Wolf Wilh.,
Graf von, prot. Theolog, Neffe des vorigen, geb. zu Sophienhof in
Holstein, studierte in
Erlangen,
[* 3]
Berlin,
[* 4]
Leipzig
[* 5] und Kiel,
[* 6] habilitierte sich 1874 zu
Leipzig, wurde 1876 außerord. Professor
in
Straßburg,
[* 7] 1880 ord. Professor daselbst und 1881 in
Marburg.
[* 8] Er veröffentlichte: «Translationis antiquae arabicae libri
Jobi quae supersunt» (Lpz. 1870),
«Eulogius und Alvar. Ein
Abschnitt span.
Kirchengeschichte aus der Zeit der Maurenherrschaft»
(ebd. 1873),
«Jahve et
Moloch sive de ratione inter deum Israelitarum et Molochum intercedente» (ebd. 1874),
«Studien zur semit.
Religionsgeschichte» (2 Hefte, ebd. 1876-78),
«Die Geschichte des alttestamentlichen Priestertums untersucht» (ebd. 1889).
HenriJosephLeon, franz. Nationalökonom, geb. zu
Paris,
[* 9] war Professor der polit. Ökonomie an der École des ponts et chaussées, Chefredakteur des «Journal
des Économistes», seit 1863 Mitglied der
Akademie und starb zu
Paris. Unter seinen Werken sind hervorzuheben: «Manuel
de l'économie politique» (1857; 5. Aufl. 1885),
«Des rapports de la morale et l'économie politique»
(1860; 2. Aufl. 1883 u. d. T.
«Philosophie de l'économie politique»),
«Publicistes modernes» (1862; 2. Aufl. 1863),
«La liberté du travail, l'association et la démocratie» (1865),
«La famille et l'éducation en
France dans leurs rapports
avec l'état de la société» (1874),
«Histoire du luxe» (4 Bde.,
1878-80),
«Lectures choisies d'économie politique» (1883),
«Manuel d'éducation morale et d'instruction civique» (1885),
«Les populations agricoles de la
France» (2 Bde., 1880
u. 1885).
(spr. bodrih),PaulJacques Aimé, franz.
Maler, geb. zu La Roche-sur-Yon, erhielt 1850 den ersten
großen Preis der Malerei mit dem dreijährigen
Stipendium für
Rom.
[* 10] Einer der Hauptrepräsentanten der
franz. Kunst des zweiten Kaiserreichs, trat er 1857 im Salon mit seinem
Bilde: Das
Glück und das
Kind
(Galerie Luxembourg) auf,
in dem sich das
Studium der großen
Venetianer verriet. Nachdem er sich hierauf eine Zeit lang des Broterwerbes halber mit
Porträtmalerei beschäftigt hatte, führte er in den J. 1855-61 aus: Die Hinrichtung der Vestalin (1857;
Museum von Lille),
[* 11] Die
Toilette der
Venus (1859; Museum zu
Bordeaux)
[* 12] und Charlotte Corday nach der Ermordung
Marats (1861; Museum
in Nantes).
[* 13]
Später wandte sich Baudry vorzugsweise der Behandlung mytholog. und allegorischer Gegenstände zu. Es erschien von
ihm 1863 Die
Perle und die Woge
(Geburt der
Venus), ein
Bild von süßlicher
Sinnlichkeit und akademischer Kälte. 1866 begann
er die Dekorationsarbeiten für das Foyer der
GroßenOper zu
Paris, die er 1874 vollendete; die drei großen Deckengemälde
stellen dar Melodie und
Harmonie,
Tragödie und Komödie, die beiden Seitengemälde den
Parnaß und die
ApotheoseHomers. B.s Hauptwerk wurde die Verherrlichung des Gesetzes als Deckengemälde für den Kassationshof in
Paris, wofür
er 1881 die Ehrenmedaille des Salons erhielt. 1882
entstanden eine
Allegorie der Wahrheit und ein Plafond mit der
HochzeitAmors und
Psyches (für
Vanderbilt in Neuyork),
[* 14] 1883 die dekorativen Malereien für Schloß Chantilly. Baudry starb 17. Jan.1886 zu
Paris. -
Vgl. Ephrussy,Paul Baudry,
sa vie et son œvre (Par. 1887).
d'Asson (spr. bodri dassóng),LéonCharlesArmand de, franz. Politiker, geb. zu Rocheservière
in der
Vendée, Großgrundbesitzer und seit 1876 legitimist.
