Besitze des Königtums gelassen. Sein Sohn Demetrius und dessen Nachfolger Eukratides, gest.
um 150, dehnten das
Reich gegen
Süden über den Parapamisus aus, und hier am Kabulfluß und Indus erhielt sich, obwohl von
Westen her durch die Parther bedrängt, die griech. Herrschaft, nachdem das eigentliche Baktrien um 139 von
dem Partherkönig
Mithridates I. erobert und bald darauf (127) von den
Saken überschwemmt worden war.
Vornehmlich scheint Menander, nach 126, die griech. Herrschaft am Indus wieder befestigt und
ausgebreitet zu haben. Nach seinem
Tode erlag sie, wahrscheinlich unter dem König Hermäus um 80 ebenfalls jenen
Saken, die
nun längs des Indus bis zu seiner Mündung ein indo-scyth.
Reich gründeten. - Für die Geschichte des
Neubaktrischen
Reichs waren lange Zeit spärliche
Notizen bei den alten Schriftstellern die fast alleinige, höchst ungenügende
Quelle;
[* 2] erst in neuester Zeit ist eine zusammenhängendere und genauere Kenntnis der einzelnen
Regenten möglich gemacht worden
durch eine große Anzahl griech.-baktr.
Münzen,
[* 3] die zugleich mit indo-scythischen in
Afghanistan
[* 4] aufgefunden worden sind. Sie liefern eine Reibe Königsnamen und
geben vielfache Aufschlüsse über die polit. und die Kulturgeschichte jenes griech.
Reichs. Auf den Münzen des Eukratides
erscheint zuerst neben der griech. eine fremde
Sprache,
[* 5] die sich als ein Dialekt des Sanskrits erweist,
deren
Schrift aber
Alphabeten phöniz. Ursprungs angehört. Der Engländer Prinsep hat diese
Schrift glücklich entziffert.
Dessen ungeachtet erhielt sich aber das
Griechische noch lange auf den Münzen der scyth. Herrscher, unter welchen demnach
die griech. Kultur nicht sofort untergegangen zu sein scheint.
Das Gebiet ist im N. bergig
(Kaukasus), in der Mitte eben, unter dem Meeresspiegel liegend, im
S. an der
Küste eben, während
die Landgrenze vom Gebirgszug
Talisch (bis 2500 m) gebildet wird.
Die Bevölkerung betreibt Petroleumgewinnung,
Acker-,
Seiden-,
Weinbau, Viehzucht
[* 8] und Fischfang. Der Nationalität nach besteht sie hauptsächlich aus
Tataren. Armenier treiben
Acker- und
Gartenbau im
Kreise Schemacha und
Handel in den
Städten. Die
Russen bilden nur 2,7 Proz. der
Bevölkerung
[* 9] und bestehen
zum großenTeil aus Raskolniken, namentlich
Molokanen. An Eisenbahnen sind 237 km der
Transkaukasischen
Linie
Tiflis-Baku vorhanden, mit 37 km Zweigbahnen.
2)
Kreis
[* 10] im O. des Gouvernements hat 4150,7 qkm mit 100560 E. Den größten
Teil desselben nimmt die Halbinsel
Apscheron (s. d.)
ein.
3) Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises Baku sowie zugleich
Kriegs- und Handelshafen, an der Südküste
der Halbinsel
Apscheron am
KaspischenMeere und an den Linien
Tiflis-Baku, Baku-Sabuntschi und
Baku-Surachany der
Transkaukasischen Eisenbahn,
hat 107761 E., 3 griech., 2 armenische, eine luth.
Kirche, ferner eine kath. Kapelle, 11 Moscheen, eine Realschule,
ein Mädchengymnasium, 2 Stadt- und 11 Elementarschulen; ferner an industriellen Unternehmungen 23 Petroleum-, 6 Schmierölfabriken
(jährliche Produktion beider 15 Mill. Rubel), 3 Schwefelsäurefabriken, 11 Dampfmühlen
(Umsatz 3 Mill. Rubel), 3 Tabakfabriken, 36 Karawanseraien.
Außer dem Quai im südl.
Teile der Stadt und einigen gepflasterten
Straßen an demselben mit Häusern in europ. Bauart und
großartigenBazaren bat die Stadt einen asiat. Charakter. Die Häuser mit ihren flachen Asphaltdächern
ziehen sich terrassenförmig in engen Gäßchen an dem Abhange eines Hügels aufwärts, den die Ruinen eines einst prachtvollen,
von
Abbas II. erbauten Schlosses krönen, sowie daneben die wohlerhaltene Moschee
Abbas' I. (jetzt Artilleriearsenal).
Nordwärts vom
Hafen an der Meeresküste befindet sich die sog.
Schwarze Stadt (Černyj Gorod), der Mittelpunkt
der Petroleumindustrie von Baku. Die
Temperatur beträgt im Jahresmittel 14,3, im Juli 25,8, im Januar 3,4, und sinkt nur zuweilen
auf kurze Zeit auf -10° C.
