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Bürgermeister werden auf 6 Jahre gewählt, die Gemeindebevollmächtigten auf 9 Jahre; der rechtskundige Bürgermeister und die rechtskundigen Räte werden nach 3 Jahren, im Falle der Wiederwahl, auf Lebenszeit gewählt. Vertreter der Landgemeinden ist der Gemeindeausschuß, der aus einem Bürgermeister, einem Beigeordneten und aus 4 bis 24 Gemeindebevollmächtigten besteht (alle auf 6 Jahre gewählt). Vertreter der Gemeinden in der Pfalz ist der Gemeinderat, bestehend aus einem Bürgermeister, einem oder zwei Adjunkten und 6 bis 24 Gemeinderäten (alle auf 5 Jahre gewählt). Das Gesamtvermögen (rentierendes und nicht rentierendes) der 8021 Gemeinden betrug (1892) 577857219 M., dem ein Gesamtschuldenstand von 215339637 M. gegenüberstand. Die Rente vom ganzen rentierenden Vermögen beträgt 18559697, d. i. 3,32 M. auf den Kopf der Bevölkerung. [* 2]
Rechtspflege. Bezüglich der Civilgesetzgebung verblieb es bei den Kodifikationen von der Mitte des 18. und Anfang des 19. Jahrh. 43 verschiedene Privatrechte giebt es derzeit. Eine regere Thätigkeit zeigte sich im Gebiete des Handelsrechts, der modernen Gesellschaftsformen, des öffentlichen und Strafrechts. Das Deutsche [* 3] Handelsgesetzbuch gelangte 1861 zur Einführung. An Stelle des 1813 eingeführten Strafgesetzbuchs für das rechtsrheinische Bayern [* 4] (Verfasser: Feuerbach) trat 1861 ein neues Straf- und Polizeistrafgesetzbuch, durch die auch der bisher in der Pfalz gültige Code pénal außer Kraft [* 5] trat. Durch Einführung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich und der Strafprozeßordnung wurden diese bayr. Gesetze aufgehoben.
Ein Landgericht wird gebildet von 6 bis 15 Amtsgerichten; Landgerichte giebt es im ganzen 22, davon 16 mit Kammern für Handelssachen. Dem Landgericht München [* 6] Ⅰ sind nur die Amtsgerichte München Ⅰ und München Ⅱ unterstellt. 4 bis 7 Landgerichte bilden ein Oberlandesgericht (Augsburg, [* 7] Bamberg, [* 8] München, Nürnberg, [* 9] Zweibrücken, [* 10] s. diese Artikel). Periodische Schwurgerichte bestehen bei den Landgerichten Amberg, [* 11] Augsburg, Bayreuth, [* 12] Würzburg, [* 13] München Ⅰ, Nürnberg, Straubing [* 14] und Zweibrücken.
Die Zuständigkeit der Gerichte bemißt sich nach dem Reichsgerichtsverfassungsgesetz. Abweichend hiervon sind Verbrechen und Vergehen, die durch die Presse [* 15] begangen werden, den Schwurgerichten überwiesen. Bezüglich der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten die landesgesetzlichen Normen. Hiernach fällt in die Zuständigkeit der Amtsgerichte das Hypothekenwesen, Pflegschafts- und Verlassenschaftswesen; in der Pfalz bestehen eigene Hypothekenämter.
Die Oberlandesgerichte sind zuständig für Fideïkommißsachen, für die dinglichen und denselben gleichgeachteten Klagen, wenn dieselben Eigentum der Mitglieder des königl. Hauses betreffen, und zugleich Vormundschaftsbehörden für die Standesherren. Ein oberstes Landesgericht entscheidet über die weitern Beschwerden in Sachen der nicht streitigen Rechtspflege nach Maßgabe der Art. 62–67 des bayr. Ausführungsgesetzes zur Reichs-Civilprozeßordnung. Durch Gesetz vom wurde in der höchsten Instanz Verwaltung und Verwaltungsrechtsprechung getrennt und letztere dem Verwaltungsgerichtshofe übertragen.
