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Im J. 1888 bestanden 24 Dampferlinien nach Europa [* 2] (9 engl., 6 ital., 5 franz., 3 deutsche, 1 holl.) und eine nach Nordamerika. [* 3] Eine argentin. Linie versieht den Dienst zwischen Buenos-Aires und den atlantischen Häfen bis Kap Hoorn, drei Linien bestehen auf den Flüssen und nach Montevideo. [* 4] Der Paraguay [* 5] wird bis Asuncion befahren, von wo paraguaysche und brasil. Dampfer Cuyaba (s. d.) erreichen. Seedampfer kommen bis Rosario herauf.
Außerdem vermitteln auch verschiedene Eisenbahnen den Verkehr mit dem Innern des Landes. Am waren im ganzen 12 353 km im Betrieb, deren Herstellung bisher rund 1800 Mill. M. erforderte. Auf 100 qkm Flächeninhalt des Landes kommen 0,4 km, und auf je 10000 E. entfallen 30,4 km Bahnen. Ungefähr 2500 km befinden sich im Bau und Linien in einer Ausdehnung [* 6] von etwa 8000 km waren zum Bau in Aussicht genommen. Die überwiegende Mehrzahl der Bahnen gehört Privatgesellschaften, 555 km der Provinz Sta. Fé.
Das der Provinz Buenos-Aires gehörige Bahnnetz von 1209 km hat dieselbe auf Grund des Gesetzen vom im Wege der öffentlichen Versteigerung an die (engl.) Buenos-Aires-Westbahngesellschaft für 104 Mill. M. veräußert. Die Gesellschaft betreibt nur die Hauptbahn La Plata-Buenos-Aires-Trenque-Lauquen (526 km) selbst, während sie die Zweigbahnen wieder veräußert oder für die Konzessionsdauer verpachtet hat. Die argentin. Eisenbahnen besaßen 880 Lokomotiven, 1128 Personenwagen, 143 Schlaf-, 679 Gepäck- und 24260 Güterwagen.
Befördert wurden 1891: 10 820000 Reisende und 4 690000 t Güter. Das Anlagekapital verzinste sich durchschnitllich mit 1,3 Proz. gegen 1,6 Proz. im Vorjahre; einzelne Bahnen ergaben zum Teil erheblich höhere Renten, doch zahlen die meisten Bahnen jetzt gar nichts mehr. Die wichtigsten Bahnen sind (1892): die Central-Nortebahn von Cordoba [* 7] nach Chilcas (884 km), die Andinobahn von Villa Maria nach San Juan (255 km), die Buenos-Aires-Pacificbahn von Buenos-Aires nach Villa Mercedes (684,60 km), die Südbahn von Buenos-Aires nach Bahia-Blanca (1352 km) u. s. w. Die 1226 km lange Linie (im Bau) von Buenos-Aires zum Anschluß an das chilen. Eisenbahnnetz bei Yambel (südamerik. Überlandbahn) wird nach Fertigstellung eine direkte Verbindung zwischen der chilen. Hafenstadt Concepcion und Buenos-Aires herstellen.
Durch eine weitere, ebenfalls noch im Bau befindliche Linie nach dem chilen. Eisenbahnnetz wird ein fast gerader Schienenweg von Buenos-Aires über Mercedes, San Luis und Mendoza nach Valparaiso [* 8] genommen werden. Die auf argentin. Gebiete belegene 1039 km lange Strecke Buenos-Aires-Mendoza ist bereits seit März 1888 im Betriebe. Der Bau der Fortsetzung (Andenbahn) wurde 1888 begonnen und sollte 1893 vollendet sein, doch dürfte die Fertigstellung der Tunnelsektion kaum vor 1896 zu erwarten sein. 1891 erlitten die Arbeiten Verzögerungen durch den chilen. Bürgerkrieg und die argentin.
