31 Die Ö. bilden keine abgeschlossene chem. Gruppe. Sehr viele gehören zwar zu den Terpenen (s. d.), wie das Terpentinöl,
Bergamottöl u.s.w., Kohlenwasserstoffen von der Zusammensetzung C10H16;
andere aber enthalten sauerstoffhaltige Verbindungen,
z. B. Aldehyde, wie das Zimmetöl;
Ketone, wie das Rautenöl;
Säuren, wie das Nelkenöl;
Ester, wie das Wintergrünöl;
auch
Alkohole und Phenole.
Von einem gleichartigen chem. oder physik. Verhalten kann daher keine Rede sein, von ihren nähern
Eigenschaften wird aus diesem Grunde bei den einzelnen Ölen in besondern Artikeln gehandelt.
An der Luft absorbieren die meisten A. Ö. Sauerstoff, wobei die nicht zur Klasse der Terpene gehörenden sich in
nichtflüchtige harzartige Produkte verwandeln. Die Anwendung der O. ist eine sehr mannigfaltige. Vorzugsweise benutzt man
sie in der Parfümerie zur Darstellung wohlriechender Seifen, Öle, Pomaden, Esprits, Wässer u. dgl.; ferner zu Liqueuren (Kümmel,
Anis u. s. w.), zum Würzen von Speisen; auch als Heilmittel werden einige benutzt, und die billigen dienen
als Lösungsmittel für Harze zur Firnisbereitung.
Infolge ihres oft hohen Preises sind viele Ö. Verfälschungen ausgesetzt, und wohl auf keinem Gebiete der chem. Industrie
wird diese Fälschung so offenkundig, so systematisch betrieben wie auf diesem, da die chem.
Analyse nur sehr unvollkommene Mittel zur Unterscheidung und Erkennung der echten A. Ö. darbietet. Gewisse
Zusätze, wie fette Öle, Alkohol, Chloroform, sind allerdings leicht nachzuweisen, allein diese bilden die Ausnahme; die Regel
ist die Fälschung mit andern wohlfeilen Ö. (Terpentinöl, Citronenöl, Eukalyptusöl), die sich oft weder durch Reaktionen
noch durch ihre Zusammensetzung von den der Verfälschung unterworfenen unterscheiden, und bei denen man
einzig und allein auf den Geruch angewiesen ist, der sich zwar durch Übung sehr schulen läßt, aber dennoch Täuschungen
unterworfen ist. –
Vgl. Husemann-Hilger, Die Pflanzenstoffe (2. Aufl., Berl. 1848);
Bornemann, Die Öle des Pflanzen- und
Tierreichs (2 Tle., 5. Aufl., Weim. 1889–91).
(grch.), Grützbeutel oder Grützbreigeschwulst, eine haselnuß- bis hühnereigroße gutartige Geschwulst im
Unterhautzellgewebe, die durch Ansammlung des Talgdrüsensekrets nach vorausgegangener Verstopfung des Ausführungsganges
entsteht und einen breiigen, hauptsächlich aus Fetttropfen, Fettkrystallen und Epidermiszellen bestehenden
Inhalt besitzt. Das Atherom findet sich vereinzelt oder zahlreich am Kopfe, besonders am behaarten Teile desselben, im Gesicht und
Nacken, seltener am Stamme, macht nur dann Beschwerden, wenn es sich entzündet, und wird am zweckmäßigsten mit dem Messer
exstirpiert. Wird nur der Inhalt entleert, so füllt sich der Sack gewöhnlich bald wieder mit Fettmassen
an.
(spr. äthert'n), Stadt in der engl. Grafschaft Lancaster, 21 km im NW. von Manchester,
hat (1891) 28724,
als Stadtbezirk (Urban-Sanitary-District) 15833 E., Eisenwerke, Kohlengruben, Seiden- und Baumwollweberei.
