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1884); Malden, Life of J. Austen (ebd. 1889);
1884); Malden, Life of J. Austen (ebd. 1889);
[* 2] (Ostrea L.), Vertreter der wichtigsten Familie der mit einem Schließmuskel versehenen Muscheln. [* 3] Diese Familie (Ostroiclae) enthält 400 lebende und etwa 1500 fossile Arten. Die zweiklappige Schale, den daran festgewachsenen Weichkörper des Tieres schützend, ist entweder einseitig oder doppelseitig gewölbt, der Bau blätterig. Der weiche Leib ist gewöhnlich von weißer oder fleischähnlicher Färbung, welche jedoch viele Abstufungen, bis zum völligen schwarz durchgeht.
Der Schließmuskel ist stets etwas dunkler gefärbt. Ein brauner Kranz, der sog. Bart, der den Körper umgiebt, besteht aus den vier Kiemenblättern. Da die meisten Auster mit der einen Schale festwachsen, so ist ihr Fuß verkümmert. Die gewöhnliche Auster (Ostrea edulis L.) ist doppeltgeschlechtlich, befruchtet sich aber nicht selbst, da die verschiedenen Zeugungsstoffe sich zu verschiedener Zeit entwickeln. Die junge, mikroskopische Brut sammelt sich vom April an bis August in den Kiemenblättern, welche dadurch milchig werden.
Ihr Fortpflanzungsvermögen ist unermeßlich; man hat gegen 2 Mill. Junge in einer größern Auster berechnet. Die den Kiemen entschlüpfende junge Brut schwärmt in dem Meere umher, bis sie einen geeigneten Gegenstand zum Anheften findet. Größere Tiefen werden von den Auster ungern bewohnt. Sie verlangen einen Salzgehalt des Wassers von mindestens 1,7 Proz., kommen daher in Binnenmeeren, wie die Ostsee ist, nicht fort; die in neuester Zeit angestellten Versuche, sie daselbst einzubürgern, sind gescheitert.
Sonst finden sie sich unter allen Himmelsstrichen. Ihre Nahrung besteht nur aus mikroskopischen, pflanzlichen und tierischen Organismen und Organismenresten. Die pflanzliche Nahrung verleiht, wenn sie aus gewissen Formen besteht, ihrem Körper eine geschätzte grüne Färbung (z. B. bei Marennes). Die Auster haben sehr viele Feinde, besonders unter den Bohrschnecken und den großen Seesternen. Die Familie der Auster zählt, außer der gewöhnlichen (Ostre edulis L.), noch viele Arten, so: Ostrea cristate Lam. (Hahnenkammauster) im Mittelmeere;
Ostrea parasitica Gm. (Baumauster in Ostindien); [* 4]
Ostrea folium Lam. (Blattauster) in Afrika; [* 5]
Ostrea virginiana Gm., canadensis und borealis in Nordamerika. [* 6]
Außerdem unterscheidet man zahlreiche Abarten je nach Größe, Geschmack, Form und Fundort. Die Auster siedeln sich gewöhnlich auf sandigem oder schlickigem, seltener auf felsigem Meeresgrunde an und bilden daselbst die sog. Austernbänke, [* 7] die oft von Milliarden besetzt sind. In Europa [* 8] sind besonders reich daran die franz. und Holland. Küste, dann die brit. Küsten; auch die offene Nordsee westlich von Helgoland, [* 9] der Limfjord, Schleswig, [* 10] Norwegen, [* 11] Spanien [* 12] und Portugal, Italien [* 13] und Dalmatien besitzen mehr oder minder reiche Austernbänke.
Die geschätztesten und verbreitetsten Sorten sind: die engl. Natives, Earlingfords, Whitstables, Colchesters;
die französischen vom Rocher de Cancale bei St. Malo, aus der Bucht von Arcachon und Marennes;
die großen Holsteiner (eigentlich Schleswiger) aus Husum. [* 14]
Weitaus die meisten der in Deutschland [* 15] verzehrten Auster stammen aus Holland, da die holsteinischen Bänke jetzt nur sehr wenig liefern. Die in Deutschland vielfach zu Markt gebrachte Helgoländer Auster stammt nicht von der ostsüdöstlich von Helgoland legenden ziemlich wertvollen Bank, sondern aus der offenen Nordsee und wird daher oft auch als wilde Auster oder Nordseeauster bezeichnet. Da sie, obschon sehr groß, oft von schlechtem Geschmack ist, so ist sie ziemlich geringwertig. Die reichsten Austernbänke besitzt Nordamerika in der Chesapeakebai, an den Küsten von Virginia, Carolina und Connecticut.
