mehr
des Erdbodens tragen die Winde [* 2] organische und unorganische Teilchen in die Höhe, Blütenstaub der Pflanzen, Mikroorganismen und Gesteinsfragmente. Im besondern in den Wüsten werden durch Wirbelwinde oft ungeheure Massen des Wüstensandes in hohe Luftschichten emporgerissen. Die Vulkane [* 3] senden ihre Aschenregen in die und die Brandung des Meers erfüllt die Luft mit kleinen Tröpfchen von Meerwasser, deren jedes, wenn es in der Luft verdunstet, seinen Salzgehalt als festen Kern in der Atmosphäre zurückläßt; daher die allgemeine Verbreitung des Natriums in der Atmosphäre. Endlich werden der Atmosphäre auch von außen durch die Verbrennung der Meteore in ihr feste Teilchen zugeführt; ob man es aber bei gewissen kugelförmigen Eisenpartikelchen, die man gelegentlich im Staube bei mikroskopischer Untersuchung gefunden hat, wirklich mit solchem Staube meteorischen Ursprungs, sog. kosmischem Staube zu thun hat, diese Frage ist von verschiedenen Forschern verschieden beantwortet worden.
Tissandier hat den Staubgehalt in Paris [* 4] bestimmt und unter normalen Bedingungen 7,2, nach einem heftigen Regen 6, nach achttägiger Trockenheit 23 mg in 1 cbm Luft gefunden; auf dem Lande unter normalen Bedingungen 0,25, nach längerer Trockenheit 3 und 4,5 mg in 1 cbm. Von dieser atmosphärischen Staubmasse waren 25-34 Proz. verbrennliche, organische Substanz, 75-66 Proz. mineralisch. In neuester Zeit hat man erkannt, dass der Staub für die Kondensation des Wasserdampfes in der Atmosphäre eine große Bedeutung hat.
Wie es scheint, findet nämlich diese Kondensation ausschließlich an den Staubteilchen statt, so daß jedem Wassertröpfchen eines Nebels oder einer Wolke ein Staubteilchen, wenn auch nur von außerordentlicher Kleinheit entspricht. Solche Kondensation von Wasser auf dem Staubteilchen kann man künstlich hervorrufen, indem man die Luft mit Wasser in Berührung bringt, bis sie sich mit Wasserdampf gesättigt hat, und sie dann plötzlich etwas verdünnt; durch die Ausdehnung [* 5] erfährt die Luft eine Abkühlung und infolge der Abkühlung verdichtet sich der Wasserdampf an den in der Luft enthaltenen Staubteilchen in Form eines Nebels.
Zählt man dann die in 1 ccm entstandenen Nebeltröpfchen, so stellt diese Zahl zu gleicher Zeit die Anzahl der in 1 ccm der untersuchten Luft enthaltenen Staubteilchen dar. Nach diesem Princip hat in jüngster Zeit J. Aitken die Zahl der Staubteilchen in der Atmosphäre an verschiedenen Orten gemessen und folgende Werte gefunden: auf Berggipfeln und überhaupt in wenig bewohnten Gebirgen enthält 1 ccm Luft nur wenig mehr als 200 Staubteilchen;
in der Nähe von Dörfern steigt ihre Zahl bis auf Tausende, in Städten bis auf Hunderttausende. In geschlossenem, von Gasflammen erhelltem Raume wurden bis zu 3½ Millionen Teilchen im Kubikcentimeter beobachtet.
Ein Cigarettenraucher sendet 4000 Millionen Teilchen bei jedem Zuge aus. (S. Staub.)
Die Durchsichtigkeit der Atmosphäre wird durch die Kondensationsprodukte des Wasserdampfes und die festen Beimengungen vermindert; auch tragen diese, indem sie das Sonnenlicht unregelmäßig reflektieren und zerstreuen, zur allgemeinen Tageshelle bei. Da mit den Niederschlagen auch der Staubgehalt der Atmosphäre zum Teil mit zu Boden gerissen wird, so üben die Niederschläge eine reinigende Wirkung auf die Atmosphäre aus; daher die große Klarheit der Atmosphäre bei schneller Aufklärung nach heftigem Regen.
