mehr
Im J. 1888 bestanden 24 Dampferlinien nach Europa (9 engl., 6 ital., 5 franz., 3 deutsche, 1 holl.) und eine nach Nordamerika. Eine argentin. Linie versieht den Dienst zwischen Buenos-Aires und den atlantischen Häfen bis Kap Hoorn, drei Linien bestehen auf den Flüssen und nach Montevideo. Der Paraguay wird bis Asuncion befahren, von wo paraguaysche und brasil. Dampfer Cuyaba (s. d.) erreichen. Seedampfer kommen bis Rosario herauf.
Außerdem vermitteln auch verschiedene Eisenbahnen den Verkehr mit dem Innern des Landes. Am waren im ganzen 12 353 km im Betrieb, deren Herstellung bisher rund 1800 Mill. M. erforderte. Auf 100 qkm Flächeninhalt des Landes kommen 0,4 km, und auf je 10000 E. entfallen 30,4 km Bahnen. Ungefähr 2500 km befinden sich im Bau und Linien in einer Ausdehnung von etwa 8000 km waren zum Bau in Aussicht genommen. Die überwiegende Mehrzahl der Bahnen gehört Privatgesellschaften, 555 km der Provinz Sta. Fé.
Das der Provinz Buenos-Aires gehörige Bahnnetz von 1209 km hat dieselbe auf Grund des Gesetzen vom im Wege der öffentlichen Versteigerung an die (engl.) Buenos-Aires-Westbahngesellschaft für 104 Mill. M. veräußert. Die Gesellschaft betreibt nur die Hauptbahn La Plata-Buenos-Aires-Trenque-Lauquen (526 km) selbst, während sie die Zweigbahnen wieder veräußert oder für die Konzessionsdauer verpachtet hat. Die argentin. Eisenbahnen besaßen 880 Lokomotiven, 1128 Personenwagen, 143 Schlaf-, 679 Gepäck- und 24260 Güterwagen.
Befördert wurden 1891: 10 820000 Reisende und 4 690000 t Güter. Das Anlagekapital verzinste sich durchschnitllich mit 1,3 Proz. gegen 1,6 Proz. im Vorjahre; einzelne Bahnen ergaben zum Teil erheblich höhere Renten, doch zahlen die meisten Bahnen jetzt gar nichts mehr. Die wichtigsten Bahnen sind (1892): die Central-Nortebahn von Cordoba nach Chilcas (884 km), die Andinobahn von Villa Maria nach San Juan (255 km), die Buenos-Aires-Pacificbahn von Buenos-Aires nach Villa Mercedes (684,60 km), die Südbahn von Buenos-Aires nach Bahia-Blanca (1352 km) u. s. w. Die 1226 km lange Linie (im Bau) von Buenos-Aires zum Anschluß an das chilen. Eisenbahnnetz bei Yambel (südamerik. Überlandbahn) wird nach Fertigstellung eine direkte Verbindung zwischen der chilen. Hafenstadt Concepcion und Buenos-Aires herstellen.
Durch eine weitere, ebenfalls noch im Bau befindliche Linie nach dem chilen. Eisenbahnnetz wird ein fast gerader Schienenweg von Buenos-Aires über Mercedes, San Luis und Mendoza nach Valparaiso genommen werden. Die auf argentin. Gebiete belegene 1039 km lange Strecke Buenos-Aires-Mendoza ist bereits seit März 1888 im Betriebe. Der Bau der Fortsetzung (Andenbahn) wurde 1888 begonnen und sollte 1893 vollendet sein, doch dürfte die Fertigstellung der Tunnelsektion kaum vor 1896 zu erwarten sein. 1891 erlitten die Arbeiten Verzögerungen durch den chilen. Bürgerkrieg und die argentin.
Finanzverlegenheiten. Auf argentin. Seite sind schon 120 km fertiggestellt, die Arbeiten für die Strecke bis zum Gipfel (125 km) sind im Gange. Von der chilen. Thalstrecke sind 37 km bis Juncal vollendet. Die steilen Abhänge der Anden auf der argentin. Seite erfordern die größten Opfer von Zeit und Arbeit. Bis zum Fuße des Gipfels müssen 6 Tunnels von über 700 m Länge gebohrt und 7 Brücken mit 75 und 45 m Spannweite gelegt werden. Die Bahn windet sich aus beiden Seiten des Gipfels zu einem 5065 m langen Tunnel, der 3140 m ü.d. M. liegt, also etwa 2½ mal höher als der St. Gotthardtunnel (s. Gotthardbahn). Insgesamt sind zur Überschreitung des Gipfels 7 Tunnel mit 16 km Gesamtlänge nötig. Die Spurweite der Andenbahn beträgt 1 m, während auf argentin. Seite die dortige Weitspur (1,676 m) und auf chilen. Seite die gewöhnliche Vollspur (1,435 m) anschließt.
