der letzte große Bettelorden der kath.
Kirche, führt seinen Ursprung auf den heil.
Augustinus (s. d.)
zurück. Nach seiner
Taufe vereinigte sich dieser in der Gegend von Tagaste mit Gleichgesinnten zu einem geistlichen Leben
(388). Das wachsende Ansehen des
Stifters förderte auch das Aufblühen dieser Genossenschaft, die er in
Hippo fortsetzte.
Als Regel diente anfangs nur das Evangelium, später einige
Anweisungen, die
Augustin eigentlich nur den
Nonnen zu
Hippo (423) gegeben hatte.
Die sog. Regel
Augustins ist jedenfalls nicht von ihm, sondern in späterer Zeit entstanden. Hiernach bildeten sich ähnliche
Gemeinschaften in
Italien,
[* 12] z. B. die Johannboniten, die
Eremiten von
Toscana, die Brittinianer u. a. Diese verband Innocenz
IV. zu einer Genossenschaft, gab ihnen den
Namen und die sog Regel des heil.
Augustinus. Unter
Alexander IV. ward 1256 ein Generalprior gewählt und vier
Provinziale für
Italien,
Spanien,
[* 13]
Frankreich,
Deutschland;
[* 14] der
Orden
[* 15] ward von der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit befreit und erhielt das Privilegium, daß der
Sakristan der päpstl.
Kapelle stets aus seinen
Angehörigen genommen werde. 1580 ward ihre Regel erweitert. An der
Spitze steht
ein Generalprior zu
Rom,
[* 16] ihm zur Seite sehr einflußreiche
Definitoren (Generalräte), alle 6 Jahre tritt ein allgemeines Generalkapitel
zusammen, mit dem
Rechte, den Generalprior abzusetzen und neu zu wählen. Die Regel ist ascetisch milde, doch treten zu den
allgemeinen Fasten noch besondere hinzu, die
Tracht besteht aus weißen wollenen Unterkleidern nebst
Skapulier,
[* 17] darüber schwarze Kutten mit langen weiten Ärmeln,
Kapuzen nebst einem ledernen Gürtel.
[* 18]
Papst
Pius V. setzte die Augustiner 1567 unter die vier Bettelorden
(Dominikaner,
Franziskaner,
Karmeliter, Augustiner), obgleich sie Einkünfte
und liegende
Güter besitzen durften. Als im 14. Jahrh. die ursprüngliche
Strenge nachließ, bildeten
sich zahlreiche neue
Kongregationen, unter ihnen diejenige von
Sachsen
[* 19] unter einem eigenen Generalvikar
(1493), der
Staupitz
und
Luther angehörten, und deren Mitglieder sich größtenteils der
Reformation anschlossen, so daß sie 1526 erlosch.
Thomas vonJesus in
Portugal (gest. 1582) begründete die Augustiner-Barfüßer mit strengen Fasten und
Übungen, denen
Gregor XV. 1622 eine besondere
Verfassung gab, und die sich besonders nach
Japan,
[* 20] den Philippinen,
Peru
[* 21] u. s. w.
verbreiteten. Zu ihnen gehörte der Dichter Luis de
Leon.
Ebenfalls besondere
Kongregationen mit eigenen Generalvikaren bildeten die italienischen Augustiner, zu denen
Abraham a Santa Clara
gehörte, und die französischen. DieAugustiner hatten einige bedeutende Theologen, so
Ägidius Colonna und
Gregor
von Rimini. Augustinerinnen sammelten sich schon in
Hippo unter
Augustins Schwester Perpetua.
Alexander III. gründete 1177 ein
Kloster derselben in
Venedig,
[* 22] dessen erste
Äbtissin die Tochter
KaiserFriedrichs I., Julie, ward.
Auch Barfüßige Augustinerinnen wurden gestiftet und 1603 durch Mariana Manzanedo von St.
Joseph Schwestern
von der Rekollektion mit noch strengerer Regel. Seit dem 15. Jahrh, haben die Augustiner auch
Tertiarier (s. d.) für
Männer und Frauen.
