2) Stadt im
Kreis
[* 2]
[* 3] in 116 m Höhe, an der unweit der Stadt zur Wipper gehenden Eine und den Linien
Halle-Bienenburg-Clausthal
und
Cöthen-Aschersleben (43,60 km) der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 4] Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Halberstadt),
[* 5]
Zoll- und Steueramtes
erster
Klasse, eines
Bezirkskommandos und einer Reichsbanknebenstelle, hat (1890) 22 865 (11 182 männl., 11 683 weibl.)
E., darunter 663 Katholiken und 160 Israeliten, Postamt erster
Klasse,
Telegraph
[* 6] mit Fernsprecheinrichtung, 3 luth.
Kirchen, darunter die got. Hauptkirche St.
Stephan (15. Jahrh.), 1 reform., 1 kath.
Kirche,
Synagoge, ein städtisches Gymnasium mit Realprogymnasium und Vorschule (Direktor Dr.
Steinmeyer, 17
Lehrer, 11
Klassen, 196
Schüler, 3 Vorklassen, 99
Schüler),
das bereits 1325 als Lateinschule erwähnt wird, Bürgerknaben- und Mädchen-, 4
Volksschulen, 3 Hospitäler nebst
Armen- und
Siechenhaus, Kleinkinderbewahranstalt, Kreditverein,
Gas- und Wasserleitung,
[* 7] Freimaurerloge; ferner Fabrikation von
Maschinen,
Blech-, Papier- und Wollwaren
(Decken und Flanelle),
Chemikalien, Zündhölzern, Zucker,
[* 8]
Knochenkohlen; Eisengießerei,
[* 9] Dampfziegeleien,
Brauereien, Wasser- und Dampfmühlen, 2 Braunkohlengruben, Kalisalzwerk Schmidtmannshall (s. d.),
bedeutenden
Acker- und
Gartenbau, Samenzucht
(Zwiebeln, Zucker- und Mohrrüben),
Ausfuhrhandel mit Getreide
[* 10] und Kartoffeln. Ungefähr 2 km
unterhalb der Stadt an der Eine das 1881 angelegte Solbad Wilhelmsbad und oberhalb derselben auf dem steil nach dem Einethal
abfallenden Wolfsberge die sog.
«AlteBurg», eine sehr alte Wallburg mit Turmruine, jetzt beliebter Vergnügungsort,
wohl ein Überrest des Stammsitzes der Askanier, deren Grafenschloß westlich der Stadt im sog.
Burggraben gelegen hat. - Aschersleben, wahrscheinlich vom
Grafen Esiko von
Ballenstedt im 11. Jahrh. gegründet und schon 1175 als Stadt
bekannt, gehörte bis 1315 dem Haus
Anhalt,
[* 11] kam 1332 nebst der
Grafschaft an das
Stift Halberstadt, 1648 an
Brandenburg,
[* 12] 1808 an das Königreich Westfalen,
[* 13] 1813 an
Preußen.
[* 14]
Paul Friedr. Aug.,
Botaniker, geb. zu
Berlin,
[* 15] studierte daselbst
Medizin und Naturwissenschaften,
war dann einige Zeit als
Arzt thätig, 1860-76 Assistent am
BotanischenGarten
[* 16] zu
Berlin, wurde 1865 gleichzeitig
erster Assistent, 1871 zweiter Kustos am königl. Herbarium und 1873 außerord. Professor der
Botanik an der
Berliner
[* 17]
Universität, an der er schon vorher Privatdocent war. Im Winter 1873-74 begleitete er Rohlfs auf der
Expedition zur Erforschung der
Libyschen Wüste und erforschte 1876 allein die sog.
KleineOase. Ascherson beschäftigte
sich vorzugsweise mit der europ. und afrik.
Flora. Er veröffentlichte eine
«Flora der
ProvinzBrandenburg» (3 Abteil., Berl.
1859-64),
war Mitarbeiter an Schweinfurths «Beitrag zur
FloraÄthiopiens», Abteil. 1 (ebd. 1867),
und bearbeitete für Rohlfs'
Werk
«Kufra.
Reise von
Tripolis nach der
OaseKufra» (Lpz. 1881) die aus dem mittlern Nordafrika bisher bekannten
Pflanzen.
