die
Bewegung von 1789 ausbrach. Durch diese inaktiv geworden, ließ er sich in
Havre
[* 2] zum Mitglied des
Konvents wählen. Im Prozeß
des Königs stimmte er für die
Berufung ans
Volk und erklärte sich gegen die Verdammung der
Girondisten. So entging auch er
nicht dem
Fanatismus der Radikalen, ward auf der Flucht in
Provinz festgehalten, und nur der
Sturz der
Bergpartei
brachte ihm die
Freiheit.
Wieder in den
Konvent getreten, eiferte er gegen die Jakobiner und führte mit Fréron die
Jeunesse dorée
(s. d.) an. Später in dem
Rate der Fünfhundert trat er hervor als Gegner der Royalisten und eifriger Verteidiger des
Direktoriums, auch
Bonapartes; 1799-1803 war er Mitglied des
Tribunats, nahm dann seine advokatorische Praxis
auf und leitete
seit 1810 das oppositionelle Journal «Le
[* 3] Constitutionnel». Er starb in
Paris.
[* 4]
(frz., spr. băjih; engl.
Bailiff; mittellat.
Ballivus; ital.
Balio; grch.
Bajulos), ursprünglich soviel wie Pfleger, Vormund, dann Aufseher,
Vorsteher. Am Kaiserhofe zu
Konstantinopel
[* 5] hieß der Oberaufseher der Prinzen
Bajulos. Denselben
Titel führte hier auch der
Handelskonsul der fremden Kaufleute, den die
Venetianer zu ernennen hatten; von diesem ging wohl der
TitelBalio, Bailo auf
den venet. Gesandten daselbst über. Durch den Johanniterorden verbreitete sich der
NameBallivus auch
nach dem südl. und westl. Europa.
[* 6]
Die 8 Mitglieder des
Kapitels dieses
Ordens hießen Ballivi conventuales, was dann wieder bei den Gütereinteilungen des
Ordens
in
Kreise
[* 7] den
NamenBallei (s. d.) veranlaßte. In
Frankreich waren die königlichen Bailli seit etwa 1180
Richter des ihnen anvertrauten
Stadt- und Landbezirks, hatten die königl. Einkünfte einzutreiben und
abzuführen und den Heerbann zu versammeln. Sie wurden 1770 ihrer Funktionen enthoben und durch die Tribunaux de première
instance ersetzt.
Über den engl.
Bailiff s. d.
Vgl. von
Kap-Herr, Bajulus,
Podestè, Consules, in Quiddes
«Deutscher Zeitschrift für Geschichtswissenschaft», Bd. 5 (Freib. i. Br.
1891).
Joanna, engl. Dichterin, geb. zu
Bothwell bei
Glasgow,
[* 8] Schwester
des folgenden, lebte zu
Hampstead bei
London
[* 9] und starb daselbst Ihr erstes anonymes Werk «A series of
plays in which it is attempted to delineate the stronger passions of the mind, each passion being the subject of a
tragedy and a comedy» (Lond. 1798),
das schnell beliebt wurde (deutsch als «Die Leidenschaften» von (C. F.
Cramer, 3 Bde., Amsterd. und Lpz.
1806),
verriet einen eher zum Reflektieren als zum Empfinden und dichterischen
Bilden angelegten
Geist. Dennoch erregte das
Werk Aufsehen, und so ließ sie 1802 einen 2., 1812 einen 3.
Band
[* 10] (Gesamtausg. 1821), dann «Miscellaneous
plays» (1804),
eine Reih von meist schon einzeln erschienenen
«Dramas» (3 Bde., 1830) folgen;
man faßt sie gewöhnlich unter
den
Namen«Plays on the Passions» zusammen «Fugitive verses», ihr letztes
und reifstes Werk, erschienen 1840;
auch veranstaltete sie u. a. 1823 «A collection
of poems, chiefly manuscript, and from living authors»;
ihre «Metrical legends of exalted character»
(1821) sind Scott nachgeahmt.
Mit ihm, F.
Hemans und Catharine Fanshaw gab sie 1823 «Poetic miscellanies» heraus,
allein 1831 den in positivgläubigem
Sinne geschriebenen «View of the general tenour of the New
Testament».
In den
letzten Lebenswochen
sammelte sie ihre «Dramatical and poetical works» (Lond.
1851; 2. Ausg. 1853). Einen schönen Ruf («Lady Bontiful»)
genoß sie durch rastlose Armenpflege.
(spr. behli),Matthew, engl.
