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sind bekannt: Wörishofen, Thalkirchen und Brunnthal bei München, Rosenheim und Alexandersbad bei Wunsiedel. Luftkurorte sind Gleisweiler (zugleich für Molken- und Traubenkuren), Bergzabern, Donnersberg und Annweiler, alle in der Pfalz. das reizende Thal Elsawa in Unterfranken, Streitberg und Muggendorf sowie das vielbesuchte Oberstdorf, Hindelang und Staufen.
Klima. Das Klima ist im allgemeinen gemäßigt und gesund, indes etwas kälter als das anderer deutscher Länder infolge der hohen Lage des Landes und der mannigfaltigen Abwechselung der Gebirgszüge und Hochebenen.
Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse:
Orte | Meereshöhe in m | Temperatur nach C. | Zahl der Regentage | Zahl der Tage mit Schnee | Niederschlagsmenge in mm | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Mittlere | Absolutes Minimum unter 0° | Absolutes Maximum über 0° | |||||
Speyer | 105 | 9,5 | 21 | 34 | 128 | 15 | 473 |
Aschaffenburg | 136 | 8,9 | 24 | 35 | 160 | 26 | 651 |
Würzburg | 179 | 8,4 | 26 | 35 | 151 | 28 | 532 |
Kissingen | 209 | 7,6 | 31 | 34 | 149 | 32 | 547 |
Kaiserslautern | 242 | 8,1 | 23 | 32 | 142 | 31 | 544 |
Bamberg | 288 | 7,1 | 30 | 33 | 159 | 49 | 584 |
Passau | 309 | 7,2 | 28 | 30 | 128 | 45 | 784 |
Nürnberg | 315 | 8,1 | 28 | 32 | 162 | 40 | 539 |
Regensburg | 358 | 7,8 | 29 | 31 | 130 | 35 | 515 |
Bayreuth | 359 | 6,9 | 28 | 33 | 147 | 48 | 479 |
Landshut | 395 | 7,1 | 29 | 33 | 171 | 32 | 665 |
Ansbach | 414 | 7,4 | 30 | 33 | 144 | 28 | 580 |
Weißenburg | 427 | 7,1 | 31 | 31 | 122 | 33 | 583 |
Augsburg | 500 | 7,5 | 26 | 30 | 127 | 46 | 713 |
München | 526 | 7,6 | 25 | 31 | 153 | 54 | 788 |
Hohenpeißenberg | 994 | 5,8 | 20 | 27 | 143 | 72 | 895 |
Die Flußniederungen, unter ihnen in erster Linie die des Rheins (9-10°), dann des Mains und der Donau sowie das Ufergelände des Bodensees (8-9°) besitzen die höchste, das Alpenvorland, der Frankenjura, das Fichtelgebirge, der Bayrische und der Böhmerwald (unter 7°) die tiefste Temperatur. In den übrigen Teilen B.s schwankt die mittlere Jahrestemperatur zwischen +7° und +8°. Die Alpen, der Böhmerwald und das Fichtelgebirge sowie die Rhön und der Spessart sind durch lang andauernden, strengen Winter und tiefen Schneefall bekannt.
Juli und August sind die wärmsten, Dezember und Januar die kältesten Monate. Die größte Temperaturdifferenz zwischen dem wärmsten und dem kältesten Monat des Jahres beträgt im Mittel für ganz Bayern 19,9°, und zwar in der Rheinpfalz im Westrich 18,2°, in der Vorderpfalz 19,6°, Franken 19,7°, Oberpfalz 20,1°, Donaugebiet 20,7° und der schwäbisch-bayr. Hochebene 20,3°. Die Donauniederung weist die größten, die Westpfalz die geringsten Schwankungen auf.
Die geringste Niederschlagsmenge (600 mm) haben die Pfalz auf der Leeseite der Hardt und des Hunsrücks, der Süden der Oberpfalz auf der Leeseite des Fränkischen Jura; in der Pfalz wächst jedoch die Menge gegen W. und SW. rasch bis zu 900 mm. Ein ebenso steiles Gefalle findet man in der Umgebung des Spessarts und Fichtelgebirges und im Gebiet des Regenflusses. Hier steigen zwischen Cham (600 mm) und Duschelberg (1500 mm) die Niederschläge auf mehr als das Doppelte. Mittelfranken, Oberfranken, Unterfranken und der übrige Teil der Pfalz haben eine durchschnittliche Regenmenge von 700-1000 mm. Die schwäbisch-bayr. Hochebene differiert zwischen 800 und 1100 mm. Von der Donau aus nimmt die Niederschlagshöhe stetig zu bis zur Südgrenze und steigt dort, z. B. in Kreuth, über 2000 mm. ^[]
Die Niederschlagsmengen verteilen sich in Prozenten nach Jahreszeiten wie folgt:
Gebiete | Winter | Frühling | Sommer | Herbst |
---|---|---|---|---|
Pfalz | 19,7 | 16,1 | 30,6 | 33,7 |
Franken (ohne Nordostrand). | 19,0 | 18,7 | 33,3 | 29,0 |
Oberpfalz und Nordostrand Frankens | 19,6 | 17,9 | 35,9 | 26,5 |
Donauniederung | 17,7 | 17,8 | 38,0 | 26,5 |
Südbayern | 14,4 | 20,9 | 37,6 | 27,1 |
Ganz Bayern | 17,6 | 18,6 | 35,1 | 28,6 |
Das Niederschlagsminimum fällt in der Pfalz und Nordbayern in den Frühling, in der Donauniederung in den Frühling und Winter, in Südbayern in den Winter. Die Anzahl der Niederschlagstage (in Prozenten aller Jahrestage ausgedrückt) schwankt zwischen 60 (Bayreuth) und 42 (Hohenpeißenberg).
Von Hagelschlägen werden am häufigsten Schwaben, Oberbayern und Mittelfranken heimgesucht, am wenigsten die Pfalz. Vom Nordrande B.s bis zum Alpenkamm gegen Süden fortschreitend verdoppelt sich die Häufigkeit der Gewitter, jedoch in der Weise, daß diese Zunahme von der Nordgrenze bis zum Main etwas steigt, von hier bis gegen die Alpen hin ziemlich gleich bleibt und erst im Alpengebiete selbst rapid anwächst; sie verhält sich in Nord-, Mittel-, Südbayern und dem Alpenland wie 18,5 : 22,6 : 23,2 : 38,4. Die herrschenden Winde sind für Bayern die Westwinde und der Nordostwind mit einem sekundären Vorwalten der Ostwinde auf der schwäbisch-bayr. Hochebene, welche das Klima der Ebene als rauh erscheinen lassen. So beträgt in München der Ostwind 21 Proz. aller Windrichtungen. Nicht selten tritt im südlichen Bayern der Föhn auf, jener trockne Südwind, der in Bayern besonders am Bodensee, Chiemsee und Kochelsee mit großer Heftigkeit wütet.
Mineralreich. Groß ist der Reichtum an Eisenerzen, die in bedeutenden Lagern im Fichtelgebirge, am Nordfuß der Alpen bei Teisendorf und Sonthofen, im Jura bei Amberg und Sulzbach, in der Pfalz um St. Ingbert, im Spessart bei Aschaffenburg und auch im Bayrischen Wald mit über 151218 t jährlicher Ausbeute abgebaut werden. 1893 wurden gewonnen: 802538 t Stein- und Pechkohlen (Wert 8 Mill. M.), 17167 t Braunkohlen (58071 M.), und zwar in Oberbayern bei Miesbach, Penzberg, Peißenberg, Oberpfalz, Unterfranken, in der Pfalz bei St. Ingbert und Berbach, sowie im Frankenwalde und in Schwaben.
Eisenerze wurden gewonnen 149271 t (588440 M.). Außerdem werden noch gewonnen Blei- und Zinkerze im Böhmerwald;
Kupfererze in Unterfranken und der Pfalz;
Antimon im Fichtelgebirge;
Manganerze in der Oberpfalz und Unterfranken (180 t);
Steinsalz in Oberbayern (1214 t);
Schwefelkies bei Bodenmais 2108 t (21076 M.).
Torf findet sich in dem Erdinger und Dachauer Moos, im Donaumoos und am Fuße der Alpen, auf der Hohen Rhön, im Fichtelgebirge und im Böhmerwald, Graphit in Niederbayern bei Passau (1893: 3140 t), Ocker- und Farberde (10317 t), Porzellanerde (17835 t), hauptsächlich in der Oberpfalz und Oberfranken, Thonerde in ganz Bayern (110970 t), Speckstein (1911 t), Fluß- und Schwerspat (6595 t), Feldspat (1200 t), Cementmergel (79779 t),
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Schmirgel (172 t), Gips (25541 t), Kalkstein (283488 t), Sandstein (238405 t), Wetzsteine (58 t), Basalt (175726 t);
bedeutend ist die Gewinnung von Granit (177162 t);
in großer Menge wird in der Pfalz Melaphyr gewonnen (215522 t);
berühmt sind die Lithographiesteine von Solnhofen (8885 t);
Quarzsand wird in Oberfranken, der Oberpfalz und Pfalz gewonnen (30400 t).
Bodenbelegsteine und Dachplatten werden in Mittelfranken gewonnen (26873 t). Bedeutend ist die Salzgewinnung durch die vier Salinen Traunstein, Rosenheim, Reichenhall und Berchtesgaden. Die beiden erstern erhalten die Sole in einer Leitung (105 km lang) mit 12 großartigen Hebewerken von Berchtesgaden und Reichenhall. Die jährliche Ausbeute beträgt 42153 t, davon werden etwa 16000 t zu gewerblichen Zwecken und Viehsalz denaturiert. Vitriol wurde 628 t, Glaubersalz 1229 t, Schwefelsäure 7355 t gewonnen. An Roheisen wurde (1893) in drei Hüttenwerken produziert 75209 t (3424728 M.), an Gußwaren aus Erzen und Roheisen 49820 t (9256042 M.), an Stabeisen 49909 t (5933646 M.), an Schwarzblech 1482 t (231064 M.), an Eisendraht 308 t (32845 M.), an Stahl 60824 t (6580296 M.). Die Gesamtproduktion des Bergbaues, mit Ausschluß der im Berggesetze nicht vorbehaltenen Mineralsubstanzen, betrug in 80 Betrieben mit 5893 Arbeitern 973127 t im Wert von 8712120 M., der Salinen 42154 t im Wert von 1838386 M. (6 Betriebe), in den Hüttenwerken 246765 t (103 Betriebe, 7295 Arbeiter) im Wert von 25863785 M.
Bevölkerung. Bayern hatte 5594982 E., d. i. 74 auf 1 qkm; dieselben verteilen sich auf 8021 Gemeinden mit 45809 Ortschaften und 1171086 Haushaltungen. 1818 wurden gezählt 3707966 E., 1880: 5284778, 1885: 5420199 E., d. i. eine Zunahme 1818-90 von 1887016 Personen (50 Proz.), 1880-90 von 310204 Personen (5,9 Proz.) und 1885-90 von 174783 Personen (3,1 Proz.). Nach einer Berechnung beträgt die Bevölkerung im Mittel des J. 1894: 5734806 E.
Dem Geschlecht nach waren (1890) 2731120 männliche und 2863862 weibliche Personen; dem Civilstand nach 3443063 Ledige, 1824703 Verheiratete, 323550 Verwitwete und 3666 Geschiedene.
Dem Religionsbekenntnis nach waren 3959077 Katholiken, 3625 Altkatholiken, 1571863 Evangelische, 84 Anglikaner, ferner 239 Griechisch-Katholische, 347 Irvingianer, 3456 Mennoniten, 124 Wiedertäufer, 741 Methodisten, 877 Freireligiöse, 149 übrige Christen, 53885 Israeliten, 18 Religionslose und 489 unbekannter Religion; der Gebürtigkeit nach 5386695 Bayern, 133974 übrige Reichsangehörige, 74313 Ausländer. 1893 betrug die Zahl der Geburten 216610 (111846 männl., 104764 weibl.), darunter 30581 (14,1 Proz.) uneheliche und 6601 (3651 männl., 2950 weibl.) Totgeburten. Ferner kamen 2665 Zwillings- und 34 Drillingsgeburten vor. Ehen wurden (1893) geschlossen 41605, darunter 38059 konfessionell ungemischte, 3546 gemischte. Gerichtliche Ehetrennungen erfolgten (1892) 312. An Sterbefällen ereigneten sich (1893) 155450 (80104 männl., 75346 weibl.), d. i. 27,8 auf 1000 E. 1893 wanderten ein 29525 Personen, darunter 494 überseeisch, aus 27301 Personen, darunter 3143 überseeisch. ^[]
Das Königreich wird in folgende 8 Regierungsbezirke eingeteilt:
Regierungsbezirke | qkm | Wohngebäude | Einwohner | Einw. auf 1 qkm | Katholiken | Evangelische | Israeliten |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Oberbayern | 16725,02 | 140983 | 1103160 | 65 | 1030713 | 63524 | 6291 |
Niederbayern | 10756,61 | 106117 | 664798 | 61 | 659197 | 5201 | 182 |
Pfalz | 5927,96 | 117747 | 728339 | 122 | 314276 | 398945 | 10998 |
Oberpfalz | 9661,74 | 80174 | 537954 | 55 | 492095 | 44125 | 1487 |
Oberfranken | 6998,77 | 81349 | 573320 | 81 | 243014 | 326426 | 3664 |
Mittelfranken | 7573,85 | 96335 | 700606 | 92 | 158535 | 528608 | 12294 |
Unterfranken | 8401,37 | 104025 | 618489 | 73 | 493603 | 109727 | 14646 |
Schwaben | 9819,33 | 115934 | 668316 | 68 | 567644 | 95307 | 4323 |
Königreich | 75864,65 | 842664 | 5594982 | 73 | 3959077 | 1571863 | 53885 |
Großstädte (über 100000 E.) sind die Haupt- und Residenzstadt München (350594 E.) und Nürnberg (142590 E.); ferner hat Bayern 10 Mittelstädte (über 20000 E.) mit 389490 E., 40 Kleinstädte (5000-20000 E.) mit 210163 E. und 91 Landstädte (unter 5000 E.) mit 283721 E.
