(Unvollkommenheit der menschlichen
Sinne und der
Instrumente, Wechsel der
Temperatur, der
Beleuchtung
[* 2] u. a.) stets sehr große
und nie ganz zu überwindende Schwierigkeiten. Ein
Teil dieser Einflüsse folgt bestimmten Gesetzen oder ist in sich gleichbleibend
und kann daher durch
Rechnung bestimmt und mehr oder weniger unschädlich gemacht werden, ein andererTeil
aber, namentlich zufällige
Fehler, entzieht sich der genauen Feststellung. Es ist nun Sache der Ausgleichungsrechnung, aus den mit zufälligen
Fehlern behafteten Einzelmessungen denjenigen Mittelwert zu finden, der nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung dem wahren
Werte am nächsten kommt. Die einfachste Art der Ausgleichungsrechnung besteht in der Berechnung des arithmetischen
Mittels aus einer Reihe von Einzelbeobachtungen. Präcisionsmessungen werden jetzt in der Regel nach
der sog. «Methode der kleinsten Quadrate»
(s. d.) ausgeglichen.
Vgl. Vogler, Grundzüge der Ausgleichungsrechnung (Braunschw. 1883).
von Werken der Kunst und der Kultur vergangener
Zeiten wurden seit dem Wiederaufleben
der Wissenschaften, besonders aber seit dem Beginn der klassischen
Studien vereinzelt teils von Reisenden, teils von kunstliebenden
Fürsten veranstaltet. Sie begannen auf ital.
Boden, wo
die erste bedeutendere Ausgrabung röm.
Altertümer 1515 auf Papst Leos
X.
Befehl durch
Raffael Santi zu
Rom
[* 4] unternommen wurde. Doch wurden sie, ebensowenig wie in den nächstfolgenden
Jahrhunderten, nachhaltig und planmäßig genug betrieben, und selbst eine Entdeckung, wie die von Herculanum (s. d.)
1719, konnte fast wieder in Vergessenheit geraten.
Die erste allgemein interessierende Ausgrabung war die von
Pompeji
[* 5] (s. d.). Fast alle bis zur Mitte des 18. Jahrh.
gemachten Entdeckungen von Altertümern sind zufällige Funde, deren Bedeutung nur von wenigen gewürdigt
ward. Erst als in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. durch
Winckelmann die Wissenschaft der
Archäologie begründet war, begann
eine systematische Ausgrabung alter
Denkmäler. Namentlich unternahmen die
Franzosen während der kurzen Zeit ihrer Herrschaft
in
Ägypten,
[* 6]
Italien
[* 7] und anderwärts in großartigem Maßstabe.
Mit Beginn des 19. Jahrh. brach besonders für die Erforschung und Ausgrabung
der antiken Monumente
Griechenlands eine thätige
Periode an. 1811 wurden auf der
InselÄgina bedeutende Funde gemacht (s.
Äginetische Kunst), 1812 in
Phigalia ein
Tempel
[* 8] mit reichen Friesskulpturen entdeckt, 1820 die berühmte
Venus von
Milo gefunden. Von Bedeutung war
die franz. Expedition nach dem
Peloponnes 1828-31, welche zu den ersten in Olympia (s. d.) den Anstoß gab.
Seitdem blieb die schon von
Winckelmann geplante Erforschung dieser wichtigsten
Stätte im Vordergrunde des Interesses, bis
sie schließlich von der
Deutschen Reichsregierung 1875-81 durchgeführt wurde.
Dieser grub unter anderm seit 1891 noch am Westabhang der
Akropolis. Die Archäologische Gesellschaft hat auch wiederholt
auf dem öffentlichen Begräbnisplatze im äußern
Kerameikos (s.
Athen, S. 21b) Ausgrabungen angestellt, bei denen
viele Grabmonumente, darunter manche von bedeutendem histor. und künstlerischem Werte, zum Vorschein gekommen sind. Von
epochemachender Bedeutung sind die 1871 begonnenen Ausgrabungen Schliemanns (s. d.)
in Mykenä
[* 12] (s. d.),
Tiryns (s. d.) und
Troja
[* 13] (s. d.) gewesen.
Sie gaben zum erstenmal ein zusammenfassendes
Bild von der Kultur und Kunst in der vorhomerischen Zeit.
Seit 1887 hat die griech. Regierung die Bloßlegung des von Schliemann unberührt gelassenen
Teiles von Mykenä erfolgreich in
Angriff genommen. Zahlreich sind die Ausgrabungen an berühmten Kultusstätten des griech.
Festlandes: so wurden in Eleusis 1883-88 der Demetertempel mit seinemBezirk, in Oropos an der Grenze
von
Attika und
Böotien das Amphiareion, in
Epidaurus seit 1882 das Heiligtum des
Asklepios,
[* 14] auf der
Landenge von
Korinth
[* 15] der Festbezirk
des isthmischen
Poseidon,
[* 16] in
Arkadien die Heiligtümer von Lykosura ausgegraben.
