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ihm abgeneigten Mitglieder zu entfernen; aber so von seinen Nebenbuhlern befreit und unbestrittener Herr des Römischen Reichs, legte er unerwartet 13. Jan. 27 v. Chr. die bisher geführte außerordentliche Gewalt scheinbar nieder und erklärte, hinfort eine solche nicht mehr bekleiden zu wollen. Zum Dank dafür verlieh ihm der Senat, der das Anerbieten nicht annahm, die Auszeichnung, daß er Augustus heißen solle, ein Name, der mit der Zeit zu einem die kaiserl. Majestät bezeichnenden Titel wurde.
Natürlich war es nicht die Absicht des Augustus gewesen, die alten verrotteten Zustände wiederherzustellen, er wollte vielmehr, indem er in seiner Hand [* 2] die damals in Wahrheit bedeutsamsten ordentlichen Amtsgewalten vereinigte, eine Art von Monarchie in der Art gründen, daß der Apparat der Verfassung mit dem Senat an der Spitze neben ihr formell fortbestände und fortarbeitete. Die Macht sollte in der Theorie wenigstens zwischen Kaiser und Senat geteilt sein (Dyarchie).
Dies war aber unmöglich, ohne daß Augustus, wenn auch wieder auf gesetzlichem Wege, von den Schranken entbunden wurde, welche einzelne Gesetze jener Vereinigung von Machtfülle in einer Hand in den Weg stellten. Er übernahm sofort wieder mit einer die gewöhnlichen Grenzen [* 3] weit überschreitenden prokonsularischen Gewalt die Regierung über die Provinzen, in denen Heere standen, und damit zugleich den Oberbefehl über die gesamte Militärgewalt des Reichs. Die Provinzen im Innern des Reichs, die eine Besatzung nicht mehr brauchten, blieben unter der Verwaltung des Senats.
Außerdem besaß Augustus, nachdem er die Rechte der Tribunen schon seit 36 v. Chr. gebabt, seit 23 v. Chr. in der von allen Schranken befreiten «tribunicischen Gewalt» (s. Tribun) eine Machtvollkommenheit, die ihrer Natur nach alle Rechte des der Verfassung nach souveränen Volks in sich aufnahm. Endlich ward er, nach dem Tode des Lepidus 12 v. Chr. als «Pontifex Marimus», nachdem er schon lange vorher alle politisch wichtigen Priesterämter in sich vereinigt, Oberhaupt aller religiösen Angelegenheiten. So wurde durch ihn diejenige Form der röm. Monarchie festgestellt, die im ganzen bis auf Diocletian bestand.
Die Grenzen des Römischen Reichs zu erweitern beabsichtigte Augustus nicht; dennoch mußte er, um sie zu sichern, Kriege in Afrika, [* 4] Asien [* 5] und Europa [* 6] führen; in Spanien [* 7] währte der Kampf seit 27 v. Chr. mehrere Jahre, bis Augustus nach großen Anstrengungen über die Cantabrer und Asturer 19 v. Chr. Herr ward. Durch Tiberius, den ältern Sohn der Livia, wurden Pannonien und Dalmatien, durch Drusus, seinen jüngern Stiefsohn, 12-9 v. Chr. die westl. Germanen bis zur Elbe unterworfen.
Armenien wurde von den Parthern zurückgewonnen, die Alpenstämme wurden vollends unterworfen. Den schwersten Mißerfolg erlitt Augustus 9 n. Chr. durch die Niederlage des Varus imTeutoburger Walde (s. Arminius). Während des Friedens erließ Augustus viele nützliche Verordnungen und ordnete die Verwaltung. Er säuberte den Senat von unwürdigen Elementen, beschäftigte sich mit der Verbesserung der Sitten, besonders durch Begünstigung der Ehen (die Lex Julia und Lex Papia Poppaea), war dabei auch bemüht, die alte Religion wieder zu beleben, und stellte die Kriegszucht bei den Heeren wieder her.
Zudem verschönerte er Rom; [* 8] er durfte sich rühmen, daß er die Stadt, die er aus Ziegelsteinen erbaut gefunden hatte, aus Marmor erbaut hinterließ. In mehrern Gegenden gründete er Städte und Kolonien. Die durch Krieg und Parteiwirren erschöpften Völker errichteten ihm für dieses wohlthätige Walten, regelmäßig zusammen mit der Göttin Roma, [* 9] Altäre und Tempel, [* 10] und durch ein Dekret des Senats ward dem Monate Sextilis der Name Augustus gegeben. Augustus besaß keine Söhne und verlor auch durch den Tod sowohl seinen Schwestersohn Marcellus als seine Tochtersöhne Gajus und Lucius, die er zu seinen Nachfolgern bestimmt hatte. Drusus, der jüngere seiner Stiefsöhne, den er liebte, starb 9 v. Chr. in Deutschland; [* 11] nur Tiberius, der ältere, der ihm immer antipathisch war, blieb übrig. Er begleitete diesen, als er 14 n. Chr. nach Illyrien ging, bis Benevent und starb auf der Rückreise zu Nola 19. Aug.
Wenn Augustus nicht Cäsars geniale Größe besaß, so war er sich doch stets klar über das, was er zu erreichen vermochte, und über die Mittel, die ihm zur Durchführung eines Planes zu Gebote standen, und zeigte in deren Benutzung eine sichere und geschickte Hand. Er schätzte die Wissenschaften, übte die Dichtkunst auch selbst; die Überreste seiner prosaischen und poet. Schriften hat Weichert herausgegeben (Grimma [* 12] 1841-46). Die berühmtesten Dichter seiner Zeit (des Augusteïschen Zeitalters) zog er zu sich heran, so Virgil, Horaz und viele andere. Von den Denkschriften, die Augustus hinterließ, ist die eine inschriftlich namentlich an den Resten des Tempels des Augustus zu Ancyra (s. d.) fast vollständig erhalten. - Unter den antiken Bildwerken des Augustus ist berühmt die schöne, 1863 in der Kaiservilla ad Gallinas (Primaporta) gefundene, jetzt im Vatikan [* 13] befindliche Marmorstatue, die den Imperator in einem mit Reliefs geschmückten Panzer zeigt; ferner der Bronzekopf in der vatikanischen Bibliothek und der Marmorkopf in der Münchener Glyptothek.
Vgl. Beule, Augustus, seine Familie und seine Freunde (Halle [* 14] 1873);
Duruy, Geschichte des röm. Kaiserreichs, aus dem Französischen von Hertzberg, Bd. 1 (Lpz. 1885);
H. Schiller, Geschichte der röm. Kaiserzeit, Bd. 1 (Gotha [* 15] 1883);
Gardthausen, und seine Zeit, Bd. 1 und Bd. 2, Tl. 1 (Lpz. 1891).