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s. d.) an Kassandra. Ihren Lieblingen hilft sie und verleiht ihnen den Sieg, indem sie ihnen nicht bloß Mut und Stärke, sondern auch jene Besonnenheit und Klugheit einflößt, ohne die der Sieg keinen Bestand hat. So ist Athena zuletzt, namentlich in Athen, zur Personifikation des Sieges, zur Athena Nike (s. d.) geworden. Von ihren sonstigen hierher gehörigen Beinamen sind die wichtigsten: Alalkomene (die Wehrhafte), Alkidemos (Volksschützerin), Areia (Kriegerische), Alea (Schützerin), Promachos (Vorkämpferin), Nikephoros (Siegverleiherin) u. s. w., und schon die ältesten Bildwerke der Athena, die Palladien (s. Palladium), stellen die Göttin mit erhobenem Schilde und Wurfspeer dar.
Ebenso wurde Athena auch als Göttin der vorzugsweise mit Trompeten und Flöten hervorgebrachten Kriegsmusik sowie als Schutzgöttin des Streitrosses und des Kriegsschiffes verehrt und in verschiedenen Sagen als Erfinderin jener beiden Instrumente genannt. Die verbreitetste dieser Mythen führte die Erfindung der Flöte auf das Pfeifen und Zischen der Gorgonenschlangen zurück, das diese bei der Enthauptung der Medusa hören ließen. Sehr bekannt ist auch, wie den Silen Marsyas (s. d.), weil er die von ihr erfundene, aber wegen Entstellung des Gesichts weggeworfene Flöte aufgehoben hatte, gezüchtigt haben soll, ein Mythus, den Myron in einer berühmten plastischen Gruppe darstellte. Ferner galt Athena für die Erfinderin der Pyrrhiche, eines Waffentanzes, von dem es hieß, daß sie selbst ihn zur Feier des Sieges über die Giganten oder Titanen zuerst getanzt oder die Dioskuren gelehrt habe, weshalb derselbe ihr zu Ehren am Fest der Panathenäen mit prächtiger Ausstattung aufgeführt wurde.
Weit verbreitet ist die Vorstellung, daß Wolke und Nebel eine Art Gespinst oder Kleid seien. So erklärt es sich wohl am einfachsten, daß die Göttin der Gewitterwolken (ähnlich wie die Walkyren) auch als geschickte Spinnerin und Weberin und als göttliche Erfinderin dieser Künste gedacht wurde. Als Göttin der weiblichen Arbeit erscheint Athena schon in den Homerischen Gedichten, wo es von ihr heißt, daß sie ihren eigenen Peplos und das Gewand der Hera gewebt habe, und wo wiederholt die weibliche Kunstarbeit des Spinnens und Webens mit dem Ehrennamen «Werke der Athena» belegt wird.
Der bekannteste Beiname dieser Athena war Ergane, den sie zu Athen, in Samos, Thespiä, Elis, Sparta und Megalopolis führte. Als Symbol dieser Kunstfertigkeit führt in mehrern Bildwerken die Spindel. (Über das Märchen von der Arachne s. d.) Die uralte für Ilion und Athen bezeugte Kultsitte, der Athena an ihrem Feste einen schön gewebten Peplos darzubringen, hängt mit ihrer Bedeutung als Ergane zusammen. Im Anschluß an diese Funktion wird ihr auch die Erfindung aller übrigen Kunstfertigkeiten zugeschrieben, so, abgesehen von der Erfindung der Flöte, Trompete, des Wagens, Pfluges und Schiffes, die der Goldschmiedekunst, des Walkens, der Schuhmacherei, des Ciselierens, der enkaustischen Malerei, der Töpferei, Bildhauerei u. s. w. In Athen feierten die sämtlichen Handwerker der und dem Hephaistos das Fest der Chalkeen. Sogar als eine Förderin und Beschützerin der ärztlichen Kunst tritt Athena auf. Sie erhielt davon den Beinamen Hygieia in Athen und im Demos Acharnai, oder Paionia (in Athen und Oropos).
Ebenfalls aus der Funktion des Spinnens und Webens, vielleicht auch unter Einwirkung der in der Ilias (15,668) ausgesprochenen Vorstellung, daß die Göttin des plötzlich aufleuchtenden Blitzes, die Athena Glaukopis, mit ihren alle Dunkelheit durchdringenden Eulenaugen Scharfblick verleibe, ist der Gedanke hervorgegangen, daß Athena eine Göttin der Klugheit, der Besonnenheit, des denkenden Verstandes sei. Sie heißt deshalb schon in den Homerischen Gedichten Polybulos. Sicherlich ist der Hesiodische Mythus von Metis (s. d.) als Mutter der Athena auf diese ihre Wesenseigenschaft zurückzuführen.
