übermäßiger Thätigkeit des Organs, endlich von Zuständen gewisser Nerven, insbesondere derjenigen, welche man als trophische
oder Ernährungsnerven zu bezeichnen pflegt. Zellen und aus Zellen entstehende Fasern sind die Elemente, aus welchen im wesentlichen
alle Organe bestehen: an ihnen also wird sich auch die Atrophie im einzelnen nachweisen lassen, wenn ein
Organ im ganzen atrophiert ist. Im allgemeinen verrät sich die Atrophie eines Organs dadurch, daß es kleiner, trockner,
blutärmer, fester und minder leistungsfähig ist. Die Atrophie ist indes nicht auf die normalen Teile des Organismus beschränkt,
sondern kommt auch oft bei den krankhaften Neubildungen vor. (Über Atrophie des ganzen Körpers s. Auszehrung,
über die Atrophie einzelner Organe s. Gehirnschwund, Leberkrankheiten, Muskelatrophie, Pädatrophie, Rückenmarksschwindsucht, Schrumpfnieren.)
Daturin, Alkaloid von der Zusammensetzung C17H23NO3 ^[C17H23NO33], das sich in allen Teilen
der Tollkirsche (s. Atropa.) und in den Samen des gemeinen Stechapfels (s. Datura) findet. Es wird aus diesen Pflanzen durch angesäuertes
Wasser ausgezogen, die wässerige Lösung verdunstet, mit Natronlauge alkalisch gemacht und mit Äther
ausgeschüttelt, welcher das Atropin aufnimmt. Das nach dem Verdunsten des Äthers hinterbleibende rohe Atropin wird durch Lösen in
verdünnter Schwefelsäure, Behandeln der Lösung mit Tierkohle, Abscheiden mit Ammoniak und Umkrystallisieren aus Alkobol
gereinigt. Es krystallisiert in seideglänzenden Nädelchen oder feinen Prismen, schmilzt ganz rein bei
114°, schmeckt unangenehm bitter und scharf, löst sich wenig in Wasser, leicht in Alkohol und dreht die Schwingungsebene
des polarisierten Lichtes nach links.
Die chem. Konstitution des Atropin ist fast völlig aufgeklärt. Es ist das Salz einer organischen, die Hydroxylgruppe enthaltenden
Base, des Tropins, C8H15NO , und einer den aromatischen Verbindungen angehörenden
Säure, der Tropasäure, C9H10O3 ^[ C9H10O3] = C6H5.CH(CH2OH).COOH ^[C6H5·CH(CH2OH)·COOH].
Das Atropin ist sehr giftig (s. Atropa) und wird in der Augenheilkunde vielfach verwendet, da es, in der geringsten Menge in das
Auge gebracht, Erweiterung der Pupille sowie Lähmung des Accommodationsapparates bewirkt. In den Apotheken
wird nur das schwefelsaure Atropin (Atropinum sulfuricum) als offizinell vorrätig gehalten. Dasselbe bildet weiße
Krystalle und ist in Wasser löslich.
Atchin, richtiger Atjeh und Atjih, im Englischen Acheen, bis 1873 selbständiger Malaienstaat, jetzt
Gouvernement des niederländ. Ostindiens, nimmt mit etwa 53000 qkm den nördlichsten Teil der hinterind. Insel Sumatra ein und
reicht von dem nördlichsten Vorgebirge derselben, der Atjehspitze (engl. Acheen head), im W. bis zu 2° 53', im O. nur
bis 4° 25' nördl. Br. Atschin besteht aus einer westl. und einer östl.
Hälfte; erstere nimmt das Küstengebirge ein, welches sich an der südöstl.
Seite der Insel entlang zieht und in dem sich hier unter 4° 17' nördl. Br. der Berg Abong bis zu 3139 m erhebt; der O. dagegen
enthält bedeutende Strecken mehr wellenförmigen und selbst ganz flachen, niedrig gelegenen, für Gartenbau
und Baumzucht sowie für Reisbau geeigneten Landes, die Fortsetzung der Alluvialebene Ostsumatras. Besonders wichtig ist die
Pfefferkultur mit bedeutender Ausfuhr. Es giebt viele Küstenflüsse, die aber schmal, flach und nur mit leichten
Prahmen
auf kurze Strecken befahrbar sind. Über Fauna und Flora s. Sumatra; häufig kommt die Pfefferranke vor.
Die Bevölkerung der Provinz wird auf 445000 Seelen geschätzt, darunter 242 Europäer. Die Hauptstadt Atschin oder Kota Radscha, 7 km
vom Meere, ist fast ganz neu und schön aufgebaut und von Festungswerken eingeschlossen, die durch eine Militärbahn verbunden
sind. Seit der niederländ. Besetzung blüht der Handel wieder auf.
Geschichte. Es dürfte kaum zweifelhaft sein, daß die Bevölkerung ursprünglich mit dem malaiischen
Volksstamme der Batak (s. d.) gleichartig war, wie denn auch noch bis zu Anfang des 17. Jahrh,
der ganze nördlich von dem Flusse Singkel unter 2° 17' nördl. Br. gelegene Teil von Sumatra, mit Einschluß von Atschin, Tanna Batak,
d. h. Land der Batak, genannt wurde. Aus den Batak aber in dem nördlichsten Teile dieses Landstrichs entwickelte
sich zu Anfang des 13. Jahrh, durch ihre Vermengung mit fremden Volkselementen, durch den Handel und Verkehr mit andern Asiaten,
namentlich auch Arabern, durch die Einführung des Islam und andere auf die ursprüngliche Lebensweise
und den Volkscharakter verändernd einwirkende Verhältnisse die Bevölkerung des Reiches Atschin, das von seiner Gründung 1205 bis in
die neueste Zeit seine Unabhängigkeit zu bewahren gewußt hat und wesentlich aus Atschinesen und Malaien besteht, deren
Zahl nicht genau bekannt ist.