Mitglied der Deputiertenkammer, wo er sich
durch das Ungestüm seiner Reden wiederholt parlamentarische
Strafen zuzog.
Als er im Sitzungssaal erschien, trotzdem
er 2
Tage vorher auf 14
Tage von den Kammersitzungen ausgeschlossen war, wurde er auf
Befehl des Kammerpräsidenten gewaltsam
entfernt.
Ant., Kriminalist, geb. zu
Marburg, studierte an der
Universität daselbst, wo er seit 1793 Vorlesungen
hielt und 1797 Professor wurde; 1813 wurde er nach Göttingen
[* 15] versetzt, 1819
Senior des
Spruchkollegiums.
Er starb in Göttingen. Seine «Grundsätze des peinlichen
Rechts» (Marb. 1806),
später umgearbeitet als «Lehrbuch
des
Strafprozesses» (Gött. 1835; 2. Aufl., von Morstadt,
ebd. 1848) erschienen, waren das erste selbständige Lehrbuch dieser Wissenschaft. In seinem «Lehrbuch
des Naturrechts» (Marb. 1808; 3. Aufl., Gött.
1825) und den «Grundlinien des philos. Kriminalrechts»
(Gött. 1825) zeigte er sich als
Anhänger der Feuerbachschen
Theorie. Eine zum
Teil von dieser abweichende, die sog. Warnungstheorie,
stellte er zuerst in dem «Lehrbuch des
Strafrechts» (Gött. 1827; 2. Aufl. 1833),
sodann in einer besondern
Schrift: «Die Warnungstheorie,
nebst einer
Darstellung und Beurteilung aller
Strafrechtstheorien» (ebd. 1830) auf. Ferner erschienen von
ihm «Lehrbuch des Napoleonischen Civilrechts» (2. Aufl.,
Marb. 1812),
«Beiträge zur Charakteristik und Kritik des
Code Napoléon» (ebd. 1810),
«Anleitung zur Kriminalpraxis» (Gött.
1837),
«Strafrechtsfälle» (4 Bde.,
ebd. 1835-39),
«Abhandlungen aus dem
Strafrecht und
Strafprozesse» (3 Bde., edd. 1840-43) sowie einige
Schriften über die
Entwürfe des hannov. Strafgesetzbuchs und der Strafprozeßordnung, an deren Abfassung
er beteiligt war. Seit
Begründung des
DeutschenBundes mit der Ausarbeitung vieler Privatgutachten in sog. illustren Rechtssachen
beauftragt, fand er Veranlassung zur Herausgabe der «Beiträge zum deutschen Privatfürstenrecht»
(Gött. 1839).
Bruno,
Philosoph, Theolog und
Historiker, geb. zu Eisenberg im Herzogtum
Sachsen-Altenburg,
studierte zu
Berlin und habilitierte sich 1834 als Privatdocent in der theol.
Fakultät daselbst, siedelte aber 1839 nach
Bonn
[* 16] über. Wegen seiner freien Kritik der
Evangelien 1842 seiner
Stellung enthoben, kehrte er nach
Berlin zurück, wo er bis an
sein Ende schriftstellerisch thätig war. Er starb in Rixdorf bei
Berlin. In seinen ersten
Schriften: «Zeitschrift für spekulative
Theologie» (Berl. 1836-38) und «Kritik der
Geschichte der Offenbarung»,
Teil 1: «Die
Religion des Alten
Testaments» (2 Bde., ebd. 1838), zeigte sich Bauer als
entschiedener
Anhänger der
¶
mehr
spekulativ-orthodoxen Richtung oder der sog. Rechten der Hegelschen Schule, später wandte er sich jedoch der negativ-kritischen
Richtung der sog. Jung-Hegelianer zu und suchte in der «Kritik der evang.
