Brunel ausgeführte Linie von Exeter nach Plymouth
[* 2] und die von
Flachat hergestellte
Strecke von Nanterre nach St. Germain.
Bald
wurden jedoch die großen Nachteile der Einrichtung klar, auf die schon Robert
Stephenson (s. d.) 1844 hingewiesen hatte,
als die Frage erörtert wurde, ob die Eisenbahn von Chester nach Holyhead pneumatisch oder mit
Lokomotiven
betrieben werden sollte. Die Schwierigkeit eines vollkommen luftdichten Röhrenverschlusses, die bedeutenden Reibungswiderstände
des Kolbens brachten großen Kräfteverlust mit sich.
Die fast unüberwindlichen Hindernisse, die sich einer zweckmäßigen Verschiebung der Züge auf den
Stationen entgegenstellten,
die großen
Anlage-,
Erhaltungs- und Betriebskosten der zur Erzeugung des pneumatischen Druckes nötigenMaschinen,
endlich die geringe Zugkraft, die nur wenige Wagen zu fördern vermochte: alles dies machte dem Betriebe von Atmosphärische Eisenbahnen bald
ein Ende. 1879 wurde indes die
Aufmerksamkeit wieder auf den Gegenstand gelenkt durchL. Gonins «Ascenseur
à l’air comprimé», bestehend aus einem in der
Achse eines gewöhnlichen Eisenbahngleises gelegten gußeisernen,
oben offenen Rohr, in dem der Kolben durch Preßluft bewegt wird. Später wurden die
Vorschläge so verbessert, daß sie auf
der Verkehrsausstellung in Liverpool
[* 3] im
Sommer 1886 mit einem Preise ausgezeichnet wurden. Mehrere in der
Schweiz
[* 4] angestellte
Versuche hatten günstigen Erfolg.
Fruchtbarer hat sich das
System der pneumatischen
Bahnen erwiesen. Die Rohrpostanlagen in England,
Wien,
[* 5] Berlin,
[* 6] Neuyork
[* 7] beruhen auf demselben. (S. Rohrpost.) Für Personenbeförderung, bei welcher der Wagen die Rolle des
Kolbens spielt, wurde der erste Versuch 1864 durch den Ingenieur Rammel auf einer kurzen Versuchsstrecke in der Nähe des
Krystallpalastes zu
Sydenham bei
London
[* 8] unternommen. Die
Röhre ist 547 m lang, gemauert, enthält ein Gleis
und kann die auf der Great-Westernbahn benutzten größten Personenwagen aufnehmen. Doch haben auch diese
Bahnen eine größere
Bedeutung nicht erlangt.
Vgl. Heusinger von Waldegg, Handbuch für specielle Eisenbahntechnik, Bd. 1 (Lpz.
1877);
Zu den Atmosphärische Eisenbahnen gehören auch die in Nantes
[* 9] seit den achtziger Jahren im
Betriebe befindlichen
Straßenbahnen mit Preßluft
(System Makersky). Die Kammern mit zusammengepreßter Luft befinden sich
unter dem Fußboden des Wagens; es sind deren etwa 7-9 mit einem
Inhalt von 2,17 cbm und einem Normaldruck von etwa 44 kg
auf 1 qcm vorhanden.
Ehe die Luft den Treibcylinder erreicht, geht sie durch einen kleinen Heißwasserbehälter,
wo sie sich erhitzt und mit Wasserdämpfen sättigt, wodurch der Druck erhöht wird.
Wenn der Wagen seine Runde gemacht hat, wird er an Preßluft und heißes Wasser enthaltende
Röhren
[* 10] angeschlossen und gefüllt.
Die zuerst eingerichtete (nahezu 7,5 km lange) Linie führt den Quai entlang von Doulon nach Chantenay,
eine zweite wurde innerhalb der letzten Jahre angelegt, eine dritte ist im
Bau. Auch in
Paris
[* 11] ist die
Anordnung mit Erfolg angewendet
worden, ebenso in Limoges, Bern
[* 12] und Luzern.
