Meinung ihm zur Last legte (z. B.
Ausweisung Heckers und Itzsteins 1845), brachten ihn um seine anfängliche
Popularität. 1845 trat
er von seinem Ministerposten zurück. Infolge der Märzrevolution übertrug ihm der König nach
Bodelschwinghs Rücktritt die
Leitung des Ministeriums; den
Befehl zum Rückzuge der
Truppen am Vormittag des 19. März hat hauptsächlich
Arnim dem Könige angeraten.
Schon29. März schied er wieder aus. Zum Mitglied der
Deutschen Nationalversammlung gewählt, legte
er nach kurzer Zeit sein
Mandat nieder, weil ihm die damals dort herrschende antipreuß.
Strömung widerstrebte. Als
Vertreter der Interessen des Grundadels gegen die Steuerpläne Hansemanns beteiligte er
sich an den
Beratungen des in
Berlin
[* 2] versammelten «Junkerparlaments». Seit 1849 war Arnim Mitglied
der
Zweiten Kammer und seit 1854 erbliches Mitglied des Herrenhauses, wo er zur liberalisierenden
Bureaukratie hinneigte. Erst
seit 1858 wandte er sich mehr und mehr der feudalen Reaktion zu und steigerte namentlich durch seinen Einfluß im
Herrenhause den Verfassungskonflikt 1862-66. Zur
Rechtfertigung dieses Verhaltens veröffentlichte er «Das
Recht des Herrenhauses
bei Festsetzung des
Staatshaushalts» (Berl. 1863).
In den letzten Jahren seines Lebens zog er sich vom polit. Schauplatz zurück
und starb auf seinem Gute
Boitzenburg in der
Ukermark.
Dietlof Friedr.
Adolf, Graf von, Politiker, ältester Sohn des vorigen, geb. auf
Schloß
Boitzenburg, studierte seit 1851 die
Rechte in Göttingen,
[* 3]
Bonn
[* 4] und
Berlin und trat 1855 als
Auskultator bei der Regierung
zu
Potsdam
[* 5] ein. Während des Feldzugs gegen
Dänemark
[* 6] nahm er als Ordonnanzoffizier an dem Übergange nach
Alsen teil. Im
Aug. 1864 wurde Arnim Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern, 1866 Landratsamtsverweser und 1868
Landrat des Kreises
Templin.
Nach dem
Tode seines
Vaters (1868) übernahm er die Bewirtschaftung der Arnimschen
Güter, behielt aber die
Verwaltung des Kreises
bei und wurde als Majoratsnachfolger in das preuß. Herrenhaus berufen. Während des Feldzugs
gegen
Frankreich war er Ordonnanzoffizier bei dem Kommando des 3.
Armeekorps. Im März 1873 zum
Bezirkspräsidenten
von Elsaß-Lothringen
[* 7] in Metz
[* 8] ernannt, nahm er im Sept. 1874 seinen
Abschied. Aber schon 7. Dez. erfolgte
A.sBerufung zum Oberpräsidenten
von
Schlesien.
[* 9]
Nach
Verurteilung seines Schwagers,
Grafen Harry von Arnim (1877), zog er sich gänzlich aus dem
Staatsdienst
zurück. Arnim war 1867-84 Mitglied des
Reichstages, wo er sich später der
Deutschen Reichspartei
(Freikonservative) anschloß
und 1879 und 1880 zum Präsidenten gewählt wurde, und bekleidete seit 1878 das
Amt des ersten Vicepräsidenten des preuß.
Herrenhauses. Auch in der ersten ordentlichen Generalsynode (1879) fungierte er als
Präsident. 1884 wurde er in den
Staatsrat berufen und 1886 zum Wirkl. Geheimrat ernannt. Er starb auf Schloß
Boitzenburg.
Elisabeth von, gewöhnlich
Bettina genannt, Schwester Clemens
Brentanos, Tochter des kurtrierischen Residenten
bei der
Freien Stadt
Frankfurt
[* 10]
PeterAnt.
Brentano und der Maximiliane, der Tochter vonSophie Laroche, geb. zu
Frankfurt a. M., verlebte ihre
Jugend teils im
Kloster zu Fritzlar, teils bei Verwandten in Offenbach
[* 11] und
Marburg,
[* 12] teils in
Frankfurt
und heiratete 1811
Achim von (s. Arnim, Ludw.