In Attika und auch anderwärts scheint Athena seit ältester Zeit wichtige Beziehungen zur Baumzucht und zum Ackerbau gehabt zu haben, wie sowohl aus der Erechtheussage als auch aus dem in engem Anschluß an diese entwickelten Festcyklus der in Athen hervorgeht. So ging die Sage, und im Westgiebel des Parthenon war sie bildlich dargestellt, daß der uralte Ölbaum auf der Akropolis eine Schöpfung der Athena sei: Poseidon und Athena hätten um die Herrschaft in Attika gestritten und Poseidon, um seine Macht zu beweisen, zuerst seinen Dreizack in den kahlen Felsen gestoßen;
dann aber habe Athena unmittelbar daneben den ersten Ölbaum wachsen lassen und sei für die Schöpfung dieser den Hauptreichtum Attikas ausmachenden Kulturpflanze als die wahre und echte Herrin der zukunftsreichen Stätte anerkannt worden.
Das Fest dieser die Ölkultur fördernden und schützenden Athena hieß Skirophorien (s. d.).
Eine ganz ähnliche Bedeutung wie für die Olivenzucht hatte in Attika auch für den Ackerbau. Dies ist namentlich in der Sage von Erichthonios oder Erechtheus (s. d.) ausgesprochen, der eigentlich die Personifikation des Samenkornes ist. Athena spielt in dieser Sage die Rolle einer gütigen, allen Wetterschaden vom Getreide abwehrenden Wolkengöttin. Die Feste, welche dem Erechtheus und der Athena galten, waren:
1) Die Chalkeen, ein uraltes Fest des Hephaistos und der Athena, die Erfindung des Pfluges und die Erzeugung des Erechtheus feiernd, 2) die Procharisterien, zu Ende des Winters für die emporkeimenden Saaten von allen Beamten der Athena gefeiert, 3) die Plynterien, ein Ernteanfangsfest (s. Kallynterien), 4) die Errhephorien (s. d.) oder Arrhepborien, 5) die Panathenäen (s. d.). Wahrscheinlich wurde wegen ihrer agrarischen Bedeutung Athena mit Ähren in den Händen abgebildet und auch Ktesia, d. i. Spenderin der Habe, genannt. Wie Mythus und Kultus, so hat auch die künstlerische Darstellung der Göttin in Athen ihre höchste Ausbildung erhalten, besonders durch Phidias, der sie namentlich außer in dem kolossalen Erzbilde auf der Akropolis (der sog. Athena Promachos) im Parthenon in einem Kolossalbilde aus Gold und Elfenbein als Nikephoros darstellte
[* ] ^[Abb: Fig. 1.]
(s. Fig. 1: Statuette der Athena Parthenos, 1880 zu Athen gefunden, die allgemein für die treueste Kopie des berühmten Originals des Phidias gehalten wird; vgl. Schreiber, Athena Parthenos, Abhandlungen der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, 8, 1883). Wollen die
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Künstler sie als friedliche Göttin, als Athena Ergane oder als Agoraia (zum Volke Redende) bezeichnen, so werden meist die Attribute des Schildes oder Speers, seltener beide zugleich, weggelassen. Niemals erscheint Athena unbekleidet, sondern immer mit langem, bis auf die Füße herabreichendem und den ganzen Körper bedeckendem Gewand, oft auch noch mit einem Überwurf bekleidet [* ] (s. Fig.2: Archaische Athena aus dem äginetischen Tempelgiebel).
Die Formen des Körpers zeigen mehr Kraft als weibliche Fülle; der Ausdruck des Gesichts ist der ruhigen Ernstes und klarer Verständigkeit, mehr streng und würdevoll als anmutig. Phidias hatte ihr noch ein mehr rundliches, volleres Gesicht gegeben, und unter seinem Einfluß ist auch später dieser Typus oft nachgebildet worden. Ein anderer Typus zeigt ein längliches, schmales, scharfgeschnittenes Gesicht, so namentlich eine schöne Statue im Louvre, sowie eine Büste in der Glyptothek in München.
Vgl. Lauer, System der griech. Mythologie (1853);
F. Athena Voigt, Beiträge zur Mythologie des Ares und der Athena (Lpz. 1881);
Röscher, Die Grundbedeutung der in «Nektar und Ambrosia» (ebd. 1883).