(vom grch. áthetos, ohne feste Stellung), eine eigentümliche, zuerst von Hammond beschriebene Krampfform,
welche sich hauptsachlich kundgiebt durch unablässige, oft auch im Schlafe andauernde Krampfbewegungen der Finger und Zehen
und durch die Unmöglichkeit des Kranken, diese Teile in irgendwelcher Stellung ruhig zu halten. Besonders
charakteristisch pflegen die Bewegungen in der Hand und den Fingern zu sein; hier sieht man gewöhnlich ein unterbrochenes
Beugen, Strecken, Spreizen, Durch- und Übereinanderbewegen der einzelnen Finger, welche dadurch oft die seltsamsten Stellungen
einnehmen. Die Athetose ist entweder ein selbständiges Nervenleiden oder sie tritt im Anschluß
an Epilepsie, Hirnschlagfluß, Geisteskrankheit u. dgl. auf. Das Übel ist meist sehr hartnäckig; die Behandlung besteht
in der Anwendung von Bromkalium, Chloralhydrat und des konstanten elektrischen Stroms. –
Vgl. Oulmont, Étude clinique surl’Athétose (Par. 1878).
(grch. Aithiopia, in der Bibel Kusch genannt), alte geogr. Bezeichnung, unter der man
in weiterm, gänzlich unbestimmtem Sinne alles dasjenige Südland verstand, das man von dem Volke der Äthiopier bewohnt dachte,
im engern Sinne (Aethiopia supra Aegyptum) aber das südlich von Philä am Nil aufwärts gelegene, im O. vom Arabischen Meerbusen
begrenzte, im SO. bis zu den Küsten des Arabischen Meers reichende Land, also ungefähr das jetzige Nubien,
Abessinien, Adal- und Somalland.
Den Namen Äthiopien übertrugen speciell die christl. Abessinier auf ihr Reich, das sonst nach der Hauptstadt Axum auch Axumitisches
Reich genannt wurde. Seine Entstehung und älteste Geschichte ist in Dunkel gehüllt. Die einheimischen
Nachrichten haben keinen Anspruch auf geschichtliche Wahrheit. Sie knüpfen den Stammbaum des axumitischen Königsgeschlechts
an den israel. König Salomo an, indem sie die axumitische Königin Makeda (als Königin von Saba, 1Kön. 10). zu Salomo
reisen und diesem einen Sohn, Ebna Hakim (auch Menilehek genannt), den Ahnherrn der axumitischen Könige,
gebären lassen.
Eine Liste von über 20 Königen führt von da an das Geschlecht herunter bis auf König Bazen, der zur Zeit Christi geherrscht
haben soll; eine weitere Liste von bald 31, bald 10, bald 14 Namen führt bis auf die Brüder-Könige Ela-Abreha und Atzbeha,
unter deren Regierung Abba-Salâma (Frumentius) das Christentum gebracht haben soll. und die nach einigen
Axum bauten. Für die Zeit von Abreha und Atzbeha an sind wieder verschiedene, nur in einzelnen Namen zusammenstimmende lange
Listen von Königen in Umlauf, welche bis auf die Zâguédynastie, etwa im 10. Jahrh., reichen. Glaubwürdiger
als diese ältern Listen sind die freilich spärlichen auswärtigen Nachrichten (namentlich im «Periplusmaris Erythraei»),
sowie die durch Münzen und mehrere Inschriften gegebenen Anhaltspunkte. Das Reich stand in den ersten Jahrhunderten
unserer Zeitrechnung unter den Einflüssen der griech. Kultur, wie auch die ältesten Landesmünzen
griech. Legenden haben. Früh
mehr
32 hatten die Könige bereits auch in Südarabien festen Fuß gefaßt. Die Oberherrschaft über Südwestarabien wurde, mehr
oder weniger bestritten, bis um die Mitte des 6. Jahrh, aufrecht erhalten. Das Christentum fand seit Mitte des 4. Jahrh. im
Reiche Eingang, größere Fortschritte machte es aber erst in der zweiten Hälfte des 5. Jahrh.