Joachim).
Ihre Liebe zur Natur ging, besonders
seit sie mit Karoline von Günderode (s. d.)
bekannt geworden, in einen phantastischen
Kultus über und nahm schließlich krankhaften Charakter an.
Nach dem Selbstmord der Günderode faßte sie zu
Goethe, den sie 1807 auch persönlich kennen lernte, eine schwärmerische
Neigung, die, obwohl er sich mit ihr in einen Briefwechsel einließ, unerwidert blieb; 1811 ward das Verhältnis ganz abgebrochen,
ohne daß ihre Verehrung für
Goethe nachließ.
Aus dieser Zeit stammt ihr merkwürdiges
Buch«Goethes Briefwechsel mit einem
Kinde» (3 Bde., Berl. 1835; 4. Aufl.,
hg. von H.
Grimm, 1890; vgl. dazu:
«BriefeGoethes an
Sophie von La Roche und
BettinaBrentano, nebst dichterischen Beilagen»,
hg. von Löper, ebd. 1879). Der angebliche Briefwechsel mit
Goethe beginnt im März 1807 und wurde lange
für echt gehalten, ist aber größtenteils ein freies Erzeugnis ihrer schrankenlosen
Einbildungskraft. Später erschien in
ähnlicher
Weise ihr Briefwechsel mit der Günderode u. d. T. «Die
Günderode» (2 Bde.,
Grünberg
[* 13] und Berl. 1840; neue Ausg. Berl.
1890). In eine neueRichtung wurde ihr beweglicher
Geist durch die socialpolit.
Erscheinungen der vierziger Jahre geworfen, so in: «Dies
Buch gehört dem Könige» (2 Bde., Berl.
1843),
in dessen Mittelpunkt Frau
RatGoethe steht und in dem die
sociale Frage gelöst werden soll, «Ilius Pamphilius und die
Ambrosia» (2 Bde., ebd. 1848),
welcheSchrift ihren exaltierten Briefwechsel mitPhil. E. von Nathusius
(s. d.) enthält, «Gespräche mit
Dämonen» (ebd. 1852),
dem unklaren 2.
Teile des Königsbuchs.
Phantastisch in
Gedanken und Form, neigt sie in allen diesen
Schriften
zu mystischer Verschwommenheit, so daß sie «die Sibylle der romantischen Litteraturperiode»
genannt worden ist. Mit Schleiermacher, denHumboldt und
Grimm war sie eng befreundet. Jahrzehntelang bis
zum
Tode arbeitete sie an einer Kolossalstatue
Goethes, deren Vollendung sie als Lebensaufgabe ansah. Sie starb zu
Berlin.
Ihre «Sämtlichen
Schriften» erschienen in 11
Bänden (2. Aufl., Berl. 1853); Auswahl von M.
Koch in Kürschners
«Deutscher
Nationallitteratur» (Stuttg. 1891).-
Von ihren
Töchtern hat
Gisela, geb. vermählt mit Herm.
Grimm, gest. in
Florenz,
[* 14] «Dramat. Werke» (4 Bde.,
Bonn und Berl. 1857-75) veröffentlicht; ihr bestes
Drama: «Altschottland», gab nach ihrem
Tode H.
Grimm
(mit
Biographie) heraus.
auch
Arnheim,
HansGeorg von,
General im Dreißigjährigen
Kriege, von den kath.
Soldaten wegen seiner Nüchternheit
der
«Lutherische Kapuziner» genannt, wurde 1581 zu
Boitzenburg in der
Mark geboren. Er focht 1613 unter Gustav
Adolf gegen
Rußland, wurde dabei Oberst, trat 1621 in poln., 1626 in kaiserl.
Dienste.
[* 15] Als Wallensteins Vertrauter belagerte er 1628
Stralsund
[* 16] vergebens, führte ein Hilfskorps für die
Polen gegen Gustav
Adolf und wurde 1628 Feldmarschall.
Da erProtestant war, bewog ihn die im Restitutionsedikt auf die
Spitze getriebene kath.