Finanzverlegenheiten. Auf argentin. Seite sind schon 120 km fertiggestellt, die Arbeiten für die Strecke bis zum Gipfel (125 km) sind im Gange. Von der chilen. Thalstrecke sind 37 km bis Juncal vollendet. Die steilen Abhänge der Anden auf der argentin. Seite erfordern die größten Opfer von Zeit und Arbeit. Bis zum Fuße des Gipfels müssen 6 Tunnels von über 700 m Länge gebohrt und 7 Brücken [* 9] mit 75 und 45 m Spannweite gelegt werden. Die Bahn windet sich aus beiden Seiten des Gipfels zu einem 5065 m langen Tunnel, [* 10] der 3140 m ü.d. M. liegt, also etwa 2½ mal höher als der St. Gotthardtunnel (s. Gotthardbahn). Insgesamt sind zur Überschreitung des Gipfels 7 Tunnel mit 16 km Gesamtlänge nötig. Die Spurweite der Andenbahn beträgt 1 m, während auf argentin. Seite die dortige Weitspur (1,676 m) und auf chilen. Seite die gewöhnliche Vollspur (1,435 m) anschließt.
Der Postverkehr wird durch (1892) 1384 Bureaus vermittelt. Die Zahl der beförderten gewöhnlichen Briefe betrug (1888) 32 233 932, der eingeschriebenen Briefe 1 310 909, Postkarten 526 595, Drucksachen 27 974 999, Warenproben 165 195, amtliche Schreiben 616 189, zusammen 62 827 819; die Zahl der Postpakete betrug 20 876.
Im Telegraphenverkehr betrug die Gesamtlänge der Linien (1888) 29 576, der Drähte 68 651, der Kabel 159 km, die Zahl der Bureaus der Staatstelegraphen 162. Die Einnahmen der Staatstelegraphen betrugen (1888) 696 859 Pesos, die Ausgaben 1 666 473 Pesos. In der Provinz Buenos-Aires wurden befördert: 485 738 private, 23 888 Staats-, 370 515 dienstliche, zusammen 880 141 Depeschen. Die Eisenbahntelegraphen beförderten 218 570, 1194 und 1 020 002, zusammen 1 239 766 Depeschen.
Verwaltung und Verfassung. Die Republik zerfällt in 14 Provinzen oder Staaten, die sich in vier Gruppen ordnen. Zur ersten Gruppe, den Küsten- und Stromuferprovinzen, gehören Buenos-Aires (Ende 1892 nach der Schätzung Latzinas 1 020000 E.), Santa Fé (Zählung 1887: 220 332, nach Schätzung für 1892 fast 300000 E.), Entre-Rios (nach Latzina 300000 E.) und Corrientes (216000 E.). Die zweite Gruppe der Andenprovinzen bilden La Rioja (nach Latzina 86000 E.), Catamarca (118000 E.), San Juan (110000 E.) und Mendoza (150000 E.).
Die dritte Gruppe der Centralprovinzen umfaßt Cordoba (380000 E.), San Luis (105000 E.), Santiago del Estero (225000 E.) und Tucuman (225000 E.). Zu der vierten Gruppe, den Nordprovinzen, gehören Salta (162000 E.) und Jujuy (60000 E.). Hierzu kommen noch die neun Gobernaciones (Territorios nacionales) Formosa (Chaco central), Chaco (Chaco Austral), Misioneo, Pampa, Neuquen, Rio [* 11] Negro, Chubut, Santa Cruz und Tierra del Fuego mit zusammen 250000 E. Bundeshauptstadt ist seit 1880 Buenos-Aires.
Die Verfassung vom (revidiert ist im wesentlichen der Konstitution der Vereinigten Staaten [* 12] von Amerika [* 13] nachgebildet. An der Spitze steht ein Präsident, auf 6 Jahre durch 133 Repräsentanten der 14 Provinzen gewählt. Die gesetzgebende Gewalt üben ein Senat und eine Deputiertenkammer, von denen ersterer 30, die letztere 86 Glieder [* 14] zählt. Ein Vicepräsident wird auf dieselbe Weise und zu derselben Zeit wie der erste Präsident gewählt. Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Truppen und vergiebt die Civil-, Militär- und richterlichen Ämter. Doch bleibt er, wie auch seine Minister, deren es fünf (Inneres, Auswärtige Angelegenheiten, Finanzen, Justiz, Kultus und Unterricht, Krieg und Marine) giebt, dem Senate und Repräsentantenhause verantwortlich.
