Das Geez hat eine eigentümliche
Schrift, fortgebildet aus der sabäisch-himjarischen, mit der sie ursprünglich identisch
war. Sie wird von links nach rechts geschrieben und hat, obgleich ursprünglich reine Konsonantenschrift, sich doch früh
zu einer Silbenschrift vervollkommnet, indem verfolgende
Vokal durch leichte
Variationen der Form des voraufgehenden
Konsonanten
dargestellt wird.
Die äthiop. Litteratur beginnt, wenigstens soweit sie uns erhalten, erst
nach der Einführung des
Christentums in
Abessinien und ist vorwiegend kirchlich.
Ihre Grundlage bildet die
Übersetzung der
Bibel,
[* 2] die mit Ausnahme der Makkabäerbücher sämtliche biblischen
Bücher des Alten und
NeuenTestaments, auch die apokryphischen,
umfaßt, und an die sich noch andere spätjüd. oder altchristl.
Schriften anschließen, wie das
Buch derJubiläen, das
BuchHenoch, das vierte
BuchEsra, die
Ascensio Jesaiä, der «Hirt» des Hermas u. a.
Seit 1853 ist eine Gesamtausgabe des Alten
Testaments von Dillmann begonnen, aber bis jetzt nicht zu Ende geführt.
Das
Neue Testament ist 1548 zuRom
[* 3] nach einem guten
Text, aber sehr fehlerhaft, und dann in der
Londoner
Polyglotte noch fehlerhafter gedruckt; eine neue
Ausgabe, nach einem gemischten
Text, hat Platt besorgt (Lond. 1830). An diese
biblischen
Schriften reihen sich
Übersetzungen von andern wichtigen kirchlichen und geschichtlichen Werken zum
Teil in der
ältern Zeit aus dem
Griechischen, zum
Teil gegen das Ende des Mittelalters aus dem
Arabischen, zum
Teil
auch aus dem Koptischen, z. B. Werke der Kirchenväter, Liturgien, Sammlungen der
Kanones, Kirchenrecht, Homilien, jüd. und
arab.
Chroniken, Heiligengeschichten.
Als
Übersetzung eines besonders wichtigen profan-histor. Werkes sei erwähnt die von Zotenberg besorgte
Ausgabe der
«Chronique
deJean, évêque de Nikion» (Par. 1883), die nur noch in dieser äthiop.
Übersetzung erhalten ist. Die originalen Werke von einheimischen Schriftstellern sind ebenfalls meist christl.-kirchlichen
Inhalts; zu den wichtigsten gehören die großen Kirchengesangbücher (mit Gesangnoten versehen), die Werke über die
einheimische Königsgeschichte (meist im
Tarikstil, d. h. in einer aus Geez und
Amharisch gemischten
Sprache
[* 4] geschrieben), der histor.
Roman «Kebra nagast» (aus der alten Geschichte
Abessiniens) und eine Menge von Heiligengeschichten. Die
Poesie ist ganz in den
Dienst der
Kirche getreten; ihre Erzeugnisse bestehen, abgesehen von der edlern Hymnenpoesie der
Gesangbücher, fast ganz aus
gereimten Gebeten oder Lobpreisungen von
Heiligen. Die Handschriften, in denen uns die äthiop. Litteratur
erhalten ist, sind sämtlich verhältnismäßig jung. Keine einzige stammt aus der Zeit, in der die äthiop.
Sprache noch mehr war als tote Schriftsprache.
Größere Sammlungen äthiop. Handschriften finden sich zu
Rom,
Paris,
[* 5]
Tübingen,
[* 6] London
[* 7] (im
Britischen Museum), Oxford,
[* 8]
Frankfurt
[* 9] a. M.,
Berlin,
[* 10]
München
[* 11] undWien;
[* 12] die größte hatte früher
Abbadie (s. d.); doch steht seit dem Erwerb der Magdalal-Sammlung von 348 Nummern
das
Britische Museum an Reichhaltigkeit obenan.
(grch.), im
Altertum im allgemeinen ein Wettkämpfer, der sich an den gymnischen
Spielen (s.