Für den Vollzug der Festungshaft ist die Feste Oberhaus bestimmt. Zuchthäuser sind in Ebrach, Kaisheim, Lichtenau, München, Plassenburg, St. Georgen, Wasserburg, Würzburg; letztere zwei für Frauen; ein Zellengefängnis in Nürnberg, Gefangenanstalten in Amberg, Laufen, Niederschönenfeld (für Frauen), Sulzbach, Zweibrücken und Kaiserslautern [* 16] (für Männer und Frauen). Die Zahl der Insassen betrug (1892) 284412 (228716 männliche und 55696 weibliche), darunter in Strafanstalten 13217 (einschließlich 1390 jugendlichen), in den Gerichtsgefängnissen 271195. ^[]
Finanzwesen. Das Budget 1894/95 schließt in Einnahme und Ausgabe mit 328341269 M. ab; davon kommen auf die Erhebung und Verwaltung 141729038 M., auf die Staatsausgaben 186612231 M. Die Matrikularbeiträge für Reichszwecke beziffern sich auf 50895280 M.
Die direkten Steuern ergaben 30656000 M., die Erbschaftssteuern 2200000 M., Gebühren, Stempelabgaben und Strafen 22522200 M., die Zölle und indirekten Steuern 79223550 M., die Bergwerks-, Hütten- und Salinengefälle 7270674 M., die Münzanstalt 342502 M., die Ärarialrente von der königl. Bank in Nürnberg 650000 M., die Staatseisenbahnen 118124006 M., die Post- und Telegraphenverwaltung 24450870 M., die Bodenseedampfschiffahrt 479113 M., die Staatsforst-, Jagd- und Triftgefälle 28425800 M., die Ökonomien und Gewerbe 1846628 M., die Grundgefälle 7247008 M., die Zinsen, Renten und besondern Abgaben u. s. w. 745550 M. und für Zwecke des allgemeinen Unterstützungsvereins für die Hinterlassenen der königlich bayr. Staatsdiener u. s. w. 388400 M., sonstige Einnahmen 2500000 M.
Von den in Staatsregie betriebenen Ökonomien und Gewerben ist zu nennen das Hofbräuhaus in München, das Weingut in Unterfranken und die Hoffischerei auf dem Chiemsee.
Die Einnahmen aus denselben und aus der Verpachtung und Vermietung von sonstigen Staatsrealitäten und Gewerben betragen 2384178 M., die Ausgaben 1713783 M.
Den Einnahmen stehen folgende Ausgabeposten gegenüber: Etat des königl. Hauses (Civilliste, Apanagen u. s. w.) 5403906 M., Etat der Staatsschuld 49995430 M., Etat des königl. Staatsrats 27840 M., Etat der Landtagsversammlung 461375 M., Etat der königl. Staatsministerien und zwar: des königl. Hauses und des Äußern 647945 M., der Justiz 14886240 M., des Innern 22500338 M., des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten 25500160 M., der Finanzen 4189359 M., der Militärverwaltung 70275723 M., Pensionen und Unterstützungen der Staatsdiener und deren Hinterbliebenen 9972413 M., Reserve für unvorhergesehene Ausgaben 431495 M., Gewährung von Wohnungsgeldzuschüssen an die pragmatischen Beamten u.s. w. 1700000M. Am Schlusse des J. 1891 betrug die Staatsschuld 1332500589 M., wovon 968258828 M. Eisenbahnschuld und 150732914 M. Grundrentenschuld, Landeskulturrentenschuld 871487 M. Dieser großen Staatsschuld steht aber bedeutendes Staatsvermögen gegenüber. An indirekten Steuern erhebt Bayern nur den Malzaufschlag, der jährlich rund 38 Mill. M. einträgt, wovon jedoch 6½ Mill. Ausfuhrvergütung wieder abgehen. Das Gebührenwesen ist geregelt durch das Gesetz über Gebührenwesen von 1890 und eine Novelle hierzu vom Als äußere Finanzbehörden zur Erhebung und Verrechnung der Steuern und Gebühren bestehen u. a. 216 Rentämter, in der Pfalz unter den Rentämtern auch die Gemeindeeinnehmereien. ¶
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Gesundheitswesen, Wohlthätigkeitsanstalten. Als Behörden des Gesundheitswesens und der gerichtlichen Heilkunde bestehen bei dem Ministerium des Innern der Obermedizinalausschuß;
der Landestierarzt für das Veterinärwesen;
bei den Kreisregierungen je ein Kreismedizinalausschuß und Kreistierarzt;
für den äußern ärztlichen Dienst sind bei den Landgerichten ein Landgerichtsarzt, bei den Bezirksämtern Bezirksärzte und Bezirkstierärzte aufgestellt, sämtlich vom König ernannt.
