in der byzantinischen das unter dem
Namen des Orpheus
[* 2] erhaltene Epos folgten. Die gewöhnliche Überlieferung ist folgende:
Iason erhielt von seinem Oheim
Pelias, dem König von
Iolkos, den
Auftrag, das
Goldene Vließ aus Kolchis zu holen, wo es im
Haine des
Ares
[* 3] von einem schlaflosen Drachen bewacht wurde. Das Schiff,
[* 4] unter der Leitung der Göttin
Athene
[* 5] von
Argos, dem
Sohne des
Phrixos, gebaut, nahm die berühmtesten
Helden der Zeit auf (als Fünfzigruderer 50) und führte
sie unter mannigfachen
Abenteuern (Aufenthalt bei den männermordenden Lemnierinnen,
Befreiung des
Phineus von den Harpyen,
Fahrt durch die
Symplegaden) an die Mündung des
Phasis im kolchischen
Lande.
Der König
Aietes versprach dem Iason das Vließ zu geben unter der
Bedingung, daß er zwei feuerschnaubende
Stiere mit ehernen
Füßen vor den Pflug
[* 6] spanne und dann die von Kadmos (s. d.) in
Theben übriggelassenen Drachenzähne, die
Aietes von
Athene
bekommen hatte, aussäe. Der
Held löste die
Aufgabe mit Hilfe der Tochter des
Aietes,
Medeia. Sie gab ihm
ein Zaubermittel gegen
Feuer und
Eisen
[* 7] und belehrte ihn, wie er durch einen Steinwurf unter die aus den Drachenzähnen entsprossenden
Krieger diese untereinander entzweien und bewältigen könne.
Als dann
Aietes darauf sann, die Argonauten zu töten, eilten Iason und
Medeia bei Nacht in den Hain des
Ares, und
nachdem
Medeia den Drachen durch ein Zaubermittel eingeschläfert hatte, bemächtigte sich Iason des Vließes. Hierauf bestiegen
die Argonauten eilends das Schiff und segelten davon; durch die hinterlistige Ermordung des
Absyrtos (s. d.) entzogen sie sich der
Verfolgung. Die Rückfahrt wird sehr verschieden erzählt: nach älterer Sage fuhren sie denselben Weg
zurück oder gelangten durch den
Phasis in den
Okeanos, von da nach
Libyen und, nachdem sie die
Argo zwölf
Tageüber Land getragen,
ins Mittelmeer und nach
Iolkos.
Nach
Apollonius dagegen fuhren die den Ister (Donau) hinauf, der nach alexandrinischer
Vorstellung vom rhipäischen
Gebirge nach zwei Seiten dem
Schwarzen und dem
AdriatischenMeere zufließt und gelangten auf diesem Wege an die illyrische
Küste,
von dort durch den Eridanos (Po?) und die Rhône an die Westküste
Italiens
[* 8] und über
Kerkyra, wo Iason und
MedeiaHochzeit hielten,
nach
Libyen und zu Land zum Tritonischen See, erst von da über
Kreta und
Ägina in die
Heimat zurück. –
Die Argonautensage, die bei den nördlich und südlich vom
Öta wohnenden Minyern entstanden zu sein scheint (vgl. K. O.
Müller,
Orchomenos, Bresl. 1820; 2. Aufl. 1844), geht wahrscheinlich auf
die
Vorstellung zurück, daß der Heilbringer Jason dem unter der Sonnenhitze verdorrenden
Lande die regenspendende
Wolke (unter dem
Bilde des Widderfells oft gedacht) aus dem glücklichen
Lande, das in der ältesten Sage
Aia (s. d.) hieß und
nach dem fernen
Osten versetzt wurde, zurückbringt. Als die Naturbedeutung verloren ging, wurde das Vließ zum klassischen
Gral und der
Stoff durchAufnahme zahlreicher Orts- und Stammessagen vermehrt; allenthalben an den
Küsten
des Mittelmeers
[* 9] suchte man später
Erinnerungen an die Argofahrt. Von erhaltenen Kunstwerken ist die
Darstellung aus der Argonautensage
auf der sog.