Nach der Berufszählung vom entfielen von den Berufsthätigen mit Angehörigen auf Land- und Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei 2681265 (50,9 Proz.), auf den Bergbau, das Hüttenwesen, Industrie und Baugewerbe 1492391 (28,3 Proz.), auf Handel und Verkehr 435701 (8,3 Proz.), auf Militär-, Staats-, Gemeinde- und kirchlichen Dienst sowie die sog. freien Berufsarten 242890 (4,61 Proz.), auf häusliche Dienste und Lohnarbeit wechselnder Art 38908 (0,74 Proz.); ohne Beruf und Berufsangabe waren 377606 (7,2 Proz.). Die Erwerbsthätigen überhaupt zählten 2451919 (46,6 Proz.), die in der Haushaltung ihrer Herrschaft lebenden Dienstboten 95977 (7 Proz.); die Haushaltungsangehörigen, welche nicht oder nur nebensächlich erwerbsthätig waren, 2446116 (46,4 Proz.). Von der damaligen Gesamtbevölkerung (5268761 E.) waren 1103796 Personen (21 Proz.) selbständig und 1622692 Personen (30,8 Proz.) Gehilfen.
Sprachen und Volksstämme. Schon gegen Ende des 6. Jahrh. waren auf bayr. Boden die Stämme seßhaft, die sich bis heute im Besitze des Landes erhalten haben, im bayr. Flußgebiete der Donau östlich vom Lech und der Wörnitz in Ober- und Niederbayern sowie Oberpfalz die Bayern (Boioaren), westlich vom Lech und von der Wörnitz die Schwaben, endlich im Gebiete des Mains und Rheins die Franken (Ostfranken) in Ober-, Mittel- und Unterfranken und in der Pfalz. Die unter den Franken, zwischen Bamberg und Bayreuth, in der Fränkischen Schweiz, an der Aisch und Rednitz zerstreut ansässigen Wenden sind vollkommen germanisiert. Numerisch sind die Franken am stärksten vertreten; sie zählen 2620754, die Bayern 2305912, die Schwaben 668316. Die Mundart der Bayern gehört dem Oberdeutschen an. Das Charakteristische besteht in einem nachlässigen
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Aussprechen der Vokale, in einem halben Aussprechen der Konsonanten l, n und r und in einem häufigen Verschlucken von Lauten, besonders in den Endsilben el und en. Das Schwäbische gehört gleichfalls dem Oberdeutschen an, dem alamann. Sprachstamme. Im Gebirge hat er heute noch denselben Charakter wie im Mittelalter, da er als hochdeutsche Schriftsprache galt. Das Rheinpfälzische ist ein Glied des mitteldeutschen Sprachgebietes.
Landwirtschaft und Viehzucht. Von der landwirtschaftlich benutzten Fläche (1893: 4635314 ha inkl. Weinberge) entfallen auf Acker- und Gartenländereien 3057775 ha (65,99 Proz.), auf Wiesen 1284462 ha (27,69 Proz.), auf Weiden und Hutungen 269285 ha (5,81 Proz.), auf Weinberge 23792 ha. Die Gesamtanbaufläche für Getreide und Hülsenfrüchte beträgt 1861068,23 ha;
angebaut sind 557166 ha mit Roggen, 324548 ha mit Weizen und Einkorn, 82605 ha mit Spelz, 356870 ha mit Gerste, 451914 ha mit Hafer, 87964 ha mit sonstigen Getreide und Hülsenfrüchten, 316361 ha mit Kartoffeln;
auf die übrigen Hackfrüchte und Gemüse entfallen 118738 ha.
Der Hopfenbau, in Bezug auf welchen Bayern nächst England das erste Land ist, umfaßt 26227 ha;
von andern Handelspflanzen werden gebaut Flachs und Hanf (12876 ha), Raps, Leindotter und Mohn (2261 ha), Tabak (2310 ha), Cichorien (107 ha) und Weberkarde (152 ha).
Mit Futterpflanzen (Klee, Luzerne, Esparsette, Serradella, Spörgel, Timotheus-, Raigras und andere Grassaat) sind 321522 ha bestellt; die Fläche der Haus- und Obstgärten beträgt 73184 ha (=2,4 Proz. der Gesamtfläche). Der Weinbau ist am ausgedehntesten in der Pfalz (13903 ha) an der längs des östl. Fußes der Hardt sich hinziehenden Hügelregion und auf den Randhöhen der Hardt selbst und in Unterfranken bei Schweinfurt bis Würzburg und Aschaffenburg, auch an der Fränkischen Saale. Bei Deidesheim, Wachenheim und Dürkheim gedeihen die besten Pfälzer Weine. Von den Frankenweinen zeichnet sich der Leistenwein aus. Auch in Mittelfranken, in Schwaben (um Lindau) findet sich Weinbau, an der Donau bei Regensburg und Donaustauf.
Der Gesamtertrag an Weizen war (1893) 421517 t, an Spelz und Emmer 118279 t, an Roggen 758885 t, an Gerste 429573 t, an Mengegetreide 19891 t, an Hafer 371798 t, an Buchweizen 1713 t, an Erbsen 6737 t, an Ackerbohnen 2488 t, an Wicken 5511 t, an Mischfrucht 3933 t, an Lupinen 255 t, an Kartoffeln 3967297 t, an Runkelrüben 1097493 t, an Zuckerrüben 49929 t, an Möhren 34672 t, an weißen Rüben 502182 t, an Kohlrüben 188953 t, an Raps und Rübsen 2117 t, an Hopfen 4861 t, an Klee 1218 t (Samen), an Klee (Heu) 652954 t, an Lupinen (Heu, Stroh) 728 t, an Luzerne 86973 t, an Esparsette 16619 t, an Serradella 1608 t, an Mais 101505 t, an Grassaat aller Art 346090 t, an Heu und Grummet (Gmad) 3616917 t, an Weinmost 737680 hl im Wert von 22851723 M., an Tabak 3897 t. Von der Gesamtfläche nehmen dann noch Öd- und Unland 151264 ha (2 Proz.), Haus- und Hofräume 46171 ha, Wegeland und Gewässer 245628 ha (3,2 Proz.) ein. Am wurden gezählt 369035 Pferde, 3337978 Stück Rindvieh, 968414 Schafe, 1358744 Schweine, 268471 Ziegen und 272040 Bienenstöcke; der Verkaufswert der Pferde betrug 189262579, des Rindviehs 665519702, der Schafe 15381569, der Schweine 41281653 und der Ziegen 3855686 M. ^[]
Die Pferdezucht ist auf der bayr. Hochebene, d. h. in den Kreisen Oberbayern, Niederbayern und Schwaben von Bedeutung;
nur ist das Pferd der Möser kleiner als in den fruchtbaren Strichen der Hochebene;
in der Pfalz ist die Pferdezucht besonders in der Gegend von Zweibrücken wichtig, sehr gering dagegen in den fränk. Bezirken und in der Oberpfalz. Es bestehen 5 Gestütsanstalten und 2 Stammgestüte;
außerdem Privatgestüte zu Rentweinsdorf, Dennenlohe, Steppberg, Vornbach, St. Gilla und Puchhof.
Die eigentliche Grundlage der Landwirtschaft ist die Rindviehzucht. Bayern übertrifft hierin alle andern deutschen Staaten mit Ausnahme Württembergs. Von hoher Güte ist das Rindvieh in der Gegend von Ansbach und Bayreuth; auf der südl. Hochebene und in den Alpengebieten ragen hervor die Miesbacher und Allgäuer Rasse, in der Pfalz ist das Bezirksamt Kusel und das Gebiet am Glan und am Donnersberg der Mittelpunkt einer berühmten Viehzucht. Die Schafzucht ist unbedeutend. Es findet sich meist das grobwollige Schaf (Zaupelschaf) und das deutsche oder fränk. Schaf. Größere und bessere Zuchtschäfereien für Merinos und Feinbastarde bestehen auf größern Gütern, dann in Weihenstephan und Schleißheim, für engl. Fleischschafe in Maxhofen (Niederbayern), für Rauhbastardzucht in Mittelfranken. Die Schweinezucht findet sich hauptsächlich in Niederbayern. Ziegen werden besonders in Franken und in der Pfalz gehalten. Hauptsitz der Bienenzucht sind das Inn- und Isargebiet und Oberschwaben.
Forstwirtschaft und Jagd. Die Forsten des Königreichs umfassen (1893) 2508088,28 ha, d. i. 33,1 Proz. der Gesamtfläche des Landes. Die Hauptgruppe bilden die Privatforsten mit 1231428 ha (49 Proz.);
daran schließen sich die Staatsforsten mit 854056 ha (34 Proz.);
die Gemeindeforsten betragen 316752 ha (12,6 Proz.);
die Genossenschaftsforsten 44078 ha (1,8 Proz.);
die Stiftungsforsten 43569 ha (1,7 Proz.) und die Staatsanteilforsten 18206 ha.
Die ertragsfähigen Waldflächen (2459361 ha) haben einen Wert von rund 1000 Mill. M., abzüglich des Kapitalwertes der auf den Waldungen ruhenden Belastungen im jährlichen Anschlage von 2240000 M.
Die Gesamtfläche der ertragsfähigen Waldungen:
Regierungsbezirke | Gesamtfläche | Staatsforsten | Gemeinde-, Stiftungs- u. Genossenschaftsforsten | Privatforsten |
---|---|---|---|---|
ha | ha | ha | ha | |
Oberbayern | 543255 | 230987 | 30110 | 282158 |
Niederbayern | 337994 | 66589 | 10560 | 260844 |
Pfalz | 232790 | 114586 | 88328 | 29877 |
Oberpfalz | 353417 | 108218 | 20098 | 225101 |
Oberfranken | 241629 | 93978 | 19292 | 128359 |
Mittelfranken | 253017 | 83227 | 44427 | 125357 |
Unterfranken | 312751 | 102435 | 134708 | 75607 |
Schwaben | 233241 | 72241 | 56876 | 104125 |
Königreich | 2508088 | 872261 | 404399 | 1231428 |
Mit Laubhölzern (Buche, Eiche) sind 578988 ha (23,1 Proz.), mit Nadelhölzern (Fichte, Kiefer, Tanne) 1929101 ha (76,9 Proz.) bestanden. Die größten zusammenhängenden Waldmassen des Königreichs bildet das bayr. Hochgebirge mit den Allgäuer Alpen, der Bayrische Wald, das Pfälzer Gebirge, der Spessart und das Fichtelgebirge.
Der jährliche Ertrag an Forsthauptnutzungen (Holz) beträgt bei den Staatsforsten 3567200 Ster (cbm) im Wert von 24224000 M. (die Einnahme aus
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der Staatsforst-, Jagd- und Triftverwaltung betrug 1891: 32749395 M.), bei den Gemeinde-, Stiftungs- und Korporationswaldungen 1271140 und den Privatwaldungen 3946240 cbm, zusammen im Wert von 34616000 M., ist somit insgesamt auf 8784580 cbm (58840000 M.) anzunehmen, d. i. 3,6 cbm (24,12 M.) auf 1 ha. Der volle Geldwert der Forstnebennutzungen aller Art (Gras, Weide, Steine, Torf, Streu, Rinden, Sämerei, Harz und sonstige Nutzungen) beträgt einschließlich der Forstrechte und Begünstigungsgenüsse für die Staatsforsten 1601500 M. und für die übrigen Waldungen 4427200 M., sonach Gesamtertrag der Waldungen rund 65 Mill. M.
Der Wildstand hat sich sehr gemindert. Von nutzbarem Wild ist der Hase fast überall zu treffen, der Edelhirsch nur in den Alpengegenden, dann im Fichtelgebirge, im Spessart und in einigen Wäldern der Oberpfalz, im Veldensteiner Forst und im Gemeindewald Burgbernheim in schwachen Beständen. Der Damhirsch kommt nur noch in Wildparken vor. Die Rehe sind neben den Hasen wohl am zahlreichsten. Die Gemse ist zahlreich nur in den königl. Leibgehegen von Berchtesgaden, Hohenschwangau, Kreuth und Vorderries; Kaninchen in der Pfalz.