Für jeden Kreis [* 18] besteht eine Kreisirrenanstalt, in Oberbayern und Schwaben jedoch je zwei. Die Armenpflege ist eine Angelegenheit der Orts-, Distrikts- und Kreisgemeinden. Das Armenrecht ist geregelt durch das Gesetz vom mit Abänderung vom In jeder Gemeinde besteht ein Armenpflegschaftsrat, dessen Vorstand der dienstälteste Pfarrer ist. Im J. 1893 wurden 183220 Personen unterstützt, darunter 114427 dauernd. Die Zahl der eigentlich verarmten Unterstützten beträgt 79352 Personen, d. i. 1,6 Proz. der Bevölkerung.
Die Gesamtausgaben der öffentlichen Armenpflege betrugen 12036237 M. (davon aus Kreismitteln 1701335 M., aus Distriktsfonds für die mit Armenlasten überbürdeten Gemeinden 927880 M.). Das rentierende Vermögen der gemeindlichen Armenpflege betrug 1892: 20876134 M., das der Distriktsarmenfonds 3537496 M., das aller (6238) Wohlthätigkeitsstiftungen 217319212 M. 1892 bestanden 359 Krankenanstalten, 288 Pfründenhäuser und Armenversorgungsanstalten, 73 Waisen-und Findlingshäuser, Rettungsanstalten für verwahrloste Kinder, 217 Säuglingsanstalten, 64 Armenbeschäftigungs- und Suppenanstalten. Außerdem bestehen 455 Privatwohlthätigkeitsvereine (5349644 M. rentierendes Vermögen; 1892 wurden 64292 Personen unterstützt und hierfür 962847 M. verausgabt). Privatwohlthätigkeitsanstalten bestanden (1892) 277; in denselben fanden 55836 Personen Unterstützung.
Versicherungswesen. Im J. 1892 bestanden 6 Hagelversicherungsanstalten, darunter 1 staatliche; die Zahl der Versicherungsnehmer betrug 105629 mit einer Versicherungssumme von 178002469 M. Viehversicherungsvereine giebt es 430, Viehversicherungsgesellschaften sind 6 zugelassen, bei letztern waren versichert 2,9 Proz. der Pferde [* 19] und 0,15 Proz. des Rindviehs. Die Immobiliar-Brandversicherung ist ausschließlich staatlich, Mobiliar-Brandversicherungsgesellschaften sind 25 zugelassen.
Zur Beaufsichtigung der Berufsgenossenschaften für Unfallversicherung besteht ein Landesversicherungsamt für ausschließlich bayr. Berufsgenossenschaften. Ihm unterstehen die 8 Land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (s. d.), die Bayrische Baugewerks-Berufsgenossenschaft (s. Baugewerks-Berufsgenossenschaften) und die Bayrische Holzindustrie-Berufsgenossenschaft (s. Holz-Berufsgenossenschaften), welche beiden letztern sich ganz über Bayern erstrecken; die zur selbständigen Durchführung der Invaliditäts- und Altersversicherung für Eisenbahn-Hilfsbedienstete und -Arbeiter gebildete «Arbeiterpensionskasse der königlich bayr. Staatseisenbahnverwaltung» nur nach §. 94 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes; die 8 Alters- und Invaliditätsversicherungsanstalten, letztere aber nur in finanziellen Angelegenheiten, bei der Erlassung statutarischer Bestimmungen, bei Strafverfügungen von Organen der Versicherungsanstalten (Beschwerde zulässig) sowie nach den §§. 131 und 134 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes.