Geschichte des Johannes» (Brem. 1840) und «Kritik der evang. Synoptiker»
(2 Bde., Lpz. 1840; 2. Aufl.
1841) den Nachweis zu führen, daß die Evangelien das Produkt freier schriftstellerischer Reflexion
[* 18] auf dem
Grunde des damaligen Gemeindebewußtseins seien.
Nach seiner Amtsentsetzung schrieb er: «Die gute Sache der Freiheit und meine eigene Angelegenheit» (Zür. 1843),
welches Werk vor derAusgabe vernichtet ward. Dann begründete Bauer die «Allgemeine Litteraturzeitung»
(Charlottenb. 1843-44) und wandte sich besonders histor. Arbeiten über die Geschichte des 18. und 19. Jahrh.
zu; dahin gehören: «Geschichte der Französischen Revolution bis zur Stiftung der Republik» (mit Edgar und E. Jungnitz, 3 Bde.,
Lpz. 1847),
«Geschichte Deutschlands
[* 19] und der Französischen Revolution unter der Herrschaft Napoleons» (2 Bde.,
Charlottenb. 1846),
«Geschichte der Politik, Kultur und Aufklärung des 18. Jahrh.» (4 Bde.,
ebd. 1843-45),
«Vollständige Geschichte der Parteikämpfe in Deutschland
[* 20] während der J. 1842-46» (3 Bde., ebd.
1847). Auch die Bewegung des J. 1848 besprach er in mehrern kleinen Schriften. Dann wandte sich Bauer wieder seinen kritischen
Untersuchungen der Entstehung des Christentums zu in den Schriften: «Kritik der Evangelien» (3 Bde., Berl.
1850-51),
«Die Apostelgeschichte» (ebd. 1850) und «Kritik der Paulinischen Briefe» (2 Abteil., ebd. 1850). Aber noch einmal
vollzog sich in B.s Anschauungen eine Wandlung; der bisherige Wortführer des polit. und philos. Radikalismus wurde ein beredter
Verteidiger des preuß. Konservativismus. Für denselben war Bauer als
gewandter Publizist thätig sowie als Mitarbeiter an Wageners «Staats- und Gesellschaftslexikon». Die Schriften aus B.s letzten
Lebensjahren beziehen sich teils auf das Urchristentum, wie «Philo, Strauß,
[* 21] Renan und das Urchristentum» (Berl. 1874),
Edgar, Publizist, Bruder des vorigen, geb. zu Charlottenburg,
[* 22] studierte zu BerlinTheologie, später
die Rechte, und schrieb zuerst zur Verteidigung seines Bruders: «Bruno und seine Gegner» (Berl. 1842). B.s
Schrift «Der Streit der Kritik mit Kirche und Staat» ward in Preußen
[* 23] konfisziert und trug ihm 4 Jahre Festung
[* 24] ein, erschien
aber zu Bern
[* 25] 1843. Mit Bruno Bauer verfaßte er «Denkwürdigkeiten zur Geschichte der neuern Zeit seit der Französischen
Revolution» (12 Hefte, Charlottenb. 1843-44),
allein u. a. «Die Geschichte der konstitutionellen
Bewegungen im südl. Deutschland während der J. 1831-34» (3 Bde., ebd.
1845),
«Die Geschichte des Luthertums» im 5. Bande der von ihm unter dem Namen Martin von Geismar herausgegebenen «Bibliothek
der deutschen Aufklärer» (Lpz. 1846-47) und «Die
Ehe» (ebd. 1848). Infolge der Amnestie vom aus der Haft zu Magdeburg
[* 26] entlassen, gab in Altona
[* 27] eine polit. Revue, «Die
Parteien» (3 Hefte, Hamb. 1849),
heraus, dann mit Th. Olshausen die «Norddeutsche FreiePresse»,
[* 28] lebte später vorübergehend
in London,
[* 29] schrieb, nach Altona zurückgekehrt, «Die Rechte des Herzogtums Holstein» (Berl. 1863),
«Die
Deutschen und ihre Nachbarn» (Hamb. 1870) und gab mit dem orthodoxen Bischof Koogmann «Kirchliche Blätter» und die «Christlich-polit.
