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(Rauch,
Staub) sowie
vor der oft reizenden Einwirkung der
Augenwimpern (beim Einwärtsrollen der Augenlidränder) zu schützen.
Das künstliche Auge
[* 2] kann überdies von dem
Träger
[* 3] selbst bei nur einiger
Übung leicht in die
Augenhöhle eingesetzt und aus
derselben wieder entfernt werden. Letzteres geschieht natürlich stets für die Nacht, ehe man sich zur
Ruhe begiebt. Früher waren besonders die von Boissoneau in
Paris
[* 4] gefertigten künstlichen in Gebrauch.
Jetzt werden sie in vorzüglicher
Weise an vielen Orten angefertigt, z.B. von
Müller in
Wiesbaden,
[* 5] Plasenka in
Dresden,
[* 6] Dr.
Klaunig in
Leipzig
[* 7] u.a. Die Zerbrechlichkeit der
Glasaugen, die namentlich bei jüngern
Kindern ihren Gebrauch
bedenklich macht, hat in neuerer Zeit
Anlaß gegeben, künstliche von
Celluloid und Vulkanit anzufertigen. –
Vgl. Ritterich,
Das künstliche Auge (Lpz. 1852);
Klaunig, Das künstliche Auge (ebd. 1883).
Ein anderes künstliches Auge ist das für
Demonstrationen, d.h. für Lehrzwecke bestimmte
Augenphantom oder
Ophthalmophantom,
ein Modell, das den anatom.
Bau des natürlichen in seinen wesentlichen
Teilen sowie die optische Wirksamkeit
desselben versinnlichen soll. Die verschiedenen
Häute des natürlichen Auge, die Lederhaut (Sclerotica), die nach vorn in die
durchsichtige Hornhaut
(Cornea) übergeht, die
Aderhaut (Chorioidea), die nach vorn in die Regenbogenhaut
(Iris) übergeht,
und die Netzhaut (Retina) werden am Modell durch ebensoviele konzentrisch ineinander geschachtelte
Lagen
vorgestellt.
Hinter dem die Regenbogenhaut darstellenden, in der Mitte durchbrochenen
Diaphragma folgt eine Glaslinse, die der natürlichen
Krystalllinse entspricht. Am hintern
Pole des Modells ist in einen kreisförmigen
Ausschnitt eine verschiebbare
Röhre eingepaßt,
in der ein mattgeschliffenes Glastäfelchen steht, das die von dem künstlichen Auge wie in einer
Camera obscura
[* 8] entworfenen
Bilder auffängt. Ein solches Modell wurde von Ruete angegeben. Von demselben Forscher wurde auch
ein anderes
Instrument hergestellt, das hauptsächlich die Funktionen der sechs
Augenmuskeln erläutert, daher von ihm
Ophthalmotrop
genannt wurde. (Vgl. Ruete, Ein neues
Ophthalmotrop, Lpz. 1857.) Ähnliche, dem gleichen Zwecke dienende
Apparate sind in vervollkommneter
Weise später auch von andern (Wundt,
Knapp, Emmert u.s.w.) konstruiert worden.
(d. h.
Glanz), nach der griech. Sage eine Tochter des Königs Aleos in
Tegea, wurde dort im Heiligtum der
Athene
[* 11] durch Herakles
[* 12]
Mutter des Telephos. Als ihr
Vater dies erfuhr, ward die
Mutter mit dem
Kinde dem Nauplios
übergeben, der sie ins
Meer werfen sollte. Nach der einen
Darstellung wurde sie mit dem
Kinde in einem Kasten ins
Meer ausgesetzt
und trieb in diesem nach
Mysien, wo
sie der König
Teuthras zur Gattin nahm. Nach andern wurde ihr
Kind auf dem Partheniongebirge
ausgesetzt, wo eine Hündin es säugte und Hirten es auffanden und erzogen.