In seiner Blütezeit im Anfange des 16. Jahrh. zählte der
Orden, mehr durch praktische Seelsorge als durch wissenschaftliche
Studien ausgezeichnet, gegen 2000 Mönchsklöster mit 30000 Mönchen und 300 Nonnenklöster. Der
Reformation schlössen sich in
Deutschland viele Augustiner an, doch bestanden im 18. Jahrh. noch 42
Provinzen außer den
Kongregationen
und den Vikareien in
Indien und Mähren.
[* 23]
Seit der
Französischen Revolution von 1789 ist der
Orden in
Frankreich,
Spanien,
Portugal und
Deutschland teilweise aufgehoben,
inÖsterreich-Ungarn
[* 24] und
Italien wenigstens stark beschränkt. (Vgl. Kolde, Die deutsche Augustiner-Kongregation,
Gotha 1879.) Von den eigentlichen Augustiner sind zu unterscheiden die regulierten Chorherren
(Canonici regulares) vom heiligen
Augustinus,
ursprünglich Kanoniker (Stiftsherren), die die Regel des heil.
Augustinus annahmen und so das klerikale und klösterliche
Leben verbanden. Von solchen
Kongregationen bestehen besonders noch die Lateranensischen Chorherren, 1336 von
Bartholomäus Colonna gestiftet. Sie haben namentlich in
Österreich
[* 25] noch bedeutende
Stifter,
Klosterneuburg, St. Florian u. a.
Die sog. Regel des heil.
Augustinus haben auch viele
Männer- und Frauenorden mit andern
Namen, so die Prämonstratenser, Trinitarier,
Hospitaliterinnen,
Ursulinerinnen u. a.
Aurelius, der
Heilige, christl.
Kirchenlehrer, geb. 13. Nov. 353 zu Tagaste in
Afrika,
[* 26] erhielt
den ersten Unterricht durch seine christlich gesinnte
Mutter Monica, deren Einwirkung jedoch der heidn.
Vater Patricius abschwächte.
Zur Vollendung seiner
Studien nach Madaura und
Karthago
[* 27] geschickt, ergab sich der lebenslustige
Jüngling den Freuden der Welt,
bis ihn
Ciceros «Hortensius» auf dasStudium der
Philosophie leitete. Doch diese konnte ihn nicht lange
fesseln; er trat seit etwa 374 zur Sekte der
Manichäer; als er aber auch bei ihr nicht wahre Befriedigung fand, glaubte er
an der Wahrheit verzweifeln zu müssen, bis ihm die platonische und neuplatonische
Philosophie neue Anregung gewärte. Er
wandte sich 383 nach
Rom und von da 384 nach Mailand,
[* 28] um hier
Lehrer der
Beredsamkeit zu werden. Der Einfluß
des dortigen
BischofsAmbrosius (s. d.) brachte eine völlige Lebens- und Sinnesänderung in ihm
hervor, welcher
¶
mehr
Begebenheit die kath. Kirche ein eigenes Fest (3. Mai) gewidmet hat. Er begab sich hierauf einige Zeit in die Einsamkeit und
empfing in der Osternacht 387 mit seinem Sohne Adeodat die Taufe durch Ambrosius. Hierauf verkaufte er seine Güter, schenkte
den Erlös den Armen, kehrte nach Afrika zurück und lebte nun als Haupt eines ascetischen Vereins (s. Augustiner)
in strenger Abgeschiedenheit, bis er 391 in den geistlichen Stand trat und, zum Presbyter geweiht, dem BischofValerius von
Hippo (jetzt Bona) beigegeben wurde. Augustinus predigte mit großem Erfolg und ward 395 Mitbischof zu Hippo. Er starb daselbst 28. Aug. 430 während
der Belagerung durch die Vandalen. Die Gebeine des Augustinus wurden nach Sardinien
[* 30] gebracht, kamen später nach
Padua
[* 31] und wurden dort in der Peterskirche aufbewahrt, bis sie im Okt. 1842 neben dem auf den Ruinen von Hippo errichteten Denkmale
des Augustinus niedergelegt wurden.
