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eine große Reihe von Abhandlungen, welche das Dreikörperproblem behandeln («Recherches sur la libration de la lune», 1764; «Recherches sur les inégalités des satellites du Jupiter», 1766; «Essai d'une nouvelle méthode pour résoudre le problème des trois corps», 1772; «Mécanique analytique», 1788). Einen Abschluß und gleichsam Überblick über das im 18. Jahrh. Geleistete bildet der «Traité de mécanique céleste» (1799-1825) von Laplace, worin er alle auf Newtons [* 2] Grundlage fortgeführten Untersuchungen, verbunden mit seinen eigenen Forschungen, zu einem einheitlichen Ganzen verarbeitete. Seine 1796 erschienene «Exposition du système du monde» ist ein populärer Vorläufer dieses großartigen Werkes.
Gleichzeitig mit diesen theoretischen Untersuchungen schritten im 18. Jahrh. auf dem Gebiete der praktischen Astronomie [* 3] die Arbeiten und Entdeckungen rüstig und mit stetig vermehrten Kräften fort. Von größter Bedeutung in dieser Hinsicht sind die auf der Greenwicher Sternwarte [* 4] namentlich unter Bradley, einem der scharfsinnigsten und genauesten Beobachter, ausgeführten Arbeiten. Nachdem er bereits 1728 die Aberration [* 5] entdeckt hatte, fand er 1747 die Nutation («On the apparent motion of the fixed stars»).
Von großer Wichtigkeit sind auch seine von 1750 ab begonnenen Ortsbestimmungen von Fixsternen. Wesentliche Fortschritte verdankte die praktische Astronomie auch schon seinem großen Vorgänger Halley; so die Entdeckung der Eigenbewegung der Fixsterne [* 6] und einen Katalog der Sterne des südl. Himmels. Er war es auch, der auf die Bedeutung der Venusdurchgänge für die Bestimmung der Sonnenparallaxe hinwies und durch seinen Einfluß bewirkte, daß die Durchgänge von 1761 und 1769 an zahlreichen Orten beobachtet wurden. Lacaille beobachtete 1751-54 am Kap gleichzeitig mit Lalande in Berlin, [* 7] um die Mondparallaxe zu bestimmen; eine weitere Frucht seines dortigen Aufenthaltes war ein Katalog von 10000 Sternen des südl. Himmels. Um die Eigenbewegung der Fixsterne machte sich auch Christ. Mayer verdient, den man auch als ersten Beobachter und gewissermaßen sogar als Entdecker der Doppelsterne anzusehen hat.
Ganz unerwartete
Bereicherungen erstanden der
Himmelskunde aber am Ausgange des 18. Jahrh. durch W. Herschel.
Er vermehrte nicht nur die Zahl der bis dahin bekannten sechs
Planeten
[* 8] 1781 um einen neuen, den
Uranus, bei welchem er 1787 zwei
Monde, ebenso wie 1798 zwei bis dabin noch unbekannte Monde bei
Saturn auffand, sondern erschloß uns auch mit seinen
mächtigen selbsterbauten
Spiegelteleskopen die Welt der Nebelflecke
[* 9] und
Sternhaufen, wie er auch unsere Kenntnisse bezüglich
der
Doppelsterne in ungeahnter
Weise erweiterte. Er war auch der erste, der mit seiner
Arbeit «On the proper motion of the
Sun
and
Solar system» (1783) die scheinbaren
Eigenbewegungen der
Fixsterne benutzte, um aus ihnen die fortschreitende
Bewegung abzuleiten, welche die
Sonne
[* 10] und mit ihr unser ganzes
Sonnensystem im Raume ausführt; ebenso wie er zuerst den Versuch
machte, die Konstitution des Sonnenkörpers zu erklären («Observations tending
to investigate the nature of the
Sun», 1801).
Chladni war 1794 der erste, welcher die
Vorstellungen über die Natur
der bis dahin noch ganz rätselhaften
Sternschnuppen in richtigere
Bahnen lenkte. Wenn auch zwar kurz darauf
Benzenberg und
Brandes «Versuche, die Entfernung, die
Geschwindigkeit und die
Bahnen der
Sternschnuppen zu bestimmen» (Hamb. 1800) machten,
so erfuhren
diese Himmelskörper doch erst im 19. Jahrh. eine eingehendere Behandlung. Lambert
legte mit seiner «Photometria» (Augsb.