Wildschweine finden sich in der Pfalz hier und da noch als Wechselwild und im Spessart, sonst nur in Gehegen. Das Murmeltier lebt in den Alpen bei Berchtesgaden und Immenstadt. Biber giebt es höchstens noch in den Salzachauen. Die wilde Katze und der Fuchs kommen überall vor, auch der Marder, Wiesel und Iltisse, in den Gewässern die Fischotter und da und dort noch ein Dachs. Von wildem Geflügel ist am häufigsten das Rebhuhn;
gute Auerhahnbestände giebt es noch im Nürnberger Reichswalde, im Bayrischen Wald und im Fichtelgebirge, Spessart, der Rhön und in den Alpen;
daselbst kommt auch das Birk- und Haselhuhn vor;
das Schneehuhn gehört den Alpen an.
Eine naturgeschichtliche Merkwürdigkeit in der Pfälzer Vogelwelt ist der Gägler, Böhemer genannt;
derselbe, ein nordischer Zugvogel, erscheint im Herbst bei Bergzabern in ungeheuren Scharen.
Größere Raubvögel horsten nur in den Alpen.
Bergbau. 1882 bestanden 103 Bergbau-, Salinen- und Hüttenbetriebe, nämlich 3 Bergwerke auf Erze, ausgenommen Eisenerze (1 Dampfmotorenbetrieb);
8 Eisenerzgruben (3);
38 Hüttenbetriebe (27 Wasser- und 15 Dampfmotoren);
1 Salzbergwerk und 6 Salinen (6 Wassermotoren);
17 Steinkohlenbergwerke (2 Wasser- und 11 Dampfmotoren);
4 Braunkohlenbergwerke (1 Dampfmotor);
26 Gewerke auf Gewinnung von Graphit, Asphalt, Erdöl (7 Wassermotoren);
dazu 418 Betriebe für Torfgräberei und Torfbereitung (2 Wassermotoren und 11 Lokomobilen).
Von den (1882) 5 Rübenzuckerfabriken arbeitet eine mit Windmotorenbetrieb.
Industrie. Das Brauereigewerbe steht in hoher Blüte;
1893 bestanden im ganzen Königreich 5055 Braunbierbrauereien mit 6684565 hl Malzverbrauch und einer Produktion von 14834590 hl Bier (1890: 14214247 hl, d. i. 250,8 l auf den Kopf der jeweiligen Bevölkerung);
1567 Weißbierbrauereien mit 45547 hl Malzverbrauch und einer Produktion von 184707 hl;
Mälzereien waren 254 im Betrieb.
Der Bierkonsum betrug (1893) 12459355 hl. Das gesamte Brauereigewerbe umfaßte 7424 Betriebe, darunter 62 Aktiengesellschaften;
in 787 Betrieben befanden sich 765 Motoren, 64 durch Wasser, 679 durch Dampf, 22 durch Gas oder Heißluft bewegt;
23 Betriebe benutzen je einen Dampfkessel und 12 je eine Lokomobile. 1882 gab es 9493 Getreide-, Mahl- und Schälmühlen (93 Dampfmotoren);
28 Stärke- und Stärkesirupfabriken (8 Wasser-, 4 Dampf- und 2 Gasmotoren);
76 Fabriken künstlicher Mineralwässer (6 Wasser-, 6 Dampf- und 2 Gasmotoren);
30 Schaum- und Obstweinfabriken.
Unter den (1893) 4667 Branntweinbrennereien waren 2004 landwirtschaftliche. Verarbeitet wurden 89000 t Kartoffeln, 29600 t Getreide, 22100 hl Wein und Weinhefe, 18900 hl Obst, 96800 hl Brauereiabfälle und sonstige Stoffe; erzeugt wurden 179000 l reiner Alkohol. Die Tabakfabrikation zählte 611 Betriebe (29 Wasser-, 12 Dampf- und 4 Gasmotoren), die Dampfmaschinen - und Lokomotivenfabrikation 13 Betriebe, die Herstellung von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten 233, von Maschinen und Werkzeugen anderer Art 346, von Nähmaschinen 14, im ganzen 606 Betriebe (1 Wind-, 80 Wasser-, 170 Dampf-, 9 Gas- und Heißluftmotoren).
Die Textilindustrie zählte 32767 Betriebe (401 Betriebe mit 271 Dampf-, 202 Wasser-, 4 Gas- und Heißluftmotoren);
Glasfabrikation und -Veredelung 666 Betriebe (397 Wasser-, 14 Dampf-, 4 Gasmotoren);
Töpferei und Verfertigung von Thonwaren 2276 Betriebe, Fayence- und Porzellanfabrikation 135, im ganzen 2411 Betriebe (24 Wasser-, 31 Dampfmotoren);
Baugewerbe 34834 Betriebe (5 Wasser-, 27 Dampf-, 3 Gasmotoren).
Die chem. Großindustrie zählt 38, die sonstige chem. Industrie, wie Herstellung von Farben, Blei- und Pastellstiften und Kreiden, Teer, Explosiv- und Zündstoffe u. s. w., 1300 Betriebe, außerdem 2 Anilinfabriken, im ganzen 1340 (107 Wasser-, 93 Dampf- und 6 Gasmotoren); Papierfabriken 250, Gerberei, Fabrikation von gefärbtem und lackiertem Leder und Pergament 1732, Wachs- und Ledertuch, Gummi- und Guttaperchawaren 20, Buchbinderei- und Kartonnagenfabrikation 1642, Verfertigung von Riemer-, Sattler- und Tapeziererarbeiten 4281, im ganzen 7925 Betriebe (292 Wasser-, 114 Dampf- und 9 Gasmotoren);
Industrie in Holz- und Schnitzstoffen (auch Korbmacherei, Weberei und Flechterei) 42859 (2334 Wasser-, 248 Dampf- und 25 Gasmotoren);
die polygraphischen Gewerbe 1255, künstlerische Betriebe für gewerbliche Zwecke 1446, sonach 2701 Betriebe (18 Wasser-, 57 Dampf- und 81 Gasmotoren);
Gold- und Silberschlägerei 648, Industrie in Kupfer, Blei, Zink und Zinn 2016, insgesamt 2664 Betriebe (107 Wasser-, 74 Dampf- und 19 Gasmotoren);
Eisengießereien 95, Schwarz- und Weißblechfabriken 2, Nähnadelfabriken 7, zusammen 104 Betriebe (26 Wasser-, 59 Dampf- und 1 Gasmotor).
Insgesamt waren (1889) im Betrieb 4939 feststehende Dampfkessel, 3819 feststehende Dampfmaschinen, 2111 Lokomobilen und bewegliche Dampfkessel.
Handel und Geldwesen. Zur Förderung und Vertretung der Interessen des Handels und der Gewerbe ist in jedem Regierungsbezirk eine Handels- und Gewerbekammer errichtet. Für Orte oder Bezirke mit erheblichem gewerblichem Verkehr können sog. Bezirksgremien (Handels-, Fabrik- oder Gewerberäte) gebildet werden. 1893 bestehen außer den 8 Handels- und Gewerbekammern noch 59 Bezirksgremien, davon 14 in der Pfalz. Für jede Kammer ernennt die Kreisregierung einen königl. Kommissar. Ein Handels- und Schiedsgericht besteht (als Vermittelungsamt) nur in Nürnberg für
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den Stadtbezirk. Landeskonsulate dürfen in den Bezirken der Reichskonsuln nicht errichtet werden. hat Generalkonsuln in Hamburg, Frankfurt a. M., Dresden, Leipzig und Stuttgart; Konsuln in Karlsruhe, Bremen und Lübeck. Bei der bayr. Regierung sind von ausländischen Staaten 51 Konsuln, Vicekonsuln und Konsularagenten accreditiert.
Die Einfuhr an Bier aus deutschen Staaten betrug (1893) 47441 hl, aus andern Staaten 4303 hl, im ganzen 51744 hl (gegen 323154 hl i. J. 1891); die Ausfuhr 2385555 hl.
Die Zollgesetzgebung und die Regelung des Münzwesens steht dem Reiche, die Verwaltung der Zölle den Einzelstaaten zu. Für die Erhebung und Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern besteht die Generaldirektion der Zölle und indirekten Steuern mit Hauptzollämtern, Nebenzollämtern und Zollexposituren. Die Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens wird durch Reichsbeamte, Reichsbevollmächtigte bei den Direktivbehörden und Stationskontrolleure bei den Zollämtern überwacht.
Für die Geldoperationen des Staates besteht die Königliche Bank in Nürnberg mit 13 auf die übrigen Städte verteilten Bankfilialen. Die Reichsbank hat in Bayern 1 Hauptstelle (München), 2 Stellen (Augsburg, Nürnberg) und 16 Nebenstellen. Als Aktiengesellschaften sind 23 Banken konstituiert mit einem Kapitale von 150242714 M. An größern Privatbanken bestehen 7, darunter die Bayrische Hypotheken- und Wechselbank (s. d.), die größte derartige Bank in Deutschland, die Bayrische Vereinsbank, Bayrische Notenbank (s. d.), die Süddeutsche Bodenkreditbank, Bayrische Handelsbank und Landesbank, sämtlich in München; Vereinsbank in Nürnberg, die Pfälzische Hypothekenbank in Ludwigshafen a. Rh.; außerdem bestehen 810 Kreditgenossenschaften und 320 Sparkassen.
Seit hat die Deutsche Reichswährung auch in Bayern Geltung. Die neuere Regelung des Münzwesens in Bayern hatte ihren Ausgangspunkt in dem Vertrage mit Österreich vom der den Zwanziggulden- oder Konventionsfuß schuf. Infolge der Gründung des Deutschen Zollvereins schlossen die süddeutschen Zollvereinsstaaten unterm zwei Verträge über die Haupt- und Scheidemünzen. Danach wurde der im Süden schon bestehende Kronenthalerfuß, jedoch unter Einhaltung des 24½ Fl.-Fußes, als Münzfuß angenommen mit den Hauptmünzen des Gulden und halben Gulden zu 60 und 30 Kr. Hieran reihte sich der Wiener Münzvertrag vom zwischen diesen Staaten und Österreich und Liechtenstein, der an der reinen Silberwährung festhielt. An Stelle des 24½ Fl.-Fußes trat in Bayern der 52½ Fl.-Fuß, der bis zur Einführung der Reichsgoldwährung blieb. Die Münze in München (Münzzeichen D) ist an der Ausprägung der Reichsmünzen mit 13,6 Proz. beteiligt.
Maß und Gewicht waren bis zur Gründung des Deutschen Reichs nicht einheitlich für das ganze Land geregelt. Für die rechtsrhein. Landesteile galt die Verordnung vom Für den Vollzug der Maß- und Gewichtsordnung besteht die bayr. Normalaichungskommission, 96 Aichämter für Maß und Gewicht, 16 Präcisionsaichämter, 15 Gasaichanstalten und 92 selbständig organisierte gemeindliche Faßaichanstalten.
Verkehrswesen. Dem Handel und Verkehr dienen im ganzen 531 Schiffe, darunter 497 Segel- und 34 Dampfschiffe mit 47097 t Tragfähigkeit (Dampfschiffe mit 3544 t Tragkraft). Eigentum des Staates sind die auf dem Bodensee verkehrenden bayr. Schiffe (6 Dampfboote, 1 Dampffähre, 5 Schleppkähne und 3 Trajektkähne im Anschaffungswerte von 1581408 M. und mit einer Gesamttragkraft von 1895 t); ferner 7 Segelschiffe auf der Salzach, 9 auf dem Inn, 47 auf der Donau, 15 auf dem Main, 92 auf dem Rhein und je 1 Personendampfer auf Rhein und Main. ^[]
Im J. 1893 sind auf dem Main bei Würzburg zu Berg durchgegangen 1002 Segelschiffe mit 4976 t Gütern, zu Thal durchgegangen 1038 Segelschiffe mit 8388 t Gütern. Angekommen sind zu Berg 26 Segelschiffe mit 535 t Gütern, zu Thal angekommen 25 Segelschiffe mit 1 t Gütern. Abgegangen zu Berg 3 Segelschiffe mit 60 t und zu Thal 43 Segelschiffe mit 1525 t Gütern. Auf der Donau sind in Passau angekommen zu Berg 145 Personen-, 365 Schlepp-, 468 Güterdampfschiffe mit 46789 t Gütern. Zu Thal kamen an 76 Schlepp-, 95 Güterdampfschiffe mit 2336 t Gütern. Zu Thal gingen ab 145 Personen-, 270 Schlepp-, 240 Güterdampfschiffe mit 6650 t Gütern nebst 9 Segelschiffen, zu Berg 89 Schlepp- und 80 Güterdampfschiffe mit 851 t Gütern. In Ludwigshafen am Rhein kamen 1893 an zu Berg 756 Personendampfschiffe, 1021 Schlepp- und 486 Güterdampfschiffe nebst 3038 Segelschiffen mit 559810 t Gütern, zu Thal kamen an 4510 Segelschiffe mit 128048 t Gütern. Zu Berg gingen ab 3 Schleppdampfschiffe und 4513 Segelschiffe mit 556 t Gütern, zu Thal 756 Personendampfschiffe, 1018 Schlepp-, 486 Güterdampfschiffe nebst 3035 Segelschiffen mit 116547 t Gütern.
Auf dem Bodensee wurden 168098 Personen, 848 t Gepäck, 191428 t Güter, 190 Wagen Tiere und 3153 Tiere in offener Ladung befördert. Die Einnahmen betrugen 465353 M., die Ausgaben 427777 M.