Ficoronischen Ciste (s. d.) hervorzuheben. (S. Iason.)
oder Argonnerwald, Hügelplateau im nordöstl.
Frankreich, in den Grenzgebieten Lothringens und der Champagne,
zwischen den sog. Maasbergen im
S.
und den
Ardennen im N. Das Plateau wird durch die breite Thalmulde der Maas und das engere
Thal
[* 10] der
Aire in drei breite, viel zerklüftete Höhenzüge zerlegt. Die westlichenArgonnen oder der eigentliche «Argonnerwald»
beginnen bei den
Quellen der
Aire, streichen, 300 m hoch, zwischen der
Aisne und Maas, nordwärts bis Chesne-le-Populeux
und trennen fruchtbare Ebenen von der traurigen Kreidesteppe der Champagne-Pouilleuse.
Dieser
Teil besteht aus bewaldeten Hochflächen, die bis 100 m über die benachbarten
Thäler aufsteigen, ist 2–15 km breit
und 60 km lang, voll steiler Schluchten, tiefer
Thäler und jäher Abhänge, besonders gegen O., daher
schwer, nach
Regentagen gar nicht zugänglich. Die Wege durch die Schluchten heißen hier Échavées. Der
Boden ist fast durchweg
mager. Man findet bald ausgedehnte
Wälder von
Buchen,
Birken und Haselsträuchern, bald
Moore
(Fagnes) und
Heiden. Die östlichenArgonnen, im südl.
Teile mit dem 382 m hohen «WaldevonApremont», sind nur 2–300 m hoch und ziehen den westlichen
parallel im O. der Maas. Durch die und zwar aus Lothringen in die Champagne, von der Maas zur Seine führen folgende, zum
Teil in der Kriegsgeschichte berühmte Pässe:
1) LesIslettes (bei dem Dorfe Grandes-Islettes) von Clermont nach
Ste.
Menehould, 11 km lang und nur 3–900
m breit, durch das auch die Eisenbahn von Metz
[* 11] und
Verdun
[* 12] nach Châlons und Reims
[* 13] führt;
2) der
Paß
[* 14] von Chalade, von Varennes nach Vienne-la-Ville oder Vienne-le-Château;
3) der von Grandpré, durch den Aire-Einschnitt, von Varennes nach Vouziers an der
Aisne, in dichten Wäldern
und 1000 m breit, berühmt durch die Kämpfe bei Grandpré 1792;
5) der von Chène-Populeux (Chesne-le-Populeux, 162 m) mit der
Straße vonSedan
[* 15] nach Vouziers. Im
Deutsch-FranzösischenKriege
boten jedoch diese Pässe der vorrückenden deutschen Maasarmee auf ihrem berühmten Flankenmarsch (Ende
Aug. 1870) nur wenige Schwierigkeiten dar.
(d. h. Ebene), im
Altertum die Hauptstadt der peloponnes. Landschaft
Argolis (s. d.), lag 4 km vom
Meere in einer
vom Inachus und Charadrus durchflossenen Ebene und war auf der Westseite von der
Akropolis
[* 16] Larissa überragt.
Die nach der Sage von
Inachos oder seinem
Sohne Phoroneus gegründete, nach Argos, dem
Sohne des Zeus
[* 17] und der Niobe, benannte
Stadt war der Mittelpunkt eines Königreichs, das sowohl in der achäischen
Periode als nach der dor. Wanderung, seit letzterer
unter der Herrschaft eines Zweigs der
Herakliden (s. d.), der
Temeniden, eine hervorragende Rolle in der
griech. Sage und Geschichte spielte.
