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Katzebuckel (627 m) nahe am Neckar. Die Bergwände fallen hier steil ab und bilden die linke Seite des schönen untern Neckarthals. Nordöstlich geht der Odenwald in zwei wellenförmige, fruchtbare Hügellandschaften über, in das Bauland und Fränkische Hügelland, beide durch die Tauber geschieden. In der Rheinebene im Breisgau erhebt sich eine vereinzelte vulkanische Berggruppe, der Kaiserstuhl, [* 2] im Umfang 45 km messend, mit einem Flächenraum von etwa 110 qkm und etwa 40 größern und kleinern Bergen. [* 3] Der höchste Gipfel dieses merkwürdigen Basaltgebirges, der Neunlindenberg, steigt bis zur Höbe von 557 m auf.
Bewässerung. Baden [* 4] wird durch die zwei größten Ströme Mitteleuropas, die Donau und den Rhein, in den Bereich zweier entgegengesetzter Meergebiete gezogen. Die Donau, die auf dem östl. Abbange des südl. Schwarzwaldes ihren Ausgang nimmt, umfaßt von hier bis zum völligen Austritt aus ein Quellgebiet von etwa 1200 qkm. Die Wasserscheide zwischen Donau und Rhein geht über Sommerau (834 m) oberhalb Triberg in südwestl. Richtung bis Furtwangen, in dessen Nähe (am Birglirain, 1000 m hoch) die Breg entspringt, die in Donaueschingen mit der von dem Kesselberge (bei St. Georgen), 521 m, kommenden Brigach sich vereinigt, um von nun an unter dem Namen Donau ihren langen östl. Lauf nach dem Schwarzen Meere zu beginnen. Der Rhein ist der Hauptstrom und bildet in seiner westl. Richtung die durch einige schweiz. Überschreitungen, namentlich den Kanton Schaffhausen, [* 5] unterbrochene Südgrenze bis Basel [* 6] und von da in seinem nördl. Laufe die westl. Grenze des bad. Landes. Durch Rektifikationen mittels Durchschnitten nach dem Plane des bad. Ingenieurobersten Tulla (gest. 1828) wurden badischerseits dem Flusse bis 1861 bereits 118 qkm jetzt baubaren Landes entzogen.
Der Rhein erhält auf bad. Gebiet zahlreiche größere und kleinere Zuflüsse, die sämtlich dem Schwarzwalde entspringen. Die bedeutendsten darunter sind von Süd nach Nord: Wutach, obere oder Hauensteiner Alb, obere Murg, Webra, Wiese, Elz, Kinzig, Murg, untere Alb und Neckar. Sie sind für die Holzflößerei wichtig. Schiffbar ist nur der Neckar (mit Enz, Elsenz, Kocher, Jagst), einer der ansehnlichsten Binnenflüsse Deutschlands. [* 7] Er trägt Segelschiffe von einer mittlern Tragfähigkeit von 100 t = 2000 Ctr.; die der größten beträgt 250 t. Früher wurde er längere Zeit auf der Strecke zwischen Heidelberg [* 8] und Heilbronn [* 9] von Dampfbooten befahren; jetzt hat durch eine zwischen Heilbronn und Mannheim [* 10] (seit 1878) eröffnete Kettenschleppschiffahrt der Güterverkehr auf dem Flusse einen großen Aufschwung genommen.
Der Main bildet nur auf eine Strecke von 37 km die Nordgrenze des Großherzogtums, Bayern [* 11] gegenüber. Seit 1885 ist auch auf ihm eine Kettenschleppschiffahrt eröffnet. Die aus Württemberg [* 12] vom Taubersee bei Michelberg (440 m) kommende Tauber durchfließt auf bad. Gebiete den fruchtbaren Taubergrund und mündet bei Wertheim in den Main. Vom Bodensee gehören zu Baden 182 qkm. Eigentümlich sind dem Schwarzwaldgebirge viele kleine Seen von 2 bis 5 km Umfang auf einer Höhe von 785 bis über 1000 m. Die bedeutendern sind der Titi- (848 m) und der Feldsee (1113 m) am Feldberge, der Schluchsee (901 m), der Wildsee (1093 m) auf dem Kniebis, der Mummelsee (1032 m) auf der Hornisgrinde, der Herrenwiesensee (830 m) auf der Badner Höhe u. a.