Die École française machte 1885 am
Tempel des
Apollon
[* 17] Ptoios in
Böotien und 1887 in Mantinea; eine durch
Kleinfunde bedeutende Ausgrabung des
Deutschen Archäologischen
Instituts (1888) führte zur Aufdeckung des Kabirenheiligtums
bei
Theben. Die amerik. Schule unternahm 1886 am
Theater
[* 18] in Sicyon und 1887 am Dionysosheiligtum in
Ikaria am Pentelikon, 1889 in
Platää, seit 1891 am Heraion
(Argos). Zu den überraschendsten Ergebnissen haben die der griech.
Regierung auf der
Akropolis zu
Athen (1882-88) geführt; sie verdeutlichen das
Bild der
Burg vor dem Perserbrande mit den Befestigungen,
Tempelbauten und ihrem reichen künstlerischen Schmuck. Die franz. Regierung begann 1893 Ausgrabungen auf dem
Tempelgebiet von Delphi, die sich als sehr ertragreich herausstellten.
Über die Ausgrabungen auf griech.
Boden geben
die «Praktika»
(Athen 1880) und das «Deltion» (ebd. 1888) sowie die Zeitschriften
der verschiedenen archäol.
Institute in
Athen (s.
Archäologie und
Archäologisches Institut) Auskunft.
Die Erforschung der griechischen
Inseln ist durch die auf Conzes Anregung von der österr. Regierung zweimal unternommene
Expedition nach Samothrake (1875
u. 1880) und durch die Ausgrabung, welche die École française auf Delos
(s. d.) seit 1877 vornahm, erheblich gefördert. Das auf
Kreta 1884 von Fabricius und Halbherr entdeckte
Stadtrecht von Gortyn
bildet ein Dokument ersten Ranges für die Kenntnis altgriech.
Rechts- und
Kulturzustände. Die Funde in den Nekropolen von
Cvpern öffnen Einblicke in eine sehr alte
Periode vorhellenischer und hellenischer Kunst und Kultur und
klären über deren
Beziehungen zum
Orient, namentlich
Phönizien, mannigfach auf.
Die
Denkmäler auf kleinasiatischem
Boden sind seit den dreißiger Jahren namentlich durch engl. und franz.
Expeditionen aufgedeckt worden. Newtons
[* 19] Ausgrabung des
Mausoleums in Halikarnaß (1857).und
Woods in Ephesus
(1876) lieferten dem
Britischen Museum vorzügliche Skulpturwerke. Von der Ruinenstätte von
Giölbaschi (s. d.) in Lycien
brachte eine österr. Expedition 1882 sehr interessante
¶
mehr
Reliefdarstellungen aus der griech. Heroensage heim. In Assus in Mysien, wo schon früher archaische Reliefs von dem Fries
eines dorischen Tempels gefunden worden waren, haben die Amerikaner (1881) mit Erfolg gegraben. Von dem großartigsten
Erfolge war die von Humann und Conze 1878-86 geleitete Ausgrabung auf der Akropolis des alten Pergamon
[* 21] (s. d.) gekrönt, welche dem Berliner
[* 22] Museum einen wahren Schatz hellenistischer Skulpturwerke zuführte. Auch Humanns in Magnesia
am Mäander
[* 23] (seit 1891) brachten viel und vielerlei Ertrag.
Von franz. Unternehmungen der letztern Zeit sind namentlich Rayets in Milet (1874) und die an Terrakottenfunden reichen der
Nekropole in Myrina (1880) zu nennen. Eine von Humann, Puchstein und von Luschan 1882-83 unternommene
Reise nach Kommagene und Syrien hatte die Aufdeckung des mit kolossalen Statuen geschmückten Grabes des Königs Antiochus von
Kommagene (1. Jahrh. v. Chr.) und die Erforschung verschiedener hethitischer Bauanlagen zur Folge. Eine der letztern, die
von Sendjirli, wurde 1888-94 durch Humann, von Luschan und Koldewey auf Kosten des Berliner Orientkomitees
ausgegraben; von den Funden gelangte ein großer Teil in das Berliner Museum. Eine durch Hamdi Bei, den Direktor des Konstantinopeler
Museums, ausgebeutete Grabanlage in Saida lieferte eine Anzahl vorzüglicher Sarkophage aus hellenistischer Zeit mit reichem
Reliefschmuck und gut erhaltener Bemalung. Berichte über die Funde im Orient erscheinen von S. Reinach
in der «Revue archéologique».
In Ägypten ergaben die englischen Ausgrabungen des Egypt Exploration Fund in Naukratis zum erstenmal das Bild einer hellenistischen Handelsstadt
mit ihren Straßen, Tempeln, Faktoreien, während die in andern Ruinenstätten des Deltas, besonders in Tanis, Bubastis
und Tell el-Maschuta (im Lande Gosen) wichtige Aufschlüsse über altägypt. Geschichte und Geographie geliefert haben. Die
Veröffentlichungen über diese Ausgrabungen liegen in den «Memories of
the Egypt Exploration Fund» vor.