Der Postverkehr wird durch (1892) 1384 Bureaus vermittelt. Die Zahl der beförderten gewöhnlichen Briefe betrug (1888) 32 233 932, der eingeschriebenen Briefe 1 310 909, Postkarten 526 595, Drucksachen 27 974 999, Warenproben 165 195, amtliche Schreiben 616 189, zusammen 62 827 819; die Zahl der Postpakete betrug 20 876.
Im Telegraphenverkehr betrug die Gesamtlänge der Linien (1888) 29 576, der Drähte 68 651, der Kabel 159 km, die Zahl der Bureaus der Staatstelegraphen 162. Die Einnahmen der Staatstelegraphen betrugen (1888) 696 859 Pesos, die Ausgaben 1 666 473 Pesos. In der Provinz Buenos-Aires wurden befördert: 485 738 private, 23 888 Staats-, 370 515 dienstliche, zusammen 880 141 Depeschen. Die Eisenbahntelegraphen beförderten 218 570, 1194 und 1 020 002, zusammen 1 239 766 Depeschen.
Verwaltung und Verfassung. Die Republik zerfällt in 14 Provinzen oder Staaten, die sich in vier Gruppen ordnen. Zur ersten Gruppe, den Küsten- und Stromuferprovinzen, gehören Buenos-Aires (Ende 1892 nach der Schätzung Latzinas 1 020000 E.), Santa Fé (Zählung 1887: 220 332, nach Schätzung für 1892 fast 300000 E.), Entre-Rios (nach Latzina 300000 E.) und Corrientes (216000 E.). Die zweite Gruppe der Andenprovinzen bilden La Rioja (nach Latzina 86000 E.), Catamarca (118000 E.), San Juan (110000 E.) und Mendoza (150000 E.).
Die dritte Gruppe der Centralprovinzen umfaßt Cordoba (380000 E.), San Luis (105000 E.), Santiago del Estero (225000 E.) und Tucuman (225000 E.). Zu der vierten Gruppe, den Nordprovinzen, gehören Salta (162000 E.) und Jujuy (60000 E.). Hierzu kommen noch die neun Gobernaciones (Territorios nacionales) Formosa (Chaco central), Chaco (Chaco Austral), Misioneo, Pampa, Neuquen, Rio Negro, Chubut, Santa Cruz und Tierra del Fuego mit zusammen 250000 E. Bundeshauptstadt ist seit 1880 Buenos-Aires.
Die Verfassung vom (revidiert ist im wesentlichen der Konstitution der Vereinigten Staaten von Amerika nachgebildet. An der Spitze steht ein Präsident, auf 6 Jahre durch 133 Repräsentanten der 14 Provinzen gewählt. Die gesetzgebende Gewalt üben ein Senat und eine Deputiertenkammer, von denen ersterer 30, die letztere 86 Glieder zählt. Ein Vicepräsident wird auf dieselbe Weise und zu derselben Zeit wie der erste Präsident gewählt. Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Truppen und vergiebt die Civil-, Militär- und richterlichen Ämter. Doch bleibt er, wie auch seine Minister, deren es fünf (Inneres, Auswärtige Angelegenheiten, Finanzen, Justiz, Kultus und Unterricht, Krieg und Marine) giebt, dem Senate und Repräsentantenhause verantwortlich.
Die Einnahmen betrugen (in Tausenden Pesos) 1886: 46 762, 1887: 57 306, 1888: 51 640, 1890: 72 900, 1891: 73 150, 1894: 34 193 in Gold und 20 280 in Papier;
über die Ausgaben sind Abrechnungen für 1886: 46 695 und für 1887: 54 098 vorhanden.
mehr
Die Staatsschuld betrug argentinische äußere Schuld: 208,883 Mill. Pesos Gold; d. innere Schuld: 194,378 Mill. Gold und 43,520 Mill. Papier;
c. schwebende Schuld: 13,517 Mill. Gold und 20,460 Mill. Pesos Papier. Es kommt demnach auf den Kopf der Bevölkerung eine Schuld von 330 M.
Das Wappen der Republik ist ein quergeteilter Schild;
das obere Feld blau, das untere silbern;
im untern halten zwei verschlungene Hände einen Stab mit der in das obere Feld hineinragenden roten Freiheitsmütze;
hinter dem obern Schildrande eine aufgehende goldene Sonne.