Die kirchlichen und dogmatischen Geschicke Afrikas leitete Augustinus mit fast beispiellosem Einflüsse und bestimmte
den Geist der afrik. Kirche, ja des Occidents überhaupt auf viele Jahrhunderte. Sein Scharfsinn, die Tiefe seines Gemüts und
die Energie seiner Spekulation, die dämonische Kraft
[* 32] seines gewonnenen Glaubens sowie seine feurige Phantasie spiegeln sich
in seinen zahlreichen Schriften wider, die unermeßlichen Einfluß ausgeübt und ihn ebenso sehr zum eigentlichen
Heiligen der kath. Kirche und Förderer der mittelalterlichen Scholastik, wie andererseits zu einem der geistigen Väter derReformation gemacht haben. Im Kampfe gegen die Pelagianer stellte er die Lehre
[* 33] auf, daß durch AdamsSünde die Sünde über alle
Menschen gekommen sei und sich beständig fortpflanze (Erbsünde), daß dem Menschen seitdem aller freie
Wille und alle Kraft zum Guten fehle, und er nur durch Gottes freie Gnade gerettet werden könne, woraus Augustinus im spätern Leben
selber die Konsequenz der Prädestinationslehre zog. Gegen die Donatisten begründete er den kath.
Kirchen- und Priesterbegriff.
Die Schriften des Augustinus erschienen zu Paris
[* 34] (11 Tle. in 8 Bdn., 1679-1700), zu Antwerpen
[* 35] (12 Tle. in 9 Bdn.,
1700-3) und von neuem durch die Benediktiner (11 Bde., Par. 1835-40).
Eine neue Ausgabe ist in dem «Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum» begonnen
(Wien
[* 36] 1887 fg.),
eine Auswahl bei Hurter, «Sanctorum patrum opuscula selecta» (Innsbr. 1870 fg.).
Unter den Schriften zeichnen sich besonders aus: das Werk «De civitate Dei libri XXII», von Strange (2 Bde., Köln
[* 37] 1850-51)
und Dombart (2 Bde., Lpz. 1877) herausgegeben,
von Sildert (2 Bde., Wien 1826) übersetzt, und die " Confessionum libri XII», eine Selbstbiographie,
die in neuerer Zeit an Neander (Berl. 1823),
Bruder (Lpz. 1837 u. 1869) und Karl von Räumer (2. Aufl.,
Gütersl. 1876) Herausgeber und an Gröninger (4. Aufl., Münst.
1859),
Silbert (5. Aufl., Wien 1860), Rapp (8. Aufl., Brem. 1889) und Bornemann (12. Bd. der «Bibliothek theol. Klassiker», Gotha
1888) Übersetzer gefunden hat.
Sonst sind noch zu nennen die «Meditationes» und «Soliloquia» (zusammen hg. von Westhof,
Münst.
1854; deutsch von Dreier, Steyl 1886),
das «Enchiridion» oder «Manuale» (hg. von Krabinqer, Tüb.
1861),
die «Retractiones», eine mildernde Kritik seiner eigenen Werke, «De doctrina christiani libri IV», «Detrinitate libri
XXII» (hg. von Hurter in «Sanctorum patrum opuscula»,
Innsbr. 1881) und seine Predigten (in Auswahl deutsch
von Leonhardi im 5. Bde.
von «Die Predigt der Kirche», Lpz. 1889). Eine Übersetzung «Ausgewählter Schriften» des Augustinus erschien in der «Bibliothek der
Kirchenväter» (8 Bde., Kempten
[* 39] 1871-79). Neuerdings fand man in der Bibliothek zu Greifswald
[* 40] zwei bis
jetzt noch nicht herausgegebene kleinere Schriften Augustinus («Tractatus de persecutione malorum in bonos viros
et sanctos» und «Tractatus de omnibus virtutubis»).
Vgl. Possidius (Schüler des Augustinus), Vita Augustini (in den meisten Ausgaben der Werke Augustinus');
der Apostel der Angelsachsen, ein Benediktiner, wurde, als Ethelbert, König von Kent, sich mit einer fränk.-christl.
Fürstin Bertha vermählte, von Papst Gregor I. 594 mit 40 Genossen nach Britannien gesandt, um dort das
Evangelium zu verkündigen.
Der König wurde getauft, Augustinus 598 zum Erzbischof von Canterbury eingesetzt, die heidn.
Angelsachsen
mittels starker Anbequemung an alte Gebräuche allmählich für das Christentum gewonnen. Augustinus starb 604.