Kaufmann seines Landes machte August seine Kammergüter und Regalien zur Grundlage der gesamten kursächs. Volkswirtschaft, wie
er denn auch zunächst für seine Zwecke die erste Landesaufnahme durch Hiob Magdeburg veranlaßte. Er sorgte für die Verbesserung
der Viehzucht, des Obst- und Weinbaues; die Forsten wurden planmäßig bewirtschaftet, der Holzhandel durch eine
großartige Flößerei gefördert. Der Bergbau erlebte eine neue glänzende Blütezeit und gab die Grundlage zu dem überaus
soliden Münzwesen.
Das Gewerbe blühte namentlich durch die Einwanderung zahlreicher Niederländer (etwa 20000) auf, die auch zuerst die Baumwollweberei
einführten. Sorgfältig wachte der Kurfürst über die ungeschmälerte Behauptung des Leipziger Stapelrechts, förderte daher
den Elbverkehr nur so weit, als es sich mit Leipzigs Vorteil vertrug, that dagegen viel für die Verbesserung und Sicherheit
der Straßen und stellte seit 1563 «Postboten» an. Dazu schloß er seine
Lande rechtlich ab durch die «Konstitutionen» vom 21. April 1572, das erste
Beispiel einer einheitlichen Landesgesetzgebung in Deutschland (auf Grund altsächs. und röm. Rechts) und
die Abzweigung eines Oberappellationsgerichts vom «Hofrat». M stattlichen Schloßbauten (Augustusburg, Annaburg) zeigte August seinen
Kunstsinn und Reichtum.
Auch die geistige Bildung des Volks fand Förderung. Die innern Einrichtungen der Schulen wurden geordnet, auf den beiden Universitäten
neue Lehrstühle errichtet, botan. Gärten angelegt und die Studienpläne
bis ins einzelne vorgezeichnet. Die Bibliothek zu Dresden verdankt ihm ihre Grundlage, auch die meisten andern Sammlungen für
Wissenschaft und Kunst, namentlich das Grüne Gewölbe, stammen aus seiner Zeit. Seine Lieblingsbeschäftigung war neben dem
Drechseln die Alchimie. Als seine Gemahlin Anna 1. Okt. 1585 gestorben war, vermählte sich August 3. Jan. 1580 mit
Hedwig, der 13jährigen Tochter des Fürsten Joachim von Anhalt. Doch schon 12. Febr. 1580 starb er zu Dresden und wurde im Dome
zu Freiberg begraben. Ihm folgte in der Regierung sein Sohn Christian I. Seine junge Witwe vermählte sich wieder mit dem Herzoge
Johann von Holstein.
Vgl. Calinich, Kampf und Untergang des Melanchthonismus in Kursachsen (Lpz. 1860): Falke, Die Geschichte des Kurfürsten von
Sachsen in volkswirtschaftlicher Beziehung (ebd. 1868).
II. (Friedrich August I.), der Starke, Kurfürst von Sachsen (unter letzterm Namen) 1694-1733 und seit 1697 auch
König von Polen (unter ersterm), der zweite Sohn Johann Georgs III., Kurfürsten von Sachsen, und der dän.
Prinzessin Anna Sophia, geb. 12. Mai 1670 zu Dresden, erhielt eine sorgfältige Erziehung, die durch Übung in allen ritterlichen
Künsten seine außerordentliche Körperstärke entwickelte. 1687-89 bereiste er Deutschland, Frankreich, Holland, England,
Spanien, Italien und Ungarn.
Während die üppige Pracht, die an den Höfen von London und Versailles herrschte, ihn blendete, ward
zugleich durch die Huldigungen, die man seinen persönlichen Vorzügen darbrachte, sein Ehrgeiz genährt. Als sein Vater 1691 gestorben
war, ging er nach Wien, wo er mit König Joseph I. eine Freundschaft schloß, die seine Politik wesentlich beeinflußte. Nachdem
er sich 1693 mit Christine Eberhardine von Brandenburg-Kulmbach vermählt hatte, gelangte er durch seines
Bruders, Johann Georgs IV., Tod 27. April 1694 zur Kurwürde und übernahm den Oberbefehl über
das österr. sächs. Heer gegen die
Türken in Ungarn, den er aber nach der Schlacht bei Olasch, 27. Aug. 1696, wieder niederlegte. Er kehrte nach
Wien zurück und faßte den Plan, sich um den durch den Tod Johann Sobieskis erledigten poln. Thron zu bewerben.