Werden die das Licht [* 6] reflektierenden Teilchen außerordentlich klein, kleiner als die Wellenlängen des Lichtes selbst, so vermögen sie nicht mehr die Strahlen aller Wellenlängen gleichmäßig zu reflektieren; sondern je kleiner sie werden, um so ausschließlicher werden die Strahlen von kürzerer Wellenlänge, d. h. die blauen und violetten an ihnen diffus reflektiert. In dieser Weise erklärt sich die bläuliche Färbung der sog. trüben Medien, z. B. von Wasser, dem einige Tropfen Milch zugesetzt sind, oder die blaue Farbe des vom glimmenden Ende einer Cigarre aufsteigenden Rauches.
Eine Erscheinung von ganz der gleichen Art ist die blaue Farbe des Himmels (s. d.). Daß man es dabei in der That mit einer Art von Reflexion [* 7] des Lichts zu thun hat, folgt daraus, daß das blaue Himmelslicht ebenso wie das diffuse Licht der trüben Medien in charakteristischer Weise polarisiert ist. Außer dieser Zerstreuung erfahren Lichtstrahlen von gewissen Wellenlängen eine Absorption in der Atmosphäre. Man erkennt dies daran, daß im Sonnenspektrum bei tiefstehender Sonne [* 8] gewisse dunkle Linien, die bei hochstehender Sonne gar nicht oder nur schwach zu sehen sind, sehr stak hervortreten. Diese Linien bezeichnet man als terrestrische oder atmosphärische Linien. (S. Spektralanalyse.) [* 9] über die Brechung [* 10] der Lichtstrahlen in der s. Strahlenbrechung [* 11] (astronomisch) und Lichterscheinungen.
Diejenigen Sonnenstrahlen, die von der Erdatmosphäre nicht absorbiert oder nach außen zerstreut werden, gelangen zur Erdoberfläche und erwärmen diese. Da nun die Atmosphäre immerhin den größern Teil der Sonnenstrahlung durchläßt, und außerdem die untern Luftschichten wegen ihrer größern Dichte in höherm Grade als die obern Luftschichten befähigt sind, sich durch Absorption der direkten Sonnenstrahlung oder der Strahlung des Erdbodens zu erwärmen, so wird die Erwärmung der Atmosphäre im wesentlichen von unten her erfolgen und die Sonnenwärme wird den untersten Luftschichten vorwiegend zu gute kommen. Je senkrechter die Sonnenstrahlen auf die Erdoberfläche auffallen, um so intensiver ist deren Erwärmung und um so höher die Temperatur der darüber liegenden Luftschichten. Daher nimmt die Lufttemperatur vom Äquator nach den Polen hin ab. Die folgende Zusammenstellung enthält die mittlern Jahrestemperaturen jedes 10. Parallelkreises nach Spitaler:
80 | 70 | 60 | 50 | 40 | 30 | 20 | 10 | Äquat | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Nördl Br. | -16,5 | -9,9 | -0,8 | 5,6 | 14,0 | 20,3 | 25,6 | 26,4 | 25,9 |
Südl. Br. | - | - | 0,2 | 5,9 | 11,8 | 18,5 | 22,7 | 25,0 |
Außer von dem Einfallswinkel der Sonnenstrahlen ist die Erwärmung der Erdoberfläche und damit die Lufttemperatur in hohem Grade von der Beschaffenheit der Oberfläche abhängig; vor allem kommt der Unterschied von Land- und Wasserflächen in Betracht. Landflächen erwärmen sich stärker durch die Einstrahlung und kühlen sich auch umgekehrt durch Ausstrahlung stärker ab als Wasserflächen. Daher zeigen sowohl die mittlern Jahrestemperaturen wie die täglichen und jährlichen Temperaturschwankungen auch für Orte desselben Breitenkreises große Verschiedenheiten. (S. Lufttemperatur, Kontinentalklima, Seeklima.) Daraus erklärt sich auch, daß in der obigen Tabelle die mittlern Jahrestemperaturen für die südl. Breitenkreise etwas kleiner sind als für die gleichen nördlichen; denn auf der südl. ¶
mehr
Halbkugel ist die Wasserbedeckung eine bedeutend größere als auf der nördlichen.