1760) die Grundlage zur Helligkeitsbestimmung der Himmelskörper; er stellte auch zuerst auf wissenschaftlicher Grundlage
beruhende Betrachtungen über die Entstehung und den
Bau des Weltalls an («Kosmologische
Briefe», Augsb. 1761), Betrachtungen,
die von Kant und Laplace ebenfalls aufgenommen wurden. - Wichtig für die Astronomie des 18. Jahrh, sind auch
die von
Bouguer und Condamine 1735-43 in
Peru
[* 11] und die von Maupertuis, Clairault und Lemonnier 1736 in Lappland ausgeführten
Gradmessungen, welche die
Abplattung der Erde an den
Polen sicher nachwiesen, und die zur Festlegung des metrischen
Systems 1792 von
Méchain und
Delambre bei Dünkirchen
[* 12] begonnene
Gradmessung,
[* 13] die später
Biot und
Arago bis Formentera fortsetzten.
Wurde so
Größe und Gestalt der Erde genauer bestimmt, so geschah dies auch betreffs ihrer
Dichte 1774 durch Maskelyne und
Hutton und 1798 durch
Cavendish. - Im 18. Jahrh. entstanden auch die ersten optisch-mechan.
Werkstätten, so die von
Graham,
Bird, Ramsden und
Dollond, der bereits 1757 achromatische
Fernrohre konstruierte;
ebenso verdanken diesem Jahrhundert ihr Entstehen der
«Nautical Almanac», 1767 von Maskelyne begründet, und das
«Berliner
[* 14] astron. Jahrbuch», 1776 von
Bode, dem Direktor der 1700 unter
Kirch erbauten
Berliner
Sternwarte, herausgegeben.
Die Arbeiten des 19. Jahrh. auf dem Gebiete der theoretischen Astronomie sind bedingt durch die Fortschritte der Mathematik und können im wesentlichen als weitere Ausbildung der verschiedenen Methoden der Bahnberechnungen und der Theorie der Störungen und ihrer Anwendung auf die verschiedenen Himmelskörper bezeichnet werden. Die Arbeiten von Laplace und seinen Zeitgenossen Poisson, Plana und Delambre ragen noch in das 19. Jahrh. herein. Dem großen Gauß verdankt die Astronomie die «Theoria motus» (Hamb. 1809),
in welcher er die Bahn eines Himmelskörpers ohne einschließende Beschränkungen bezüglich ihrer Elemente zu bestimmen lehrte und auch die für die Astronomie so wichtige «Methode der kleinsten Quadrate» entwickelte. Die zahlreichen Entdeckungen von Planetoiden gaben vielen hervorragenden Astronomen Anregung, nach neuen bequemen und dabei scharfen Methoden für die Ermittelung der Bahnelemente und der planetarischen Störungen zu suchen, und boten auch der rechnenden Thätigkeit ein weites Feld; hier seien angeführt Bessel, Airy, Adams, Encke, Leverrier, Brünnow, Hansen, Tietjen, Oppolzer, Klinkerfues, Newcomb, Bruns, Tisserand und Gyldén.
Einen Triumph feierte die Astronomie, als der von Leverrier 1845 («Recherches sur les mouvements de la planète Herschel dite Uranus») auf theoretischem Wege entdeckte Neptun thatsächlich an der berechneten Stelle 1846 von Galle aufgefunden wurde. Die Theorie der Doppelsternbahnen, zuerst von Herschel begründet, zeigte, daß die allgemeine Gravitation in den entferntesten Himmelsräumen genau wie auf der Erde wirkt. Die Auffindung des Siriusbegleiters 1861 durch Clark, den Bessel und nach ihm Peters durch Rechnung gefunden hatten, stellte sich der Entdeckung des Neptuns würdig zur Seite. Die Theorie der Mondbewegung beschäftigte namentlich Delaunay, Hansen und Newcomb; für die Bewegung der großen Planeten, einschließlich ¶
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der Erde, berechnete Leverrier genaue Tafeln. Selbst die zahlreichen Planetoiden, wie die Kometen, [* 16] von denen sich verschiedene als periodische, d. h. als bleibende Glieder [* 17] unsers Sonnensystems erwiesen, haben ihre Berechner gefunden. Schiaparelli erwarb sich das große Verdienst, nachzuweisen, daß die Sternschnuppen genau dieselben Bahnen wie die Kometen beschreiben, und daß zwischen beiden Arten von Himmelskörpern ein inniger Zusammenhang besteht («Note e riflessioni intorno alla teoria astronomica delle stelle cadenti», 1867).