Durch reichliche Bestechungen und seinen Übertritt zur kath. Kirche (2. Juni 1697) beseitigte August II die Hindernisse seiner Wahl; doch
gewährleistete er seinen Unterthanen den ungeschmälerten Fortbestand der prot. Kirche im Lande, während
er zugleich seine landesbischöfl. Stellung den in evangelicis beauftragten Geheimräten übertrug. Um die Kaufsumme aufzubringen,
verkaufte und verpfändete er mehrere Teile seines Erblandes, ja sogar an Brandenburg die letzten Überreste der Besitzungen
des Stammhauses Wettin, das Amt Petersberg bei Halle, dazu die Erbvogtei über Quedlinburg und die Reichsvogtei
über Nordhausen, wie er andererseits 1697 sein Anrecht auf Sachsen-Lauenburg an Hannover veräußerte und 1699 die Lehnshoheit
über Schwarzburg preisgab. Am 27. Juni 1697 ward von dem poln. Reichstage zum Könige erwählt. Da indes eine Partei sich für
den Prinzen Conti erklärte, rückte er mit 10000 Sachsen in Polen ein, und 15. Sept. fand seine Krönung in
Krakau statt. Bald fühlte jedoch der Kurstaat Sachsen die Last der neuen Krone seines Fürsten. August II hatte versprochen, die an
Schweden abgetretenen poln. Provinzen wieder mit Polen zu vereinigen. Dessenungeachtet waren die poln. Großen dem Kampfe abgeneigt,
und der König mußte ihn nun meist mit sächs. Truppen auf Kosten seines Erblandes führen. (S. Nordischer
Krieg.)
Nachdem Karl XII. von Schweden die Sachsen 19. Juli 1702 bei Klissow und 1. Mai 1703 bei Pultusk geschlagen hatte, erklärte der
poln. Reichsrat unter Schwedens Einfluß August II 14. Febr. 1704 der poln. Krone verlustig, worauf 12. Juli 1704 Stanislaus
Leszczynski (s. d.) zum König erwählt wurde. Der Sieg Karls XII. bei Fraustadt (13. Febr. 1706) über den sächs. Feldmarschall
Graf Schulenburg nötigte August II zum Frieden von Altranstädt (s. d.), in dem er der poln. Krone entsagte. August II wohnte dann 1708 unter
dem Prinzen Eugen dem Feldzuge gegen die Franzosen bei und ließ zu Eugens Heer in den Niederlanden 9000 Sachsen
stoßen.
Auf die Nachricht von Karls XII. Niederlage bei Pultawa sagte er sich 8. Aug. 1709 von dem Vertrag von Altranstädt los und verband
sich aufs neue mit dem Zaren Peter gegen Schweden, bis der Tod Karls XII. bei Friedrickshall (1718) dem Kriege
eine entscheidende Wendung gab. Die nächste Folge war der Waffenstillstand mit Schweden Dez. 1719, der erst 1732 in einen
Frieden verwandelt wurde. August II wurde darin als König von Polen anerkannt. In Polen waren jedoch die Sachsen durch die Konföderierten,
an deren Spitze Stanislaus Ledochowski, nachmaliger Palatin von Bolhynien, stand, angegriffen und zur Ergebung
gezwungen worden.
Unter russ. Vermittelung kam es 1716 zwischen und der Republik Polen zu dem sog. Warschauer Vertrage, demzufolge die sächs.
Truppen das Königreich verließen. So sah sich August II genötigt, den Gedanken, die poln. Nation mit Gewalt zu unterwerfen,
aufzugeben; dafür aber gelang es ihm, die Polen durch den Reiz eines glänzenden und üppigen Hofhalts zu gewinnen. Sachsen
hatte infolgedessen schwere Opfer zu bringen, und bald geriet der Staatshaushalt des ohnedies schon verarmten Landes vollends
in Zerrüttung. Dazu wurden an
mehr
Günstlinge, schöne Frauen und natürliche Kinder ungeheure Summen verschwendet. Zwar verschönerte August II die Hauptstadt seines
Erblandes, deren Glanz zahlreiche Fremde herbeilockte, und die Erfindung des Porzellans durch Böttger 1709 gab dem Lande einen
neuen wichtigen Industriezweig; trotzdem herrschte Teurung und Hungersnot im Lande. Die Wissenschaften hatten sich A.s Unterstützung
wenig zu erfreuen, und die Kunst meist nur, insofern sie seiner Prachtliebe diente.
An den Verbesserungen in der Landesverwaltung (Generalaccise 1707, Landeslottorie 1713, Postordnung 1713, Vermessung der Poststraßen
seit 1721), im Heerwesen (Kadettenhaus 1725, Aufhebung des verfallenen Defensionswesens 1711), in der Gesetzgebung und Rechtspflege
(Zuchthaus in Waldheim 1716, Erläuterte Prozeßordnung 1724) während seiner Regierung hatte er persönlich
wenig Anteil. August II starb 1. Febr. 1733 in Warschau und ward in Krakau begraben. In Dresden wurde ihm 1736 eine von Wiedemann in
Kupfer getriebene vergoldete Reiterstatue errichtet. Seine Gemahlin, die lutherisch blieb und getrennt von ihm auf Schloß
Pretzsch bei Wittenberg lebte, war schon 5. Sept. 1727 gestorben. Sie hinterließ ihm einen einzigen
Sohn, August III. (s. d.), der dem Vater in der Regierung folgte. Die Gräfin Königsmark (s. d.) hatte den
Grafen Moritz von Sachsen, die Gräfin Cosel (s. d.) den Grafen Rutowski geboren.
Vgl. Jarochowski, Geschichte der Regierung des Königs August II II. (polnisch, 2 Bde.,
Pos. 1874).