Den Ludwigs-Donau-Main-Kanal befuhren im ganzen 1512 beladene und 1204 leere, zusammen 2716 Schiffe und 879 Flöße, davon in der Richtung nach dem Main 1213 beladene und 144 leere, zusammen 1357 Schiffe mit 68978 t Gütern, in der Richtung nach der Donau 299 beladene und 1060 leere, zusammen 1359 Schiffe mit 14986 t Gütern. Der Floßverkehr nach dein Main betrug 803, in der Richtung nach der Donau 76 Flöße. Die Einnahmen betrugen 93439 M., die Ausgaben 207447 M.
Auf dem Frankenthaler Kanale kamen an zu Berg 174 Segelschiffe mit 7378 t Gütern, zu Thal 497 Segelschiffe mit 18570 t Gütern. Abgegangen sind zu Berg 27 Segelschiffe mit 1917 t Gütern, zu Thal 12 Segelschiffe mit 215 t Gütern.
An Flößen kamen an in Ludwigshafen 110 t Floßholz und geladenes Holz, in Würzburg gingen durch 240909 t Holz, in Kelheim (zu Berg 459 t Holz). In Passau gingen durch zu Thal 7424 t Holz (inkl. Inn), in Kempten (Iller) gingen ab 3885 t Holz, in Augsburg (Lech) kamen an 12068 t Holz, in München (Isar, Loisach) kamen an 44617 t Holz nebst 908 t andern Gütern.
Über die Eisenbahnen s. Bayrische Eisenbahnen.
Post. Die grundsätzlichen Bestimmungen über die rechtlichen Verhältnisse zwischen der Post und dem Publikum, die Privilegien der Post, das Posttarwesen sind durch die auch in Bayern geltenden Reichsgesetze geregelt. Daneben bestehen für die vom Reich unabhängige innere Postverwaltung noch landesgesetzliche Bestimmungen, insbesondere die
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Postordnung. Ende 1893 zählte die Post 1974 Postanstalten und 588 Markenverkaufsstellen; einschließlich der Telegraphenbeamten waren vorhanden 710 pragmatische Beamte, ferner 3440 statusmäßige, 4532 nicht statusmäßige Beamte und Bedienstete, 792 Praktikanten und unbezahlte Aspiranten. Von den 10391 aufgestellten Briefkästen waren 4449 in Orten mit Postanstalten, 4283 an solchen ohne Postanstalten und 1659 an Fahrzeugen angebracht; ferner zählte man 521 Posthaltereien (331 selbständige und 178 mit dem Expeditionsdienst vereinigte), 10 Relaisställe, 1058 Postillone und 2283 Pferde, 2052 Wagen, 520 Postschlitten.
Befördert wurden (1893) 231682740 Briefe, Postkarten, Drucksachen und Warenproben, darunter 98689500 im innern Verkehr und 3683980 eingeschriebene. Es gingen ein 510590 Postaufträge, aufgegeben wurden 525710. An Zeitungsnummern wurden 132504930 Stück befördert. Für 8305817 Postanweisungen wurden 488125192 M. Einzahlungen und für 7910749 Stück wurden 464084532 M. Auszahlungen geleistet. Pakete ohne Wertangabe wurden befördert 15639214 Stück, mit Wertangabe 644962 im Werte von 576209390 M. und Briefe mit Wertangabe 1263620 im Werte von 1083737770 M.; an Postnachnahmesendungen im innern Verkehr 413300 Briefe und 458630 Pakete im Betrage von 7289430 M., im ganzen 619990 Briefe, 1346860 Pakete im Betrage von 19245900 M. Mit den Fahrposten wurden 795171 Personen befördert.
Es bestehen im Hauptlande 13 selbständige und 1832 Staatstelegraphenämter (darunter 1043 mit dem Post- und 631 mit dem Eisenbahndienst vereinigte), in der Pfalz 140 Bahntelegraphenstationen, 11 Stationen der Lokalbahnen, ferner 3 Stationen der Elm-Gemündener Bahn und 4 der Hess. Ludwigsbahn, insgesamt 1845 Stationen, davon 8 im Auslande. Bei den Staatstelegraphenämtern sind 3230 Telegraphenapparate (47 Hughes-, 3161 Morse- und 22 Zeigerapparate) im Betriebe;
die Gesamtlänge der von der Staatstelegraphenverwaltung zu unterhaltenden Telegraphen- und Telephonlinien beträgt 14437 km mit 56084 km Drahtleitungen;
Länge der Telegraphenlinien mit Kabel 347,10 km;
dazu kommt das Kabel von Berlin bis München (auf bayr. Gebiete von der Grenze bei Uhlitz bis München 328 km mit 2296 km Leitungen).
Im innern Verkehr gingen 1118954, im übrigen Verkehr 3475083 Telegramme ab.
Eine Rohrposteinrichtung besteht nur in München für den innern Dienst.
Die Länge der Fernsprechlinien (der Stadttelephonleitung) betrug 1893: 11293 km, die Länge der Städteverbindungsleitungen 4149 km.
Die Einnahmen der Post- und Telegraphenverwaltung betrugen (1893) 22802840 M., die Ausgaben 20961592 M. Die obere Leitung der Posten und Telegraphen ist Sache der königlich bayr. Generaldirektion der Posten und Telegraphen als Centralstelle mit einem Direktor als Vorstand. Der Direktion unterstehen als äußere Vollzugs- und Aufsichtsorgane 7 Oberpostämter mit je einem Oberpostmeister als Vorstand in Augsburg, Bamberg, München, Nürnberg, Regensburg, Speyer, Würzburg. Diesen Ämtern untergeordnet sind alle Postanstalten ihres Bezirks, ausgeschieden nach Umfang und Bedeutung des Verkehrs in Postämter (4 mit dem Bahndienst vereinigt), selbständige und mit dem Bahndienst vereinigte Postverwaltungen, statusmäßige, auf Dienstvertrag bestehende und mit dem Bahndienst vereinigte Expeditionen und Postablagen. ^[]
Verfassung. Bayern ist eine konstitutionelle Erbmonarchie (Verfassungsurkunde vom modifiziert 1848 und durch die Reichsverfassung vom Die Krone ist erblich im Mannsstamm nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linearerbfolge mit Ausschluß der weiblichen Nachkommen, solange noch ein successionsfähiger Agnat aus ebenbürtiger mit Bewilligung des Königs geschlossener Ehe oder ein durch Erbverbrüderung zur Thronfolge berechtigter Prinz vorhanden ist.
Die ordentliche Regentschaft tritt bei Minderjährigkeit des Königs ein, die außerordentliche Reichsverwesung, wenn der behinderte König keinen Stellvertreter eingesetzt hat, und wenn vorher die Notwendigkeit der Verwesung auf verfassungsmäßigem Wege anerkannt ist. König von Bayern ist seit Otto Ⅰ., des Königreichs Bayern Verweser Prinz Luitpold (Prinz-Regent). hat sich bei Neugestaltung des Deutschen Reichs als Reservatrechte vorbehalten: es regelt selbständig die Heimats- und Niederlassungsverhältnisse, insbesondere bleiben in Bayern die polizeilichen Beschränkungen der Eheschließungen aufrecht erhalten;
hat eine eigene Militärverwaltung unter der Militärhoheit und dem Befehl des Königs im Frieden;
die Mobilmachung des Heers ordnet der König von an;
Bayern behält die freie und selbständige Verwaltung seines Post- und Telegraphenwesens bezüglich des innern Verkehrs und seines Eisenbahnwesens;
die Besteuerung des Biers und Branntweins für seine Kasse (bezüglich des Branntweins hat es jedoch seit sein Recht aufgegeben);
Gesandtschaften hält Bayern noch in Württemberg, Hessen, Preußen, Sachsen, Belgien, Frankreich, Italien, Österreich, beim päpstl.
Stuhle, in Rußland sowie in der Schweiz, außer diesen Staaten hat auch Großbritannien eine Gesandtschaft in Bayern.
Der Landtag besteht aus zwei Kammern, einer Abgeordnetenkammer und der der Reichsräte. Letztere setzt sich (1892) zusammen aus 9 Prinzen des königl. Hauses, 3 Kronbeamten des Königreichs, 2 Erzbischöfen, 18 Häuptern der ehemaligen reichsständischen fürstl. und gräfl. Häuser, einem Bischof, dem Präsidenten des prot. Oberkonsistoriums, 23 erblichen und 16 andern vom König auf Lebenszeit ernannten Reichsräten. Die Abgeordnetenkammer, aus 159 Mitgliedern bestehend, geht aus allgemeinen indirekten Wahlen hervor.
Das Wahlrecht steht jedem volljährigen Staatsangehörigen zu, der eine direkte Staatssteuer seit mindestens 6 Monaten entrichtet, den Verfassungseid geleistet und seinen Wohnsitz im Lande hat und nicht wegen Verbrechen oder gemeiner Vergehen verurteilt worden ist. Zur Wahlfähigkeit bei der Urwahl gehört ein Alter von 21, zur Wählbarkeit als Wahlmann von 25, zur Wählbarkeit als Abgeordneter von 30 Jahren. Auf je 500 E. wird ein Wahlmann, auf je 31500 ein Abgeordneter gewählt.
Die Wahl findet auf 6 Jahre statt. Ohne Zustimmung des Landtags kann kein die Freiheit der Personen oder das Eigentum der Privaten, die Festsetzung der direkten und die Erhebung, Erhöhung oder Veränderung der indirekten Steuern betreffendes Gesetz erlassen werden. Dieses Gebiet seiner Thätigkeit ist jedoch durch die Zuständigkeit des Reichs bedeutend geschmälert. Ferner hat er das Recht der Ministeranklage und der Gesetzesinitiative mit Ausnahme eines Teils
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des Verfassungsrechts, wo sie vom König ausgehen muß. Seit 1868 wird das Budget auf zwei Jahre festgestellt. Die Kammern müssen mindestens alle drei Jahre berufen werden. Thatsächlich erfolgt die Einberufung alle zwei Jahre infolge der zweijährigen Finanzperiode. Das Gesamtstaatsministerium bildet den Ministerrat des Königs, im Falle der Reichsverwesung den Regentschaftsrat. Ständiger Kronrat ist der Staatsrat (12 Staatsräte im ordentlichen und 16 im außerordentlichen Dienst), in und mit welchem der König die wichtigern Staatsangelegenheiten in Erwägung zieht.
Über die Reichstagswahlkreise s. die Artikel der einzelnen Regierungsbezirke.
Verwaltung. hat sechs Ministerien: das des königl. Hauses und des Äußern, der Justiz, des Innern mit einer besondern Abteilung für Landwirtschaft, Gewerbe und Handel, des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten, der Finanzen mit drei Abteilungen (für Forstwesen, der Kronanwälte und der Hauptfinanzbuchhaltung) und des Krieges (s. unten, S. 564a). Vorstände sind die königl. Staatsminister, denen in unmittelbarer Unterordnung unter das Staatsoberhaupt die Leitung bestimmter Teile von Staatsgeschäften unter persönlicher Verantwortung zugewiesen ist.
Unmittelbar unter diesen Ministerien stehen die Centralstellen und zwar unter dem Ministerium des königl. Hauses und des Äußern das geheime Haus- und geheime Staatsarchiv, die Generaldirektionen der königlich bayr. Staatseisenbahnen sowie der königlich bayr. Posten und Telegraphen;
außerdem hat dasselbe die Leitung des Gesandtschafts- und Konsularwesens;
unter dem Ministerium der Justiz das oberste Landesgericht (München) mit dem Disciplinarhof und dem Gerichtshof für Kompetenzkonflikte;
unter dem Ministerium des Innern der Verwaltungsgerichtshof, das Landesversicherungsamt (München), das allgemeine Reichsarchiv, das Oberbergamt, die oberste Baubehörde, die Landeskulturrentenkomission, die Normalaichungskommission, die Brandversicherungskammer mit der Hagelversicherungsanstalt, die Landgestütsverwaltung, der Obermedizinalausschuß, die Centralimpfanstalt, die statist.
Centralkommission mit dem statist. Bureau, die Flurbereinigungskommission; unter dem Ministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten der oberste Schulrat, die beiden Erzbischöfe und 6 Bischöfe, das prot. Oberkonsistorium und die Centralanstalten für Wissenschaft, Kunst und Unterricht; unter dem der Finanzen die Centralstaatskasse, der oberste Rechnungshof und die Rechnungskammer, das Hauptmünzamt, die Staatsschuldentilgungskommission, das Katasterbureau, die Generaldirektion der Zölle und indirekten Steuern, die Generalbergwerks- und Salinenadministration, die königl. Bank in Nürnberg und die Centralforstlehranstalt in Aschaffenburg; unter dem Kriegsministerium der Generalstab der Armee, mit dem topogr. Bureau und dem Hauptkonservatorium der Armee, die Militärfondskommission, Remonteinspektion, Militärbildungsanstalten u. s. w.
Die Einteilung des Landes erfolgte 1808 in 15, 1809 in 9, 1817 in 8 Kreise, nach Flüssen benannt. Die Benennung Regierungsbezirke (s. S. 556) erhielten diese Kreise 1837, ihre jetzige Grenzbestimmung 1879.