Die Einnahmen betrugen (in Tausenden Pesos) 1886: 46 762, 1887: 57 306, 1888: 51 640, 1890: 72 900, 1891: 73 150, 1894: 34 193 in Gold [* 15] und 20 280 in Papier;
über die Ausgaben sind Abrechnungen für 1886: 46 695 und für 1887: 54 098 vorhanden. ¶
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Die Staatsschuld betrug argentinische äußere Schuld: 208,883 Mill. Pesos Gold; d. innere Schuld: 194,378 Mill. Gold und 43,520 Mill. Papier;
c. schwebende Schuld: 13,517 Mill. Gold und 20,460 Mill. Pesos Papier. Es kommt demnach auf den Kopf der Bevölkerung [* 17] eine Schuld von 330 M.
Das Wappen der Republik ist ein quergeteilter Schild; [* 18]
das obere Feld blau, das untere silbern;
im untern halten zwei verschlungene Hände einen Stab [* 19] mit der in das obere Feld hineinragenden roten Freiheitsmütze;
hinter dem obern Schildrande eine aufgehende goldene Sonne. [* 20]
Den Schild umschließt ein Eichen- und ein Lorbeerzweig. Die Flagge ist blau-weiß-blau horizontal gestreift, mit einer Sonne in dem mittlern Streifen. (S. Tafel: Flaggen [* 21] der Seestaaten.)
[* 16] ^[Abb.]
Heerwesen. Die Armee zählt 1590 Offiziere und 6498 Mann. Die Nationalgarde ist etwa 480000 Mann stark. Militärisch ausgebildet sind höchstens 65000 Mann. - Die Flotte besteht aus 47 Schiffen, darunter 6 Panzerschiffe, [* 22] 7 Kanonenboote, 24 Torpedofahrzeuge; zusammen mit 223 Kanonen armiert und einer Besatzung von 2190 Mann.
Geistige Kultur. Das ganze Unterrichtswesen wurde seit 1868, dem Regierungsantritte des Präsidenten Sarmiento, einer wirksamen Reorganisation unterworfen. So erhielt die Universität Cordoba, die bis dahin unter jesuitischer Leitung äußerst wenig in den Naturwissenschaften geleistet hatte, auf Betrieb des Präsidenten mehrere Professoren aus Deutschland [* 23] für Chemie, Physik, Botanik u. s. w. und auch einen namhaften Astronomen aus Nordamerika. Neben den beiden Universitäten Buenos-Aires und Cordoba bestehen gegenwärtig noch 14 Kollegien, an denen ebenfalls vielfach deutsche Lehrer angestellt sind.
Diese Anstalten gleichen ihrem Unterrichtsplane nach etwa unsern höhern Industrieschulen. Namentlich um das Elementarschulwesen hat sich die Regierung Sarmientos und vor allem sein Unterrichtsminister Avellaneda große Verdienste erworben. 1875 genossen in der Republik 125 150 Schüler Unterricht; es bestanden 1896 Primärschulen. In der Argentinische Republik ist, ebenso wie in Brasilien [* 24] und Chile, allen christl. Konfessionen [* 25] freier Kultus und Gründung von Schulen gestattet.
Doch bekennen sich fast sämtliche eingeborene Weiße und die bekehrten Indianer zum Katholicismus. Ein Erzbischof hat seinen Sitz in Buenos-Aires, und unter ihm stehen vier Bischöfe zu Parana, Cordoba, San Juan (Cuyo) und Salta. Sprache [* 26] der Regierung wie des Landes ist das Spanische; [* 27] doch ist unter den Gebildeten das Französische, in den Seestädten das Englische [* 28] sehr verbreitet, während in den innern Provinzen noch vielfach die Guaranisprache herrscht.
Geschichte. Der La Plata-Strom wurde 1512 durch den span. Großpiloten Juan Diaz de Solis aufgefunden und auf einer zweiten Reise 1515 bis zur Mündung des Uruguay befahren. 1527 erreichte Sebastian Caboto den La Plata und baute am Parana das Fort Santo [* 29] Espiritu, die erste span. Niederlassung. Dann legte Pedro de Mendoza als erster Adelantado (Civil- und Militärgouverneur) den Grund zur Stadt Buenos-Aires, aber die von ihm bei seiner Rückkehr nach Europa 1537 zurückgelassenen Spanier gaben die Niederlassung auf, gingen den Paraguay aufwärts und gründeten Asuncion.