Nach
Hyginus kam Telephos, um seine
Mutter aufzusuchen, nach
Mysien, wo er den
Teuthras von der Gefahr, sein
Reich zu verlieren,
befreite. Dafür
versprach ihm
Teuthras die
Hand
[* 13] der Auge, die er als Pflegetochter angenommen hatte, und das
Reich. Auge aber weigerte
sich des Telephos Gattin zu werden und zückte im Brautgemach das Schwert gegen ihn; ein Drache
[* 14] schützte
diesen, der nun seinerseits Auge mit dem Schwerte bedrohte. In der
Not rief den Herakles, ihren Gatten, an, daraus erkannte
Telephos die
Mutter und stand von der That ab. Ursprünglich sind und Telephos Lichtgottheiten gewesen.
Bildliche
Darstellungen der Sage giebt es namentlich auf pompejanischen Wandgemälden («Annalidell'Instituto archeologico», 1884) und auf dem kleinern Fries von dem großen
Altar
[* 15] zu Pergamon
[* 16] (vgl. Jahrbuch des Archäologischen
Instituts, Berl. 1887). –
Sohn des Helios
[* 18] und der Hyrmine, König in Elis, war berühmt durch den
Reichtum an Herden. Nach der Sage hatte sich deren
Dünger seit vielen Jahren aufgehäuft, und Herakles erhielt von Eurystheus
als eine der von ihm zu leistenden
Arbeiten den
Auftrag, den
StalldesineinemTage zu reinigen. Herakles
bedang sich dafür von den zehnten
Teil der Rinder
[* 19] aus und vollbrachte die
Arbeit, indem er den Meniosbach oder den Peneus
oder
Alpheus durch den
Stall leitete. Augeias verweigerte dem Herakles den Lohn, und deshalb überzog dieser ihn mit
Krieg, der erst
nach hartem Kampfe durch den
Tod des Augeias beendigt wurde. Herakles setzte dessen Sohn Phyleus in die Herrschaft
ein. Augeias ist ursprünglich selbst eine Sonnengottheit und wird darum als
Besitzer großer Rinderscharen geschildert.
Schießpulver,
[* 21] weißes oder
amerikanisches Pulver, vom
FranzosenAugendre (spr. oschangdr) 1849 erfundene
Mischung von 50
Teilen Kaliumchlorat, 25
Teilen gelbem
Blutlaugensalz und 25
Teilen Zucker,
[* 22] die sich von gewöhnlichem Pulver
durch höhere ballistische, aber auch brisante Wirksamkeit, höhere
Verbrennungstemperatur, geringern
Rückstand beim Verbrennen und geringere hygroskopische Eigenschaften unterscheidet. Seine Anfertigung ist mit noch größern
Gefahren verbunden als die des gewöhnlichen Pulvers. Dies, der höhere Preis und namentlich sein korrodierender Einfluß
auf die Rohrmetalle ist
Ursache der nicht erfolgten Verwendung desselben als Treibmittel. Dagegen wird es für Kontakttorpedos,
als
Sprengladung für
Geschosse
[* 23] und zum Betriebe von Fallhämmern und Rammbären benutzt.
Ophthalmie. Gemeinhin unterscheidet man die innern Augenentzündung, die in den innern
Häuten und Geweben des
Auges
ablaufen, von den äußern (speciell
Ophthalmien genannt), welche die äußerlich sichtbaren
Teile des
Auges (Lider,
Bindehaut,
Hornhaut) betreffen. Von allgemeinerm Interesse sind besonders die
Krankheiten der
Bindehaut. An derselben
unterscheidet man eine phlyktänöseEntzündung (Auftreten kleiner Pusteln auf der Augapfelbindehaut), die katarrhalische
(Vermehrung der Schleimsekretion), die blennorrhoische (starke Schwellung der Lider, Wucherung der Lidbindehaut, massenhafte
Eitersekretion),
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mehr
zu der auch die der Neugeborenen (Ophthalmia neonatorum) gehört, die kruppöse (Auflagerung kruppösen Exsudats auf die
Oberfläche der Bindehaut), die diphtheritische (Einlagerung diphtheritischen Exsudats in das Gewebe
[* 25] der Bindehaut), die granulöse
(Entwicklung fleischwärzchenähnlicher Granulationen), die follikuläre (Trachoma, Auftreten von froschlaichartigen Körnern).