[* 13] Der Kohlenverbrauch soll sich für 1 km auf nur 2,5 kg und die
Ausgaben
für die Dampfmaschine
[* 14] von 8 bis 10 Pferdekräften auf nur 4 M. täglich stellen.
Bei einer in neuerer Zeit von Pardy in
San Francisco erfundenen und zur Anwendung gebrachten Betriebsweise ist
längs der
ganzen Straßenbahnlinie ein mit Preßluft gefülltes Leitungsrohr verlegt, aus dessen in kurzen Abständen angebrachten
Auslaßventilen die Triebmaschine des Wagens gespeist wird. Die
Luftpumpe,
[* 15] verbunden mit einem zur Druckausgleichung dienenden
Sammler für die Preßluft, befindet sich am Ende der Linie. Die Höhe des Luftdruckes beträgt 7
Atmosphären. Die Auslaß-
oder
Speiseventile liegen an Straßenkreuzungen oder solchen
Stellen, wo die Reisenden ab und zu gehen, so
daß die Füllung der Triebmaschine vor sich geht, während der Wagen ohnehin halten muß. (S.
Straßenbahnen.)
Gezeiten,Ebbe und
Flut der
Atmosphäre. Langjährige Registrierungen des Luftdruckes in den
Tropen (von
Batavia
[* 16] liegen sie seit den siebziger Jahren vor) haben ergeben, daß das
Barometer
[* 17] kurz nach beiden Kulminationen des Mondes
am höchsten steht.
Wenn der Mond
[* 18] in der Nähe des Horizonts sich befindet, erreicht das
Barometer seinen tiefsten
Stand. Diese
vom Mond (wahrscheinlich außerdem auch von andern
Ursachen) bedingten Schwankungen betragen aber nur 0,2
mm, sind also so
klein, daß sie in Gegenden starker Druckschwankung wie bei uns erst aus Registrierungen von sehr vielen
Jahren klar erkannt werden können.
Klingelzüge,Einrichtungen, bei denen die Übermittelung eines Signals, die
Auslösung eines Läutewerkes
durch vorübergehende
Verdichtungatmosphärischer Luft erfolgt, die in einer Rohrleitung eingeschlossen ist.
Die Rohrleitung
hat die Gestalt eines biegsamen dünnwandigen
Blei- oder Bleizinnrohrs, dessen Einfügung zwischen den zu
verbindenden Räumen eines
Gebäudes leichter ausgeführt werden kann als die Anlegung des aus Winkelhebeln und Drahtzügen
zusammengesetzten mechan. Klingelzugs.
Die
Verdichtung der Luft erfolgt am besten mittels einer Hohlkugel von
Kautschuk.
oder Respiration, diejenige Verrichtung der organischen Körper, welche in einer abwechselnden
Aufnahme und Ausscheidung luftförmiger
Stoffe besteht.
Bei denPflanzen und den niedrigsten
Tieren sowie bei den Eiern der
Tiere
scheint dieselbe an kein besonderes Organ gebunden zu sein, sondern an der ganzen Körperoberfläche vor sich zu gehen. Bei
der großen Mehrzahl der
Tiere ist aber zur Vermittelung der Respiration ein eigentümlicher
Apparat vorhanden,
dessen
Bau und Einrichtung in den verschiedenen Tierklassen verschieden ist. (S.
Lunge,
[* 21] Kiemen,
Tracheen.)
[* 22] Fast durchgängig
ist die Thätigkeit dieses
Apparats mit gewissen, äußerlich mehr oder weniger sichtbaren
Bewegungen bestimmter Körpergegenden
(Atembewegungen) verbunden. Am deutlichsten sind diese bei denjenigen Geschöpfen, welche
Lungen besitzen, also bei demMenschen,
den Säugetieren, den
Vögeln, Reptilien
¶
mehr
und Amphibien. Doch sieht man auch sehr lebhafte Atembewegungen bei vielen durch Kiemen atmenden Tieren, z. B. den Fischen
und Sepien (Tintenfischen).
