Baugewerks-Berufs-Genossenschaften (s. d.); denselben sind im allgemeinen auch
die Betriebe der kleinern
Bauhandwerker (Bauklempner, Bautischler, Bauschlosser u. s. w.) angeschlossen worden,
soweit sich der
Gewerbebetrieb dieser Handwerker auf die Ausführung von
Arbeiten bei Bauten erstreckt. Die Einbeziehung dieser
Baubetriebe hat der
Bundesrat auf
Grund der ihm gesetzlich eingeräumten Befugnis durch verschiedene
Beschlüsse angeordnet.
Die Rechtslage dieser kleinern
Bauhandwerker ist die, daß sie, soweit bei ihnen die Ausführung von Bauarbeiten alleiniger
oder Hauptbetrieb ist, unter das Unfallversicherungsgesetz fallen und dann auch einen als Nebenbetrieb nebenher bestehenden
Werkstattbetrieb (Möbeltischlerei u. s. w.) mit in die
Unfallversicherung hineinziehen; daß sie dagegen, soweit ein solcher
Werkstattbetrieb den Hauptbetrieb bildet, nur mit den nebenher betriebenen Bauarbeiten, nicht aber mit
dem Werkstattbetriebe in die
Unfallversicherung fallen.
Dieser unbefriedigende Zustand wird durch weitere
Ausdehnung
[* 2] der
Unfallversicherung auf Handwerks- und andere Betriebe demnächst
beseitigt werden. Die gewerblichen Tiefbaubetriebe, insbesondere Kanalbau, Wasserbau, Wegebau, sind durch das sog.
Bau-Unfallversicherungsgesetz vom derUnfallversicherung unterworfen worden; für dieselbe besteht
die das ganze Reichsgebiet umfassende
Tiefbau-Berufsgenossenschaft (s. d.), welche im Gegensatz zum
Umlageverfahren (s. d.)
der andern Genossenschaften das Kapitaldeckungsverfahren (s. d.) hat.
Regiebauten der Privat-Eisenbahnverwaltungen fallen auf
Grund des
Ausdehnungsgesetzes unter die betreffenden Eisenbahn-Berufsgenossenschaften;
Regiebauten in
land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (laufende Reparaturen an
Gebäuden, Bodenkultur-, Wege- und Grabenarbeiten
u. s. w.) gehören in die
land- und forstwirtschaftliche
Berufsgenossenschaft (§. 1,
Abs. 4 des
Bau-Unfallversicherungsgesetzes);
in Regie unternommene Reparaturen an Fabrikgebäuden gehören nach einer
Auslegung des Reichsversicherungsamtes
in die industriellen
Berufsgenossenschaften.
der
Inbegriff aller Erfahrungen und Regeln, Konstruktionen und Berechnungen bezüglich
der
Darstellung, Gestaltung und Ausführung von Bauwerken. Die Bauwissenschaft umfaßt theoretische wie praktische
Kenntnisse und greift zufolge ihrer Vielseitigkeit in die verschiedensten Wissenschaften, wie Mathematik, Mechanik, Geognosie,
Physik und
Chemie,
Technologie, Formenlehre, Stilkunde, Kunstgeschichte u. s. w. ein. Man bezeichnet sie
auch mit dem
NamenBaukunde und unterscheidet sie in Hoch- und Landbaukunde, in Wasser-,
Straßen- und Eisenbahnbaukunde,
inBerg-, Schiffs- und Maschinenbaukunde.
Indessen faßt man gewöhnlich alle übrigen Zweige der Bauwissenschaft, außer dem Hochbau, unter dem
Namen Ingenieurwissenschaften (s. d.)
zusammen und bezeichnet die auf den
Bau von
Gebäuden (Hochbauten) bezüglichen Wissenschaften als Hochbaukunde (s. d.).
Als die theoretische Hauptaufgabe der gesamten Bauwissenschaft ist zu betrachten, einerseits die
Festigkeitsbedingungen zu erörtern, die dem sichern Bestehen der Bauwerke zu
Grunde liegen, und andererseits die Gesetze
zu ermitteln, nach denen eine unnötige Materialverschwendung vermieden wird.
