karl Albrecht (s. Karl Ⅶ.) eine Schuldenlast von 30 Mill. Fl. Bei seinem Regierungsantritt gab dieser sich Mühe, die trostlose Finanzlage zu bessern.
Aber für höfischen Prunk und Vergnügungen ließ er sich zu Ausgaben verleiten, die mit den Einkünften in keinem Verhältnis standen, und er sparte nur am Militäretat. So fehlte es für alle seine hochfliegenden Pläne an der realen Unterlage. Bei dem Ableben Kaiser Karls Ⅵ. 1740 verwarf Karl Albrecht die Pragmatische Sanktion und erhob Ansprüche auf die österr. Erblande. Infolge davon wurde er in den Österreichischen Erbfolgekrieg 1741–48 verwickelt. Er stützte seine Ansprüche auf seine Abstammung von Anna, der Tochter Kaiser Ferdinands Ⅰ. und Gemahlin Herzog Albrechts Ⅴ. und ein zu Gunsten ihrer Nachkommen von jenem Kaiser errichtetes Testament.
Aber in Versailles [* 28] war man keineswegs gesonnen, an die Stelle des Hauses Habsburg das Haus Wittelsbach zu setzen, und je höher Karl Albrechts Pläne stiegen, um so tiefer geriet er in die Abhängigkeit von Frankreich und andern Mächten. Im Sept. 1741 hatte er den Feldzug eröffnet; Linz [* 29] wurde genommen, Oberösterreich fiel den Bayern zu. Wien [* 30] lag offen und unverteidigt vor ihm. Da drängten ihn die Franzosen vom Wege ab nordwärts gegen Böhmen. Wohl fiel Prag, [* 31] und huldigte der böhm. Adel; allein der strategische Fehler, Wien nicht besetzt zu haben, war nicht wieder gut zu machen.
Maria Theresia erlangte die Hilfe der Ungarn, [* 32] und während Karl mit Hilfe des Kurfürsten von der Pfalz, Frankreichs und Preußens [* 33] in Frankfurt [* 34] zum Kaiser gewählt und 12. Febr. als Karl Ⅶ. gekrönt wurde, wurde und Böhmen von österr. Truppen besetzt. Das Reich gewährte keine Hilfe, Preußen [* 35] war unschlüssig geworden, die Ohnmacht Frankreichs und der rasche Verfall seiner Macht traten immer deutlicher zu Tage. Mit wechselndem Glück wurde noch einige Jahre fortgekämpft, wobei Bayern durch die mehrfache Besetzung durch die Österreicher Unsägliches litt. Nach München [* 36] zurückgekehrt, hatte Karl Ⅶ. bei einem abermaligen Anmarsch der Österreicher nochmals fliehen müssen. Da traf ihn ein Herzschlag. Der Traum der Wittelsbacher, in Deutschland die Hegemonie zu gewinnen, war verflogen. ^[]
Der junge Kurfürst Maximilian Ⅲ. Joseph (s. d., 1745–77) schloß mit Österreich den Frieden zu Füssen worin er auf alle Ansprüche an die österr. Erbschaft verzichtete. Er widmete sich mit treuer Sorgfalt dem Wohle seines Landes, besonders der Industrie und dem Landbau, ebenso der Rechtspflege, unterstützt von tüchtigen Männern, wie Kreittmayr (s. d.) und Ickstadt. Am stiftete Max Joseph die Münchener Akademie der Wissenschaften und entzog dieselbe dem Einfluß der Jesuiten. Als die Aufhebung des Ordens 1773 verfügt wurde, kam Max Joseph dieser Verfügung ¶