Das Klima ist sehr trocken, im
Sommer regnet es fast gar nicht. Zeitweilig
weht ein überaus heftiger
Wind von NNW. (der «Nord» genannt), gegen den selbst starke Dampfschiffe
nicht fortkommen können. In der
Bevölkerung wiegen die
Tataren und Armenier vor, dann erst kommen
Russen,
Perser,
Juden u. a.
Baku ist Sitz des Gouverneurs, der
Admiralität mit einem Hafencomptoir, eines deutschen und türk. Konsuls. Der
Hafen von Baku ist ein russ.
Hafen zweiter
Klasse und der beste am
KaspischenMeer sowie der Mittelpunkt der Dampfschiffahrt auf
demselben. Baku ist dadurch der Stapelplatz für transkaukas. und pers. Waren geworden,
die von hier aus in das innere
Rußland und zum
Teil durch das
SchwarzeMeer insAusland gehen. Den Hauptgegenstand
des
Gewerbes und des Verkehrs bildet das Petroleum mit seinen Nebenprodukten.
Das Rohpetroleum (Naphtha) wird hauptsächlich an zwei Plätzen, 12-14 km nordöstlich von Baku, bei den Dörfern
Balachany und Sabuntschi, und 5 km westlich von Baku, bei
Bibi-Ejbat in der Nähe des
Meers gewonnen (s.
Apscheron). Der
Raum der Gewinnung beträgt am erstern Platze, der neun Zehntel des gesamten russ. Petroleums
liefert, zur Zeit nur 12 qkm, die Zahl der Bohrlöcher an beiden Plätzen (1889) 173, mit durchschnittlicher
Tiefe von 190 m (die geringste 47 m). Der Betrieb hat sich seit Aufhebung des
Monopols der Regierung (1873)
sehr gehoben. Es wurden gewonnen in 1000 Pud: 1832-49 im Durchschnitt jährlich 220;
1860: 255;
1863: 340;
1872: 1535;
1873:
3952;
1886: 123500;
1887: 157170;
1888: 189583;
1889 (annähernd) 206000.
Außer einem Werk in
Surachany befinden sich sämtliche Petroleumwerke in der
Schwarzen Stadt in Baku, wohin das Rohmaterial in
Röhren
[* 11] von 10 cm Durchmesser und mit 30
Atmosphären Druck geleitet und zu Beleuchtungsöl (Petroleum,
Astralit,
Solaröl u. a.) destilliert wird. Aus den Rückständen werden gute Schmieröle gewonnen,
oder sie werden zerkleinert zum Heizen von Dampfschiffen,
Lokomotiven¶
mehr
u. s. w. verwendet. 1888 wurden in Baku 49½ Mill. Pud Beleuchtungsöl hergestellt
sowie 2½ Mill. Pud Schmieröl, wozu nebst der Heizung
[* 13] ein Rohmaterial von 173 Mill. Pud nötig war. Davon wurden 29½ Mill.
Pud mit der Eisenbahn nach Batum
[* 14] verfrachtet, 20 Mill. Pud zu Meere; an Rückständen wurden zu Meere ausgeführt 1888 bis
50, 1889 gegen 60 Mill. Pud. Zur Verfrachtung werden auf der Eisendahn Cisternenwaggons und auf den Schiffen Cisternenfässer
verwendet. Die Hauptunternehmer, Gebrüder Nobel in Baku, haben eine Menge solcher Cisternen auf dem KaspischenMeere, der Wolga,
den Eisenbahnen Rußlands im Gange und dadurch eine Art Monopol auf diesen Wegen erlangt. Ein gleiches Ziel
mit ebensolchen Transportmitteln verfolgt das Handelshaus Rothschild auf dem Wege von Baku über Batum ins Schwarze und Mittelländische
Meer.
Baku besteht unter diesem Namen seit dem ersten Viertel des 7. Jahrh. n. Chr.,
ist aber wahrscheinlich schon früher gegründet, da die dortigen Gasausströmungen schon im Altertum
den Feueranbetern bekannt waren. Im 8. Jahrh, war es unter der Herrschaft der Araber, dann der schirwanischen Chane, vom 16. Jahrh,
an meist im Besitz der Perser; 1723 ergab es sich den Russen unter Admiral Matjuschkin, kam aber 1735 wieder an Persien
[* 15] und stand
unter eigenen Serdaren. Nach der Eroberung Georgiens gelangte auch Baku 1806 abermals an die Russen, wurde
Kreis-, 1859 Gouvernementsstadt. 1860 hatte es 13831 E. und sehr unbedeutenden Handel. 1867 ward die Admiralität und der Kriegshafen
aus Astrachan hierher verlegt, 1883 die Eisenbahn nach Tiflis eröffnet.
Vgl. Mendeljejew, Die Naphthalagerstätten in Pennsylvanien und am Kaukasus (russisch, Petersb. 1876);
Marvin, The region of the eternal fire: an account of a journey to the Petroleum Region of the Caspian (Lond. 1881);
Proskowetz,
Vom Newastrand nach Samarkand (Wien
[* 16] 1889).