Ebenso wie vom Äquator nach den Polen hin muß die Temperatur der Atmosphäre auch an jeder Stelle der Erdoberfläche abnehmen mit der Erbebung über die Bodenfläche. Am einfachsten läßt sich dies an den Abhängen der Gebirge beobachten. Genaue Untersuchungen hierüber haben ergeben, daß die Temperaturabnahme mit der Erhebung an Gebirgshängen in den tropischen und den außertropischen Gebirgen durchschnittlich denselben Wert bat, nämlich 0,58° C. für 100 m Erhebung.
Doch ist der Einfluß örtlicher Verhältnisse auch bei dieser Größe ein sehr erheblicher. Auch ist der Betrag dieser Temperaturabnahme mit der Jahreszeit periodisch veränderlich; für das mittlere Europa [* 13] hat man z. B. die folgenden Werte für die Wärmeabnahme pro 100 m: im Winter 0,45°, im Frühling 0,67°, im Sommer 0,70°, im Herbst 0,53°. In der freien Atmosphäre ist die Temperaturabnahme mit der Höhe durchschnittlich etwas größer, wie die Beobachtungen James Glaishers auf seinen Ballonfahrten gezeigt haben;
aus diesen ergiebt sich für die untern 1000 m der Atmosphäre 0,88° C. Temperaturabnahme für je 100 m Erhebung. Im Sommer ist dieser Betrag für die alleruntersten Schichten der Atmosphäre noch bedeutend größer. Im Winter bei starker Abkühlung des Bodens dagegen kann sich das Temperaturgefälle in den untersten Schichten umkehren, so daß mit der Erhebung über den Boden zuerst eine Temperaturzunahme und erst von höhern Schichten an die normale Temperaturabnahme eintritt.
Nach dem oben über die Erwärmung der Atmosphäre Gesagten rührt die Abnahme der Temperatur mit der Höhe in erster Linie davon her, daß man sich von der erwärmten Erde entfernt und dem leeren, ungehinderte Ausstrahlung gestattenden Weltenraume nähert. Es kommen aber als zweites Moment die Bewegungen und Strömungen hinzu, die durch die horizontalen Temperaturunterschiede in der Atmosphäre erzeugt und unterhalten werden und eine fortdauernde Mischung der verschieden warmen Luftschichten herbeiführen.
Soweit dabei die Luftmassen sich in horizontaler Richtung bewegen, führen sie ihre Wärme [* 14] mit sich und wirken ausgleichend auf die vorhandenen horizontalen Temperaturunterschiede. Solche Luftmassen dagegen, die sich vorherrschend in vertikaler Richtung bewegen, ändern mit der Höhe über dem Erdboden auch ihre Temperatur. Eine aufsteigende Luftmasse kommt nämlich wegen der vertikalen Abnahme des Luftdruckes mit zunehmender Höhe unter immer geringern Druck, dehnt sich infolgedessen aus und kühlt sich dabei ab, wie sich fast alle Körper abkühlen, wenn sie ausgedehnt werden.
Umgekehrt wird eine absteigende Luftmasse durch den höhern Druck der untern Schichten mehr und mehr zusammengedrückt und dadurch erwärmt. Die Mischung der Atmosphäre durch auf- und absteigende Luftströme muß also auch dahin wirken, daß die untern Luftschichten die wärmern, die obern die kältern sind. Nach der Theorie muß für trockne oder wenigstens nicht mit Wasserdampf gesättigte Luft die Temperaturabnahme beim Steigen oder -Zunahme beim Fallen [* 15] für je 100 m ungefähr 1° C. betragen; in der That hat man diesen Wert der vertikalen Temperaturabnahme in aufsteigenden oder absteigenden Luftströmen, z. B. beim Föhn (s. d.), beobachtet. Ist die Luft mit Wasserdampf gesättigt, so tritt beim Aufsteigen durch die Abkühlung Kondensation des Wasserdampfes ein (Wolkenbildung, Cumuluswolke) und die dabei frei werdende Kondensationswärme ersetzt die beim Aufsteigen verbrauchte Wärme zum Teil und vermindert den Betrag der Abkühlung auf ungefähr die Hälfte des für trockne Luft geltenden Wertes.