Reaktionspolitik des
Kaisers, dessen Dienst zu verlassen, persönliche Reibungen kamen hinzu. Er trat in die Dienste des Kurfürsten
JohannGeorg von
Sachsen
[* 17] und befehligte als sächs. Feldmarschall bei
Breitenfeld
[* 18] (1631) den linken Flügel unter Gustav
Adolf,
drang
¶
mehr
dann in Böhmen
[* 20] ein, wurde aber von Wallenstein wieder hinausgeschlagen (1632). Er hielt sich 1632‒33 in Schlesien und führte
die Friedensverhandlungen mit Wallenstein. Dessen Ermordung verschaffte Arnim neue Gelegenheit zu ruhmvollen Kämpfen
gegen die Kaiserlichen, die er bei Liegnitz
[* 21] 1634 schlug; dann drang er mit Banér in Böhmen ein, aber der
Friede von Prag
[* 22] 1635, den der Kurfürst gegen A.s Willen geschlossen hatte, bewog ihn zum Austritt aus sächs. Diensten.
Auf seinem Schlosse Boitzenburg ließ ihn Oxenstjerna wegen angeblicher Teilnahme an Intriguen gegen Schweden
[* 23] aufheben
und nach Stockholm
[* 24] bringen, von wo Arnim Nov. 1638 nach Hamburg
[* 25] entkam. Von nun an ging sein Streben darauf,
das Reich vom Druck der Fremdherrschaft zu befreien. Als kaiserl. und sächs.
Generallieutenant war er schon mit neuen Kriegsrüstungen gegen Franzosen und Schweden betraut, als er zu Dresden
[* 26] starb. –
Vgl. Helbig, Wallenstein und Arnim 1632‒34 (Dresd. 1850);
Harry Karl Kurt Eduard, Graf von, Diplomat, geb. zu Moitzelsitz im pommerschen Regierungsbezirk
Köslin,
[* 28] aus dem Hause Arnim-Suckow, Neffe des Staatsministers HeinrichAlexander, Freiherrn von Arnim, trat nach vollendeten Studien 1847 als
Auskultator in den Staatsdienst, ging aber 1850 zur Diplomatie über, wirkte 1853‒55 als Gesandtschaftssekretär in Rom,
[* 29] dann
bis 1858 im Ministerium des Äußern als Hilfsarbeiter, war 1859‒61 erster Rat bei der preuß. Gesandtschaft
in Wien,
[* 30] wurde 1862 Gesandter in Lissabon,
[* 31] 1864 in München.
[* 32]
Eine bedeutsame polit. Thätigkeit eröffnete sich für in Rom, wo er Okt. 1864 in gleicher Eigenschaft bei der päpstl. Kurie
beglaubigt wurde, zumal seit 1866 das zwischen Preußen
[* 33] und Italien
[* 34] geschlossene Freundschaftsbündnis zu behaupten und zu
kräftigen war, ohne doch mit der Kurie in Ungelegenheiten zu geraten. Arnim entledigte sich seiner
schweren Anfgabe mit solchem diplomat. Geschick, daß er 1868 aufs neue als Gesandter des Norddeutschen Bundes beim päpstl.
Studle beglaubigt wurde. Dem VatikanischenKonzil gegenüber riet Arnim seiner Regierung, die deutschen Bischöfe zu einem Protest
gegen das Unfehlbarkeitsdogma zu bewegen, ohne indes bei Bismarck mit seinem Rate durchzudringen. 1870 in
den Grafenstand erhoben, wurde Arnim im März 1871 zum Kommissar für die auf den Friedensschluß mit Frankreich bezüglichen
Geschäfte in Brüssel
[* 35] ernannt, und wirkte dann in gleicher Eigenschaft in Frankfurt a. M. Am wurde Arnim zum
deutschen Gesandten bei der Französischen Republik in außerordentlicher Mission ernannt und als Botschafter des
DeutschenReichs accreditiert.
Principielle Meinungsverschiedenheiten zwischen und Bismarck ergaben sich schon 1872; Arnim riet zur Unterstützung der monarchischen
Elemente in Frankreich, Bismarck lehnte jedes Eingreifen in die innern Angelegenheiten entschieden ab.