Der zweite Adelantado, Alvaro Nufiez Cabeza de Vaca, landete an der brasil. Küste bei der Insel Santa Catarina und ging zu Lande nach Asuncion, während die Schiffe [* 30] den La Plata dorthin hinaufsegelten. Diesem folgte in der Würde 1555 Martinez de Irala, der eigentliche Eroberer der La Plata-Gegend. Unter ihm und seinem Nachfolger (1569) Ortiz de Zarata entstanden viele Ansiedelungen. Der 1576 zum Generalkapitän ernannte Juan de Garay baute 1580 Buenos-Aires wieder auf, und damit war die Eroberung des La Plata-Gebietes abgeschlossen.
Unter Juan de Torres Vera y Aragon, 1587-91, wurde (1588) Corrientes gegründet. Um 1610 begannen die Jesuiten ihre folgenreiche Missionsthätigkeit am obern Parana (s. Paraguay). Unter Philipp III. wurde 1620 eine besondere Regierung (Gobierno del Rio de la Plata) für die Länder südlich vom Zusammenfluß des Parana und Paraguay gebildet, und das Land in drei Provinzen geteilt: Tucuman, Buenos-Aires und Paraguay. Ein drückendes Monopolsystem hemmte aber das Aufblühen dieser Provinzen und es entwickelte sich ein maßloser Schleichhandel, besonders von den Portugiesen betrieben, die 1680 gegenüber von Buenos-Aires die Colonia del Sacramento mit Genehmigung der Spanier gegründet hatten. Dadurch kamen die Spanier in ganz Südamerika [* 31] um die beabsichtigten Handelsvorteile. 1726 erfolgte die Gründung von Montevideo. Nach der Vertreibung der Jesuiten 1767 aus den La Plata-Ländern gerieten ihre zahlreichen und blühenden Niederlassungen in Verfall, und die indian. Bevölkerung sank in Elend und Verwilderung.
Bis 1776 gehörten die La Plata-Länder zum Vicekönigreich Peru, [* 32] dann wurde aus ihnen ein besonderes span. Vicekönigtum mit der Hauptstadt Buenos-Aires gebildet, zu dem die Provinzen Buenos-Aires, Paraguay und Tucuman, die Präsidentschaft Charcas, das Territorium Cuyo und die Patagonische Küste gehörten. Nachdem 1776 die Portugiesen aus der Nachbarschaft vertrieben waren, wurde ein vernünftigeres Handelssystem angenommen; schon seit 1774 durften alle span. Kolonien untereinander Handel treiben. Unter dem zweiten Vicekönige wurde 1782 das Reich in acht Intendanzen geteilt, von denen vier (La Paz, Cochabamba, Charcas und Potosi) das spätere Oberperu, vier andere Salta, Cordoba, Buenos-Aires und die Missionen «Argentina» bildeten.
Infolge des Bündnisses Spaniens mit Frankreich nahmen im Juni 1806 die Engländer die Stadt Buenos-Aires, wurden aber nach wenigen Monaten wieder vertrieben. Während des franz. Krieges in Spanien [* 33] selbst setzten 1810 die Kolonisten den Vicekönig ab und ernannten 22. Mai im Namen Ferdinands VII. eine provisorische Junta. Da Cordoba, Paraguay und Uruguay aber diese nicht anerkannten, kam es zu Bürgerkämpfen, bis ein Kongreß zu Tucuman die Unabhängigkeit der «Vereinigten Staaten von Rio de la Plata» erklärte. Daneben bildeten sich nun Paraguay und Uruguay als besondere Republiken. Ein Kongreß der 14 konföderierten Republiken bestimmte endlich 1825 das Verhältnis der einzelnen Staaten zueinander und stellte fest, daß der Staat Buenos-Aires die auswärtigen Angelegenheiten leiten und als oberste ¶