Agon) beteiligte.
Seit dem 5. Jahrh.
v. Chr. wurde das Kampfspiel schon bei den Griechen mehr und mehr ein Erwerbszweig, und die Athletik eine
Kunstfertigkeit, deren Erlernung und Ausübung eine eigentümliche Lebensweise erforderte und an besondere
Regeln gebunden war. Noch mehr machte sich das Handwerksmäßige der Athletik geltend, als das hellenische Leben sich mit
dem römischen zu vermischen begann. In
Rom traten die ersten in
Griechenland
[* 13] gedungenen Athlet 186
v. Chr. auf.
Völlig zunftmäßig ausgebildet erscheint das Athletenwesen in der röm. Kaiserzeit, wo
es Athletengenossenschaften fast in allen größern
Städten des
Reichs gab. In
Italien,
[* 14] besonders in
Rom, wurden die Athletenkämpfe
seit dem Beginn der Kaiserzeit immer beliebter. Den Siegern wurden Geschenke und Ehrenzeichen gespendet. In neuerer Zeit
nennen sich Schaukünstler Athlet, die in
Übungen, welche große Körperkraft erfordern, wie im Heben, Tragen,
Stemmen, Hervorragendes leisten.
Vgl.
Krause, Die Gymnastik und
Agonistik der Hellenen (2 Bde., Lpz. 1841);
Friedländer,Darstellungen aus der Sittengeschichte
Roms, Bd. 2 (6. Aufl., ebd. 1889).
(spr. äthlóhn),Stadt in der irischen
Grafschaft Westmeath, 129 km westlich von Dublin,
[* 15] am Shannon, 5 km
südlich vom Lough (See) Ree, teilt sich in die schmutzige Irishtown (aus dem Gebiete der
Grafschaft Roscommon)
rechts und die schöne Neustadt
[* 16] links vom
Flusse und hat (1891) 6742 E., eine schone Eisenbahnbrücke (170 m lang),
Brennereien,
Leinwandwebereien, Filzhutfabriken und lebhaften Verkehr. Athlone ist ein Hauptstapelplatz für militär.
Vorräte mit
Kasernen für 1500 Mann; die Festungswerke (6 ha.) umfassen ein altes, durch König
Johann
gegründetes Schloß. Nach der
Schlacht an der
Boyne belagerte Wilhelm III. Athlone vergebens, das erst General
Ginkell nahm; letzterer wurde deshalb zum
Grafen von Athlone ernannt.
seit dem Mittelalter von den Griechen Hagion Oros (spr. ajonoros; daraus der türk.
Name Aineros,
d. i.
heiliger Berg), von den
Italienern Monte-Santo genannt, eine 47 km lange und bis 11 km breite Gebirgsmasse,
die als östlichste der drei Halbinseln der
Chalcidice (s. d.) in das
Ägäische Meer vorspringt, nur durch
einen schmalen, niedrigen Isthmus mit dem Festlande zusammenhängend. Sie bildet einen einförmigen, bewaldeten Höhenzug
von krystallinen
Schiefern, über welchen sich am Südende der Marmorkegel des Athosberges bis zu 1935 m erbebt (zur Geologie
[* 18] des Athos vgl. Neumayr in der «Denkschrift der kaiserl. königl.
Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-naturwissenschaftliche
Klasse», Bd. 40,
Wien 1880). Nach dem Athos fahren Dampfschiffe von
Konstantinopel,
[* 19] Smyrna und Saloniki
[* 20] etwa alle 8 -14
Tage.
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mehr
Nach Herodot lagen im Altertum fünf Städte dort, Dion, Olophyxos, Akrathoos, Thyssos und Kleonä, mit einer aus Thrakern
und Griechen gewischten Bevölkerung.
[* 22] Die schmalste, 1,8 km breite Stelle der Halbinsel, nahe der macedon. Küste, wollte der
Perserkönig Xerxes zur Durchfahrt für seine Flotte um 482 v. Chr. durchstechen, der Kanal
[* 23] wurde aber nicht
vollendet. In christl. Zeit, doch kaum vor dem 8. Jahrh., bevölkerte
sich der Berg mit Anachoreten (s. d.), die sich um die Laura (s. d.)
von Karyes in der Mitte der Halbinsel scharten, wo ihr Protos (s. Archimandrit) seinen Sitz hatte.