Die Regierungsbezirke zerfallen in Verwaltungsdistrikte, für deren jeden ein Bezirksamt in Unterordnung unter die Kreisregierung besteht. ^[]
Grundlegend für die Organisation der Verwaltungsbehörden ist die sog. Formationsverordnung von 1825. Hiernach besteht in jedem Regierungsbezirk eine Kreisregierung für die innere Verwaltung als Vollzugsorgan der Ministerien. Die Kreisregierung zerfällt in zwei Kammern, die des Innern und die der Finanzen mit je einem Direktor als Vorstand. Der Kammer des Innern äußerlich angegliedert ist der Kreismedizinalausschuß und der Kreistierarzt, der der Finanzen eine Forstabteilung.
Gemeinsamer Vorstand ist der Regierungspräsident, unter dessen persönlicher Verantwortung alle Regierungshandlungen ergehen. Jeder Regierungsbezirk bildet zugleich eine Kreisgemeinde, dessen Vertretungsorgan der Landrat ist. Derselbe besteht aus den Vertretern der Distriktsgemeinden des Regierungsbezirks, den Abgeordneten der unmittelbaren Städte, Vertretern der Großgrundbesitzer, aus drei Mitgliedern der wirklichen selbständigen Pfarrer und einem Vertreter der Universität, falls eine solche im Bezirk ihren Sitz hat.
Die Mitglieder des Landrats werden auf 6 Jahre gewählt und treten einmal im Jahre am Sitz der Kreisregierung zusammen, um insbesondere bei Feststellung des Kreisbudgets mitzuwirken. Durch Verordnung vom erfolgte die Trennung der Justiz und der Verwaltung in der untersten Instanz, die jedoch in der Pfalz schon längst durchgeführt war. Der Kreisregierung sind unmittelbar untergeordnet die Bezirksämter (151), die unmittelbaren Magistrate (38), die Rentämter (216), die Forstämter (376) sowie die Bauämter (48), außerdem sämtliche Anstalten für Unterricht, Gesundheit, Wohlthätigkeit u. s. w. Die Bezirksämter (Distriktsverwaltungsbehörden) umfassen in der Regel 1 bis 3 Amtsgerichtsbezirke.
An der Spitze eines jeden Bezirksamtes steht der Bezirksamtmann als Vorstand. Jeder Amtsbezirk einer Distriktsverwaltungsbehörde bildet eine oder zwei, in der Pfalz jeder Kanton eine Distriktsgemeinde, die durch den Distriktsrat (Vorstand der Bezirksamtmann) vertreten wird. Dieser besteht aus den Vertretern der zu dem Verwaltungsbezirk gehörigen Ortsgemeinden, aus den Eigentümern des Grundbesitzes, von dem die höchste Grundsteuer im Distrikt entrichtet wird, aus den Vertretern der nächsten fünfzig höchstbesteuerten Grundbesitzer des Distrikts und nötigenfalls aus einem Vertreter des Staatsärars.
Bei Beratungen über die Distriktsarmenpflege sind die Bezirksärzte und zwei selbständige Pfarrer zuzuziehen. Einer Distriktsgemeinde gleich gelten die unmittelbaren Städte, die direkt unter der Kreisregierung stehen. In Unterordnung unter die Bezirksämter üben die Vorstände der kleinern Stadt- und Landgemeinden die Ortspolizei aus. Für die Gemeinden ist maßgebend die Gemeindeordnung vom die Pfalz hat eine eigene vom gleichen Tage, beide abgeändert durch Gesetz vom sowie durch spätere Gesetze bezüglich einzelner Artikel.
Die Pfalz hat nur eine Form der Gemeindeverfassung, während das Hauptland städtische und Landgemeindeverfassung kennt. Die Städte selbst wieder scheiden sich in mittelbare und unmittelbare, d. h. der Distriktspolizeibehörde oder Kreisregierung untergeordnete. Die städtischen Gemeinden werden durch einen Magistrat vertreten, der aus einem Bürgermeister, rechtskundigen Räten, bürgerlichen Magistratsräten und aus den nötigen technischen Beamten besteht. Die bürgerlichen Magistratsräte und nicht rechtskundigen
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Bürgermeister werden auf 6 Jahre gewählt, die Gemeindebevollmächtigten auf 9 Jahre; der rechtskundige Bürgermeister und die rechtskundigen Räte werden nach 3 Jahren, im Falle der Wiederwahl, auf Lebenszeit gewählt. Vertreter der Landgemeinden ist der Gemeindeausschuß, der aus einem Bürgermeister, einem Beigeordneten und aus 4 bis 24 Gemeindebevollmächtigten besteht (alle auf 6 Jahre gewählt). Vertreter der Gemeinden in der Pfalz ist der Gemeinderat, bestehend aus einem Bürgermeister, einem oder zwei Adjunkten und 6 bis 24 Gemeinderäten (alle auf 5 Jahre gewählt). Das Gesamtvermögen (rentierendes und nicht rentierendes) der 8021 Gemeinden betrug (1892) 577857219 M., dem ein Gesamtschuldenstand von 215339637 M. gegenüberstand. Die Rente vom ganzen rentierenden Vermögen beträgt 18559697, d. i. 3,32 M. auf den Kopf der Bevölkerung.
Rechtspflege. Bezüglich der Civilgesetzgebung verblieb es bei den Kodifikationen von der Mitte des 18. und Anfang des 19. Jahrh. 43 verschiedene Privatrechte giebt es derzeit. Eine regere Thätigkeit zeigte sich im Gebiete des Handelsrechts, der modernen Gesellschaftsformen, des öffentlichen und Strafrechts. Das Deutsche Handelsgesetzbuch gelangte 1861 zur Einführung. An Stelle des 1813 eingeführten Strafgesetzbuchs für das rechtsrheinische Bayern (Verfasser: Feuerbach) trat 1861 ein neues Straf- und Polizeistrafgesetzbuch, durch die auch der bisher in der Pfalz gültige Code pénal außer Kraft trat. Durch Einführung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich und der Strafprozeßordnung wurden diese bayr. Gesetze aufgehoben.
Ein Landgericht wird gebildet von 6 bis 15 Amtsgerichten; Landgerichte giebt es im ganzen 22, davon 16 mit Kammern für Handelssachen. Dem Landgericht München Ⅰ sind nur die Amtsgerichte München Ⅰ und München Ⅱ unterstellt. 4 bis 7 Landgerichte bilden ein Oberlandesgericht (Augsburg, Bamberg, München, Nürnberg, Zweibrücken, s. diese Artikel). Periodische Schwurgerichte bestehen bei den Landgerichten Amberg, Augsburg, Bayreuth, Würzburg, München Ⅰ, Nürnberg, Straubing und Zweibrücken.
Die Zuständigkeit der Gerichte bemißt sich nach dem Reichsgerichtsverfassungsgesetz. Abweichend hiervon sind Verbrechen und Vergehen, die durch die Presse begangen werden, den Schwurgerichten überwiesen. Bezüglich der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten die landesgesetzlichen Normen. Hiernach fällt in die Zuständigkeit der Amtsgerichte das Hypothekenwesen, Pflegschafts- und Verlassenschaftswesen; in der Pfalz bestehen eigene Hypothekenämter.
Die Oberlandesgerichte sind zuständig für Fideïkommißsachen, für die dinglichen und denselben gleichgeachteten Klagen, wenn dieselben Eigentum der Mitglieder des königl. Hauses betreffen, und zugleich Vormundschaftsbehörden für die Standesherren. Ein oberstes Landesgericht entscheidet über die weitern Beschwerden in Sachen der nicht streitigen Rechtspflege nach Maßgabe der Art. 62–67 des bayr. Ausführungsgesetzes zur Reichs-Civilprozeßordnung. Durch Gesetz vom wurde in der höchsten Instanz Verwaltung und Verwaltungsrechtsprechung getrennt und letztere dem Verwaltungsgerichtshofe übertragen.
Für den Vollzug der Festungshaft ist die Feste Oberhaus bestimmt. Zuchthäuser sind in Ebrach, Kaisheim, Lichtenau, München, Plassenburg, St. Georgen, Wasserburg, Würzburg; letztere zwei für Frauen; ein Zellengefängnis in Nürnberg, Gefangenanstalten in Amberg, Laufen, Niederschönenfeld (für Frauen), Sulzbach, Zweibrücken und Kaiserslautern (für Männer und Frauen). Die Zahl der Insassen betrug (1892) 284412 (228716 männliche und 55696 weibliche), darunter in Strafanstalten 13217 (einschließlich 1390 jugendlichen), in den Gerichtsgefängnissen 271195. ^[]
Finanzwesen. Das Budget 1894/95 schließt in Einnahme und Ausgabe mit 328341269 M. ab; davon kommen auf die Erhebung und Verwaltung 141729038 M., auf die Staatsausgaben 186612231 M. Die Matrikularbeiträge für Reichszwecke beziffern sich auf 50895280 M.
Die direkten Steuern ergaben 30656000 M., die Erbschaftssteuern 2200000 M., Gebühren, Stempelabgaben und Strafen 22522200 M., die Zölle und indirekten Steuern 79223550 M., die Bergwerks-, Hütten- und Salinengefälle 7270674 M., die Münzanstalt 342502 M., die Ärarialrente von der königl. Bank in Nürnberg 650000 M., die Staatseisenbahnen 118124006 M., die Post- und Telegraphenverwaltung 24450870 M., die Bodenseedampfschiffahrt 479113 M., die Staatsforst-, Jagd- und Triftgefälle 28425800 M., die Ökonomien und Gewerbe 1846628 M., die Grundgefälle 7247008 M., die Zinsen, Renten und besondern Abgaben u. s. w. 745550 M. und für Zwecke des allgemeinen Unterstützungsvereins für die Hinterlassenen der königlich bayr. Staatsdiener u. s. w. 388400 M., sonstige Einnahmen 2500000 M.
Von den in Staatsregie betriebenen Ökonomien und Gewerben ist zu nennen das Hofbräuhaus in München, das Weingut in Unterfranken und die Hoffischerei auf dem Chiemsee.
Die Einnahmen aus denselben und aus der Verpachtung und Vermietung von sonstigen Staatsrealitäten und Gewerben betragen 2384178 M., die Ausgaben 1713783 M.
Den Einnahmen stehen folgende Ausgabeposten gegenüber: Etat des königl. Hauses (Civilliste, Apanagen u. s. w.) 5403906 M., Etat der Staatsschuld 49995430 M., Etat des königl. Staatsrats 27840 M., Etat der Landtagsversammlung 461375 M., Etat der königl. Staatsministerien und zwar: des königl. Hauses und des Äußern 647945 M., der Justiz 14886240 M., des Innern 22500338 M., des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten 25500160 M., der Finanzen 4189359 M., der Militärverwaltung 70275723 M., Pensionen und Unterstützungen der Staatsdiener und deren Hinterbliebenen 9972413 M., Reserve für unvorhergesehene Ausgaben 431495 M., Gewährung von Wohnungsgeldzuschüssen an die pragmatischen Beamten u.s. w. 1700000M. Am Schlusse des J. 1891 betrug die Staatsschuld 1332500589 M., wovon 968258828 M. Eisenbahnschuld und 150732914 M. Grundrentenschuld, Landeskulturrentenschuld 871487 M. Dieser großen Staatsschuld steht aber bedeutendes Staatsvermögen gegenüber. An indirekten Steuern erhebt Bayern nur den Malzaufschlag, der jährlich rund 38 Mill. M. einträgt, wovon jedoch 6½ Mill. Ausfuhrvergütung wieder abgehen. Das Gebührenwesen ist geregelt durch das Gesetz über Gebührenwesen von 1890 und eine Novelle hierzu vom Als äußere Finanzbehörden zur Erhebung und Verrechnung der Steuern und Gebühren bestehen u. a. 216 Rentämter, in der Pfalz unter den Rentämtern auch die Gemeindeeinnehmereien.
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Gesundheitswesen, Wohlthätigkeitsanstalten. Als Behörden des Gesundheitswesens und der gerichtlichen Heilkunde bestehen bei dem Ministerium des Innern der Obermedizinalausschuß;
der Landestierarzt für das Veterinärwesen;
bei den Kreisregierungen je ein Kreismedizinalausschuß und Kreistierarzt;
für den äußern ärztlichen Dienst sind bei den Landgerichten ein Landgerichtsarzt, bei den Bezirksämtern Bezirksärzte und Bezirkstierärzte aufgestellt, sämtlich vom König ernannt.
Für jeden Kreis besteht eine Kreisirrenanstalt, in Oberbayern und Schwaben jedoch je zwei. Die Armenpflege ist eine Angelegenheit der Orts-, Distrikts- und Kreisgemeinden. Das Armenrecht ist geregelt durch das Gesetz vom mit Abänderung vom In jeder Gemeinde besteht ein Armenpflegschaftsrat, dessen Vorstand der dienstälteste Pfarrer ist. Im J. 1893 wurden 183220 Personen unterstützt, darunter 114427 dauernd. Die Zahl der eigentlich verarmten Unterstützten beträgt 79352 Personen, d. i. 1,6 Proz. der Bevölkerung.