Diese beiden sich kreuzenden Anforderungen: Festigkeit
[* 3] und
Billigkeit in der richtigen
Weise abzuwägen, ist nur mit Hilfe
gediegener Kenntnisse in Statik, Elasticitäts- und Festigkeitslehre möglich, welche Fächer
[* 4] wiederum nur unter Anwendung
der höhern Mathematik völlig verstanden werden können, so daß für Erlangung wirklich brauchbarer bauwissenschaftlicher
Kenntnisse ein
Studium auf einer
Technischen Hochschule (s. d.) erforderlich ist. In niederer Form wird die
in den
Bauschulen (s. d.) gelehrt. Litteratur s.
unter
Baukunst.
[* 5]
Vereine. Während im Mittelalter die
Bauhütten (s. d.) und zünftigen
Baugewerke in den sog. Regeln
der Kunst den ganzen Schatz ihrer Erfahrungen auf dem Gebiete des Bauwesens zusammenfaßten, ist die Neuzeit an der
Hand
[* 6] der
naturwissenschaftlichen Erkenntnis und der Mathematik zur
Begründung bauwissenschaftlicher
Lehren
[* 7] fortgeschritten, denen im
praktischen Leben die in vielen Verzweigungen entsprechen. In allen Kulturländern haben sich die Bauverständigen zu
Vereinigungen aneinander geschlossen, deren Bedeutung für das Fachleben sowohl als in der Öffentlichkeit durch die
wissenschaftliche und, da die
Architekten anf derselben bauwissenschaftlichen Grundlage stehen, auch durch die künstlerische
und die von beiden mitbedingte gesellschaftliche
Stellung ihrer Mitglieder bestimmt wird.
Die
Architekten verbinden sich meistens mit den Bauingenieuren, den
Straßen-,
Brücken- und Wasserbautechnikern zu
Architekten-
und Ingenieurvereinen, die in
Deutschland
[* 8] nebst einigen besondern
Architektenvereinen (s. d.) einen gemeinsamen
Verband
[* 9] bilden
und im Verbandsvorstande mit einer nach gewissen Grundsätzen zugemessenen Anzahl von
Stimmen vertreten sind.
Der
Verein deutscher Ingenieure, hauptsächlich Maschinenbautechniker umfassend, besteht dagegen aus unmittelbaren Mitgliedern,
die sich znm größten
Teil wieder in Ortsvereinen zusammenthun. Diese beiden Hauptvereinigungen bilden die Mittelpunkte der
Mehrzahl deutscher besonders in den nach bestimmten Zeitabschnitten wiederkehrenden, von Ort zu Ort
¶
mehr
wandernden Hauptversammlungen, die von vielen hervorragenden Fachleuten besucht zu werden pflegen. Die Bearbeitung technischer
und künstlerischer Zeitfragen, die Veröffentlichung von Bauwerkstypen, die Aufstellung einer Honorarnorm, der Profiltabellen
für Eisenträger u. s. w. sind wesentliche Früchte ihrer Thätigkeit. Neben diesen Hauptkörperschaften blühen noch zahlreiche
Sondervereine, wie der Verein für Eisenbahnkunde in Berlin,
[* 11] der Deutsche
[* 12] Verein von Gas- und Wasserfachmännern,
der Verein für Gesundheitstechnik, der Verein für Elektrotechnik.
Auch der Deutsche Verein für öffentliche Gesundheitspflege greift vielfach ins Baufach über. Umgekehrt berühren der Verein zurBeförderung des Gewerbfleißes in Preußen,
[* 13] die Polytechnische Gesellschaft in Berlin und der Centralverein für Hebung
[* 14] der
Fluß- und Kanalschiffahrt weitere technische, gewerbliche und volkswirtschaftliche Fragen. Die Erzeugung
der Rohbaustoffe zu vervollkommnen, streben der Verein deutscher Cementfabrikanten, der Deutsche Verein für Fabrikation von
Ziegeln, Thonwaren
[* 15] u. s. w., der Verein deutscher Eisenhüttenleute an.