Das erste Koinobion (s. d.), die «größte
Laura» oder die «Laura des heil.
Athanasios», gründete 963 der Grieche Athanasios mit Hilfe des KaisersNikephorosPhokas. Die durch das mächtig emporblühende
Kloster entstandenen Rechtsverschiebungen in der heiligen Gemeinde des Athos ordnete die für die alten Zeiten gültige Verfassung
von 969, die der KaiserJohannesTzimiskes gab. Nach dieser lag die Regierung in den Händen des Protos und
der Hegumenen (s. Hegumenos).
Bald gründeten neben vielen reichen griech. Stiftungen auch andere Nationen dort Klöster, die Iberer (Georgier) das noch jetzt
bestehende Kloster Iberon oder Iwiron, Italiener von Amalfi das der Amalfitaner, Slawen (Bulgaren, Serben) Zographu und Chiliantari.
Das jüngste griech. Kloster, Stawronikita, stammt aus dem Jahre 1543. Von kaiserl. Gunst
beschützt und beschenkt, blühte das Gemeinwesen, dessen Verfassung 1046 revidiert und freier gestaltet wurde, mächtig auf.
Unter AlexiosKomnenos wurden die Klöster reichsfrei. Vom Hellenismus beherrscht, hielten sie sich auch in der fränk.
Zeit nach 1204 zu den Kaisern von Nicäa. Seit dem 13. Jahrh. gewann der Hesychasmus (s. Hesychasten) Ausdehnung,
[* 24] etwa gleichzeitig aber lockerte sich die Disciplin dadurch, daß viele Klöster zum idiorrhytmischen (s. d.)
Leben abfielen.
Die Türken, denen sich die Mönche nach dem Falle von Thessalonich 1430 freiwillig unterwarfen, ließen der Berggemeinde gegen
eine jährliche Abgabe völlige Freiheit der Verwaltung und des Kultus, nur setzten sie einen Beamten nach
Karyes, der jetzt die Würde eines Kaimakam hat. An die Stelle der byzant. Kaiser traten als christl. Schützer die Fürsten
der slaw. Balkanstaaten. Nachdem bereits im 17. Jahrh. durch die
Herrschsucht der Klöster der Protos gefallen, wurde 1783 auf Grund eines neuen Typikon (s. d.) die Verfassung
der Gemeinde durch den PatriarchenGabriel von Konstantinopel geregelt.
Diese gilt mit geringen Abänderungen noch jetzt. Nach ihr liegt die Regierung bei der ständigen Versammlung der Vertreter
der 20 Klöster, die je einen solchen entsenden. Die Versammlung, Synaris genannt, hat noch einen Ausschuß aus vier Epistaten
oder Vorstehern, deren einer, der Protepistates, den Vorsitz in beiden Körpern führt. Der Sitz der Regierung ist, wie in
alter Zeit, der Flecken Karyes. Die Oberbehörde der heiligen Berggemeinde ist der Patriarch von Konstantinopel.
Eine Bildung der neuern Zeit, vielleicht im Zusammenhang mit der Lockerung der Zucht durch die idiorrhythmischen
Klöster, sind die Sketen (s. d.), die sich in Abhängigkeit von den Klöstern ausbildeten. Deren giebt es jetzt 12, selbständige
Klöster 20, darunter die Laura, Iwiron, Watopedi, Russikon die mächtigsten, Kellien gegen 300, Mönche im ganzen an 5000. Die
Mönche leben seit alters im allgemeinen nach den Regeln des Basilius (s. d.), im besondern nach dem Typikon
ihres Klosters,
in strenger Ascese.
