Kaufmann seines
Landes machte August seine Kammergüter und Regalien zur Grundlage der gesamten kursächs.
Volkswirtschaft, wie
er denn auch zunächst für seine Zwecke
die erste Landesaufnahme durch
HiobMagdeburg
[* 2] veranlaßte. Er sorgte für die Verbesserung
der Viehzucht,
[* 3] des Obst- und
Weinbaues; die Forsten wurden planmäßig bewirtschaftet, der Holzhandel durch eine
großartige Flößerei gefördert. Der
Bergbau
[* 4] erlebte eine neue glänzende Blütezeit und gab die Grundlage zu dem überaus
soliden Münzwesen.
[* 5]
Das
Gewerbe blühte namentlich durch die Einwanderung zahlreicher
Niederländer (etwa 20000) auf, die auch zuerst die Baumwollweberei
einführten. Sorgfältig wachte der Kurfürst über die ungeschmälerte Behauptung des
LeipzigerStapelrechts, förderte daher
den Elbverkehr nur so weit, als es sich mit
LeipzigsVorteil vertrug, that dagegen viel für die Verbesserung und Sicherheit
der
Straßen und stellte seit 1563 «Postboten» an. Dazu schloß er seine
Lande rechtlich ab durch die «Konstitutionen» vom das erste
Beispiel einer einheitlichen Landesgesetzgebung inDeutschland
[* 6] (auf
Grund altsächs. und röm.
Rechts) und
die Abzweigung eines Oberappellationsgerichts vom
«Hofrat». M stattlichen Schloßbauten
(Augustusburg,
Annaburg) zeigte August seinen
Kunstsinn und Reichtum.
Auch die geistige
Bildung des
Volks fand Förderung. Die innern Einrichtungen der Schulen wurden geordnet, auf den beiden
Universitäten
neue Lehrstühle errichtet, botan. Gärten angelegt und die Studienpläne
bis ins einzelne vorgezeichnet. Die
Bibliothek zu
Dresden
[* 7] verdankt ihm ihre Grundlage, auch die meisten andern Sammlungen für
Wissenschaft und Kunst, namentlich das
Grüne Gewölbe, stammen aus seiner Zeit. Seine Lieblingsbeschäftigung war neben dem
Drechseln die
Alchimie. Als seine Gemahlin
Anna gestorben war, vermählte sich August mit
Hedwig, der 13jährigen Tochter des Fürsten Joachim von
Anhalt.
[* 8] Doch schon starb er zu
Dresden und wurde im
Dome
zu
Freiberg
[* 9] begraben. Ihm folgte in der Regierung sein Sohn
Christian I. Seine junge
Witwe vermählte sich wieder mit dem
HerzogeJohann von Holstein.
Vgl. Calinich, Kampf und
Untergang des Melanchthonismus in Kursachsen (Lpz. 1860):
Falke, Die Geschichte des Kurfürsten von
Sachsen
[* 10] in volkswirtschaftlicher
Beziehung (ebd. 1868).
Während die üppige Pracht, die an den
Höfen von
London
[* 14] und Versailles
[* 15] herrschte, ihn blendete, ward
zugleich durch die Huldigungen, die man seinen persönlichen Vorzügen darbrachte, sein Ehrgeiz genährt. Als sein
Vater 1691 gestorben
war, ging er nach
Wien,
[* 16] wo er mit König
Joseph I. eine Freundschaft schloß, die seine Politik wesentlich beeinflußte. Nachdem
er sich 1693 mit Christine Eberhardine von
Brandenburg-Kulmbach vermählt hatte, gelangte er durch seines
Bruders,
JohannGeorgs IV.,
Tod zur Kurwürde und übernahm den Oberbefehl über
das österr. sächs.
Heer gegen die
Türken in
Ungarn, den er aber nach der
Schlacht bei Olasch, wieder niederlegte. Er kehrte nach
Wien zurück und faßte den
Plan, sich um den durch den
TodJohannSobieskis erledigten poln.
Thron
[* 17] zu bewerben.
Durch reichliche
Bestechungen und seinen
Übertritt zur kath.
Kirche beseitigte August II die Hindernisse seiner
Wahl; doch
gewährleistete er seinen
Unterthanen den ungeschmälerten Fortbestand der prot.
Kirche im
Lande, während
er zugleich seine landesbischöfl.
Stellung den in evangelicis beauftragten Geheimräten übertrug. Um die Kaufsumme aufzubringen,
verkaufte und verpfändete er mehrere
Teile seines Erblandes, ja sogar an
Brandenburg
[* 18] die letzten Überreste der Besitzungen
des Stammhauses Wettin, das
AmtPetersberg bei
Halle,
[* 19] dazu die Erbvogtei über
Quedlinburg
[* 20] und die Reichsvogtei
über Nordhausen,
[* 21] wie er andererseits 1697 sein Anrecht auf
Sachsen-Lauenburg an Hannover
[* 22] veräußerte und 1699 die Lehnshoheit
über
Schwarzburg
[* 23] preisgab. Am ward von dem poln.