BeimMenschen erfolgt die Aufnahme von Luft in die Lungen oder das Einatmen (Inspiration) dadurch, daß die Brusthöhle erweitert
wird, indem durch die Thätigkeit verschiedener Muskeln
[* 24] (Atemmuskeln) einesteils der Boden dieser Höhle,
das nach oben gewölbte Zwerchfell, sich abflacht und nach der Bauchhöhle zu hinabsteigt, andernteils die von den Rippen
und den sie verbindenden Weichteilen gebildeten Seitenwände der Brusthöhle sich heben und dadurch stärker wölben.
Die Brustwandungen sind auf ihrer Innenseite von einer sog. serösen Haut,
[* 25] dem Brustfell (s. Brust), ausgekleidet,
welche zugleich auf die Außenseite der Lunge sich fortsetzt und auf diese Weise einen überall hermetisch geschlossenen Sack
darstellt, dessen Höhle, die Pleurahöhle, etwas schlüpfrige Feuchtigkeit enthält und so das Gleiten der einander zugekehrten
Flächen begünstigt. Von der Kontinuität des Rippenfells und dem hermetischen Verschluß der Pleurahöhle hängt
die in mechan. Hinsicht ab. Denn da die elastischen Lungen mit ihrer Oberfläche der Innenfläche der Brustwandungen überall
luftdicht anliegen, so müssen sie notwendig den Bewegungen der letztern folgen und sich bei der Erweiterung der Brusthöhle
selbst mit erweitern, was eine stärkere Ausdehnung
[* 26] der unzähligen kleinen Bläschen (Alveolen) bewirkt,
aus denen das Lungengewebe besteht. Der durch die Verästelung der Luftröhren (Bronchien) und die Lungenbläschen hergestellte
Hohlraum der Lungen steht aber durch die Luftröhre, den Kehlkopf
[* 27] und die Mund- und Nasenhöhle mit der äußern Luft in direkter
Verbindung sobald also dieser Hohlraum vergrößert wird, strömt die Luft von außen herein und
füllt den Raum aus. Das Maß der eingeatmeten Luft entspricht also genau der Vergrößerung, welche der Brustkasten erleidet.
Indem nach einer sehr kurzen Dauer die Thätigkeit der Atemmuskeln wieder aufhört, erfolgt durch das Heraufsteigen des Zwerchfells
und das Zurücksinken der seitlichen Brustwände wieder eine Verengerung der Brusthöhle, und in demselben
Maße werden auch die Lungen auf ein geringeres Volumen zusammengedrückt. Infolge dieser Kompression muß eine der Verengerung
der Brusthöhle entsprechende Menge von Luft wieder aus den Lungen austreten. Diesen Austritt der Luft nennt man das Ausatmen
(Exspiration).
Die Lungen, mit den sie umschließenden Wandungen der Brusthöhle, verhalten sich also beim Ein- und Ausatmen
gerade wie ein elastischer Sack, dessen äußere Hülle abwechselnd auseinander gezogen und zusammengedrückt wird. Die Brusthöhle
dehnt sich übrigens beim Einatmen gewöhnlich nicht in allen ihren Teilen in gleichem Grade aus, sondern es herrschen in dieser
Hinsicht gewisse, durch Alter und Geschlecht bedingte Verschiedenheiten. In der Kindheit erweitert sie
sich besonders durch Herabsteigen des Zwerchfells, wobei der Bauch
[* 28] vorgewölbt wird (Bauchatmen), bei dem Manne mehr durch Ausdehnung
des untern, bei dem Weibe mehr durch Ausdehnung des obern Teils der Rippenwandung (Brustatmen). In die Luftröhre gelangt die
Luft beim Einatmen aus der Nasenhöhle und kehrt durch dieselbe beim Ausatmen auch wieder zurück.
