Handlung eines
Menschen, durch welche einem andern Schaden verursacht wird, verpflichtet den, durch dessen Schuld der Schaden
eingetreten ist, zum Ersatz. Zur Schuld wird auch die Fahrlässigkeit gerechnet. Ähnliche allgemeine Vorschriften hat das
Preuß. Allg. Landr. I, 6, §§. 10 fg. gegeben, nur wird für die Fälle eines mäßigen und geringen
Versehens eine weniger umfassende Ersatzpflicht geordnet. Das Österr. Bürgert. Gesetzb. §. 1295 hat ebenso den allgemeinen
Satz: Jedermann ist berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens zu fordern, welchen dieser ihm aus Verschulden
zugefügt hat;
der Schaden mag durch
Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne
Beziehung auf einenVertrag
verursacht sein.
Ähnlich wie im
Preuß. Allg.
Landrecht wird dann bezüglich des
Umfangs des Schadens zwischen böser
Absicht
und auffallender Sorglosigkeit (grobes Versehen, culpa lata), welche zur vollen Genugthuung verpflichten, und einem geringen
Versehen (§. 1324) unterschieden. Sodann wird aber die Ersatzpflicht für besondere Fälle geordnet (Körperverletzung oder
Tötung, Freiheitsentziehung, Ehrverletzung, Haftung der
Beamten). Die
Anordnungen des
DeutschenEntwurfs eines
Bürgerlichen Gesetzbuchs sind folgende: Nach §. 746 ist derjenige, welcher vorsätzlich oder fahrlässig (d. h.
unter Außerachtlassung der im Verkehr üblichen Sorgfalt) ein
Recht eines andern widerrechtlich verletzt, oder wer gegen
ein den Schutz eines andern bezweckendes Gesetz verstoßt, zum Ersatz des dadurch verursachten Schadens
verpflichtet.
Ist nach dem
Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dasselbe auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur
bei Verschulden ein. Die Schadenersatzpflicht wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die schädigende Handlung im
Notstand
begangen worden ist. Es folgen dann
Anordnungen für einzelne Fälle (üble Nachrede,
Freiheitsentziehung,
Haftung für den
Vertreter n.
s. w.) in §§. 747 fg. Die Verpflichtung zum
Schadenersatz wegen einer gegen die
Person gerichteten
unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten
herbeiführt (§. 765; bezüglich Körperverletzung,
Tötung §§. 766 fg.).
Daß jemand vorsätzlich oder bewußt einen Schaden in AusübungeinesRechts zufügt, schließt die Widerrechtlichkeit
der Schadenzufügung und deshalb auch den Ersatzanspruch noch nicht aus.
Anders, wenn das dem Schadenstifter zustehende
Recht
die Befugnis giebt so zu handeln, obschon dadurch einem Dritten ein Schaden erwächst. Das ist der Fall beim
freien
Wettbewerb im
Gewerbebetrieb, nur sollte derselbe nicht dahin ausarten, daß
Anstand und gute
Sitten verletzt werden.
Die
Franzosen geben wegen eines solchen Gebarens (concurrence déloyale) einen Schadenersatzanspruch. Dem deutschen
Gewerbebetrieb
erwächst aus dem
Mangel einer entsprechenden gesetzlichen Vorschrift ein schwerer Nachteil. Ihm will der Deutsche
[* 2]
Entwurf
§. 749 abhelfen: «Wer durch eine Handlung, die er nicht in
Ausübung eines ihm zustehenden
Rechts vornimmt, in einer gegen die guten
Sitten verstoßenden
Weise einem andern vorsätzlich
Schaden zufügt, ist schadenersatzpflichtig».