(Aischines), attischer Redner, geb. 389
v. Chr. zu
Athen,
[* 18] entstammte einfachen Verhältnissen, war anfangs
Schreiber, eine Zeitlang Schauspieler, ging aber dann ganz in die öffentliche Thätigkeit über. Diese bewegte sich der
Zeitlage gemäß wesentlich um
AthensStellung zu Macedonien. Als entschiedener Parteigänger Philipps
von Macedonien wirkte er namentlich dem
Demosthenes (s. d.) entgegen, mit dem zusammen er schon 346 an der Friedensgesandtschaft
an Philipp beteiligt war. Er gab durch seine kurzsichtige Politik beim Amphiktyonenbunde in Delphi 339 den
Anlaß zum letzten
Heiligen Kriege (s. d.), der die
Schlacht von Chäronea 338 und die UnterwerfungAthens und
Thebens unter
Macedonien zur Folge hatte.
Als der attische
Patriotismus 336 dem
Demosthenes einen goldenen
Kranz für seine Verdienste um das Vaterland zuerkennen wollte,
erhob A. deshalb Klage gegen den Antragsteller
Ktesiphon. Der Prozeß kam erst 330 zur Verhandlung, in der nach einem weltberühmten
Redekampfe A. unterlag und, da nicht der fünfte
Teil der
Stimmen für ihn war, zu der gesetzlichen Geldbuße
verurteilt wurde. Er verließ darauf
Athen, um nach Ephesus zu gehen. Nach
Alexanders d. Gr.
Tode begab er sich nach Rhodus,
wo er eine Rednerschule errichtet haben soll, später nach
Samos, wo er 314 starb. Eine schöneStatue
des Äschines ist uns erhalten (jetzt in Neapel).
[* 19] Drei Reden von Äschines sind noch vorhanden, herausgegeben
in den «Oratores attici» von
Reiske, Bd. 3
u. 4 (Lpz. 1771; neue Ausg. 1808),
Bekker, Bd. 3 (Oxford
[* 20] 1823; Berl.
1823),
Baiter und Sauppe, Bd. 3 (Zür.
1840) und C.
Müller, Bd. 2 (Par.
1858); gesondert vonBremi (2 Bde., Zür., 1823-24:
deutsche
Übersetzung von demselben 3 Bdchn., Stuttg. 1828-29), Benseler (mit deutscher
Übersetzung, 3 Bdchn., Lpz. 1855-60),
Franke (2. Aufl., ebd. 1873), Schultz (ebd. 1865),
Weidner (Berl. 1872), ders., «Rede gegen
Ktesiphon» (ebd. 1878".
ZwölfBriefe,
die des Äschines
Namen tragen, hat die Kritik als unecht verworfen. -
(Atschinow), Nikolaj Iwanowitsch, russ. Abenteurer, genannt der «freie
Kosak», führte ein wüstes Abenteurerleben und verleitete friedliche
Bauern und andere leichtgläubige
Menschen, sich als
«freie Kosaken» am
SchwarzenMeer und in den Kaukasusgegenden anzusiedeln. Durch seine Schwindeleien gewann er die russ.
Presse
[* 23] für sich und wurde in seinem angeblich menschenfreundlichen Streben von Privatpersonen mit
Geld unterstützt. Zur Ausführung
seines
Planes,
Abessinien für
Rußland und die griech.-kath.
Kirche zu gewinnen, ging Aschinow 1886 dorthin und
rühmte sich bei seiner Rückkehr, an der
Spitze einer Schar freier Kosaken gegen die
Italiener mitgekämpft zu haben. Im Anfang 1889 ging
er mit einer Anzahl von Kosaken und Mönchen unter dem Missionar Paissios wieder nach
Abessinien und landete Febr. 1889 in der
den
Franzosen gehörenden
Tedschurabai bei
Obok. Die
Franzosen hinderten die
Russen zwar nicht, sich dort
niederzulassen, verlangten aber die
Auslieferung der Waffen;
[* 24] als Aschinow sich dessen weigerte, wurde sein Lager
[* 25] bei
¶
mehr
Sagallo bombardiert und er selbst zur Ergebung gezwungen. Nach Rußland zurückgekehrt, wurde er gefangen gesetzt, aber wieder
entlassen. Anfang 1891 unternahm Aschinow eine Reise nach Paris,
[* 27] von der er zurückberufen und in eins der innern Gouvernements zum
Zwangsaufenthalt verwiesen wurde.