Klima. [* 13] Bei der großen Verschiedenheit der Höhenverhältnisse (die Differenz zwischen dem höchsten Punkte, dem Feldberge, 1494 m, und dem niedrigsten bei Mannheim, 90 m, beträgt 1404 m) findet natürlich auch ein großer klimatischer Wechsel, namentlich in der Wärmeverteilung, statt. Es läßt sich die mittlere Temperatur der Ebene (Mannheim) zu +10,88° und die des Gebirgslandes (Donaueschingen und Höchenschwand) zu +6,81° und +6,46° C. annehmen; nach den Beobachtungen der 15 badischen meteorolog. Stationen hat sich der Januar als der kälteste, der Juli als der wärmste Monat ergeben. Villingen zeigte den kältesten Januar mit einem Durchschnitt von -2,81°, Mannheim den wärmsten Juli mit +20,68° C. Die niedrigste Temperatur wurde mit -32° bis jetzt in Villingen und Lupen, die höchste mit +36,6° C. in Karlsruhe [* 14] beobachtet; es gehört sonach die bad. Rheinebene zu den wärmsten Gegenden ganz Deutschlands.
Mineralreich. Der Schwarzwald hat eine große Mannigfaltigkeit an metallischen Mineralien [* 15] aufzuweisen. Nachdem aber im Laufe des 19. Jahrh. fast sämtliche Metallbergbauten des Schwarzwaldes eingestellt und auch die herrschaftlichen Eisenwerke mit ihren Erzgruben aufgegeben worden sind, bat die Bergwerteindustrie keine große Bedeutung mehr. Sie erstreckt sich zur Zeit auf die Gewinnung von Galmei, Braunstein oder Manganerz, Steinkohlen, Salz, [* 16] Gips [* 17] und einige andere nutzbare Steinarten, ferner auf die Erzeugung von Gußwaren zweiter Schmelzung und Verarbeitung von Schweißeisen.
Die ganze Industrie beschäftigte (1887) 2026 Arbeiter und brachte 92986 t Erzeugnisse im Gesamtwert von 4883789 M. hervor. Davon kamen auf Bergwerkserzeugnisse (Steinkohle, Erze) 76639 M., auf Salze aus wässeriger Lösung (Staatssalinen in Rappenau und Dürrheim) 880487 M., auf Hüttenerzeugnisse (Schwefelsäure) [* 18] 320000 M., auf Roheisenbearbeitung 3485399 M. und auf andere auf bergmännische Weise gewonnene Mineralien 120764 M. Zahlreich sind die Mineralquellen, mit denen sich eine große Reihe berühmter Badeorte verbindet, wie Baden-Baden, [* 19] Badenweiler, Antogast, Griesbach, Freiersbach, Petersthal, Rippoldsau, Langenbrücken und Überlingen.
Bevölkerung. [* 20] Die schon im 18. Jahrh, üblichen Zählungen, seit 1810 neu geordnet, wurden bis 1831 jährlich, dann bis 1845 alle 3 Jahre angestellt; 1846 kamen die ebenfalls alle 3 Jahre unternommenen Zählungen des Zollvereins an die Stelle der Landeszählungen. Mit Gründung des Deutschen Reichs traten 5jäbrige Zählperioden ein. Am 1. Dez. 1890 zählte man 1657867 (810582 männl., 847285 weibl.) E., d. i. 109,9 auf 1 qkm, eine Zunahme von (1885-90) 56612 oder 3,4 Proz., durchschnittlich im Jahr 11322 Personen.
Dem Religionsbekenntnis nach waren (1890) 1028119 Katholiken (62 Proz.), 597518 Evangelische (36 Proz.), 26735 Israeliten (1,6 Proz.) und 5495 sonstige (0,62 Proz.). 1890 waren der Staatsangehörigkeit nach 1640015 oder 98,9 Proz. Reichsangehörige, darunter 1510028 oder 91,1 Proz. Badener, 129987 oder 7,8 Proz. Angehörige anderer Bundesstaaten, 17825 oder 1,1 Proz. Reichsausländer. Auf die 115 Stadtgemeinden entfielen (1890) 585887 E. oder 35,3 Proz. der Bevölkerung des Landes, eine Zunahme (1885-90) von 60705 oder 11 Proz., während sich die Einwohner der 1463 Landgemeinden mit zusammen 1071980 oder 64,7 Proz. ¶
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um 4084 vermindert hatten. - Die Zahl der Haushaltungen betrug (1890) 345153 gegen (1885) 331083, d. i. eine Vermehrung von 14070 (4,2 Proz.); auf eine Haushaltung kamen 4,80 Personen gegen 4,84 im J. 1885. Die Zahl der bewohnten Gebäude betrug (1890) 219177 gegen (1885) 215221, wozu noch 2908 unbewohnte Wohnhäuser [* 22] kommen. 1890 betrug die Zahl der Geburten 53152, der Eheschließungen 11970, der Sterbefälle einschließlich Totgeborene 39651, der Ausgewanderten (1891) 4162. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist schwäb. Stammes und gehört zum größten Teil dem alamann. Zweige desselben an. Dieser nimmt das sog. Oberland südwärts der Murg ein und wird heute noch von den Bewohnern des Unterlandes, abwärts der Murg, «Schwaben» genannt. Nördlich von der Murg folgt eine gemischte Bevölkerung, die in der Pfalz in den rein fränk. Stamm übergeht.