Zahlreiche und in größtem Maßstabe ausgeführte Gradmessungen erweiterten die Kenntnisse über Größe und Gestalt der Erde; besonders thätig waren in dieser Richtung W. und O. Struve, Bessel, Bayer, Gauß, Hansen, Ibañez. Die bis dahin immer nur vereinzelt und meist unabhängig voneinander durchgeführten Erdmessungen haben in der 1863 durch General Baeyer geschaffenen «europ. Gradmessung» eine Organisation erhalten, die 1886 zur «internationalen Erdmessung» erweitert wurde, an deren Spitze Helmert, der verdienstvolle Verfasser der «Mathem. und physik. Theorien der höhern Geodäsie» l2 Bde., Lpz. 1880-84) steht.
Am fand Piazzi in Palermo [* 18] die Ceres; nabezu 400 weitere Planetoiden sind seitdem entdeckt worden. Herschel und die beiden Struve (W. Struve, «Stellarum duplicium et multiplicium mensurae micrometricae», Petersb. 1837) setzten die Doppelsternbeobachtungen des ältern Herschel fort; von ihren Nacheiferern in neuester Zeit ist namentlich Burnham zu nennen. Die Mondbeschreibung fand besonders in Mädler, Lohrmann und Jul. Schmidt hervorragende Vertreter.
Die mächtigen Refraktoren der Neuzeit ermöglichten ein genaues Studium der Planetenoberflächen; in dieser Hinsicht sind besonders die Arbeiten von Schiaparelli über Mars [* 19] (1877) und neuerdings auch über Venus und Merkur [* 20] (1890) hervorzuheben. Die Beschäftigung mit der Sonnenoberfläche führte Schwabe 1843 zur Erkenntnis der 11jährigen Periode der Sonnenflecke; 1852 fand man auch innige Beziehungen zwischen Sonnenflecken und Erdmagnetismus. Die totalen Sonnenfinsternisse lehrten außer der Corona [* 21] auch die Protuberanzen kennen. Wesentlich gefördert wurden unsere Kenntnisse über die Zusammensetzung des Sonnenballes erst durch das Spektroskop, [* 22] Arbeiten, die den letzten Jahrzehnten angehören. 1846 fand Lassell einen Mond [* 23] des Neptuns, 1848 den siebenten Mond des Saturns und 1851 die zwei Uranusmonde Umbriel und Ariel; 1877 entdeckte Hall [* 24] deren zwei des Mars, 1893 Barnard einen fünften Jupitermond; im ganzen kennen wir jetzt außer unserm Erdmond 20 Planetentrabanten.
Durch Erbauung neuer Observatorien in allen Weltteilen hat die Astronomie eine Menge von Werkstätten mit neuen Instrumenten von früher nie erreichter Größe und Vollkommenheit erhalten, so namentlich in Pulkowa, Washington, [* 25] Wien, [* 26] Cordoba, [* 27] Melbourne, [* 28] Kapstadt, [* 29] Berlin, Leipzig, [* 30] Straßburg, [* 31] Potsdam, [* 32] Nizza [* 33] und die Lichsternwarte auf dem Mount-Hamilton. Zwei neue Sternwarten, [* 34] welche Refraktoren von bisher unerreichten Größenverhältnissen erhalten sollen, sind in Amerika [* 35] im Entstehen begriffen.