Mit Ausnahme der phlyktänösen sind alle Entzündungsarten der Bindehaut ansteckend, und zwar haftet
das Kontagium zunächst an den von dem Entzündungsprozeß gelieferten Sekreten, und zwar wahrscheinlich an den in den Sekreten
enthaltenen Entzündungserregern (Kokken).
Der Grad der Kontagiosität ist bei akuten Entzündungsformen, außerdem bei denen, die mit stark eiteriger Sekretion oder
mit Follikel- und Granulationsbildung einhergehen, ein besonders hoher. Von sämtlichen Augenerkrankungen
kommen daher vorzugsweise die Entzündungen der Bindehaut endemisch (z. B. in Ägypten)
[* 26] und epidemisch vor. Die Geschichte solcher
Epidemien lehrt, daß bei Verbreitung der Erkrankung außer der direkten Übertragung des Krankheitsstoffs von Individuum zu
Individuum auch noch eine allgemeine, zu gleichen oder ähnlichen Erkrankungsformen führende Disposition, vielleicht
auch ein Luftkontagium thätig ist. (S. ägyptische Augenentzündung.) Die Epidemien konstituieren sich nicht immer aus derselben
Entzündungsform, sondern zeigen innerhalb ihrer Ausbreitung die verschiedensten Entzündungsformen und Grade und können
bald ziemlich spurlos, bald sehr verheerend verlaufen, je nachdem vorwaltend die leichtern (katarrhalischen) oder schwerern
(trachomatösen, granulösen, blennorrhoischen, kruppösen, diphtheritischen) Entzündungsformen in ihnen
vertreten sind.
Auch die Übertragung krankhafter Sekrete von andern Schleimhäuten des Körpers (am häufigsten von der Harnröhren- und
Scheidenschleimhaut bei Tripper und Weißem Fluß) auf die des Auges kann die schwersten Entzündungen der Bindehaut (sog. Augentripper
oder gonorrhoische Bindehautentzündung) hervorrufen. So wird auch die unter dem Namen der Blennorrhöe
der Neugeborenen bekannte, oft sehr zerstörend wirkende Augenerkrankung lediglich durch die Berührung des kindlichen Auges
mit den Sekreten der mütterlichen Geburtswege hervorgerufen.
Die sehr große Bedeutung der Bindehautentzündungen liegt zunächst in der durch dieselben bedingten Bedrohung (Verschwärung)
der Hornhaut. Keine Erkrankungsform des Auges zieht so häufig Schwachsichtigkeit (durch zurückbleibende
Hornhautnarben) und Erblindung (durch totale Zerstörung der Hornhaut) nach sich als die schwerern Formen der Bindehautentzündungen,
so daß gerade bei ihnen die möglichst frühzeitige Einholung ärztlichen Rates dringend geboten ist.
Völlig unheilbare Erkrankungszustände entstehen nicht selten auch durch die infolge derselben entstandenen Schrumpfungsprozesse
der Bindehaut (so namentlich nach Trachoma). Prophylaktischen Schutz gegen die Bindehautentzündungen gewähren
im allgemeinen: Sorge für reine Luft, daher gute Ventilation in stark gefüllten Räumen, Vermeidung solcher Orte, deren Atmosphäre
mit reizenden Stoffen verunreinigt ist, sorgfältige Fernhaltung aller ansteckend einwirkenden Materien, besonders der Sekrete
der Bindehaut anderer Augenkranker oder kranker Schleimhäute überhaupt, die durch Schwämme,
[* 27] Waschwasser, Handtücher
u. s. w. leicht übertragen werden
können.
Die Behandlung der Augenentzündung besteht in frischen Fällen in andauernden eiskalten Umschlägen mit antiseptischen Augenwassern, Bespülen
oder Bestreichen der Lidinnenfläche mit denselben, in vollständiger Ruhe des kranken Auges wie des ganzen Körpers bei mäßiger
Diät und gelinden Abführmitteln. Von den äußerlich sichtbaren Teilen des Auges können ferner die Hornhaut,
die Lederhaut und die Regenbogenhaut entzündlich erkranken. (S. Hornhautentzündung, Lidentzündung, Regenbogenhautentzündung.)