Land- und Forstwirtschaft. Baden gehört durch Fruchtbarkeit des Bodens, namentlich in der Rheinebene und dem Hügellande, überall aber durch sorgfältigen Anbau zu den ergiebigsten Ländern Europas; zugleich sind bei der großen Verschiedenheit des Bodens und Klimas alle denkbaren Wirtschaftssysteme und Anbauweisen innerhalb seiner Grenzen [* 23] vertreten. Es kamen (1890) von den 1509630 ha Boden 841410 (56 Proz.) auf landwirtschaftlich benutzte Fläche, 45670 (3 Proz.) auf Reutberge, 555050 (36,7 Proz.) auf Wald mit Hackwald, 67500 (4,3 Proz.) auf sonstiges; also nimmt der stets sich mehrende Wald über ein Drittel, die landwirtschaftliche Fläche und Reutberge zwei Fünftel ein.
Von der landwirtschaftlich benutzten Fläche waren (1890) Ackerland 568600 ha (37,6 Proz.), Wiesen 200300 ha (13,8 Proz.), Rebland 20890 ha (1,4 Proz.), Gras- und Obstgarten 15190 ha (1 Proz.), Kastanienwald 950 ha. (0,06 Proz.), ständige Weide [* 24] 36080 ha. (2,4 Proz.). Der Ertrag und sein Wert betrug (1887): Körner- und Hülsenfrüchte 386375 t (= 79 ½ Mill. M.), Stroh 528003 t (18,1 Mill. M.), Kartoffeln 824300 t (28,3 Mill. M.), Heu und Futter 1114151 t (57,3 Mill. M.), Futterhackfrüchte 524283 t (7,2 Mill. M.), Handelsqewächse 67436 t (14,1 Mill. M.), Kraut und Gemüse 23060 t (1,6 Mill. M.), Obst 28000 t (2,9 Mill. M.), Wein 308980 kl (6,7 Mill. M.), Weidgang u. s. w. 7 Mill. M., im ganzen = 222,6 Mill. M. Dieser Ertrag blieb hinter dem Durchschnittswert von 1865-87 um 14.3 Mill. M. zurück (1890 Ertrag etwa 250 Mill. M.). Von den Handelsgewächsen stehen Hanf (701 t = 1,2 Mill. M.), Hopfen [* 25] (2657 t = 4,5 Mill. M.), Ölgewächse (3186 t = 1,1 Mill. M.) und Tabak [* 26] im Vordergrunde. Im Erntejahr 1890 gab es 42509 Tabakpflanzer, die eine Fläche von 7871 da bepflanzten; der Gesamtwert der Tabakernte (16497300 kg) betrug 13330016 M. Die Badischen Weine (s. d.) sind besonders gesucht. Der Ertrag schwankt außerordentlich, durchschnittlich (1865-87) 574450 hl (= 12,5 Mill. M.).