Die Gesamtausgaben der öffentlichen Armenpflege betrugen 12036237 M. (davon aus Kreismitteln 1701335 M., aus Distriktsfonds für die mit Armenlasten überbürdeten Gemeinden 927880 M.). Das rentierende Vermögen der gemeindlichen Armenpflege betrug 1892: 20876134 M., das der Distriktsarmenfonds 3537496 M., das aller (6238) Wohlthätigkeitsstiftungen 217319212 M. 1892 bestanden 359 Krankenanstalten, 288 Pfründenhäuser und Armenversorgungsanstalten, 73 Waisen-und Findlingshäuser, Rettungsanstalten für verwahrloste Kinder, 217 Säuglingsanstalten, 64 Armenbeschäftigungs- und Suppenanstalten. Außerdem bestehen 455 Privatwohlthätigkeitsvereine (5349644 M. rentierendes Vermögen; 1892 wurden 64292 Personen unterstützt und hierfür 962847 M. verausgabt). Privatwohlthätigkeitsanstalten bestanden (1892) 277; in denselben fanden 55836 Personen Unterstützung.
Versicherungswesen. Im J. 1892 bestanden 6 Hagelversicherungsanstalten, darunter 1 staatliche; die Zahl der Versicherungsnehmer betrug 105629 mit einer Versicherungssumme von 178002469 M. Viehversicherungsvereine giebt es 430, Viehversicherungsgesellschaften sind 6 zugelassen, bei letztern waren versichert 2,9 Proz. der Pferde und 0,15 Proz. des Rindviehs. Die Immobiliar-Brandversicherung ist ausschließlich staatlich, Mobiliar-Brandversicherungsgesellschaften sind 25 zugelassen.
Zur Beaufsichtigung der Berufsgenossenschaften für Unfallversicherung besteht ein Landesversicherungsamt für ausschließlich bayr. Berufsgenossenschaften. Ihm unterstehen die 8 Land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (s. d.), die Bayrische Baugewerks-Berufsgenossenschaft (s. Baugewerks-Berufsgenossenschaften) und die Bayrische Holzindustrie-Berufsgenossenschaft (s. Holz-Berufsgenossenschaften), welche beiden letztern sich ganz über Bayern erstrecken; die zur selbständigen Durchführung der Invaliditäts- und Altersversicherung für Eisenbahn-Hilfsbedienstete und -Arbeiter gebildete «Arbeiterpensionskasse der königlich bayr. Staatseisenbahnverwaltung» nur nach §. 94 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes; die 8 Alters- und Invaliditätsversicherungsanstalten, letztere aber nur in finanziellen Angelegenheiten, bei der Erlassung statutarischer Bestimmungen, bei Strafverfügungen von Organen der Versicherungsanstalten (Beschwerde zulässig) sowie nach den §§. 131 und 134 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes.
Zugleich bildet dasselbe die letzte Instanz über die Beschwerden gegen Verfügungen und Entscheidungen der Schiedsgerichte; für je eine der 8 Berufsgenossenschaften besteht ein Schiedsgericht. Einer Berufsgenossenschaft nicht angeschlossen sind 1) die Betriebe der Heeresverwaltung, 2) der Betrieb der Staatseisenbahnen, des Ludwig-Donau-Mainkanals, der Bodensee- und Rheindampfschiffahrt, 3) der Betrieb der Post- und Telegraphenverwaltung, 4) der Staatsforstbetriebe, 5) die Stadtgemeinden München, Nürnberg und Würzburg bezüglich der in eigener Regie ausgeführten Arbeiten.
Die Stelle der Berufsgenossenschaften hierfür als Ausführungsbehörden vertreten hier 1) die beiden Korpsintendanturen, 2) die Generaldirektion der Königlich Bayr. Staatseisenbahnen, 3) die Generaldirektion der Königlich Bayr. Posten und Telegraphen, 4) die 8 Regierungsfinanzkammern, Forstabteilungen, 5) die betreffenden Magistrate. 1893 waren im Königreich zum Schutz gegen Krankheit 4080 Gemeindekrankenversicherungskassen, 557 Orts-, Betriebs-, Bau- und Innungskrankenkassen, 13 eingeschriebene und 11 landesrechtliche Hilfskassen mit einer Gesamtmitgliederzahl von 624615 Personen thätig. Die Einnahmen betrugen 9959862 M., die Ausgaben 9293521 M. 1889 bestanden ferner 464 Sterbekassen, 87 Witwen- und Waisenkassen, 704 gemischte Hilfskassen, 42 Invaliditätskassen und Pensionsvereine und 525 Krankenunterstützungskassen. ^[]
Heerwesen. Die bayr. Armee bildet einen selbständigen Bestandteil des Reichsheers mit eigener Verwaltung unter der Militärhoheit des Königs von Bayern, im Kriegsfall jedoch unter dem Oberbefehl des Deutschen Kaisers. Sie zählt an Mannschaften 66168 mit 2548 Offizieren (einschließlich der Leibgarde der Hartschiere, der Halbinvaliden, der Militärerziehungs- und Bildungsanstalten, der militär. Gefängnisse und Arbeiterabteilung) und ist in 2 Armeekorps formiert, mit dem Sitze der Generalkommandos in München und Würzburg und in 5 Divisionen mit je 2 Infanterie- und einer Kavalleriebrigade.
Die Divisionskommandos befinden sich in München, Augsburg, Nürnberg, Würzburg und Landau (Pfalz). Jedem Armeekorps ist eine Artilleriebrigade zugeteilt; das bayr. Heer umfaßt 20 Infanterieregimenter, 2 Jägerbataillone, 10 Kavallerieregimenter (2 schwere Reiter-, 6 Chevaulegers-, 2 Ulanenregimenter), 5 Feld- und 2 Fußartillerieregimenter, 2 Pionier-, 1 Eisenbahn- sowie 2 Trainbataillone. Dazu kommen noch die Generalinspektion der Armee, unter der die Infanterie- und Kavallerie-Beratungskommission stehen, und der Generalstab mit dem topogr.
Bureau, das Hauptkonservatorium der Armee, das Armeemuseum, das Invalidenhaus, die seit 1875 bestehenden Halbinvalidenabteilungen zu Wasserburg und Würzburg und das Gendarmeriekorps. Militärbildungsanstalten sind die Kriegsakademie, die Artillerie- und Ingenieurschule, die Kriegsschule und das Kadettenkorps in München sowie die Unteroffiziersschule in Fürstenfeldbruck. Festungen sind Ingolstadt und Germersheim; Oberhaus bei Passau ist militär. Strafanstalt. Näheres über Dienstzeit, Organisation, Formation u. s. w. s. Deutsches Heerwesen.
Von den (1893) 60474 Gestellungspflichtigen haben sich 58476 wirklich vorgestellt; davon wurden 32476 für tauglich, 4691 bedingt tauglich und 3802 dauernd untauglich, 7498 zeitig untauglich und
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10009 nur zum Landsturm tauglich befunden. Die oberste Behörde für die Militärverwaltung ist das Kriegsministerium, das in 5 Abteilungen zerfällt, für 1) persönliche Angelegenheiten, 2) allgemeine Armeeangelegenheiten, 3) Militärökonomie, 4) das Invalidenwesen, 5) das Medizinalwesen und Generalauditoriat. Unter dem letztern stehen die beiden Militärbezirksgerichte in München und Würzburg. Das Verfahren vor denselben ist öffentlich, die Zusammensetzung des Gerichts ähnlich wie bei den Schwurgerichten. Am wurde die Pickelhaube (s. Helm) für alle Waffen eingeführt.
Die Helmbeschläge sind, je nach der Farbe der Knöpfe des Waffenrocks, weiß oder gelb, für Offiziere versilbert oder vergoldet, für Obersten in Generalsstellung stets weiß. Die Helmbüsche sind weiß für die Flügeladjutanten, den Generalstab, die schweren Reiter und Chevaulegers, rot für die Feldartillerie, schwarz für den Train mit Ausnahme der Sanitätsmannschaften. Der königl. Namenszug fällt auf allen Ausrüstungsstücken weg und wird durch den Stern des Ritterordens vom heil. Hubertus mit Krone, durch das Spruchband «In Treue fest» oder durch die Königskrone ersetzt.
Orden. Diese sind teils Ritter-, teils Damenorden. Zu den erstern gehören: der St. Hubertusorden (gestiftet 1444), der St. Georgsorden, aus den Zeiten der Kreuzzüge herrührend, 1729 erneuert, der Militär-Max-Joseph-Orden (gestiftet 1806), der Kronenorden, der Michaelsorden, der Maximiliansorden für Kunst und Wissenschaft, der Militärverdienstorden und der königl. Ludwigsorden für fünfzigjährige Dienstzeit, das Verdienstkreuz für 1870/71. Zu den Damenorden gehören: der Theresienorden, der Elisabethorden, der St. Annaorden des Damenstifts zu München (gestiftet 1783) und der St. Annaorden des Damenstifts zu Würzburg (gestiftet 1803; die beiden letzten und der Theresienorden sind mit einer jährlichen Präbende verbunden).
Dazu kommen noch 10 Ehren- und Verdienstzeichen, 7 Denkzeichen und 3 Dienstaltersauszeichnungen. Das königl. Wappen besteht aus einem Hauptschild, welches die Wappenzeichen von der Pfalz, Franken, Schwaben und Veldenz enthält, und einem Herzschilde, welches 42 teils silberne, teils azurne, diagonal von der Rechten zur Linken aufsteigende Rauten zeigt. Es steht auf einem marmornen Sockel, ist mit der Königskrone bedeckt und von den Hausorden umhangen. Schildhalter sind zwei goldene Löwen. Das Ganze ist von einem gekrönten Wappenzelte umgeben. (S. Tafel: Wappen der wichtigsten Kulturstaaten, [* ] Fig. 4.) Die Landesfarben sind Weiß und Blau.
Geistige Kultur. Unterrichts Wesen. Bayern besitzt 3 Universitäten (München, Würzburg, Erlangen, s. d.) mit 446 Lehrkräften und (Sommer-Semester 1893) 6126 Studierenden; 7 Lyceen für das philos. und kath.-theol. Studium (Augsburg, Bamberg, Dillingen, Eichstätt, Freising, Passau und Regensburg) mit 772 Schülern;
ein Polytechnikum (München) mit 1132 Schülern;
eine Forstlehranstalt (Aschaffenburg) mit 82 Studierenden;
eine tierärztliche Hochschule (München) mit 168 Studierenden;
ferner (1892/93) 37 humanistische Gymnasien und 50 isolierte Lateinschulen mit 1464 Lehrern und 19321 Schülern;
4 Realgymnasien mit 64 Lehrern und 496 Schülern;
ein Kadettenkorps mit 24 Lehrkräften und 210 Schülern;
58 Realschulen mit 899 Lehrern und 12687 Schülern;
3 Industrieschulen und 4 Baugewerkenschulen mit 137 Lehrern und 2220 Schülern;
8 Handelsschulen mit 112 Lehrern und 1270 Schülern;
2 Kunstgewerbeschulen zu München mit Fachschule für Keramik und zu Nürnberg mit 42 männlichen und 2 weiblichen Lehrern und 438 Schülern und Schülerinnen;
44 Präparanden(-innen)-Schulen mit 233 Lehrkräften und 2006 Schüler(-innen);
21 Seminarien mit 191 Lehrkräften und 1194 Schüler(-innen);
1 Unterrichtskurs für Taubstummen- und Sprachkrankenlehrer in München;
1 Centralturnlehrerbildungsanstalt (München) mit 445 Schülern (191 weibliche);
13 Musikschulen mit 648 Schülern, 753 Schülerinnen und 558 Hospitanten;
eine landwirtschaftliche Centralschule (Weihenstephan) und königl. landwirtschaftliche Schule (Lichtenhof) mit je einer Brauerschule, 4 Kreisackerbauschulen und landwirtschaftliche Winterschulen mit (einschließlich der vorgenannten Schulen) 68 Lehrern und 320 Schülern;
129 höhere Töchterschulen mit 591 Lehrern und 1105 Lehrerinnen, 13544 Schülerinnen und 315 Hospitantinnen;
41 Frauenarbeitsschulen und 4 Arbeitslehrerinnenseminare mit 21 Lehrern und 132 Lehrerinnen und 3397 Schülerinnen.
Sonstige Fach- und Mittelschulen bestehen 51 mit 135 Lehrkräften und 3343 Schülern. Die Volksschulen zerfallen in Werktags- und Feiertagsschulen;
1892/93 bestanden Werktagsschulen 7239 (darunter 51 private) mit 24101 Lehrkräften (17861 männliche und 6240 weibliche) und 817589 Schulkindern (400379 männliche und 417210 weibliche);
am Sitze jeder Werktags- ist auch eine Feiertagsschule (1892/93: 304227 Schüler, 134227 männliche und 170000 weibliche);
an Fortbildungsschulen bestanden (1892/93) 253 gewerbliche und 477 landwirtschaftliche mit 2350 Lehrern, und 40343 Schülern;
an Fachschulen 5 Waldbauschulen mit 24 Lehrern und 231 Schülern, königl. Turnanstalt (München) mit 7 Lehrern und 710 Schülern, 4 Hebammenschulen.