Arzt und Anatom, geb. zu Shotts in der schott.
GrafschaftLanark, studierte in
LondonMedizin und wurde bereits in seinem 20. Jahre als Demonstrator der
Anatomie angestellt.
Er eröffnete 1785 mit Cruiksbank den ersten anatom. Kursus, ward 1787
Arztam St. Georgehospital und starb Er
schrieb: «The morbid human anatomy of some of the most important parts
of the human body» (Lond. 1793: deutsch von Hohnbaum, Berl. 1820),
«A series of engravings to illustrate the morbid anatomy
of the human body» (10 Hefte, Lond. 1799-1812),
«Lectures and observations on medicine» (ebd. 1825). Wardrop gab «The
works of
Mr. Baillie» (2 Bde., ebd.
1825; deutsch von Leukfeld, Halberst. 1829) heraus.
& Fils, J. Baillière (spr. băjähr e fihß), Verlagsbuchhandlung
in
Paris, gegründet 1818 von
JosephBaptiste Marie Baillière, geb. in
Beauvais (Depart. Oise), gest. Die Nachfolger
sind seine
Söhne Emil Baillière, geb. in
Paris, Teilhaber des
Geschäfts seit 1857, und
Henri Baillière, geb.
13. Sept. 1840, Teilhaber seit 1803, denen 1886 ein Sohn Emils,
Albert Baillière, geb. als Teilhaber beitrat. Die Unternehmungen
des Hauses waren von Anfang an der
Medizin gewidmet und umfassen in allen Zweigen derselben eine Menge
von Monographien,
Lehr-, Handbüchern und encyklopädischen Werken, insbesondere «Dictionnaire
de médicine et de chirurgie pratiques», hg. von Jaccoud (40 Bde.,
1864-86),
Littré, «Dictionnaire de médicine» (bis 1887 16 Aufl.
in 150000 Exempl.),
«Encyclopédie internationale de chirurgie» (7 Bde.,
1888),
Zoologie (Ferussac und Deshayes, «Histoire naturelle
de mollusques»; Temminck und Laugier, «Planches coloriées des oiseaux»;
Brehm, «Les merveilles de la nature» u. a.),
Botanik, Physik,
Chemie,
Technik (Lefevre, «Dictionnaire d'électricité et de magnétisme»,
1891),
populärwissenschaftliche Unternehmungen, wie «Bibliothèque scientifique contemporaine»
(Bd. 1-125, 1886 fg.) mit Beiträgen von Gaudry, Duclaur, A.
Gautier, Ch. Bouchard, Claude
Bernard, Sicard, Edm. Perrier u. a. und «Bibliothèque
des conaissances utiles» (Bd. 1-35, 1887 fg.). Das Haus
betreibt auf dem Gebiete der
Medizin und Naturwissenschaften auch Sortiments und Antiquariatsgeschäfte.
(spr.băjoh),
Pierre, franz. Violinspieler, geb. zu
Passy bei
Paris, bildete sich in
Paris und
Rom
[* 11] aus und ging 1791 nach
Paris, wo er bis zu seinem
Tode angesehene
Stellungen als
Konzertmeister und
Lehrer innehatte und sich auch als Solospieler einen großen, vom
Auslande bestätigten Ruf
erwarb. Mit Kreutzer und Rode gemeinsam bildete Baillot das Haupt jener berühmten
Pariser Geigerschule, die
die
Talente aus allen
Ländern heranzog und bis heute in ihren
Traditionen fortwirkt. Baillot besonders war es zu
¶
mehr
danken, daß sich diese Schule die Grundsätze der großen ital. Violinmeister Nardini und
Viotti zu eigen machte. Ein anderes großes Verdienst erwarb sich Baillot durch die Gründung einer ständigen
Quartettgenossenschaft, die von 1814 ab das Muster für den ausgearbeiteten Vortrag klassischer Streichquartette bildete. B.s
Spiel war ausgezeichnet durch großen Ton und durch edle Vortragsmanier. Eine bedeutende Stelle in der Violinlitteratur
behaupten neben der mit Kreutzer und Rode gemeinsam herausgegebenen «Méthode
de violon» sein Lehrbuch «L'art du violon» (Par.
1835)) sowie seine Etuden, Capricen, Konzerte und Duette. Außerdem hat er im Verein mit Rode und Kreutzer die Violinschule
des Konservatoriums, und mit Catel, Levasseur und Baudiot die Violoncellschule derselben Anstalt bearbeitet.