(s. Abessinische Kirche). Jedenfalls waren von etwa 500 n.Chr. an das Königshaus und der Hauptteil des Reichs christlich. 525 fand
der berühmte Krieg des christl. Abessinierkönigs gegen den jüd. König
Dhu-Nuwâs von Himjar (s. Himjariten) statt.
Bald darauf scheint sich die Abhängigkeit Südarabiens gelockert und allmählich aufgehört zu haben.
Im übrigen ist über diese lange Periode des Axumitischen Reichs fast nichts überliefert. Als letzter König der Reihe wird
in den Listen Delnaod genannt. Ihm sei das Reich von dem nichtsalomonischen Hause Zâguê geraubt und die bisherige Dynastie
bis auf einen Prinzen, der in Schoa Zuflucht fand, ausgerottet worden; dieser habe das Geschlecht fortgeführt
und von ihm stamme im achten Geschlecht der spätere König Jekunô-Amlâk ab. Die Dauer der Regierung derer von Zâguê (nach
den meisten Berichten 11 Könige) wird auf 330 bis 376 Jahre angegeben. Aus diesem Hause erstanden mehrere durch ihren Eifer
für das Christentum ausgezeichnete Herrscher, wie Jemrehana-Christos, Lalibalâ, Naakuetô-Laab; besonders
der heil. Lalibalâ ist durch die vielen kunstvollen, schönen Kirchen, die er angeblich durch ägypt. Werkmeister ganz in
Felsen lebendigen Gesteins aushauen ließ, berühmt geworden.
Im J. 1270 kam in Jekunô-Amlâk die alte Dynastie wieder auf den Thron und blieb nun in ununterbrochenem Besitz.
Von Jekunô-Amlâk an werden die Nachrichten etwas sicherer und zusammenhängender, obgleich erst mit dem bedeutenden Herrscher
Zar'a-Jacob (1434–67) die ausführlichen Annalen beginnen. Von seinen Vorgängern ist aus einheimischen Berichten Ausführlicheres
nur bekannt über Amda-Zion (erste Hälfte des 14. Jahrh.) und seine Kriege gegen die Mohammedaner. Die dritthalb Jahrhunderte
von Jekunô-Amlâk bis auf Zar'a-Jacobs Sohn Baëda-Marjam (1468–78) und Enkel Alexander (1478–94)
bilden die zweite Blütezeit des Reichs. Die Könige wußten in diesem Zeitraume ihr Ansehen und die christl. Herrschaft
zu wahren, blieben in ihren Kämpfen mit den umliegenden kleinern Reichen und Stämmen, namentlich auch mit dem moslem. Adal,
siegreich und machten manche von diesen sich zinsbar.
Von König David (Lebna-Dengel, 1508–40) an beginnt das Reich zu sinken. Zu diesem Verfalle wirkten der Reihe nach die Moslems,
die heidn. Gallavölker und die portug.-röm. Bekehrungsversuche zusammen. Die alten Feinde der
Abessinier, die Moslems von Adal, bekamen durch die Hilfe der Türken und deren bessere Schießwaffen in der
ersten Hälfte des 16. Jahrh, das Übergewicht über die Abessinier. Namentlich war es Achmed, genannt Granje, Sultan von Adal,
der unter Lebna-Dengel die abessin. Provinzen der Reihe nach eroberte, Kirchen, Klöster und Dörfer, besonders in Tigre, verwüstete,
Schätze raubte, so daß der König nur noch in unzugänglichen Schlupfwinkeln Zuflucht fand.
Gegen diesen Feind schickte auf die Bitte Davids der König von Portugal Christoph de Gama mit 450 Musketieren und einigen Geschützen
zu Hilfe. Sie trafen unter Davids Nachfolger Claudius (Atznâf-Sagad,
1540–59) ein, und mit ihrer Hilfe gelang es nach und
nach, sich des Vordringens der Moslems und des Sultans Granje zu erwehren (1543). Doch alle Provinzen konnten
auf die Dauer nicht geschützt werden, und einige Punkte der östl. Grenze, namentlich Häfen, gingen
bald ganz an die Türken verloren.