Vierteljahrsschrift» heraus, nachdem er sich vom extremsten Radikalismus zum Vertreter der Orthodoxie und des Welfentums umgewandelt
hatte. Er veröffentlichte u. a. noch «Die Wahrheit
über die Internationale» (Altona 1872),
«Der Freimaurerbund und das Licht»
[* 30] (Hannov.
1877),
«Das Kapital und die Kapitalmacht» (Lpz. 1884 u. 1888). Bauer starb zu Hannover.
[* 31]
Ferd., Freiherr von, geb. in Lemberg,
[* 32] trat 1836 in die k. k. Ingenieurakademie in Wien
[* 33] ein, wurde 1841 Lieutenant
im Ingenieurkorps, 1848 als Hauptmann zum Truppendienste versetzt, machte 1849 den Feldzug in Ungarn,
[* 34] 1859 als
Major und 1866 als Brigadier die Kriege in Italien
[* 35] mit und erhielt wegen seiner Leistungen in der Schlacht bei Custozza
[* 36] das Ritterkreuz
des Leopoldordens. 1878-81 war Bauer Militärkommandant in Hermannstadt,
[* 37] 1881-88 kommandierender General in Wien und am wurde
er zum Reichskriegsminister ernannt. Er war zugleich k. k. Feldzeugmeister und Inhaber des Infanterieregiments Nr. 84 und
starb in Wien.
Karoline, Schauspielerin, geb. in Heidelberg
[* 38] als Tochter eines Rittmeisters, der 1809 bei Aspern
[* 39] fiel,
trat Dez. 1822 zu Karlsruhe
[* 40] als Margareta in Ifflands «Hagestolzen» auf und ging 1824 ans Königstädtische
Theater in Berlin, trat aber bald zum Hoftheater über. 1829 verließ sie das Theater und lebte bis 1831 in geheimer morganatischer
Ehe mit Prinz Leopold von Coburg
[* 41] als Gräfin Montgomery in London, Paris und auf ihrem Landsitze in England.
Als Leopold den belg. Thron
[* 42] bestieg, kehrte sie zur Bühne zurück, nahm eine Anstellung in Petersburg
[* 43] an, machte 1833-34 eine
ruhmvolle Kunstreise durch Deutschland und Österreich
[* 44] und trat 1835 beim Dresdener Hoftheater ein. 1844 schied sie von der
Bühne und heiratete den poln. EmigrantenGraf Ladislaus von Broel-Plater (1806-89). Seitdem lebte sie in der
Schweiz
[* 45] und starb auf ihrer Villa Broelberg bei Zürich.
[* 46] Sie zeichnete sich in schalkhaften, pikanten und koketten
Rollen
[* 47] des Konversationsstücks und Lustspiels aus; doch auch in der Tragödie leistete sie Treffliches.
Die Gabe lebendiger Auffassung und Darstellung zeigte sich auch in ihren von A. Wellmer herausgegebenen
Schriften «Aus meinem Bühnenleben» (Berl.
1872; 2. Aufl., 2 Bde., 1876-77) und
«Komödiantenfahrten» (ebd. 1875), die ihre reichen Erlebnisse schildern
und wertvolle Beiträge zur deutschen Theatergeschichte des 19. Jahrh. sind. Nach ihrem Tode behauptete Wellmer, der eigentliche
Verfasser dieser Bücher zu sein, und veröffentlichte noch u. d. T. «Aus
dem Leben einer Verstorbenen. Verschollene Herzensgeschichten» (4 Bde.,
Berl. 1878-80) angebliche Memoiren und flüchtig geschriebene Briefe der Bauer, die viel Lärm, auch einen erfolglosen Ersatzprozeß
Wellmers gegen Graf Broel-Plater veranlaßten.
Klara, Romanschriftstellerin unter dem PseudonymKarlDetlef, geb. zu Swinemünde, ging 1860 als
Klavierlehrerin nach Petersburg, wo sie auch in Bismarcks, des damaligen preuß. Gesandten, Haus verkehrte, lebte einige Jahre
¶