Die
Temeniden erreichten ihr Ende mit Meltas, worauf Könige aus einem andern Geschlechte folgten, bis vielleicht erst nach
den
Perserkriegen das immer mehr beschränkte Königtum gänzlich der
Demokratie weichen mußte. Seit der Zeit des
Temeniden
Pheidon, der außerArgolis,
Korinth,
[* 18]
Sikyon und Phlius auch
Ägina besaß und den Spartanern Kynuria entrissen
hatte (gegen 748 oder 670–645), war es Argos nie mehr gelungen, eine dauernde
Hegemonie auch nur über das gesamte
Argolis zu
behaupten; aber es hielt mit der größten Zähigkeit an seinem
Anspruche auf die Führerschaft der peloponnes.Staaten
fest und geriet dadurch in
Krieg mit
Sparta. Diese Feindschaft, die den Grundzug
¶
mehr
der argivischen Politik bildete, war auch der Grund, weshalb Argos (495 oder 493 durch die Spartaner furchtbar heimgesucht) in
den PerserkriegenNeutralität bewahrte. Später hielt das demokratisch gewordene Argos meist zu Athen;
[* 20] zur Zeit des Epaminondas
schloß es sich den Thebanern, nach der Schlacht von Chäronea 338 v. Chr. Philipp von Makedonien an. Durch
Aratus wurde Argos 229/8 dem Achäischen Bunde zugewandt und fiel 140 zugleich mit diesem der röm. Herrschaft anheim. In Argos wirkten
hervorragende Bildhauer wie Ageladas, Polyklet u. a.; auch wurde die Gymnastik und die Musik daselbst eifrig gepflegt.
Die Stadt, die als Sitz des Landtags der Griechen von Argolis und teilweise von Arkadien unter den Römern
eine glänzende Stellung behauptete, hat bis auf die Gegenwart ihren alten Namen bewahrt. Von den vielen Tempeln des Altertums
und andern Bauwerken ist nur wenig übrig. Unter den Resten zeichnet sich das in den Fels gehauene Theater,
[* 21] das 6000 Zuschauer
fassen konnte, aus. Unweit Argos liegen die Überreste des 1851 wieder ausgegrabenen Horäum,
des Nationalheiligtums von Argolis, und des 1889 bloßgelegten Tempels der Artemis
[* 22] Orthia auf dem Berge Lykone.
Der erstgenannte Tempel,
[* 23] 423 v. Chr. zerstört, wurde von Eupolemus als dor. Peripteros wieder aufgebaut und mit dem von Polyklet
gefertigten Kultbilde der Hera
[* 24] geschmückt. Die Stadt, die sich 1202–8 im Besitze von Leo Sguros, 1208–12
in dem der Despoten von Epirus, 1212–1388 in franz., 1388–1463 mit kurzer Unterbrechung und wieder 1686–1715 in venet.
Händen befand, 1463–1686 und wieder 1716–1826 türkisch war, wurde während der griech.
Freiheitskämpfe mehrmals verwüstet (namentlich 1822 und 1831), erholte sich jedoch wieder. – Argos zählt
(1889) 9814 E., ist Hauptort der gleichnamigen Eparchie, Station der Eisendahn Korinth-Argos-Nauplia und Argos-Myli und hat eine
Sammlung von Altertümern, besonders aus dem Horäum. –
Vgl. Schneiderwirth, Geschichte des dorischen Argos (Tl. 1 u. 2, Heiligenst.
1865–66).
(Argus), genannt Panoptes, d. i. der Allsehende, Sohn des Agenor oder Inachos, nach der Sage
ein mit vielen Augen begabter Riese. Er tötete einen gewaltigen Ochsen, der Arkadien verwüstete und erwürgte die Schlange
[* 25] Echidna (s. d.), später wurde er von der Hera zum Wächter der Io (s. d.) bestellt. Hermes
[* 26] tötete ihn durch einen Steinwurf
oder hieb ihm, nachdem er ihn durch sein Flötenspiel eingeschläfert hatte, den Kopf ab. Hera verwandelte
ihn hierauf in einen Pfau oder schmückte mit seinen Augen den Pfauenschwanz.
Ursprünglich bedeutet Argos mit seinen zahllosen Augen wohl den gestirnten Himmel.
[* 27] Der Mythus ist außer auf Vasen
[* 28] namentlich
auf pompejanischen Wandgemälden dargestellt. A.’ Körper ist dort gewöhnlich ganz mit Augen übersät;
auf ältern Monumenten erscheint er bisweilen janusähnlich mit zwei Gesichtern, wie er denn nach einigen sehr alten Überlieferungen
ein drittes Auge
[* 29] auf dem Nacken hatte. –