Den Schild umschließt ein Eichen- und ein Lorbeerzweig. Die Flagge ist blau-weiß-blau horizontal gestreift, mit einer Sonne in dem mittlern Streifen. (S. Tafel: Flaggen der Seestaaten.)
[* ] ^[Abb.]
Heerwesen. Die Armee zählt 1590 Offiziere und 6498 Mann. Die Nationalgarde ist etwa 480000 Mann stark. Militärisch ausgebildet sind höchstens 65000 Mann. - Die Flotte besteht aus 47 Schiffen, darunter 6 Panzerschiffe, 7 Kanonenboote, 24 Torpedofahrzeuge; zusammen mit 223 Kanonen armiert und einer Besatzung von 2190 Mann.
Geistige Kultur. Das ganze Unterrichtswesen wurde seit 1868, dem Regierungsantritte des Präsidenten Sarmiento, einer wirksamen Reorganisation unterworfen. So erhielt die Universität Cordoba, die bis dahin unter jesuitischer Leitung äußerst wenig in den Naturwissenschaften geleistet hatte, auf Betrieb des Präsidenten mehrere Professoren aus Deutschland für Chemie, Physik, Botanik u. s. w. und auch einen namhaften Astronomen aus Nordamerika. Neben den beiden Universitäten Buenos-Aires und Cordoba bestehen gegenwärtig noch 14 Kollegien, an denen ebenfalls vielfach deutsche Lehrer angestellt sind.
Diese Anstalten gleichen ihrem Unterrichtsplane nach etwa unsern höhern Industrieschulen. Namentlich um das Elementarschulwesen hat sich die Regierung Sarmientos und vor allem sein Unterrichtsminister Avellaneda große Verdienste erworben. 1875 genossen in der Republik 125 150 Schüler Unterricht; es bestanden 1896 Primärschulen. In der Argentinische Republik ist, ebenso wie in Brasilien und Chile, allen christl. Konfessionen freier Kultus und Gründung von Schulen gestattet.
Doch bekennen sich fast sämtliche eingeborene Weiße und die bekehrten Indianer zum Katholicismus. Ein Erzbischof hat seinen Sitz in Buenos-Aires, und unter ihm stehen vier Bischöfe zu Parana, Cordoba, San Juan (Cuyo) und Salta. Sprache der Regierung wie des Landes ist das Spanische; doch ist unter den Gebildeten das Französische, in den Seestädten das Englische sehr verbreitet, während in den innern Provinzen noch vielfach die Guaranisprache herrscht.
Geschichte. Der La Plata-Strom wurde 1512 durch den span. Großpiloten Juan Diaz de Solis aufgefunden und auf einer zweiten Reise 1515 bis zur Mündung des Uruguay befahren. 1527 erreichte Sebastian Caboto den La Plata und baute am Parana das Fort Santo Espiritu, die erste span. Niederlassung. Dann legte Pedro de Mendoza als erster Adelantado (Civil- und Militärgouverneur) den Grund zur Stadt Buenos-Aires, aber die von ihm bei seiner Rückkehr nach Europa 1537 zurückgelassenen Spanier gaben die Niederlassung auf, gingen den Paraguay aufwärts und gründeten Asuncion.
Der zweite Adelantado, Alvaro Nufiez Cabeza de Vaca, landete an der brasil. Küste bei der Insel Santa Catarina und ging zu Lande nach Asuncion, während die Schiffe den La Plata dorthin hinaufsegelten. Diesem folgte in der Würde 1555 Martinez de Irala, der eigentliche Eroberer der La Plata-Gegend. Unter ihm und seinem Nachfolger (1569) Ortiz de Zarata entstanden viele Ansiedelungen. Der 1576 zum Generalkapitän ernannte Juan de Garay baute 1580 Buenos-Aires wieder auf, und damit war die Eroberung des La Plata-Gebietes abgeschlossen.
Unter Juan de Torres Vera y Aragon, 1587-91, wurde (1588) Corrientes gegründet. Um 1610 begannen die Jesuiten ihre folgenreiche Missionsthätigkeit am obern Parana (s. Paraguay). Unter Philipp III. wurde 1620 eine besondere Regierung (Gobierno del Rio de la Plata) für die Länder südlich vom Zusammenfluß des Parana und Paraguay gebildet, und das Land in drei Provinzen geteilt: Tucuman, Buenos-Aires und Paraguay. Ein drückendes Monopolsystem hemmte aber das Aufblühen dieser Provinzen und es entwickelte sich ein maßloser Schleichhandel, besonders von den Portugiesen betrieben, die 1680 gegenüber von Buenos-Aires die Colonia del Sacramento mit Genehmigung der Spanier gegründet hatten. Dadurch kamen die Spanier in ganz Südamerika um die beabsichtigten Handelsvorteile. 1726 erfolgte die Gründung von Montevideo. Nach der Vertreibung der Jesuiten 1767 aus den La Plata-Ländern gerieten ihre zahlreichen und blühenden Niederlassungen in Verfall, und die indian. Bevölkerung sank in Elend und Verwilderung.