Weitere öffentliche Fachschulen sind: 9 Zeichenschulen (3 mit Schnitzunterricht), je 1 Sing- und Geigenbauschule, Töpferschule, 1 Baumwärterkurs, 1 mechan. Lehrwerkstätte, 1 Bezirksobst- und Weinbauschule, 3 Weber- und 1 höhere Kunstschule;
private: 14 Mal- und Zeichenschulen, 1 Architektur-, 2 Holzschnitt-, 1 praktische Bau-, 2 Brauerschulen, 3 Sing- und Chorgesangschulen, 1 Kindergärtnerinnenseminar, 2 Hufbeschlaglehranstalten und 5 Haushaltungsschulen.
Erziehungsanstalten sind das königl. Maximilianeum in München, 9 Klerikal- und 12 erzbischöfl. und bischöfl. Knabenseminare, 16 königl. Studienseminare und Alumneen, 56 Privat-Erziehungsanstalten, 16 Taubstummen-, 4 Blinden- und 7 Kretinenanstalten, 5 Anstalten für Unheilbare, 1 Centralanstalt für Erziehung und Bildung krüppelhafter Kinder, 109 Rettungsanstalten für verwahrloste Kinder sowie Waisen- und Findelhäuser, 217 Kleinkinderbewahranstalten, 10 Knaben-und Mädchenhorte und 62 Kindergärten.
An öffentlichen Bibliotheken zählt Bayern 24, darunter die königl. Hof- und Staatsbibliothek in München mit mehr als 1 Mill. Bände, die größte Bibliothek Deutschlands; dann noch eine Reihe ansehnlicher Bibliotheken mit mehr oder minder beschränkter Öffentlichkeit, darunter die Bibliothek der Universität München (über 283000 Bände). Außerdem bestehen in allen größern Städten sog. Volksbibliotheken. Außer den Real- und isolierten Lateinschulen, die Kreis- und Gemeindeanstalten sind
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(Staatszuschuß 1892/93: 9263 M. 17 Pf.), sind sämtliche Mittel- und Hochschulen Staatsanstalten.
An wissenschaftlichen Instituten bestehen die königl. Akademie der Wissenschaften, die königl. meteorolog. Centralstation München (unter ihr 36 meteorolog. Normalstationen) und das Generalkonservatorium der wissenschaftlichen Sammlungen des Staates.
Die Künste haben sich besonders seit König Ludwig Ⅰ. einer ganz besondern Fürsorge von seiten der Staatsregierung zu erfreuen. Anstalten zur Förderung sind die Akademie der Künste (22 Lehrkräfte und 381 Schüler), die berühmten Galerien, das bayr. Nationalmuseum und die königl. Erzgießerei, sämtlich zu München. Daselbst besteht auch ein Konservatorium der Musik. Stehende Theater giebt es im ganzen 17, unter denen das Hof- und Nationaltheater zu München den ersten Rang einnimmt.
Zeitungswesen. In Bayern dienen der Wissenschaft 30 Zeitschriften, für Schulwesen 13, für Heilkunde 13; landwirtschaftliche und gewerbliche Fach- und Zeitschriften giebt es 65, Zeitschriften mit religiösem Inhalt 40, andere Zeitungen 555 (darunter 21 illustrierte Zeitschriften und 134 Zeitungen mit illustrierten Unterhaltungs- und Familienblättern, 9 illustrierte Sportblätter), dazu kommen noch 108 Amtsblätter.
Kirchenwesen. Das bayr. Staatsrecht unterscheidet öffentliche und private Religionsgesellschaften. Die erstern sind die kath., prot. (luth. und reform., in der Pfalz die unierte) und griech. Kirche. Diese mit der Eigenschaft einer jurist. Persönlichkeit haben das Recht ungestörter öffentlicher Ausübung des Gottesdienstes, und ihre Diener genießen die Rechte und das Ansehen öffentlicher Beamten. Die Leitung der innern Angelegenheiten der kath. Kirche steht den beiden Erzbischöfen in München und Bamberg und den ihnen unterstellten Suffraganen, den Bischöfen von Augsburg, Regensburg und Passau bez. Eichstätt, Speyer und Würzburg zu. Kollegiatstifte sind 5 vorhanden, Dekanate 212, Pfarreien 2952, Kuratien 442. Die Zahl der Stiftskapitulare beträgt 179, der Pfarrer 2825, der Seelsorgehilfspriester 2021, sonstiger Geistlicher 577, der Klerikalseminaristen 897. Auf 714 E. trifft 1 Seelsorggeistlicher.
In der prot. Kirche ist für das Hauptland oberste Behörde das Oberkonsistorium in München; unter diesem stehen die Konsistorien von Ansbach und Bayreuth; das Konsistorium in Speyer leitet selbständig die Angelegenheiten der unierten Kirche der Pfalz. Unter den Konsistorien stehen die Dekanate (das Münchener jedoch direkt unter dem Oberkonsistorium). Die Zahl der prot. Dekanate beträgt 80, der Pfarreien 1083, der Pfarrer, darunter Hilfsgeistliche und ständige Vikare, 1236. Die Rechtsverhältnisse der Privatkirchengesellschaften, als welche die Gemeinschaften der Israeliten, Mennoniten, Irvingianer, Anglikaner und seit 1890 die der Altkatholiken zu gelten haben, sind nach dem jeweiligen Aufnahmevertrag zu beurteilen; sie dürfen sich der äußern Abzeichen der öffentlichen Kirchengesellschaften, wie Türme, Glocken u. s. w., nicht bedienen; ihre Diener sind Privatbeamte.
Das Kirchenvermögen einer jeden Parochie wird einer besondern Kirchenverwaltung, mit dem Pfarrer als Vorstand, anvertraut. Aus den Renten des Pfründe- und Kirchenvermögens und sonstigen Einnahmen sind die Besoldungen der Geistlichen und niedern Kirchendiener, die Erbauung und Instandhaltung der Kirche und des Pfarrhauses zu bestreiten, sofern hierzu nicht der Kirchenpatron oder der Zehntnutznießer verpflichtet sind. In der Finanzperiode 1894/95 betrug der jährliche Zuschuß des Staates 4219068 M. für den kath., 2276780 M. für den prot. und 14000 M. für den israel.
Kultus und außerdem 1007522 M. für sonstige Zwecke des Kultus (Kirchenbau u. s. w.). Für Kultuszwecke bestehen 9798 Stiftungen mit einem Vermögen von 167205330 M., davon 8539 Stiftungen mit 146972656 M. für den kath. und 1191 Stiftungen mit 19657320 M. für den prot. Kultus, außerdem sonstige Kultusstiftungen 68 mit einem Gesamtvermögen von 575354 M. An geistlichen Orden bestehen 74 Männerklöster mit 9 Filialen und 1379 Ordensmitgliedern. Die weiblichen Frauenorden haben 65 Klöster mit 791 Filialen und 8682 Ordensmitgliedern. ^[]
Vereinswesen. Es bestehen im Königreich 76 wissenschaftliche Vereine, für Volks- und allgemeine Bildung 344, für Erziehung und Bildung der Jugend, sittliche und religiöse Bildung 188, für Pflege der Kunst und zwar Musik 675 und für bildende Kunst 11, ferner 94 Stenographenvereine und 1357 Vereine für körperliche Ausbildung;
dazu kommen etwa 70 Athletenvereine;
der Landwirtschaftliche Verein hatte (1893) 227 landwirtschaftliche Bezirksvereine und Bezirkskomitees mit 64377 Mitgliedern (die Bezirksvereine eines Regierungsbezirks bilden je einen Landwirtschaftlichen Kreisverein);
ferner giebt es 3134 landwirtschaftliche Specialvereine mit 232844 Mitgliedern;
insbesondere 20 Pferde-, 373 Rindvieh-, 256 Bienenzuchtvereine, 243 Obst- und Gartenbauvereine, 282 Dreschmaschinengenossenschaften, 263 Viehversicherungsvereine, 211 Kredit-, Spar- und Vorschußvereine (Vermögen: 2111929 M.) u. s. f. Das Gesamtvermögen der landwirtschaftlichen Specialvereine beträgt 4790163 M. 1886 bestanden 199 technisch gewerbliche Vereine mit 23000 Mitgliedern und 1066000 M. Vermögen (darunter der Bayrische Handwerkerbund mit 63 Vereinen).
Litteratur für Geographie und Statistik. Karten. Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern (1.–59. Heft, Münch. 1850–93); Stumpf, ein geogr.-statist.-histor. Handbuch (ebd. 1852–53);
J. E. Fischer, und seine Bewohner (ebd. 1855);
Bavaria, Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern (5 Bde., ebd. 1860–68);
Gümbel, Geognost. Beschreibung des Königreichs Bayern (1.–3. Abteil., Gotha 1861–79; 4. Abteil., Cass. 1891);
Ursprung, Topogr. Lexikon des Königreichs Bayern (Würzb. 1863);
Zeitschrift des königl. bayr. Statist.
Bureaus (Münch. 1868 fg.);
Böhm, Das bayr. Volksschulwesen (Nördl. 1874);
von Poschinger, Bankgeschichte des Königreichs Bayern (Erlang. 1874–76);
Pözl, Lehrbuch des bayr. Verfassungsrechts (5. Aufl., Münch. 1877);
Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte B.s, Organ der Münchener Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, hg. von W. Gümbel, J. Kollmann, F. Ohlenschlager, J. Ranke u. s. w. (10 Bde., ebd. 1877–92);
Geistbeck, Das Königreich in geogr.-statist.
Beziehung (ebd. 1878); Wenz, Volkskunde von Bayern (4 Bde., Nürnb. 1879–84); Grübel, Statist. Ortslexikon des Königreichs Bayern (2. Aufl., Ansb. 1883); Beiträge zur Landeskunde B.s (Münch. 1884, die vollständigsten Litteraturnachweise enthaltend); E. Mayer, Die
mehr
Kirchenhoheitsrechte des Königs von Bayern. Gekrönte Preisschrift (Münch. 1884);
Gümbel, Geologie von Bayern (2 Tle., Cass. 1884–94);
Das Königreich Bayern, seine Denkwürdigkeiten und Schönheiten, hg. von H. von Schmid (3. Ausg., Münch. 1885);
Seydel, Bayr. Staatsrecht (7 Bde., Freib. i. Br. 1887–94);
Vollständiges Ortschaftenverzeichnis des Königreichs Bayern (bearbeitet vom königl. bayr. Statist. Bureau, Münch. 1888);
Geognost. Jahreshefte, hg. von der geognost.
Abteilung des königl. bayr. Oberbergamts München (6 Jahrgänge, Cass. 1888–94);
Die Landwirtschaft in Bayern, Denkschrift nach amtlichen Quellen bearbeitet (Münch. 1890);
Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern Ergebnisse der Volkszählung vom (ebd. 1892);
Geogr.-histor. Handbuch von Bayern (ebd. 1895).
Kartenwerke: Topogr. Atlas von Bayern (bayr. Generalstabskarte, 1:50000, 112 Blatt, Münch. 1812–91);
Südwestdeutschland bis zu den Alpen (1 : 250000, 25 Blatt, seit 1867);
Hypsometrische Karte (1:250000, 16 Blatt, noch unvollendet);
Oro-hydrographische Übersichtskarte des Königreichs Bayern rechts des Rheins (1 : 750000, hg.von der königl. Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern, Münch. 1888);
Diöcesankarte des Königreichs Bayern nebst seiner neuen Gerichts- und Verwaltungseinteilung vom in 4 Blättern und 1 Heft statist.
Angaben (1 : 400000, bearbeitet von J. L. Algermissen in Köln a. Rh.).
Geschichte.
1) Ältere Geschichte bis zum Übergang der Herzogswürde an die Wittelsbacher 1180. Im J. 15 v. Chr. begannen und vollendeten die beiden Stiefsöhne des Augustus, Tiberius und Drusus, die Unterwerfung der Alpenvölker. Keltische und rhätische Stämme hatten sich in dem Gebiete zwischen Donau und Alpen niedergelassen. Das eroberte Land wurde röm. Provinz, das Volk romanisiert. In den Alpenländern vervollständigten die neuen Verwaltungsbezirke von Rhätien und Noricum die Grenzen des Römischen Reichs gegen Norden.
Vindelicien wurde mit Rhätien zu einer Provinz vereinigt. Östlich schloß sich die Provinz Noricum an, die im Norden vom Donaustrom begrenzt wurde. Während sich hier die röm. Herrschaft befestigte, gelangten im Norden des Stroms die german. Völkerstämme zu engern Verbänden und vermochten so den Zersetzungsprozeß des röm. Staatswesens zu beschleunigen. Aus der Defensive traten die Germanen zur Offensive über. Namentlich die schon zu Augustus' Zeiten besser organisierten Markomannen, dann später die Hermunduren und Quaden schienen berufen, den übrigen german. Völkerstämmen einen festern Rückhalt zu gewähren. Doch auch sie wurden von der Flut der Völkerwanderung und namentlich dem Hunnensturm erfaßt, aufgelöst und zersetzt, und aus einem Teile also namenlos gewordener Völkerreste, die nach Verdrängung der Römer durch Alamannen und Thüringer (um 480) sich in die verödeten Gebiete südlich der Donau ergossen, erwuchs das Volk der Bayern.