Dem Fleiß und Eifer der Beobachter kommen die großen Vervollkommnungen der Instrumente durch Reichenbach, [* 36] Fraunhofer, Merz, Steinheil, Cook, Grubb, Clark und die Repsolds zu Hilfe. Die Erfindungen der Neuzeit, besonders auf dem Gebiete der Elektricität und Photographie, haben wesentlich dazu beigetragen, die Beobachtungsgenauigkeit zu erhöhen. Ganz neue Instrumente sind zu den frühern hinzugekommen, von denen außer den Spektralapparaten und den photogr.
Fernrohren hier nur das Heliometer [* 37] und der 1848 von Bond und Walker [* 38] erfundene Chronograph genannt werden sollen. Der Begründer der neuern Beobachtungsmethoden ist Bessel; ihm verdanken wir auch die erste sichere Bestimmung einer Firsternparallaxe («Bestimmung der Entfernung des 61. Sterns im Schwan», 1838). Seitdem haben noch verschiedene andere Astronomen Bestimmungen von Firsternparallaxen ausgeführt, so Struve, Auwers, Krüger, Winnecke, Brünnow und neuerdings mit großem Erfolge besonders Gill und Elkin («Heliometer Determinations of Stellar Parallax in the Southern Hemisphere», 1884). Die durch Bessel zuerst in großem Maßstabe begonnene Bestimmung der Fixsternörter ist auf vielen Sternwarten mit großem Eifer fortgesetzt worden, so daß jetzt eine größere Zahl von guten Fixsternkatalogen vorliegt.
Durch die 1863 gegründete Deutsche [* 39] Astronomische Gesellschaft sind durch Mitwirkung von mehrern Sternwarten die genauen Positionen aller Sterne des nördl. Himmels bis zur 9. Größe bestimmt worden. Argelanders «Durchmusterung des nördl. Himmels» (Bonn [* 40] 1846),
die von Schönfeld nach Süden hin fortgesetzt wurde, kann als Vorbereitung hierzu angesehen werden; in ähnlicher Weise ist der südl. Himmel [* 41] durch Goulds «Uranometria Argentinia» behandelt worden. In Auwers' «Fundamentalkatalog» (Lpz. 1879 u. 1883) besitzen wir ein Verzeichnis von Fixsternörtern, die mit der größtmöglichen Schärfe bestimmt sind. Unser Jahrhundert hat es auch als seine Aufgabe betrachtet, die astron. Konstanten mit der größten Schärfe zu ermitteln. Mit seinen «Fundamenta astronomiae» (Königsb. 1818) hat Bessel hierzu den Grund gelegt. Weiter sind anzuführen «Numerus constans nutationis» (Petersb. 1842) von Peters;
«Sur le coëfficient constant dans l'abberation des étoiles fixes» (ebd. 1843) von W. Struve;
«Bestimmung der Konstante der Präcession» [* 42] (ebd. 1841) von O. Struve;
«Bestimmung der Nutation der Erdachse» (ebd. 1873) von Nyrén.
Für die Bestimmung der Sonnenparallaxe sind namentlich die Venusdurchgänge von 1874 und 1882 sehr fördernd gewesen, zu deren Beobachtung von allen Staaten großartige Expeditionen ausgesandt wurden. Ihr Wert kann namentlich auf Grund der Arbeiten von Winnecke, Newcomb und Auwers nunmehr als scharf bestimmt angesehen werden.
Ein völlig neues und äußerst fruchtbares Gebiet eröffnete sich der Astronomie im 19. Jahrh. durch die Entdeckung der Spektralanalyse [* 43] (s. d.). Ihre Anwendung auf die Himmelskörper ermöglichte es nunmehr auch, die Stoffe zu bestimmen, aus denen sie bestehen, und den Zustand, in dem sie sich befinden. Erst durch Rob. Bunsen und Kirchhoff 1862 fest begründet, hat sie einen neuen selbständigen Zweig der Astronomie geschaffen, die Astrophysik, die fast jedes Jahr neue Aufschlüsse über die Himmelskörper bietet und für die bereits besondere Observatorien gegründet wurden, so in Potsdam und in Meudon bei Paris. [* 44] Durch die Spektralanalyse ist auch die wahre Natur der Kometen erkannt worden; auch hat sie uns erst die Konstitution des Sonnenkörpers erkennen lassen und gezeigt, daß wir auch in den Fixsternen nichts anderes als solche Sonnen zu sehen haben, die sich allerdings ¶