Nur in Fällen, wo sich die Lungen so stark ausdehnen, daß zur Füllung derselben die durch die Nase
[* 29] eindringende Luft
nicht
ausreicht, oder wo der Luft der Durchgang durch die Nase sehr erschwert oder ganz verschlossen ist (wie bei manchen Krankheiten
der Nase und des hintern Rachenraums), oder endlich infolge schlechter Gewohnheit, wird die Luft auch
durch den Mund ein- und ausgeführt. Dies bewirkt, wenn es längere Zeit hindurch geschieht, Trockenheit und einen weißlichen
Belag der von ihr berührten Teile der Mundhöhle, vorzüglich der Zunge. Aus der Betrachtung der Atembewegungen ergiebt sich
von selbst, dass alles, was die Erweiterung der Brusthöhle behindert, auch die Atmung beeinträchtigen muß,
also nicht bloß Kleidungsstücke, die Brust- und Oberbauchgegend zusammenpressen, sondern auch Anfüllung des Bauchs mit Speisen
oder Ausleerungsstoffen.
Für gewöhnlich geben die Atembewegungen ohne unsern Willen vor sich, indem sie automatisch von einer ganz bestimmten stelle
des verlängerten Markes, dem Atmungscentrum oder Lebensknoten (s. d.), aus angeregt werden. Unser Wille
hat aber auf sie insofern einen Einfluß, als wir die Thätigkeit der Muskeln, durch welche sie bewirkt werden, nach Belieben
verstärken (tiefer einatmen) oder wenigstens auf Augenblicke hemmen (den Atem anhalten), sowie auch in gewissem Grade beschleunigen
oder verlangsamen und häufiger oder seltener sich wiederholen lassen können.
Außerdem aber richtet sich die Stärke
[* 30] und Häufigkeit der Atembewegungen nach dem Atmungsbedürfnis des Organismus, d. h.
nach dem Maße, in welchem der bei der Respiration in den Lungen stattfindende Gasaustausch für den Lebensprozeß gerade erforderlich
ist. Denn die Atmung gehört zu den Lebensbedingungen der organischen Körper; je höher diese
organisiert sind, desto weniger können sie dasselbe auch nur auf kurze Zeit entbehren. Ein Mensch kann nicht leicht über
eine Minute unter Wasser bleiben. In manchen krankhaften Zuständen, z. B. in der Ohnmacht, ist dagegen die Atmung oft viel länger
aufgehoben, weil in ihnen das Atmungsbedürfnis und das Leben überhaupt auf Null gesunken ist; während
solche Krankheiten, die zunächst nur eine Beeinträchtigung des Verkehrs zwischen Luft und Blut in den Lungen herbeiführen,
bei längerer Dauer auch eine Störung in den meisten übrigen Verrichtungen des Körpers zur Folge haben. Wird das Atmungsbedürfnis
nicht genügend befriedigt, so entsteht ein Beängstigungsgefühl.
Der chemische Prozeß, welcher bei allen Tieren in der Atmung maßgebend ist, besteht in dem Austausche von Kohlensäure und Wasserdampf,
welche im Körper gebildet und den Atemorganen zugeführt werden, gegen Sauerstoff, welcher aus der atmosphärischen Luft
bezogen wird. Der Stickstoff der Luft spielt bei der Atmung keine Rolle. Da die Luft aber selten mit Wasserdampf
vollständig gesättigt und selten auch so warm ist, als sie in der Lunge wird, so ist die notwendige Folge, daß beim Atmen
dem Körper Wasser entzogen wird.
Was die Zahl der abwechselnden Ein- und Ausatmungen, die in einer bestimmten Zeit gemacht werden (die
Häufigkeit der Atemzüge oder die Respirationsfrequenz), anbelangt, so variiert dieselbe bei verschiedenen Personen selbst
im gesunden Zustande und unter sonst gleichen äußern Bedingungen, namentlich aber durch äußere Einflüsse in hohem Grade.
Erwachsene Menschen atmen in einer Minute durchschnittlich 16 bis 20mal, Kinder öfter; auf vier Pulsschläge kommt dabei
im
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