Die Bayern treten unter Herzögen auf. In der zweiten Hälfte des 6. Jahrh. wird der Agilolfinger Garibald (s. d.), etwa 560–590, als Herzog (König) der Bayern genannt. Obwohl schon damals eine Abhängigkeit von fränk. Hoheit bestanden haben muß, kam Bayern zu wirklicher Abhängigkeit erst nach dem Sturze des Langobardenreichs in Italien durch Karl d. Gr. Von Agilolfingern werden ferner genannt um 592 Tassilo Ⅰ., um 612 Garibald Ⅱ., der gegen die Slawen und Avaren im Osten B.s kämpfte.
Unter Theodo (690–717) erscheinen die Bayern selbständig. In dieser Zeit fand auch das Christentum Eingang in Bayern. Als fränk. Missionare treten namentlich Rupertus, Emmeram und Corbinianus in Bayern auf. Aus den Trümmern des alten Iuvavum erhob sich durch Rupertus das neue Salzburg. Theodo ernannte seine Söhne Theodebert, Grimoald und Tassilo Ⅱ. zu Mitregenten. Grimoalds Streben nach Alleinherrschaft in Bayern stand der fränk. Mission im Wege, während die röm. Kirche in dem Agilolfinger einen Rückhalt gegen die Übermacht der Langobarden und der nun mit ihnen verbündeten Franken suchte. 725 fielen Karl Martell und der Langobardenkönig Liutprand über Bayern her.
Drei Jahre später wiederholte Karl seinen Zug gegen Bayern, durch den Grimoald seinen Untergang fand. Unter fränk. Oberhoheit führte Hugbert, ein Sohn Theodeberts, dann seit 737 Oatilo, ein anderer Enkel Theodos, die Herrschaft in Bayern. Unter ihm teilte Bonifacius die bayr. Kirche in die vier Bistümer Salzburg, Passau, Regensburg und Freising, zu denen 743 Eichstätt hinzukam. Zahlreiche Klöster wurden errichtet, und ebenso scheint die Einrichtung der kleinern kirchlichen Bezirke und Pfarreien damals vollzogen worden zu sein.
Gegen Karl Martells Söhne, Karlmann und Pippin den Kleinen, strebte Oatilo nach Unabhängigkeit. 743 aber drangen diese über den Lech und brachten den Bayern eine vollständige Niederlage bei. Das Land wurde fränk. Provinz, doch nach Oatilos Unterwerfung unter dessen herzogl. Leitung. Bis zum Tode Oatilos 748 blieb die Ruhe erhalten. Ein Halbbruder Pippins, Grippo, suchte dann die bayr. Herrschaft zu gewinnen. Pippin bezwang ihn, und so folgte im Herzogtum Oatilos unmündiger Sohn, Tassilo Ⅲ., der letzte Agilolfinger. Durch den Sturz seines Schwiegervaters Desiderius verlor er den einzigen Bundesgenossen, der ihm auf die Dauer gegen die Übermacht der Franken wirksamen Beistand hätte leisten können. Für Bayern ist Tassilos Herrschaft insofern von Bedeutung, als unter ihm die äußere Politik zum erstenmal energisch geführt wurde. 788 wurde Tassilo auf dem Reichstag zu Ingelheim abgesetzt und in ein Kloster gesperrt. Sein Geschlecht erlosch.
Die Karolinger nahmen nun die Politik der Agilolfinger auf, doch wurde Bayern, obgleich es seine Gesetze behielt, nicht mehr als Herzogtum, sondern als Teil des großen Frankenreichs behandelt. Von den ersten Karolingern tritt in Bayern keiner besonders hervor, jedoch waren die Siege Karls d. Gr. über die Avaren, welche die Kraft dieses Volks brachen, für Bayern von großer Wichtigkeit. Solange das Reich Karls d. Gr. bestand, trat Bayern zurück. Mit der Zersetzung des Reichs aber beginnt auch hier wieder ein selbständigeres Leben, so daß unter Ludwig dem Deutschen Bayern die Führung der ostfränk.
Stämme gewann und als das Kernland der ostfränk. Dynastie angesehen werden muß. Mit Energie traten die Ostfranken offensiv gegen Osten auf. Aber in diesem Vordringen gegen Osten ward Bayern mehrfach durch die Entwicklung des Westens gestört und zuletzt ganz aufgehalten. Zweimal versuchte Ludwig der Deutsche von Bayern aus auch die Krone des Westreichs wiederzugewinnen. Nach seinem Tode gewann sein Sohn Karlmann (876–880) die Herrschaft in Bayern, nach ihm Ludwig Ⅲ. (880–882), dann Karl der Dicke. Er wurde 887 abgesetzt, und an seine Stelle trat in Ostfranken Arnulf, der natürliche Sohn Karlmanns,
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der bisher die kärntnerische Mark verwaltet und hier den Grund zu einer gesonderten Entwicklung gelegt hatte. Arnulf starb 899. Ihm folgte sein unmündiger Sohn Ludwig das Kind bis 911. Unter ihm gewannen Egoismus und pfäffischer Hochmut die Führung in Deutschland vollkommen und die Freiheit des Volks ging in Trümmer; als die äußern Feinde, namentlich die Normannen und Magyaren, in immer kühnern Anläufen die Reichsgrenzen überschwemmten, überließ der fränk. Hof das den Ungarn am meisten ausgesetzte bayr. Land seinem Schicksal. 907 führte Liutpold, der Stammvater des Geschlechts, das noch heute in Bayern herrscht, die Blüte des bayr. Adels gegen die Magyaren. Eine furchtbare Niederlage, bei der er selbst fiel, war die erste Ursache davon, daß Bayern den Mitbewerb um die Hegemonie in Deutschland verlor.
Während der Stamm der Franken in voller Auflösung begriffen war, versuchte sich bei den andern deutschen Stämmen, Schwaben, Bayern, Sachsen, das Stammesherzogtum in der Gewalt zu befestigen und die erschütterte königl. Macht zu ersetzen. In Bayern standen an der Spitze die Liutpoldinger; Liutpolds Sohn Arnulf (907–937) führte ein monarchisches, von den Franken unabhängiges Regiment, und als Heinrich Ⅰ. deutscher König wurde, erkannte ihn Arnulf an, ohne seiner Machtfülle etwas zu vergeben.
Aber eine stetige auswärtige Politik vermochte er Bayern nicht wiederzugeben. Indessen war es Heinrich Ⅰ. gelungen, durch einen Angriff auf die östl. Reichsfeinde seine Macht zu begründen, und als Arnulf 937 starb und sein Sohn Eberhard Otto d. Gr. die Huldigung versagte, wurde er abgesetzt. Die Selbständigkeit der Herzogsgewalten wurde von Otto Ⅰ. gebrochen, ihr Charakter des Reichsamtes wiederhergestellt. Ein anderer Sohn Arnulfs, Berchtold, folgte 938–945. Im J. 947 erhielt Ottos Ⅰ. Bruder, Heinrich, der die Liutpoldingerin Judith geheiratet hatte, das bayr. Herzogtum. Im engsten Anschluß an das Reich suchte er in Bayern seine Herrschaft zu begründen und die seit 907 verlassene bayr. Politik wieder aufzunehmen. Er starb aber schon 955. Ihm folgte sein Sohn Heinrich Ⅱ. (s. d.), der Zänker, für den seine Mutter Judith die vormundschaftliche Regierung führte. Aber anstatt gleich dem Vater nach Osten und Süden seine Kraft zu lenken, suchte er seinem Vetter Kaiser Otto Ⅱ. im Reiche selbst Widerstand zu bereiten. Schwaben und selbst Burgund strebte er zu unterwerfen. Statt dessen ward er 976 abgesetzt, die bayr. Ostmark ward wie die Nordmark selbständiger gemacht, Kärnten und die ital. Marken wurden dem Herzogtum entrissen.
B.s Macht war gebrochen. Es wurde mit dem schwäb. Herzogtum vereinigt. Nach dem Tode Ottos von Schwaben (976–982) und Kaiser Ottos Ⅱ. (983) gelang es zwar Heinrich Ⅱ. Bayern wiederzugewinnen, allein Kärnten blieb unter dem Liutpoldinger Heinrich Ⅲ. (983–985) von Bayern getrennt. Noch einmal schien für Bayern eine Zeit der Restauration zu nahen, als Herzog Heinrich Ⅳ., Heinrichs Ⅱ., des Zänkers, Sohn, 1002 den deutschen Königsthron als Heinrich Ⅱ. (s. d.) bestieg.
Doch behielten die östl. Provinzen ihre Selbständigkeit, Bayern blieben hier im Südosten die Thore verschlossen, und Kaiser Heinrich führte die bayr. Politik dem Westen und Norden zu. Einen Lützelburger, Heinrich Ⅴ., gab er dann den Bayern 1004 zum Herzog. Dieser wurde zwar 1009 abgesetzt, erlangte aber 1018 die herzogl. Würde wieder. Als er 1026 starb, waren im Reiche die Salier (s. d.) zur Herrschaft gelangt, und diese verfolgten betreffs B.s eine den Sachsen vollkommen entgegengesetzte Politik.
Hatten diese versucht, und Sachsen einander zu nähern, so ward jetzt Bayern als Kronland mit dem Westen verbunden und geriet mit Sachsen in Gegensatz. Die Königssöhne erhielten meist selbst die herzogl. Würde in Bayern, so Heinrich Ⅲ. (als Herzog Ⅵ., 1027–42). Er übertrug dann das Herzogtum dem Lothringer Heinrich Ⅶ., der 1047 starb. Heinrich Ⅲ. behielt das Herzogtum bis 1049, verlieh es dann dem Lothringer Konrad (s. d.) von Zütphen, den er jedoch schon 1053 wieder absetzen mußte.
Von da ab blieb das Herzogtum bei der Königsfamilie, bis 1061 Kaiserin Agnes durch Verleihung desselben an Otto von Nordheim (s. Heinrich Ⅳ., Kaiser) sich die Sachsen zu gewinnen suchte. Doch der Herzog strebte, Bayern zum Widerstand gegen Kaiser Heinrich IV. zu ziehen, aber der salische Einfluß behauptete sein Übergewicht, und in den furchtbaren Bürgerkriegen unter Kaiser Heinrich Ⅳ. blieb Bayern das Kernland der salischen Königsmacht. Erst in den letzten Zeiten Heinrichs Ⅳ. wurdeder Einfluß des Ostens auch in Bayern wieder vorwiegend.
Nordgauische Große waren es, die, vereint mit den Sachsen, Heinrich Ⅴ. zum Siege über den Vater verhalfen. Auf Otto von Nordheim, der 1070 abgesetzt wurde, folgte Welf Ⅰ. (s. Welfen, 1070–77). Auch er wurde abgesetzt, und der Kaiser behielt das Herzogtum bis 1096 in eigener Verwaltung. Dann erhielt es Welf Ⅰ. zurück bis zu seinem Tode 1101. Ihm folgte Welf Ⅱ. (1101–20), diesem Heinrich Ⅸ. (s. d., 1120–26). Unter den ersten Welfen setzte sich zuerst die Erblichkeit der herzogl. Würde fest.
Durch die Ehe Heinrichs Ⅸ. mit Wulfhilde, der Billungerin, dann namentlich seines Sohnes, Heinrichs Ⅹ. (s. d.), des Stolzen, mit Gertrud, der Tochter Kaiser Lothars, ward noch einmal eine Vereinigung der östlichen nationalen Oppositionspolitik gegen die westliche, unter roman. Einfluß arbeitende versucht. Der Kampf der Welfen und Staufer nahm seinen Anfang, als nach dem Tode Lothars Konrad Ⅲ. zum König gewählt wurde und Heinrich Ⅹ., zugleich Herzog in und Sachsen, sich in seinen Hoffnungen betrogen sah.
Heinrich Ⅹ. wurde 1138 abgesetzt und die Herzogswürde in Bayern kam an die Babenberger Leopold (1139–41) und dessen Bruder Heinrich Ⅺ. Jasomirgott (1143–56). Von Kaiser Friedrich Ⅰ. wurde dann Heinrich der Löwe (s. d.) wieder zum Herzog in Bayern eingesetzt; allein die Ostmark wurde, wie früher Kärnten, von Bayern losgetrennt und zum eigenen Herzogtum Österreich erhoben, das den Babenbergern erblich verliehen wurde. Bayern wurde von allen Seiten eingeschnürt und so in seiner stetigen Fortentwicklung gehindert. ^[]
2) Mittlere Geschichte Bayerns. Das Herzogtum unter den Wittelsbachern bis zur Einführung des Erstgeburtsrechts unter Albrecht Ⅳ. 1180–1506. Nach dem Sturze Heinrichs des Löwen übertrug Kaiser Friedrich Barbarossa dem Pfalzgrafen Otto Ⅰ. (s. d.) das bayr. Herzogtum, doch wurde seine letzte Mark im Osten, Steiermark, selbständiges Herzogtum. Otto starb bereits 1183 und hinterließ das Herzogtum seinem unmündigen Sohn Ludwig Ⅰ. (1183–1231). Es zeigte sich, daß die Entwicklung zur territorialen Macht nicht auf die Herzogskreise beschränkt blieb. Sie drang weiter hinab zu den Bischöfen und Grafen, und das Streben der Städte nach Autonomie ist in gleichem Sinne aufzufassen. Dem konnte nur