Die erwähnten Bewegungen und Strömungen der Atmosphäre haben zum Teil einen örtlichen Charakter (s. Land- und Seewinde, Gebirgswinde, Monsune), zum Teil sind sie allgemeinerer Natur. Die ständigen Temperaturunterschiede zwischen den Äquatorialgegenden und den höhern Breiten bedingen nämlich ein allgemeines, über die ganze Erde verbreitetes, wenn auch stellenweise durch örtliche Verhältnisse verschobenes oder verändertes System von Luftströmungen, das man als die allgemeine atmosphärische Cirkulation zu bezeichnen pflegt.
Die Art dieser Bewegung und ihre Unterhaltung durch die Sonnenwirkung ist am besten mit der Cirkulation des Wassers in dem Röhrensystem einer Wasserheizung vergleichbar. Als Heizfläche dient die Äquatorialzone. Hier steigt die erwärmte Luft in die Höhe; zum Ersatz strömt von den Seiten, d. h. von Norden [* 16] und Süden, kältere Luft herbei. Diese wird aber von der längs den Meridianen gerichteten Bewegung, die sie auf einer ruhenden Erde haben müßte, durch die Erddrehung abgelenkt, auf der nördl. Erdhälfte nach rechts, auf der südlichen nach links (s. Buys-Ballotsche Regel).
Infolgedessen treten diese Winde nördlich vom Äquator als Nordost-, südlich vom Äquator als Südostwinde aus. Man nennt sie Passate; ihre Bezirke sind auf der Karte Isobaren (s. d.) durch feine schwarze Pfeile angedeutet. Zwischen ihnen liegt eine windstille Zone, die Region der Kalmen oder Doldrums. Die Luft, die im Kalmengürtel aussteigt, muß von dort beiderseits nach den Polen hin abfließen. Über der äquatorwärts gerichteten Strömung der untern Luftschichten, den Passaten, wird also eine polwärts gerichtete Strömung der obern Luftschichten, Gegenpassat, stattfinden müssen.
Wenn die Erde ruhte, so würde sich diese polwärts strömende Luft, wegen des allmählichen, nach den Polen zu eintretenden Zusammenrückens der Meridiane schon in mittlern Breiten anstauen müssen; dadurch würde eine Erhöhung des Luftdruckes entstehen; die mittlern und höhern Breiten müßten mit einem Barometermaximum überdeckt sein, in dem die vom Äquator kommende Luft der obern Schichten zu Boden sänke, um dann in den untern Schichten nach der äquatorialen Gegend geringern Druckes zurückzuströmen. In Wirklichkeit aber wird die polwärts strömende Luft durch die Erddrehung auf der nördl. Halbkugel nach rechts, auf der südlichen nach links abgelenkt.
Ihre Richtung, die aus der nordöstlichen oder südöstl. Passatströmung beim Aufsteigen über den Kalmen zunächst in eine rein östliche übergeht und dann allmählich nach Norden oder Süden umbiegt, wird durch die fortgesetzte Ablenkung schließlich in den höhern Breiten in eine reine Westströmung verwandelt werden. Anstatt also direkt zu den Polen zu strömen, wird die Luft der höhern Schichten die Pole in Form je eines großen Wirbels umkreisen; infolgedessen wird statt des erwarteten Barometermaximums nach den Polen zu ein Barometerminimum wie im Centrum einer Cyklone entstehen. In mittlern Breiten aber wird die durch das Zusammenrücken der Meridiane bewirkte Anstauung der Luftmassen durch die aus der Erddrehung folgende Fortdrängung der Luft von den Polen ¶