Bis 1776 gehörten die La Plata-Länder zum Vicekönigreich Peru, dann wurde aus ihnen ein besonderes span. Vicekönigtum mit der Hauptstadt Buenos-Aires gebildet, zu dem die Provinzen Buenos-Aires, Paraguay und Tucuman, die Präsidentschaft Charcas, das Territorium Cuyo und die Patagonische Küste gehörten. Nachdem 1776 die Portugiesen aus der Nachbarschaft vertrieben waren, wurde ein vernünftigeres Handelssystem angenommen; schon seit 1774 durften alle span. Kolonien untereinander Handel treiben. Unter dem zweiten Vicekönige wurde 1782 das Reich in acht Intendanzen geteilt, von denen vier (La Paz, Cochabamba, Charcas und Potosi) das spätere Oberperu, vier andere Salta, Cordoba, Buenos-Aires und die Missionen «Argentina» bildeten.
Infolge des Bündnisses Spaniens mit Frankreich nahmen im Juni 1806 die Engländer die Stadt Buenos-Aires, wurden aber nach wenigen Monaten wieder vertrieben. Während des franz. Krieges in Spanien selbst setzten 1810 die Kolonisten den Vicekönig ab und ernannten 22. Mai im Namen Ferdinands VII. eine provisorische Junta. Da Cordoba, Paraguay und Uruguay aber diese nicht anerkannten, kam es zu Bürgerkämpfen, bis ein Kongreß zu Tucuman die Unabhängigkeit der «Vereinigten Staaten von Rio de la Plata» erklärte. Daneben bildeten sich nun Paraguay und Uruguay als besondere Republiken. Ein Kongreß der 14 konföderierten Republiken bestimmte endlich 1825 das Verhältnis der einzelnen Staaten zueinander und stellte fest, daß der Staat Buenos-Aires die auswärtigen Angelegenheiten leiten und als oberste
mehr
Verwaltungsbehörde gelten sollte. Aber es fehlte noch ein einigendes Band. Dazu kamen die Umtriebe der Unitarier (Centralisten), die die Konstitution vom zu stande brachten, gemäß welcher die Konföderation durch eine an Zahl geringe Aristokratie gebildet wurde. Rivadavia wurde als Generalkapitän von Buenos-Aires Präsident der Konföderation, trat aber zurück.
Der größere Teil des Staates Buenos-Aires erhielt sein Gepräge von den unabhängigen Herdenbesitzern, die ihre Gewalt zu Gunsten des Föderalismus behaupten wollten. Sie fanden einen Führer in Don Juan Manuel de Rosas (s. d.), der Ende 1821 zum Gouverneur von Buenos-Aires sowie zum Haupte der Konföderation erwählt wurde. Nachdem er drei Jahre lang jeden Widerstand unterdrückt hatte, übertrug er 1832 seine Gewalt dem General Balcarce, um gegen die Indianer zu ziehen, die er über den Rio Colorado zurückdrängte. 1835 übertrug man ihm mehrmals die Diktatur, so daß er bis 1852 unumschränkter Herrscher von ganz Argentina blieb.
Paraguay erhielt sich unter seinem Diktator Francia unabhängig, während auf Uruguay abwechselnd Argentina und Brasilien Anspruch machten. Erst 1828 vermittelte England die Unabhängigkeit Uruguays als einer selbständigen Republik. Dem Vertrage gemäß sollte Argentina die neue Republik beschützen; dies benutzte Rosas, um in die innern Zwiste (s. Uruguay) zwischen Oribe und Ribera einzugreifen. Während der daraus entstandenen Kämpfe fielen die Staaten Corrientes und Entre-Rios von Rosas ab, der dann, in der Schlacht von Monte-Caseros durch die Truppen Brasiliens, Uruguays, Paraguays und der oppositionellen Teile Argentinas geschlagen, sich genötigt sah, nach England zu fliehen.
