Virulenz zu ihrer praktischen Verwendung im
Sinne der Jennerschen Kuhpockenimpfung als Schutzimpfung
(Milzbrand,
Hundswut,
Diphtheritis
u. s. w.) führte.
2) Donné bringt 1837 die Infektionsidee, nachdem sie lange geruht hatte, resp.
bekämpft worden war, durch
Beobachtungen am Schankereiter von neuem zu allgemeiner Beachtung.
4)
Henle («Pathologische Untersuchungen», 1840) legt theoretisch auf das
klarste die
Notwendigkeit der
Annahme eines contagiumvivum dar, eine glänzende Leistung wissenschaftlicher
Überlegung.
5) Lemaire (Apotheker in
Paris)
[* 3] entdeckt 1860–65 die bakterienvernichtenden Eigenschaften der
Carbolsäure und betont die
Bedeutung derselben für die Wundkrankheiten.
6)Lister gründet auf diese
Thatsache sein
System der antiseptischen Wundbehandlung (1867–68). 7) Davaine (1850) und Pollender
(1849) finden die Milzbrandbacillen und erklären sie für die specifische Krankheitsursache (Davaine
1863). 8) ZahlreicheBefunde von Mikroorganismen bei
Krankheiten erheben von Recklinghausen
[* 4] (in pyämischen Herden), Oertel
(Diphtherie), Weigert
(Pocken),
Klebs (Wundkrankheiten, 1870),
Birch-Hirschfeld,
Billroth.
9)
Hüter baut die Monadentheorie aus, als Erklärung für alle
Infektionen,
Fieber u. s. w.
10) Obermeier entdeckt 1873 die Recurrensspirille, deren
Entwicklung, wie hier zum erstenmal nachweisbar
war, inunmittelbarerBeziehungzumFieberablaufstand.
11) RobertKoch beweist durch Tierimpfungen in längern Reihen unumstößlich die ursächliche
Beziehung der Milzbrandbacillen
zum
Milzbrand und erklärt die Dauerhaftigkeit der
Sporen für bedeutungsvoll für die
Ansteckung (1876).12)Pasteur führt
die Septichämie auf Vibrionen zurück; so viel Vibrionenspecies, so viel Formen specifischer Septichämien.
13)Koch entdeckt specifische
Infektionskrankheiten der Mäuse und Kaninchen,
[* 5] die von specifischen
Bakterien abhängen; DifferenzderKrankheitsdisposition der einzelnen Tierspecies (1878). Entdeckung des Tuberkelbacillus (1882)
sowie des Cholerabacillus (1883). Seitdem ist durch die von ihm eingeführten Untersuchungsmethoden
die
Thatsache der
Beziehung specifischer
Bakterien zu specifischen
Krankheiten unumstößlich geworden. Nur
über den
Modus dieser
Beziehung herrschen noch Zweifel.
14) Panum, Schmiedeberg,
Brieger u. a. stellen die
Gifte rein dar, durch deren Produktion die
Bakterien pathogen wirken. Diese
höchst wichtige
Darstellung befindet sich jetzt noch in den Anfängen.
Die GeschichtederMethodik der Bakterienuntersuchung knüpft hauptsächlich an folgende
Namen an:
3)Pasteur (Sterilisationsapparat:Kochflasche mit langem, stark gebogenem, fein ausgezogenem
Hals, in welchem die Luftkeime
liegen blieben; Pasteursche Nährflüssigkeit);
4) Dujardin, Verbesserung des Nährbodens und damit der Bakterienentwicklung durch
bestimmte
Salze (oxalsaures
Ammoniak u. a.);
5) Davaine, systematische Tierimpfungen mit Milzbrandblut;
6) Hallier, Kultur- und Isolierapparate;
7)
Klebs, Scheidung der
Bakterien von Bakterienflüssigkeit durch Filtration durch Thonzellen; Untersuchung der Kulturen direkt
mikroskopisch in besonders gebauten Kammern, Züchtung auf festem Nährboden (Hausengallerte) mit fraktionierterKultur (Überimpfung);
8) H.Hoffmann, Benutzung der Kartoffel als Nährboden;
9) Weigert, Nachweisung der
Bakterien im Gewebe
[* 7] durch charakteristische Färbungen (seit 1875);
10) RobertKoch, Benutzung der Tierimpfung als sicherstes
Mittel zur Gewinnung von Reinkulturen. In Vervollkommnung der Weigertschen
Färbungen findet er die isolierte Färbung derBakterien im Gewebe;
ferner die Verbesserung des Mikroskops
durch den sog. Abbéschen
Apparat, welcher das Farbenbild im Schnitt besonders zu studieren gestattet;
durch
Photogramme der
mikroskopischen
Bilder schafft er Vergleichsbilder, die von jeder subjektiven
Auffassung frei sind;
endlich erfindet er die
Methoden der isolierten Züchtung auf durchsichtigem festem Nährboden inVerbindung mit der vorgängigen
Sterilisation derselben durch Wasserdampf sowie die Züchtungsmethoden für anaerobe
Bakterien.
Hiermit war das wesentliche
Princip der modernen bakteriolog. Forschung und damit die Grundlage ihrer Fortschritte gegeben, die eben auf der früher
noch nicht erreichten Kenntnis der Einzelarten und ihrer specifischen Lebensthätigkeiten beruhen.
Die KochscheSchule hat zahlreiche
Vertreter der Bakteriologie ausgebildet. Gegenwärtig stehen in der Reihe der
Bakteriologen an der
Spitze: RobertKoch, Pasteur, Cohn, Zopf, E.