Der Fang der Auster geschieht mit besondern Austernrechen oder in größern Tiefen mit Scharrnetzen, wurde aber oft so rücksichtslos betrieben, daß schon seit längerer Zeit eine bedeutende Abnahme in der Ausbeute bemerkbar war. Um diesem Ausfall einer wertvollen Produktion zu begegnen, hat man die künstliche Austernzucht einzuführen versucht. Thatsächlich bestand dieselbe schon im Altertum mit Erfolg, so namentlich im Fusarosee bei Neapel. [* 16] Es gilt dabei nur, die junge, von den Kiemenblättern freigelassene Brut, von welcher im freien Meere jährlich Milliarden zu Grunde gehen, hinreichend zu schützen, indem man ihr Gelegenheit bietet, sich möglichst rasch anzuheften, alle störenden oder schädlichen Einwirkungen fern hält und für ein nahrungsreiches, aber reines Wasser sorgt. Zu diesem Zweck begann man in Frankreich, namentlich auf Antrieb des Akademikers Coste, vom J.1858 an künstliche Austernzuchtparks (parcs producteurs) anzulegen.
Die Regierung unterstützte die Sache in jeder Hinsicht. An allen Küsten ahmte man alsbald die Versuche nach, namentlich in England und in Österreich. [* 17] Die Ergebnisse fielen jedoch keineswegs günstig aus. Die österr. Regierung sandte daher 1869 den Prof. Schmarda nach Frankreich zu genauer Untersuchung des Thatbestandes. Sein Bericht ergab, daß von den 2000 Austernzuchtparks, welche sich 1867 längs der franz. Westküste befunden haben sollten, 1869 keine 10 mehr bestanden.
Das gleiche Resultat brachte ein etwas später von der preuß. Regierung zu gleichem Zweck entsandter Sachverständiger (Prof. Möbius) zurück, und infolgedessen wurden auch an den norddeutschen Küsten geplante Versuche wieder aufgegeben. Indessen ist damit keineswegs über die künstliche Aufzucht der der Stab [* 18] gebrochen; im Gegenteil ist dieselbe sehr wohl möglich und durchführbar, nur gehören besonders geeignete Lagen und Gewässer dazu. In Holland, Norwegen und auch an der deutschen Nordseeküste hat man die Zuchtversuche neuerdings wieder aufgenommen, in den beiden erstern Ländern mit unzweifelhaftem Erfolge.
Von den Zuchtparks sind wohl zu unterscheiden die eigentlichen Austernparks (claires), die bloß zur heranreife und Mästung der Auster dienen, die aus andern, minder günstigen Gebieten versetzt, daselbst gepflegt, gereinigt u. s. w. werden. Für solche Parks eignen sich besonders die Buchten in der Nähe der Flußmündungen, die stete Zufuhr an reichlicher Nahrung verbürgen. Die bekanntesten, schon seit alter Zeit eingerichteten Austernparks befinden sich bei Ostende, [* 19] Milford-Harbour, Harwich, an der Holland.
Küste u. s. w. Von den franz. Austernparks sind jetzt die ergiebigsten die von Auray und Arcachon. Die deutsche Austernfischerei beschränkt sich auf die Bänke westlich von Helgoland und auf die im Wattenmeer der Westküste von Schleswig-Holstein [* 20] bei Sylt, Föhr und Amrum gelegenen etwa 50 Bänke, die infolge einer Abnahme der Erträge von 1882-92 einer leider von gar keinem Erfolg begleiteten Schonung unterworfen worden sind. Die ital. Austernfischerei konzentriert sich, seit die Austernzucht des Fusarosees aufgehört hat, im Golf von Tarent. ¶
Die Produktion der Auster hat um deswillen einen ansehnlichen volkswirtschaftlichen Wert, weil dieselben ein treffliches, leicht verdauliches Nahrungsmittel [* 22] abgeben. Das Fleisch der Auster enthält die Stoffe der Muskeln, [* 23] außerdem Fett. Besonders vorteilhaft aber erscheint ihr Reichtum an Salzen, namentlich phosphorsauren. Man genießt die Auster roh und zubereitet, paniert und gebacken, sowie als Zuthaten zu Saucen, Ragouts u. s. w. Versendet werden die in eigenen Körben (bourriches) oder in Holzfässern; in diesen werden sie, mit der hohlen Schale nach unten, so dicht aufeinander gelegt, daß sie ihre Schalen nicht öffnen können und daher das eingeschlossene Salzwasser bei sich behalten müssen. Ihre Schalen werden zur Herstellung von Kalk und anderweitig verwendet (s. Austernschalen).