Auch die privatim unternommenen Ausgrabungen des Engländers Flinders Petrie (s. d.) haben namentlich im Fajum interessante archäol.
Resultate gegeben. Über den Fund von El-Amarna s. d. Für die altägypt.
Zeit von hoher Nichtigkeit war auch die Auffindung der Königsgräber der 19. Dynastie in Theben mit ihren zum Teil vorzüglich
konservierten Mumien, unter denen die von Maspero 1886 enthüllte Mumie Ramses' II. noch die Züge des vor 3000 Jahren verstorbenen
Herrschers trefflich bewahrt hatte. Gleichfalls in Theben ist 1891 ein unversehrtes Massengrab thebanischer
Ammonspriester aufgedeckt worden. Die franz. KolonienAlgier und Tunis
[* 24] liefern besonders eine große Menge lat. Inschriften.
- Über die in Mesopotamien s. Babylon und Ninive; über die in Persien
[* 25] s. Persepolis und Susa.
Die in Italien sind besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrh, mit Eifer betrieben worden. Namentlich
haben sich die Gräber in dem alten Etrurien und Großgriechenland als unerschöpfliche Fundgruben für bemalte Thongefäße,
Gold- und Silberschmuck, Waffen,
[* 26] Spiegel
[* 27] und andere Geräte erwiesen. In Vulci (s. d.) wurden 1828 über 3000 bemalte Vasen
[* 28] nebst
interessanten Wandgemälden und einer Fülle von Bronze-, Gold- und Silbergegenständen ausgegraben.
Ebenso lieferten und liefern noch immer die in den Gräbern von Tarquinii (s. d.), Chiusi (s. d.)
und anderer etrusk. Nekrepolen (auch Bologna) reiches Material. Nicht minder ergiebig sind die Gräberfunde in Unteritalien,
wo zumal in Capua, Cnosa, Ruvo Terrakotten
[* 29] sowie kostbarer Gräberschmuck zu Tage kommen. In Rom sind besonders
die auf Kosten der ital. Regierung betriebenen Ausgrabungen auf dem röm.
Forum,
[* 30] dem Palatinischen Berg, dem Esquilin zu erwähnen. Zahlreiche Einzelfunde wurden bei den Arbeiten der Tiberregulierung
gemacht.
Diese letztern führten auch in dem Garten
[* 31] der Farnesina zur Freilegung eines vornehmen Privathauses aus
der ersten röm. Kaiserzeit, dessen kostbare Wandmalereien von der Dekorationskunst dieser Periode einen noch höhern Begriff
geben als die in Pompeji und Herculanum. In der Umgebung Roms sind in dem Haine der ArvalischenBrüder Ausgrabungen unter Leitung des
Archäologischen Instituts vorgenommen worden. Auch an der Ausgrabung eines architektonisch wichtigen
Tempels in Alatri (1889) und eines in Lokri in Unteritalien (1889) war das
Deutsche
[* 32] Archäologische Institut beteiligt. In Pompeji werden die Ausgrabungen regelmäßig, fortgesetzt. In Unteritalien wurden Ausgrabungen einer
Nekropole bei Sybaris vorgenommen und reiche Terrakottenfunde bei Tarent gemacht. Auch in Selinus (s. d.) auf Sicilien werden
die Ausgrabungen mit Erfolg fortgesetzt. Über die und archäol. Funde in Italien geben regelmäßigen Bericht die
seit 1876 zu Rom in Monatsheften erscheinenden «Notizie degli scavi di antichit à communicate
alla R. Accademia de Lincei»; speciell für Rom giebt das seit 1872 erscheinende «Bulletino della commissione archeologica
municipale» (jetzt comunale) Bericht.
In Rußland finden regelmäßige Ausgrabungen auf Kosten der Regierung unter Leitung der Kaiserl. Archäologischen
Kommission besonders in der Gegend von Kertsch (s. d.),
auf der Halbinsel Taman und an den Ufern des Dnjeprs statt, worüber
die «Comptesrendus de la commission impériale archéologique» (Petersb. 1859 fg.)
Bericht erstatten.
In Deutschland
[* 33] sind in der neuesten Zeit Ausgrabungen gemacht namentlich am röm.
Grenzwall (limes) in Württemberg
[* 34] und Baden,
[* 35] in Mainz,
[* 36] Köln,
[* 37] Trier
[* 38] u. s. w. Die Funde haben, wie die neuesten Ausgrabungen an den alten
Römerstätten Frankreichs, Englands und Spaniens, ein überwiegend lokales Interesse.
Bedeutend war auch in der neuern Zeit die Zahl der zufälligen Ausgrabungen. Das meiste Aufsehen
unter allen diesen Funden hat der sog. Hildesheimer
[* 39] Silberschatz (s. d.)
gemacht. (S. auch Amerikanische Altertümer, Dolmen, Pfahlbauten,
[* 40] Prähistorische Thongefäße, Urgeschichte.)