sie für die angreifende Partei (Kläger, Rechtsmittelkläger) erfolgt, zugleich für den Gegner die oben erstbezeichnete
Kostenfreiheit zur Folge. Das Armenrecht kann, sobald sich ergiebt, daß eine seiner
Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorhanden
ist, entzogen werden; es erlischt mit dem
Tode der Partei. Vgl. Civilprozeßordn. §§. 106 fg.; Strafprozeßordn. §. 449. (Gesetzliche
Bestimmungen über
Armenwesen überhaupt s.
Armenwesen und
Armengesetzgebung.)
Volksschulen in
Städten, die lediglich für die
Kinder der ärmern
Bevölkerung
[* 2] bestimmt sind und in denen
kein (Freischulen) oder doch nur ein geringes
Schulgeld erhoben wird, ja die vielfach sogar die nötigen
Bücher, Hefte und
Schreibmaterialien den ärmstenKindern unentgeltlich liefern. Meist wird in ihnen nur in den unentbehrlichsten
Gegenständen unterrichtet. Anstoß zur Errichtung solcher Schulen gab besonders
Pestalozzi. Verwirklicht wurden seine Ideen,
außer von ihm selbst, von
Fellenberg in Hofwyl und in den Wehrlischulen (s. d.) in der
Schweiz.
[* 3] In neuerer Zeit sind die Armenschulen an
vielen Orten wieder aufgehoben worden.
Hat man auch besondere Schulen mit geringem
Schulgelde, so vermeidet man doch gewöhnlich den
Namen Armenschulen, nennt sie
Bezirksschulen,
niedere Bürgerschulen u. s. w. In manchen
Städten, wie in
Leipzig,
[* 4] wird sogar in diesen
Bezirksschulen der gleiche Unterricht
in derselben Stundenzahl wie in den andern
Bürgerschulen erteilt. Keinen Platz haben sie, wo, wie meist
in Süddeutschland und neuerdings auch in
Preußen,
[* 5] die allgemeine
Volksschule eingerichtet ist, die entweder, wie auch Art. 25 der
preuß.
Verfassung verlangt, allen
Kindern unentgeltlichen Unterricht gewährt oder wenigstens für die
Kinder der
Armen kein
oder ein sehr geringes
Schulgeld erhebt. Die
Lumpenschulen (ragged schools) in England sind durch freiwillige
Armenpflege unterhaltene Schulen für arme
Kinder.
(Armentaxen) sind direkte oder indirekte
Steuern oder
Abgaben, die für die Zwecke der Armenpflege erhoben
werden. Dem Mittelalter waren besondere Armensteuern ebenso wie eine staatlich geordnete Armenpflege fremd. Mit dem
Aufkommen des absoluten
Staates entwickelte sich eine derartige Armenpflege mehr und mehr und damit war
auch das Bedürfnis zur Beschaffung ausreichender Einnahmequellen gegeben. Die Anfänge der Armensteuern reichen
bis indie erste Hälfte
des 16. Jahrh. zurück.
In England bildet das Armengesetz der Königin Elisabeth vom J. 1601 noch heute die rechtliche Grundlage der Armensteuern (poor
rate). DieSteuer trifft den
Reinertrag des Grundvermögens (Grundstücke, Häuser, Waldungen,
Bergwerke
u. s. w.). Die
Rente, die von dem Grundstück durch Vermietung oder Verpachtung zu erzielen sein würde, abzüglich der
Steuern und
öffentlichen Lasten, der Unterhaltungs-, Ausbesserungs-, Versicherungskosten u. s. w.,
gilt als steuerpflichtiger
Reinertrag.
(Über den Gesamtbetrag der erhobenen Armensteuern s.
Armenwesen.)
Frankreich hat nur einige indirekte
Abgaben als Armensteuern, namentlich die
Steuer von Theatervorstellungen und öffentlichen
Lustbarkeiten, die entweder als Zuschlag von 10 Proz. auf die Eintrittspreise oder als ein
Viertel der Roheinnahme erhoben wird. Auch die Grabstellenabgabe, deren Ertrag zu einem Drittel den Wohlthätigkeitsanstalten
der beteiligten Gemeinde zufließt, ist hier zu nennen.