Klebs, Flügge,
Hueppe,
Buchner,
Baumgarten, A. Pfeiffer, Löffler,
Gaffky.
1) IsolierteZüchtung,Reinkultur. Erforderlich ist ein Nährsubstrat, in welchem die zu untersuchenden
Bakterien gedeihen
können. Da nicht alle
Bakterien auf demselben Nährboden gleich gut wachsen, so bedient man sich verschiedener
Stoffe; vor allem der festen Nährböden, da die charakteristischen Kolonieform der einzelnen Bakterienarten auf solchen
zur diagnostischen Differenzierung wichtig ist. Hierher gehören:
a. gekochte Kartoffel, auf deren Schnittfläche geimpft wird;
b. die Nährgelatinen, welche namentlich noch wegen ihrer
Durchsichtigkeit sehr wertvoll sind, weil sie die
Entwicklung von
Keimeninnerhalb der Nährmaterie zu beobachten erlauben
(neutralisierte Fleischwasserpeptongelatine);
c.
Agar-Agar, welches
vor der Gelatine den Vorzug besitzt, daß es erst bei etwa
90° C. flüssig wird, während die Gelatine schon bei Erwärmung auf 25° C. schmilzt, so daß es auch
bei höhern
Temperaturen als fester durchsichtiger Nährboden benutzt werden kann;
Zur Züchtung in flüssigem Nährsubstrat, welche Methode besonders wünschenswert ist, wenn die
Entwicklung der
Bakterien direkt mikroskopisch verfolgt werden soll, dient vorwiegend Nährbouillon.
Soll eine Flüssigkeit, ein krankes Organ oder ähnliches auf seinen Bakteriengehalt untersucht werden,
so muß vor allem der Nährboden vollkommen keimfrei sein und dauernd bleiben. Ersteres wird durch
Sterilisation (durch heiße
Wasserdämpfe in besondern Sterilisationsapparaten) erreicht, letzteres durch Verschluß der
Gefäße, welche die
¶
mehr
Nährlösung enthalten, durch Wattefilter, welche keine Keime aus der Luft einlassen. Ebenso müssen alle Instrumente (Nadeln,
[* 10] Messer
[* 11] u. s. w.) sorgfältigst sterilisiert (geglüht) werden. Man bringt dann eine
geringe Menge des Untersuchungsobjekts in ein Glas
[* 12] mit Nährgelatine (Impfung),
[* 13] wobei der Wattepfropf ganz kurz gelüftet wird,
verflüssigt die Gelatine durch Erwärmen, schüttelt die Lösung zur bessern Verteilung der Keime und
gießt sie dann auf einer sterilisierten Glasplatte in dünner Schicht aus.
Hier erstarrt die infizierte Gelatine und bildet nun einen völlig durchsichtigen Nährboden, in welchem die eingebrachten
Keime räumlich getrennt zur Entwicklung kommen. Nach einigen Tagen sind je nach der Zahl der vorhandenen
verschiedenartigen Keime verschieden gestaltete Kolonien zu erkennen. Von jeder derselben wird eine Spur auf einen festen Nährboden
übergeimpft und dadurch völlig isoliert zum Weiterwachsen gebracht. Erweist sich eine Kultur noch gemischt aus mehrern
Bakterienarten, so wird das Plattenverfahren nach Bedarf wiederholt.
Ein ähnliches Verfahren wird bei Agarnährböden für Bakterien, die nur bei höhern Temperaturen wachsen,
ausgeführt. Aus der Gesamtzahl der auf der ersten Platte wachsenden Keime können, wenn genau bestimmte Mengen der zu untersuchenden
Materie verimpft waren, Rückschlüsse auf deren Reichtum an Bakterien überhaupt gemacht werden. Um anaerobe Bakterien (welche
also durch den Sauerstoff der Luft getötet werden) zu züchten, wird die geimpfte Gelatine entweder
auf der Platte mit Glimmer oder (im Reagenzrohr) mit einer Schicht von Öl resp. neuer Gelatine gegen die
Luft abgeschlossen, oder die Kultur in besondern Apparaten unter Zufluß anderer Gase
[* 14] (namentlich Wasserstoff) gehalten. Die
Temperatur für die Kulturen wird durch Brutschränke mit konstanter Temperatur geregelt. Eine große Zahl
von Bakterien ist es noch nicht geglückt mit den bisher bekannten Methoden und Nährböden rein zu züchten.
2) Mikroskopische Untersuchung entweder der lebenden Bakterien in einem Tropfen Flüssigkeit (zur Beobachtung der Beweglichkeit
u. s. w.), oder der toten mit Hilfe specifischer Färbungen.
3) Übertragung der isolierten Keime entweder auf bestimmte Medien (zum Zweck der Erforschung ihrer saprophytischen
Thätigkeit) oder auf Tiere (Untersuchung auf pathogene Eigenschaften). Zum Tierexperiment dienen hauptsächlich Mäuse, Kaninchen,
Meerschweinchen, Tauben,
[* 15] Hühner.
[* 16] Die Empfänglichkeit der einzelnen Tierarten für bestimmte Bakterien ist dabei verschieden,
so daß das negative Resultat der Übertragung nicht immer beweisend für die Nichtpathogenität des
betreffenden Bakteriums ist. Die Bakterien werden durch Impfung unter die Haut,
[* 17] durch Fütterung oder durch Einatmungsapparate
auf das Versuchstier übertragen.
III. Litteratur. Ehrenberg, Die Infusionstierchen als vollkommene Organismen (Lpz. 1838);
Cohn, Untersuchungen über Bakterien, in seinen «Beiträgen zur Biologie der Pflanzen», Bd. I, Heft 2, 3;