Darüber hinaus wurde auf Anregung des
Reichstags Mai 1895 dem
Bundesrat ein besonderer Gesetzentwurf zur Bekämpfung des unlautern
Wettbewerbs vorgelegt. (S. im übrigen
Schadenersatz.) Der
Ausschluß einer Haftung für Arglist kann im voraus
nicht ausbedungen werden, das pactum ne dolus praestetur
ist nichtig. Dagegen hebt die Einwilligung in eine bestimmte Handlung,
auch wenn dieselbe den Einwilligenden schädigt, den
Begriff der
Widersetzlichkeit auf,
volenti non fit injuria.
hieß ursprünglich die vom Inachus durchströmte, von
Bergen
[* 4] eingefaßte Küstenebene des
Peloponnes, die
das Gebiet der Stadt
Argos (s. d.) bildete. Unter den
Römern bezeichnete es die ganze östl. Landschaft
des
Peloponnes, die gegen N. an Achaja und
Korinth,
[* 5] gegen O. und
S. ans
Meer, gegen
W. an
Arkadien, gegen
SW. an Lakonien grenzt.
– Nach dem Unabhängigkeitskampfe des neuen
Griechenlands bildete Argolis bis 1838 eins der sieben Departements der
ProvinzMorea.
Jetzt ist Argolis und Korinthia einer der fünf peloponnes. Nomen des Königreichs
Griechenland,
[* 6] der den
Isthmus von
Korinth, die Argolische Halbinsel nebst den
Inseln Poros, Hydra und
Spezzia, die alten Gebiete von
Sikyon, Phlius,
Stymphalos und dem
GebirgeKyllene, die Ebene von
Argos, die Ostabhänge des argolisch-arkad. Grenzgebirges und die
InselKythera
umfaßt. Er hat 5244 qkm, (1889) 144836 E. und zerfällt in die Eparchien
Korinthia,
Argos,
Nauplia, Hydra und Trözenia,
Spezzia und Hermionis und
Kythera; Hauptstadt ist
Nauplia. –
Vgl. E. Curtius,
Peloponnesos, Bd. 2 (Gotha
[* 7] 1852);
Miliarakis, Geographie des Nomos und Korinthia
(Athen
[* 8] 1886, neugriechisch).
Schiffsboot,Papierboot,Glasboot,
Papiernautilus, eine papierdünne, weißlich durchscheinende Schale von
der
Größe einer Mannsfaust, die mit den seitlichen Rippen, dem hintern Wirbel und der großen Öffnung einem
Boote nicht
unähnlich sieht und häufig leer auf dem Mittelmeere treibt. Sie wird von einem achtarmigen
Tintenfische(ArgonautaArgoL.)
gebaut und bewohnt, der im übrigen dem gewöhnlichen Pulpe oder Achtarme (Octopus) ähnlich ist, dessen
zwei hintere
Arme aber im weiblichen Geschlecht segelartig verbreitert sind und auf ihrer Innenseite die verzierenden Rippen
auf die vom Leibe gebildete Schale absondern. (S.
Tafel:
Kopffüßer,
[* 1]
Fig. 1.) Nur das weibliche
Tier baut sich diese Schale,
die es mit den verbreiterten
Armen stets umfaßt hält, ohne daran angewachsen zu sein. Es birgt den Laich in derselben. Das
Männchen ist sehr klein und abweichend gebaut; es besitzt keine Schale, dagegen einen sich ablösenden
Hektokotylus (s.
Kopffüßer),
der anfangs als besonderer Eingeweidewurm beschrieben wurde. Das
Tier schwimmt wie die andern
Kopffüßer,
zu denen es gehört, mittels Ausstoßens des Atemwassers durch einen engen
Trichter, steigt aber gern bei ruhigem Wetter
[* 9] bis
nahe an die Oberfläche des Wassers.
in der griech. Sage die nach ihrem Schiffe
[* 10]
Argo benannten Heroen, die unter Jasons
Führungdie erste Seefahrt
unternahmen, um aus Kolchis das
Goldene Vließ zu holen.