In
Deutschland
[* 6] kommen als besondere Armensteuern ebenfalls nur
gewisse indirekte
Abgaben in Betracht. So fließt
z. B. der Ertrag der
Hundesteuer in
Sachsen
[* 7] ganz, in
Württemberg
[* 8] zur Hälfte der Armenkasse zu. In
Sachsen werden zu gleichem
Zwecke auch gewisse Besitzwechsel- und Erbschaftsabgaben erhoben. Die Hauptform der Armensteuern bilden aber die
Abgaben von
öffentlichen
Lustbarkeiten, die in den Gemeinden erhoben werden.
In der
Schweiz bestehen gewisse Nachlaß-, Wirtschafts- und Lustbarkeitssteuern für die Zwecke der Armenpflege neben den
in bestimmten Kantonen erhobenen direkten Armensteuern verschiedener Art.
(spr. armangtĭähr),Hauptstadt des Kantons Armentières (62,83 qkm, 8 Gemeinden, 47 523 E.)
im
Arrondissement Lille
[* 9] des franz. Depart.
Nord, rechts am Scheldezufluß
Lys, dicht an der belg. Grenze, an den Linien Lens-Armentières (38 km), Hazebrouck-Lille und
Armentières-St. Omer
(65 km) der
Franz. Nord- und Armentières-Comines (15 km) der
Belg. Staatsbahnen,
[* 10] hat (1891) 26 160, als Gemeinde 28 638 E., Collège,
Krankenhaus,
[* 11] Departementsirrenanstalt;
Lein-, Hanf- undBaumwollspinnereien,
Webereien von
Lein- und Baumwollwaren
(jährlich für 130 Mill.
Frs.), Färberei, Gerberei, Salzraffinerie, Öl- und Talgfabrikation,
Bleichen, Ziegelei, Eisengießerei,
[* 12] Walzwerke. Bis zu Ende des 18. Jahrh. stand besonders die Tuchmacherei von in großem
Ruf.
diejenigen öffentlich-rechtlichen Korporationen, die von
Staats wegen als Organe der öffentlichen
Armenpflege eingerichtet, verpflichtet oder anerkannt sind. Als zunächst verpflichtetes Organ erscheint
in
Deutschland der
Ortsarmenverband der Gemeinde.
Außer dem
Ortsarmenverbande wird auf Grundlage des Reichsgesetzes vom (mit
Ausnahme von
Bayern
[* 13] und Elsaß-Lothringen)
[* 14] die öffentliche Armenpflege durch
Landarmenverbände ausgeübt. Dieses sind größere
(in der Regel mehrere
Ortsarmenverbände zusammenfassende) räumlich abgegrenzteBezirke.
Die
StädteBerlin,
[* 22]
Breslau,
[* 23] Königsberg
[* 24] sind zugleich Orts- und
Landarmenverbände. In
Württemberg bilden die Oberamtsbezirke
und der Stadtdirektionsbezirk
Stuttgart,
[* 25] in
Baden,
[* 26] Hessen,
[* 27]
Mecklenburg-Strelitz,
Sachsen-Meiningen und Waldeck
[* 28] die
Kreise
[* 29] die
Landarmenverbände. In Oldenburg
[* 30] liegt den Amtsverbänden die Besorgung des Landarmenwesens ob. In
Mecklenburg-Schwerin und in
Anhalt
[* 31] stellt das
Staatsgebiet den Landarmenverband dar; in den oldenb. Fürstentümern Lübeck
[* 32] und
Birkenfeld bildet denselben die Gesamtheit der Gemeinden mit besondern Korporationsrechten. Streitigkeiten zwischen mehrern
Armenverbände bezüglich der Armenlast werden nicht im
Verwaltungs-, sondern im Rechtswege entschieden. Ausschlaggebend sind dabei die
reichsrechtlichen Grundsätze über den in Gemäßheit des Gesetzes vom zu beurteilenden
Unterstützungswohnsitz.
Auch in England sah man sich genötigt, als die
Mittel der Kirchspiele unzulänglich geworden waren, durch Zusammenlegung
mehrerer
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