Die Auster werden zuweilen von Krankheiten heimgesucht, die ihr Aussehen verderben und den Genuß schädlich machen. Die Erscheinungen werden von Pilzen verursacht, die in dem Fleische der Tiere wuchern. Nur in frischem Zustande sind die Auster eßbar; wenige Stunden nach ihrem Tode, in welchem der Schließmuskel erschlafft und die Schalen sich öffnen, gehen sie in Fäulnis über. Gut verpackt vertragen sie aber ziemlich lange Transporte, und zwar ohne Meerwasser, gegen die gewöhnliche Annahme; es genügt eine Quantität davon im Verschlusse der Schalen selbst.
Für längere Transporte, z. B. von Amerika [* 24] nach Europa, ist dafür zu sorgen, daß die gewölbten Schalen nach unten liegen und die Auster so fest geschichtet sind, daß ein Öffnen der Schale möglichst ausgeschlossen ist. Gute Auster sollen nicht über fünf und nicht unter drei Jahre alt sein; das Alter erkennt man an der Anzahl der blätterigen Schichten der stärker gewölbten Schale, die sich jährlich um eine vermehren: eine vierjährige Auster zeigt demnach drei Ränder um die ursprüngliche Schale.
Der Austernverbrauch ist außerordentlich groß, beispielsweise werden in England etwa 1000 Mill. Stück zu 4 Mill. Pfd. St. gewonnen und verkauft. Die deutschen Austernbänke an der Westküste Schleswigs können höchstens 4-5 Mill. Stück jährlich liefern. Die Einfuhr fremder in Deutschland belief sich (mit Einschluß anderer Seemuscheltiere) auf folgende Mengen: 1880: 587000 kg, 1882: 639000 kg, 1884: 7410001 kg, 1885: 832000 kg, 1886: 8120001 kg, 1887: 870000 kg, 1888: 9420001 kg, 1889: 13940001 kg. Am großartigsten ist der Austernhandel in den Vereinigten Staaten [* 25] von Amerika entwickelt. Hauptsitz sind die Städte Baltimore, [* 26] Neuyork [* 27] und New-Haven. In Neuyork schätzt man die Zahl der vom Austerngeschäft lebenden Familien auf etwa 5000. An der atlantischen Küste ist die Auster Nordamerikas im Winter ein wirtliches Volksnahrungsmittel.
Die waren schon den Völkern des Altertums wohlbekannt. Der Prokonsul Sergius Orata legte die ersten Austernparks an (im Golf von Bajä). Plinius beschreibt die Mästung der in den Lucrinischen Teichen; Horaz und Ausonius besingen die der Bucht von Cumä und der Südwestküste Galliens, wo heute noch die besten gewonnen werden. Als besonders schmackhaft galten ferner die von Brundusium, Tarent, Kyzikos und die des vulkanischen Sees Acheron, des heutigen Fusarosees.
Die Litteratur über die und die Meereskultur derselben ist ziemlich umfangreich; außer den Schriften von Coste, Broca, Fraiche u. a. sind hervorzuheben: Erco, Notizen über Austernkultur (Triest [* 28] 1869);
Schmarda, Die maritime Produktion der österr.
Küstenländer (Wien [* 29] 1865); ders., Die Kultur des Meeres in Frankreich. Bericht an das k. k. Ackerbauministerium (ebd. 1868); de la Blanchère, Industrie des eaux. Culture des plages maritimes (Par. 1866);
Kemmerer, Des ruches tuilées et de la culture des huitres sous le rapport commercial (La Rochelle 1861);
Lobb, Successful oyster culture (Lond. 1867);
Busch, Der gerechte und vollkommene Austernesser (2. Aufl., Hannov. 1878);
Beta, Die Bewirtschaftung des Wassers und die Ernten daraus (Lpz. 1868);
Mouls, Les Huitres (4. Aufl., Par. 1868);
8tati8tihu6 ä63 pecli63 maiitim68 (ebd. 1868);
Möbius, Über Austern- und Miesmuschelzucht und die Hebung derselben an den norddeutschen Küsten (Berl. 1870);
ders., Die und die Austernwirtschaft (ebd. 1877);
Tolle, Die Austernzucht und Seefischerei in Frankreich und England (ebd. 1871);
Ingersoll, The oyster industry (U.S. 10th census, Washington [* 30] 1881).