Die den Batak verwandten Mantir- und Gaju-Stämme sind ins Innere zurückgedrängt. Die gleichnamige Hauptstadt
wurde eine der reichsten und blühendsten, von den Schiffen aller ostasiat. Handelsvölker viel besuchte Handelsstadt. Seit
die Portugiesen unter Alvaro Talesso 1506 zuerst nach Sumatra kamen und 1509 daselbst an der Nordküste Niederlassungen gründeten,
war der Beherrscher von Atschin, Radscha Ibrahim, ihr erbittertster Feind, der sie 1523 auch von
Sumatra vertrieb.
Der Krieg gegen die Portugiesen dauerte fast ununterbrochen fort, bis diese 1641 von den Holländern mit Hilfe der Atschinesen
aus Malaka vertrieben wurden. Durch den 1824 zwischen Holland und England geschlossenen Vertrag war Holland verpflichtet, auf
Sumatra, nördlich von der Parallele von Singapur (1° 17' nördl. Br.), keine neuen Besitzungen zu gründen.
Allein ein neuer Vertrag vom 24. Mai 1872 hob den frühern von 1824 auf, und Seeräubereien und Kränkungen der niederländ.
Souveränität auf Sumatra durch Atschin gaben der Regierung zu Batavia Veranlassung, 26. März 1873 den Krieg zu erklären. Am 8. April landete
eine Expedition bei der Stadt Atschin, die jedoch tapfer verteidigt wurde, so daß sich die Holländer nach
großen Verlusten 28. April zurückziehen mußten.
Eine zweite, stärkere Expedition unter General van Swieten landete 11. Dez. 1873, rückte unter fast ununterbrochenen blutigen
Kämpfen bis zum Kraton, der befestigten Residenz des Sultans von Atschin, vor und nahm denselben 24. Jan. 1874. Doch
blieb das ganze Innere des Reichs und viele Punkte an der Ostküste noch im Besitz des Sultans, und erst nach vielen Expeditionen,
bei denen sich die Atschinesen mit größter Tapferkeit verteidigten, wie bei der Erstürmung von Lohong 30. April 1875, und
auf niederländ. Seite besonders von den Generalen Pel und van der Heyden Tüchtiges geleistet wurde, schien
der Widerstand der Atschinesen gebrochen. Man ging 1880 daran, das Land politisch zu organisieren; es wurde eine Provinz gebildet
unter dem Namen «Atjeh und Zubehör» mit drei Distrikten.
mehr
Der Versuch aber, das Land als ein vollständig beruhigtes unter Civilgewalt zu bringen, scheiterte, und 1884 mußte wiederum
ein Milltärgouverneur eingesetzt werden. Darauf wurde beschlossen, einen Teil des mit so großen Verlusten und Kosten eroberten
Gebietes wieder zu räumen. Man meinte dadurch sich besser befestigen zu können und war der Überzeugung,
daß doch am Ende die Friedens Partei unter den Atschinesen das Übergewicht bekommen und sich mit dem jugendlichen Sultan
ein Abkommen finden lassen werde. Dieser, der Nachfolger des 1874 verstorbenen Sultans, hat sich in dessen in das Innere des
Landes zurückgezogen und ist vollständig von der Kriegspartei abhängig. Wiederholt wurden die
niederländ. Posten von atschinesischen Banden angefallen.
Vgl. Veth, Atchin en zijne betrekking tot Nederland (Leid. 1873);
Gerlach, Atjeh en de Atjinezen (Arnh. 1873);
Die holländ.
Expeditionen gegen Atschin (Lpz. 1875);
Brau de Saint-Pol-Lias, Chez les Atchés (Par. 1884);
eine Specialkarte von Atschin im Maßstabe
von 1:150000 mit begleitendem Text von T. Atschin Liefrinck, welcher den gegenwärtigen Zustand des Landes behandelt,
findet sich in der Tijdschrift van het aardrijkundig Genootschap gevestigt te Amsterdam (Bd. 5, Nr.
2, März 1881);
die Kaart van het terrein des oorlogs in Groot-Atjeh in (Breda 1884) beruht auf amtlichen Aufnahmen; van Langen,
Atehhs Westküste (in der «Tijdschrift van het Aardrijkskundig Genootschap» Tweede Serie, Deel V, 1888;
Karte), Pruys van der Hoeven, Mijne ervaring van Atjeh (Haag1886);
Schmidt auf Altenstadt, Telok Semavé. De beste haven op Atjehs
Nordkust (ebd. 1887);
Kielstra, Beschrijving van den Atjeh-Oorlog ebd. 1885);
Brooshooft, Geschiedenis van den Atjeh-Oorlog 1873-86
(Utrecht 1887);
Jacobs, Het familie – en kompongleven op Groot-Atjeh (Leid. 1894).