Hierzu kommt der Ertrag an Waldungen, die einen Hauptreichtum des Landes bilden. Der Stand der Waldfläche betrug (1891) 547250 ha. oder 36,05 Proz. der Gesamtfläche des Landes. An diesem Waldbesitz sind beteiligt die Domänen mit 96178 (= 17,57 Proz.), die Gemeinden mit 250940 (= 45,85 Proz.), die Körperschaften mit 18692 ha (= 3,42 Proz.), Standes- und Grundherren mit 59540 (= 10,9 Proz.), Private mit 121900 (= 22,26 Proz.). 1885 waren 54 Proz. Laub- und 46 Proz. Nadelwald; hiervon entfielen auf Rotbuchen 27, Eichen 11, Hainbuchen 5, Erlen 3, Eschen, Ahorn und Ulmen 2, Weich- und Strauchholz 6, Fichten 18, Weißtannen und Kiefern je 14 Proz. Die Beforstung der Wälder (96 landesherrliche und 4 Gemeinde-Bezirksforsteien) ist als eine mustergültige anerkannt, namentlich weist der untere Schwarzwald die ausgezeichnetsten deutschen Nadelholzwaldungen auf; in ihm erblickt man ganze Bestände herrlicher Weißtannen von 50 bis 56 m Höhe, die als sog. «Holländer» zum Schiffbau in die Niederlande [* 27] ausgeführt werden; in den übrigen Landesgegenden wiegt das Laubholz vor.
Der Wert sämtlicher Waldungen wird auf 500 Mill. M. veranschlagt; jährlich werden etwa 2¼ Mill. Festmeter im Werte von 20 Mill. M. geschlagen. Mindestens ein Drittel des jährlichen Holzhiebes kommt in den Handel für das Ausland. Dieser umfangreiche Holzhandel, von alters her durch sog. «Schifferschaften» betrieben und durch die flößbaren Flüsse [* 28] des Schwarzwaldes, insbesondere aber durch den Rhein befördert, erstreckt sich hauptsächlich nach Holland. Die Viehzucht [* 29] ist ansehnlich und hat in der neuern Zeit zumal in der Güte des Rindviehs einen besondern Aufschwung genommen. Es wurden gezählt 1890: 67423Pferde (einschließlich 3043 Militärpferde), 612892 Rindvieh, 94914 Schafe, [* 30] 384460 Schweine, [* 31] 103154 Ziegen, 80729 Bienenstöcke, 1923944 Stück Federvieh und 32192 Hunde. [* 32] Viehmärkte wurden (1890) 1103 abgehalten.
Industrie und Handel. Vor dem 1835 erfolgten Anschluß an den Deutschen Zollverein war Baden hauptsächlich nur ein ackerbauender Staat. Seitdem hat die Gewerbthätigkeit und besonders die Fabrikindustrie so zugenommen, daß Baden jetzt an der industriellen Gesamtproduktion des Deutschen Reichs einen namhaften und in einzelnen Zweigen hervorragenden Anteil hat. Folgende Zahlen bezeichnen den Fortschritt: 1847 gab es 150028 Gewerbtreibende, 1861: 182289, 1875: 237001;
1882 wurden in 129300 Betrieben 248495 Personen beschäftigt. 1842 wurden 24 Dampf- und andere Maschinen mit 761 Pferdestärken verwendet, 1861: 233 mit 3377, 1875: 923 mit 13662, 1882: 975. Die meisten industriellen Betriebe finden sich in den Kreisen Karlsruhe und Mannheim (557 und 345), also die Hälfte aller im Lande vorhandenen 1855. Hervorzubeben sind die Textilindustrie, besonders in Baumwolle [* 33] und Seide, [* 34] auch Wolle, Lein und Hanf, hauptsächlich im Südwesten die Fabrikation von Bijouteriewaren (Pforzheim), [* 35] Tabak und Cigarren, Papier, Leder (lackiertes Leder), Spiegeln (Mannheim), von Maschinen (Karlsruhe, Pforzheim und Mannheim), von Cement, Holz- und Schnitzwaren. Baden besitzt zwei Rübenzuckerfabriken, unter denen die zu Waghäusel eine der bedeutendsten im Reiche ist; ferner eine Hohlglasfabrik zu Gaggenau und eine Tafelglasfabrik zu Walterdingen; eine der bedeutendsten Fabriken ihrer Art ist die «Badische Anilin- und Sodafabrik» zu Ludwigshafen [* 36] a. Rh. Eine eigentümliche Industrie hat das Land an den sog. Schwarzwälder Uhren, deren Verfertigung hauptsächlich dem obern Schwarzwald (Furtwangen, Villingen, Triberg, Lenzkirch) angehört und gegenwärtig etwa 13000 Menschen beschäftigt. Der Handel wird durch den Rhein, den Neckar und den Bodensee, sowie auch durch das vielfach verzweigte Eisenbahnnetz sehr gefördert, namentlich ist der Transithandel bedeutend. Der weitaus wichtigste Handelsplatz des Landes ist Mannheim; ¶