Der SturzThiers' 1873 führte zu einer gereizten Auseinandersetzung zwischen und Bismarck, der seine auf Stützung Thiers' bedachte
Politik durchkreuzt sah durch die Wirkung der Berichterstattung A.s auf den Kaiser. Arnim wurde deshalb von seiner
Stellung in Paris
[* 36] abberufen und 19. März zum Botschafter
in Konstantinopel
[* 37] ernannt, trat jedoch diesen Posten
überhaupt nicht an, da er schon in den Ruhestand versetzt wurde. ^[]
Wegen Zurückhaltung wichtiger amtlicher Schriftstücke, die man auf der deutschen Botschaft zu Paris vermißt hatte, wurde
Arnim auf seinem Gute Nassenheide bei Stettin
[* 38] verhaftet, gegen Stellung einer Kaution von 100000
Thlrn. zwar entlassen, aber in dem vom 9. bis vor dem Stadtgericht zu Berlin verhandelten Prozesse wegen Vergehens
wider die öffentliche Ordnung zu drei Monaten und in der Berufungsinstanz wegen Beiseiteschaffung amtlicher Urkunden
zu neun Monaten Gefängnis verurteilt.
der sich seiner Verhaftung durch eine Reise nach der Schweiz
[* 39] und Italien entzogen hatte, veröffentlichte
hierauf eine anonyme Broschüre«Pro nihilo, Vorgeschichte des Arnim-Prozesses» (Zür. 1876), in der er, gestützt auf Mitteilungen
über geheime diplomat. Vorgänge, den Reichskanzler in der schärfsten Weise angriff. Infolgedessen wurde er wegen Landesverrats
in contumaciam zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Arnim antwortete hierauf mit der Veröffentlichung
eines zweiten Teils seiner Broschüre, in welchem er wiederum unter Bezugnahme auf diplomat.
Aktenstücke sich als das unschuldige Opfer einer Verfolgung seitens des Fürsten Bismarck hinstellte. Die Arnimsche Familie
bestimmte Arnim 1880, auf Grund eines gerichtsärztlichen Gutachtens freies Geleit zu fordern, um sich dem
Reichsgericht persönlich zu stellen und die Wiederaufnahme des Prozeßverfahrens zu beantragen. Das Reichsgericht hatte
ihm eben freies Geleit bewilligt, als er zu Nizza
[* 40] starb. Arnim hatte noch zwei andere maßvoller gehaltene
Broschüren veröffentlicht: «Der Nuntius kommt! Essay von einem Dilettanten» (anonym, 1.‒3. Aufl.,
Wien 1878) und «Quid faciamus nos?» (ebd. 1879), worin er sein Verhalten
während des VatikanischenKonzils verteidigte und die Ansicht vertrat, daß Preußen die Bildung einer deutsch-kath. Kirche hätte
fördern müssen. –
Vgl. Stenographischer Bericht über den Prozeß Arnim (Berl. 1874);
Rechtsgutachten, erstattet zum Prozeß
des Grafen Harry von Arnim, hg. von F. von Holtzendorff (Münch. 1875).
Heinr. Alexander, Freiherr von, preuß. Staatsmann, aus dem Hause Arnim-Suckow, geb. zu Berlin, zog
im Alter von 15 J. mit fünf seiner Brüder in den Freiheitskampf und studierte dann seit 1818 in Heidelberg.
[* 41] Seit 1820 war
er Gesandtschaftsattaché in der Schweiz, dann Legationssekretär in München, Kopenhagen
[* 42] und Neapel.
[* 43] An
letzterm Orte zum Geschäftsträger ernannt, wurde er 1829 in gleicher Eigenschaft nach Darmstadt
[* 44] versetzt, wo er sich um
die Entwicklung des Zollvereins verdient machte. 1834 trat er als Geh. Legationsrat und vortragender Rat in die polit. Abteilung
des Ministeriums des Auswärtigen, ging 1840 als Gesandter nach Brüssel, wurde 1841 in den Freiherrenstand
erhoben und machte sich in Brüssel namentlich durch die Förderung des am abgeschlossenen belg.-preuß.
Handelsvertrags verdient. In seiner Schrift «Der Worte sind genug gewechselt, laßt mich nun endlich Thaten sehn!
Ein handelspolit. Testament» (anonym, Berl. 1846) trat er mit Entschiedenheit für
den Freihandel ein. 1846 zum Gesandten in Paris ernannt, kehrte er 1848 nach Berlin zurück und wirkte hier für eine kühne,
durch militär. Rüstungen
[* 45] unterstützte
¶