Beschwerliche Gottesdienste bei Tag und Nacht, sowie strenge Fasten sind vorgeschrieben. Auch außer der Fastenzeit essen
die Bewohner der Koinobien und Sketen gar kein Fleisch, meist nur Gemüse und Brot,
[* 25] höchstens getrockneten Fisch, die der
idiorrhythmischen Klöster und Kellien auch Eier
[* 26] und Fleisch. Keine Frau darf nach alter Tradition die
Halbinsel betreten, auch duldet man keine weiblichen Haustiere. Die weltlichen Beschäftigungen der Mönche erstrecken sich
auf einigen Gartenbau, Fischfang, Kohlenbrennen, Schnitzen von Kreuzen, Löffeln u. dgl. aus Holz
[* 27] und Elfenbein, Malen von Heiligenbildern,
Fabrizieren von Räucherwerk.
Die Bildung ist bei der Mehrzahl stets gering gewesen, da auch Wissenschaft und Kunst von den Strenggesinnten
stets zur «Welt» gerechnet wurden, der ja die Mönche entfliehen wollen.
Doch hat der Athos zu allen Zeiten Gelehrte und Künstler, namentlich Maler aufweisen können. Um die Mitte des 18. Jahrh, war
der Athos sogar kurze Zeit der Mittelpunkt der griech. Bildung, denn 1749 gründeten die Mönche von Watopedi
nahe beim Kloster eine Akademie, die unter Eugenios Bulgaris (s. d.) großen Aufschwung nahm. Man lehrte dort abendländ. Philosophie,
klassische Bildung und griech. Theologie. Den Nachfolgern des Eugenios aber fehlte der Geist, auch stand die Regierung in Konstantinopel
der Schule feindlich gegenüber, daher ging sie im Anfange des 19. Jahrh.
ein. In neuerer Zeit findet man wieder gebildete Mönche, da namentlich aus den idiorrhythmischen Klöstern manche in Athen
[* 28] und Chalki studieren.
Jedes Kloster bildet ein längliches Viereck
[* 29] von Gebäuden. (Abbildung s. Tafel: Byzantinische Kunst,
[* 21]
Fig. 8.) Im Innenhof steht
die bis auf Vorhalle und Altarraum quadratische, kuppelüberwölbte Kirche, innen mit Fresken aus dem 14. bis 19. Jahrh. und
vielen undatierten Tafelbildern. Besser als anderswo kann man hier die byzant. Kunst auch des jüngsten halben Jahrtausends
kennen lernen, da sie auch unter türk. Oberherrschaft fortwährend gepflegt wurde. Zu großem
Rufe ist in unserm Jahrhundert gelangt das «Handbuch der Malerei
vom BergeAthos» (französisch von Didron 1845; deutsch 1855; griechisch, 2. Ausg.
1885), verfaßt vom Maler und Priestermönch Dionysios wahrscheinlich im 16. oder Anfang des 17. Jahrh., das
man irrtümlich als Kunstkanon der griech. Kirche angesehen hat.
Nahe der Kirche befindet sich das Speisehaus. Außerhalb des Klosters häufig die Mühle, die Schmiede
u. dgl., immer aber der Kirchhof. Jedes Kloster hat einen Hafen. Die Schätze der Klöster sind, außer den Kirchengeräten,
die handschriftlichen Bibliotheken, die für Byzantinertum noch immer großen Wert haben. Die Zahl der griech.
Pergament- und Papierhandschriften beträgt etwa 10000. Namentlich kostbar sind die Urkunden der Kaiser,
Fürsten und Sultane, von denen die Klöster viele besitzen.
In der neuesten Zeit suchen die Russen, nachdem sie das von griech. Mönchen fast verlassene Kloster des heil. Panteleimon
(Russikon) bevölkerten, auch im Gebiete anderer Klöster Platz zu fassen. Doch scheint die Energie des
erwachten Hellenismus bereits die Hochflut der Slaweninvasion überwunden zu baben. Herrschaft über den Athos würde
den Russen gewaltige Macht in der anatolischen Kirche verleihen, daher steht auch die türk. Regierung den eindringenden Russen
feindlich gegenüber.
Vgl. Fallmerayer, Fragmente aus dem Orient (2 Bde., Stuttg. 1845);
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