Auch die Gehilfen der Bauämter, Bauateliers und Baugeschäfte suchen im Deutschen Technikerverbande, dessen bedeutendster Ortsverein
der Berliner
[* 16] Technikerverein ist, eine Stütze zur Förderung ihrer Angelegenheiten. Im Gegensatze zum
freien Vereinswesen der Architekten und Ingenieure gliedert sich das Bauhandwerk neuerdings wieder vielfach in Innungen, die
freilich ein etwas anderes Aussehen haben als die frühern Zünfte, da ihre Mitglieder zum Teil weitblickende, in großen Unternehmungen
erfahrene Geschäftsmänner sind. Als gewichtigste Innung sei hier der Bund derBau-, Maurer- und Zimmermeister
in Berlin genannt.
Dieses Ziel ist bis jetzt jedoch nur unvollkommen erreicht worden, indem ähnliche Vereine in vielen andern Orten völlig
unabhängig von dem röm. Verein bestehen. Es werden zwei Klassen von Mitgliedern unterschieden, wirkliche
Mitglieder, Soci effectivi, und Gönner, Azionisti d'incoraggiamento. Die ital. Vereine veranstalten gemeinsame Wanderversammlungen,
zu denen auch Ausländern Zutritt gewährt wird. Eine weitverzweigte Gliederung besitzt die Russische
[* 22] Technische Gesellschaft,
gegründet 1860, seit 1874 Kaiserlich RussischeTechnische Gesellschaft in St. Petersburg
[* 23] zur Förderung der Technik und der
technischen Gewerbsthätigkeit, die vier Abteilungen hat und in den meisten großen Städten dcs Reichs
Filialen besitzt. Außerdem ist in Petersburg noch eine Polytechnische Gesellschaft thätig. Der Verein der Wegebau-Ingenieure
ebendaselbst, welcher vorwiegend aus Baubeamten des Verkehrsministeriums besteht, unterhält eine TechnischeAusstellung sowie
ein Technisches Bureau, das sowohl die Prüfung von Baumaterialien als auch Entwürfe für Straßenbauten
u. s. w. nach Auftrag übernimmt.
Abweichend von den meisten festländischen Vereinen sind die in England und nach
dem Vorbilde derselben die nordamerik.
Vereine gegliedert in mehrere Klassen, ähnlich wie in der eben angeführten Kaiserlich RussischenTechnischen Gesellschaft.
Neben dem allbekannten Royal Institute of British Architects in London,
[* 24] der Bezeichnung entgegen keine königl.
Anstalt, zeichnet sich England durch die Institution of Civil Engineers in London, das Iron and SteelInstitute und die BritishAssociation, eine wissenschaftliche Wanderversammlung, aus.
Das AmericanInstitute of Architects wurde 1857 in Neuyork
[* 25] begründet, teils mit unmittelbaren Mitgliedern, teils mit Ortsvereinen,
Chapters. Daneben giebt es aber noch mehrere selbständige Vereinigungen von Architekten, deren größte die Western Association
of Architects in Chicago ist. Jedoch wird eine Zusammenfassung sämtlicher Vereine zu einem Verbande unter dem Namen des erstgenannten
Instituts erstrebt mit dem Rechte der Einzelabstimmung für jedes Mitglied jedes Verbandsvereins. Die AmericanSociety
of Civil Engineers in Neuyork bezweckt auf Wanderversammlungen den Austausch von Erfahrungen, die Besprechung wissenschaftlicher
und technischer Fragen, die Pflege geselliger Beziehungen. Der Verein der Wagenbaumeister mit 227 Mitgliedern beschäftigt
sich mit Verbesserungen und Vereinheitlichungen in dem Bau, der Unterhaltung und Benutzung der Eisenbahnwagen.
Eine reich entwickelte Fachpresse dient den Absichten der die teils ihnen nahe stehende Blätter unterstützen,
teils selbst bedeutsame Zeitschriften herausgeben (s. Bauzeitungen).