Zugleich bildet dasselbe die letzte Instanz über die Beschwerden gegen Verfügungen und Entscheidungen der Schiedsgerichte; für je eine der 8 Berufsgenossenschaften besteht ein Schiedsgericht. Einer Berufsgenossenschaft nicht angeschlossen sind 1) die Betriebe der Heeresverwaltung, 2) der Betrieb der Staatseisenbahnen, des Ludwig-Donau-Mainkanals, der Bodensee- und Rheindampfschiffahrt, 3) der Betrieb der Post- und Telegraphenverwaltung, 4) der Staatsforstbetriebe, 5) die Stadtgemeinden München, Nürnberg und Würzburg bezüglich der in eigener Regie ausgeführten Arbeiten.
Die Stelle der Berufsgenossenschaften hierfür als Ausführungsbehörden vertreten hier 1) die beiden Korpsintendanturen, 2) die Generaldirektion der Königlich [* 20] Bayr. Staatseisenbahnen, 3) die Generaldirektion der Königlich Bayr. Posten und Telegraphen, [* 21] 4) die 8 Regierungsfinanzkammern, Forstabteilungen, 5) die betreffenden Magistrate. 1893 waren im Königreich zum Schutz gegen Krankheit 4080 Gemeindekrankenversicherungskassen, 557 Orts-, Betriebs-, Bau- und Innungskrankenkassen, 13 eingeschriebene und 11 landesrechtliche Hilfskassen mit einer Gesamtmitgliederzahl von 624615 Personen thätig. Die Einnahmen betrugen 9959862 M., die Ausgaben 9293521 M. 1889 bestanden ferner 464 Sterbekassen, 87 Witwen- und Waisenkassen, 704 gemischte Hilfskassen, 42 Invaliditätskassen und Pensionsvereine und 525 Krankenunterstützungskassen. ^[]
Heerwesen. Die bayr. Armee bildet einen selbständigen Bestandteil des Reichsheers mit eigener Verwaltung unter der Militärhoheit des Königs von Bayern, im Kriegsfall jedoch unter dem Oberbefehl des Deutschen Kaisers. Sie zählt an Mannschaften 66168 mit 2548 Offizieren (einschließlich der Leibgarde der Hartschiere, der Halbinvaliden, der Militärerziehungs- und Bildungsanstalten, der militär. Gefängnisse und Arbeiterabteilung) und ist in 2 Armeekorps formiert, mit dem Sitze der Generalkommandos in München und Würzburg und in 5 Divisionen mit je 2 Infanterie- und einer Kavalleriebrigade.
Die Divisionskommandos befinden sich in München, Augsburg, Nürnberg, Würzburg und Landau [* 22] (Pfalz). Jedem Armeekorps ist eine Artilleriebrigade zugeteilt; das bayr. Heer umfaßt 20 Infanterieregimenter, 2 Jägerbataillone, 10 Kavallerieregimenter (2 schwere Reiter-, 6 Chevaulegers-, 2 Ulanenregimenter), 5 Feld- und 2 Fußartillerieregimenter, 2 Pionier-, 1 Eisenbahn- sowie 2 Trainbataillone. Dazu kommen noch die Generalinspektion der Armee, unter der die Infanterie- und Kavallerie-Beratungskommission stehen, und der Generalstab mit dem topogr.
Bureau, das Hauptkonservatorium der Armee, das Armeemuseum, das Invalidenhaus, die seit 1875 bestehenden Halbinvalidenabteilungen zu Wasserburg und Würzburg und das Gendarmeriekorps. Militärbildungsanstalten sind die Kriegsakademie, die Artillerie- und Ingenieurschule, die Kriegsschule und das Kadettenkorps in München sowie die Unteroffiziersschule in Fürstenfeldbruck. Festungen sind Ingolstadt [* 23] und Germersheim; Oberhaus bei Passau [* 24] ist militär. Strafanstalt. Näheres über Dienstzeit, Organisation, Formation u. s. w. s. Deutsches Heerwesen.
Von den (1893) 60474 Gestellungspflichtigen haben sich 58476 wirklich vorgestellt; davon wurden 32476 für tauglich, 4691 bedingt tauglich und 3802 dauernd untauglich, 7498 zeitig untauglich und ¶