Schon in der Odyssee wird die
Argo erwähnt; aber
obgleich dieser
Stoff in der epischen
Dichtung und im
Drama behandelt wurde, so wurde er doch erst in alexandrinischer Zeit
von
Apollonius (s. d.) von Rhodus zu einem umfassenden Epos verarbeitet, dem
in der röm. Litteratur die «Argonautica»
des
Valerius Flaccus,
¶
mehr
in der byzantinischen das unter dem Namen des Orpheus
[* 12] erhaltene Epos folgten. Die gewöhnliche Überlieferung ist folgende:
Iason erhielt von seinem Oheim Pelias, dem König von Iolkos, den Auftrag, das Goldene Vließ aus Kolchis zu holen, wo es im
Haine des Ares
[* 13] von einem schlaflosen Drachen bewacht wurde. Das Schiff, unter der Leitung der Göttin
Athene
[* 14] von Argos, dem Sohne des Phrixos, gebaut, nahm die berühmtesten Helden der Zeit auf (als Fünfzigruderer 50) und führte
sie unter mannigfachen Abenteuern (Aufenthalt bei den männermordenden Lemnierinnen, Befreiung des Phineus von den Harpyen,
Fahrt durch die Symplegaden) an die Mündung des Phasis im kolchischen Lande.
Der König Aietes versprach dem Iason das Vließ zu geben unter der Bedingung, daß er zwei feuerschnaubende Stiere mit ehernen
Füßen vor den Pflug
[* 15] spanne und dann die von Kadmos (s. d.) in Theben übriggelassenen Drachenzähne, die Aietes von Athene
bekommen hatte, aussäe. Der Held löste die Aufgabe mit Hilfe der Tochter des Aietes, Medeia. Sie gab ihm
ein Zaubermittel gegen Feuer und Eisen
[* 16] und belehrte ihn, wie er durch einen Steinwurf unter die aus den Drachenzähnen entsprossenden
Krieger diese untereinander entzweien und bewältigen könne.
Als dann Aietes darauf sann, die Argonauten zu töten, eilten Iason und Medeia bei Nacht in den Hain des Ares, und
nachdem Medeia den Drachen durch ein Zaubermittel eingeschläfert hatte, bemächtigte sich Iason des Vließes. Hierauf bestiegen
die Argonauten eilends das Schiff und segelten davon; durch die hinterlistige Ermordung des Absyrtos (s. d.) entzogen sie sich der
Verfolgung. Die Rückfahrt wird sehr verschieden erzählt: nach älterer Sage fuhren sie denselben Weg
zurück oder gelangten durch den Phasis in den Okeanos, von da nach Libyen und, nachdem sie die Argo zwölf Tageüber Land getragen,
ins Mittelmeer und nach Iolkos.
Nach Apollonius dagegen fuhren die den Ister (Donau) hinauf, der nach alexandrinischer Vorstellung vom rhipäischen
Gebirge nach zwei Seiten dem Schwarzen und dem AdriatischenMeere zufließt und gelangten auf diesem Wege an die illyrische Küste,
von dort durch den Eridanos (Po?) und die Rhône an die Westküste Italiens
[* 17] und über Kerkyra, wo Iason und MedeiaHochzeit hielten,
nach Libyen und zu Land zum Tritonischen See, erst von da über Kreta und Ägina in die Heimat zurück. –
Die Argonautensage, die bei den nördlich und südlich vom Öta wohnenden Minyern entstanden zu sein scheint (vgl. K. O. Müller,
Orchomenos, Bresl. 1820; 2. Aufl. 1844), geht wahrscheinlich auf
die Vorstellung zurück, daß der Heilbringer Jason dem unter der Sonnenhitze verdorrenden Lande die regenspendende
Wolke (unter dem Bilde des Widderfells oft gedacht) aus dem glücklichen Lande, das in der ältesten Sage Aia (s. d.) hieß und
nach dem fernen Osten versetzt wurde, zurückbringt. Als die Naturbedeutung verloren ging, wurde das Vließ zum klassischen
Gral und der Stoff durch Aufnahme zahlreicher Orts- und Stammessagen vermehrt; allenthalben an den Küsten
des Mittelmeers
[* 18] suchte man später Erinnerungen an die Argofahrt. Von erhaltenen Kunstwerken ist die Darstellung aus der Argonautensage
auf der sog. Ficoronischen Ciste (s. d.) hervorzuheben. (S. Iason.)