Reichstage zum Könige erwählt. Da indes eine Partei sich für
den Prinzen Conti erklärte, rückte er mit 10000
Sachsen in
Polen ein, und 15. Sept. fand seine Krönung in
Krakau
[* 24] statt.
Bald fühlte jedoch der Kurstaat
Sachsen die Last der neuen
Krone seines Fürsten. August II hatte versprochen, die an
Schweden
[* 25] abgetretenen poln.
Provinzen wieder mit
Polen zu vereinigen. Dessenungeachtet waren die poln.
Großen dem Kampfe abgeneigt,
und der König mußte ihn nun meist mit sächs.
Truppen auf Kosten seines Erblandes führen. (S. Nordischer
Krieg.)
Nachdem
Karl XII. von
Schweden die
Sachsen bei Klissow und bei Pultusk geschlagen hatte, erklärte der
poln. Reichsrat unter
Schwedens Einfluß August II der poln.
Krone verlustig, worauf Stanislaus
Leszczynski (s. d.) zum König erwählt wurde. Der
SiegKarls XII. bei Fraustadt
[* 26] über den sächs. Feldmarschall
Graf Schulenburg nötigte August II zum Frieden von
Altranstädt (s. d.), in dem er der poln.
Krone entsagte. August II wohnte dann 1708 unter
dem Prinzen Eugen dem Feldzuge gegen die
Franzosen bei und ließ zu Eugens
Heer in den
Niederlanden 9000
Sachsen
stoßen.
Auf die Nachricht von
Karls XII.
Niederlage bei Pultawa sagte er sich von dem
Vertrag von
Altranstädt los und verband
sich aufs neue mit dem
ZarenPeter gegen
Schweden, bis derTodKarls XII. bei Friedrickshall (1718) dem
Kriege
eine entscheidende
Wendung gab. Die nächste Folge war der Waffenstillstand mit
Schweden Dez. 1719, der erst 1732 in einen
Frieden verwandelt wurde. August II wurde darin als König von
Polen anerkannt. In
Polen waren jedoch die
Sachsen durch die
Konföderierten,
an deren
SpitzeStanislaus Ledochowski, nachmaliger
Palatin von Bolhynien, stand, angegriffen und zur Ergebung
gezwungen worden.
Unter russ. Vermittelung kam es 1716 zwischen und der Republik
Polen zu dem sog. Warschauer
Vertrage, demzufolge die sächs.
Truppen das Königreich verließen. So sah sich August II genötigt, den
Gedanken, die poln. Nation mit Gewalt zu unterwerfen,
aufzugeben; dafür aber gelang es ihm, die
Polen durch den Reiz eines glänzenden und üppigen Hofhalts zu gewinnen.
Sachsen
hatte infolgedessen schwere Opfer zu bringen, und bald geriet der
Staatshaushalt des ohnedies schon verarmten
Landes vollends
in Zerrüttung. Dazu wurden an
¶
mehr
Günstlinge, schöne Frauen und natürliche Kinder ungeheure Summen verschwendet. Zwar verschönerte August II die Hauptstadt seines
Erblandes, deren Glanz zahlreiche Fremde herbeilockte, und die Erfindung des Porzellans durch Böttger 1709 gab dem Lande einen
neuen wichtigen Industriezweig; trotzdem herrschte Teurung und Hungersnot im Lande. Die Wissenschaften hatten sich A.s Unterstützung
wenig zu erfreuen, und die Kunst meist nur, insofern sie seiner Prachtliebe diente.
An den Verbesserungen in der Landesverwaltung (Generalaccise 1707, Landeslottorie 1713, Postordnung 1713, Vermessung der Poststraßen
seit 1721), im Heerwesen (Kadettenhaus 1725, Aufhebung des verfallenen Defensionswesens 1711), in der Gesetzgebung und Rechtspflege
(Zuchthaus in Waldheim 1716, Erläuterte Prozeßordnung 1724) während seiner Regierung hatte er persönlich
wenig Anteil. August II starb in Warschau
[* 28] und ward in Krakau begraben. In Dresden wurde ihm 1736 eine von Wiedemann in
Kupfer
[* 29] getriebene vergoldete Reiterstatue errichtet. Seine Gemahlin, die lutherisch blieb und getrennt von ihm auf Schloß
Pretzsch bei Wittenberg
[* 30] lebte, war schon gestorben. Sie hinterließ ihm einen einzigen
Sohn, August III. (s. d.), der dem Vater in der Regierung folgte. Die Gräfin Königsmark (s. d.) hatte den
GrafenMoritz von Sachsen, die Gräfin Cosel
[* 31] (s. d.) den Grafen Rutowski geboren.
Vgl. Jarochowski, Geschichte der Regierung des Königs August II II. (polnisch, 2 Bde.,
Pos. 1874).