Noch mehr aber als diese Kriege trugen zur Schwächung des Reichs bei die räuberischen Einfälle der Nomaden vom
Gallavolk aus dem Süden her. Während der Kriege mit den Moslems waren sie schon gefährlich geworden; ihre Einfälle begannen
in bedeutenderm Maßstabe in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh., besonders von König Sartza-Dengel
(Malak-Sagad 1563–97) an. Dem Andrang dieser Gallastämme war der Süden des Reichs bis tief in das Innere
hinein nun über ein Jahrhundert lang ausgesetzt, und wie ein Stamm von ihnen das Reich Adal zu Grunde richtete, so überschwemmten
andere allmählich die schönsten und reichsten Provinzen Abessiniens und nahmen sie in Besitz.
Erst am Anfang des 18. Jahrh. wurde ihre Kraft gebrochen, so daß Galla in abessin. Provinzen zum Teil wieder
dem Könige zinsbar wurden, teilweise sich mit der christl. Bevölkerung vermischten. Endlich kamen dazu noch die innern kirchlichen
Streitigkeiten und Bürgerkriege infolge der wiederholten Bekehrungsversuche der röm. Kurie.
Schon unter Lebna-Dengel, der die Portugiesen zu Hilfe rief, nahm die röm. Kirche Anlaß, ihre Missionare dorthin zu schicken.
Zwar die erste größere jesuitische Mission, mit Nonius Barretus und Andreas Oviedus an der Spitze, die 1556 dorthin abging,
konnte unter den Königen Claudius, Minas (1559–63) und Sartza-Dengel keinen rechten Boden gewinnen und war am Ende des 16. Jahrh.
ganz fehlgeschlagen.
Erst unter König Susneus (1607–32) gelang es den Jesuiten, festen Fuß zu fassen. Susneus unterwarf
sich dem röm. Stuhle, nahm Alfons Mendez als röm. Patriarchen von Abessinien bei sich auf und suchte mit Gewalt die einheimische
Religion zu unterdrücken und das röm. Bekenntnis einzuführen. Doch sah selbst er durch den offenen Aufstand seines Volks sich
schließlich genötigt, die Religionsübung wenigstens freizugeben, und unter seinem Nachfolger Fasiladas
(1632–67) wurden die Jesuiten mit ihrem Anhange aus dem Lande geschafft und der röm. Kirche dort ein Ende gemacht.
Die Geschichte der Könige des folgenden Jahrhunderts: Johannes (1667–82), Jasus I. (1682–1706), Takla-Haimanôt I. (1706–8),
Theophilus (1708–11), Justus (1711–16), David III. (1716–21), Bakafa (1721–30), Jasus II. (1730–55),
bietet wenig Bemerkenswertes. Am Ende dieses Zeitraums, unter Joas (1755–69), waren nicht bloß schon einzelne Provinzen
ganz abgerissen, sondern auch die Macht des Königs über die übrigen ganz gesunken, und ein Ras Michael (ursprünglich Statthalter
von Tigre) hatte thatsächlich die wirkliche Königsmacht an sich gerissen, die er auch unter dem folgenden
Könige Johannes II. (1769) und eine Zeit lang unter Takla-Haimanôt II. (1769–77) behauptete. Die Könige waren nur noch
Namenkönige und Spielbälle in der Hand der Ras (Häuptlinge), die sich um die Oberherrschaft und Bevormundung des Königs
stritten. Die Hauptprovinzen wurden meist selbständig und unabhängig voneinander, und die Geschichte
des Reichs verlief sich in eine Reihe von fortwährenden blutigen Bürgerkriegen, bis es 1854 dem Häuptling Kâsa als