Eine Versammlung von Abgeordneten der verschiedenen Staaten erwählte Mai 1852 Vincente Lopez zum provisorischen Gouverneur des Staates Buenos-Aires. Aber schon 23. Juni stellte sich Urquiza, der über die Armee verfügte, als Diktator an die Spitze, erkannte durch Vertrag die Unabhängigkeit Paraguays an und sicherte durch Verträge die freie Schiffahrt auf allen Nebenflüssen des La Plata. Am brach jedoch eine Empörung aus, infolge deren Valentin Alsina zum Gouverneur erwählt wurde.
Bueuos-Aires beschloß jetzt, sich von der Konföderation zu trennen und als selbständigen Staat zu erklären. Die in Santa Fé versammelten Abgeordneten aller Staaten, Buenos-Aires ausgenommen, entwarfen eine Verfassungsurkunde, die 15. Mai veröffentlicht wurde. Man hatte in dieser den Staat Buenos-Aires ausdrücklich zum Haupt der Konföderation bestimmt in der Hoffnung, derselbe werde sich dem Bunde wieder anschließen. Zu Ende 1853 sollte die Konstitution in Wirksamkeit treten. Am wurde Urquiza zum Präsidenten der Konföderation auf fünf Jahre erwählt; zum Sitz der Regierung bestimmte man das in der Provinz Entre-Rios gelegene Bajada del Parana.
Inzwischen hatte sich im Januar demselben Jahres auch Buenos-Aires eine Konstitution gegeben, in der ebenfalls die Rückkehr zur Konföderation vorgesehen war. Am kam ein Vertrag zu stande, demzufolge beide Regierungen unabhängig sein sollten, aber Unteilbarkeit des Territoriums verbürgt wurde; bei drohender Gefahr von außen sollten die Staaten einander unterstützen; an den Grenzen sollten keine Pässe gefordert werden und die Schiffe beider Nationen die Nationalflagge führen, keiner von beiden Staaten sollte Steuern auf die Produkte des andern legen.
In Buenos-Aires wurde Obligado 1857 auf fünf Jahre zum Präsidenten gewählt. Alle Bemühungen, die alte Vereinigung vollends herzustellen, erwiesen sich jedoch als erfolglos, ja es wurde sogar infolge neuer Zwistigkeiten der Vertrag wieder aufgehoben. Nachdem Urquiza die Truppen von Buenos-Aires bei Cepada geschlagen, wurde durch den Frieden zu San José de Flores und die zu Parana geschlossene Union der Staat Buenos-Aires wieder mit dem argentin.
Bunde vereinigt. Aber 1861 begannen wegen der Steuerfrage neue Feindseligkeiten; 17. Sept. schlug der General Mitré von Buenos-Aires die argentin. Truppen zu Pavon. Darauf dankte der Präsident des Bundes, Santiago Derqui, ab, die Nationalregierung wurde Mitré übertragen und für den nach Buenos-Aires eine Nationalversammlung berufen. Diese nahm eine neue Konstitution an, nach der die Stadt Buenos-Aires zur Konföderation eine ähnliche Stellung haben sollte wie der Distrikt Columbia in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der erwählte Gouverneur sollte nur den Staat, nicht aber die Hauptstadt Buenos-Aires regieren; diese Bestimmung aber trat erst 1880 in Wirksamkeit. Mitré wurde der erste Präsident der nun wieder vereinigten Argentinischen Konföderation.
Die neue Verfassung, nach dem Muster der nordamerikanischen entworfen, war den beiden polit. Hauptparteien des Landes, den Unitariern und Föderalisten, gleich gerecht geworden. Den Unitariern bot sie eine kräftige Centralgewalt, den gemäßigten Föderalisten hinreichende Selbständigkeit für die einzelnen Provinzen. Präsident Mitré war zudem ein tüchtiger staatsmännischer Kopf, der sein Volk kannte und zu leiten verstand. Aber der Übermut des Diktators von Paraguay, Lopez (s. d.), nötigte Brasilien zum Kriege und zog auch die Argentinische Konföderation mit hinein.
Der vierjährige Krieg gegen Paraguay kostete der Argentinischen Konföderation 40 Mill. Dollars und 40-50000 Mann, abgesehen von den 200000 Opfern, welche die infolge des Krieges ins Land geschleppte Cholera forderte. Von 1865 bis 1868, während welcher Zeit Mitré an der Spitze der verbündeten Heere stand, geschah gegen Lopez nichts von entscheidender Bedeutung. Erst als im Jan. 1868 der Vicepräsident der Argentinischen Konföderation, Marcos Paz, starb und Mitré wieder verfassungsmäßig die Regierung übernahm, begannen die wirksamen Unternehmungen in Paraguay, die im Frühjahr 1870 mit gänzlicher Vernichtung der Lopezschen Macht und dessen Tode endigten.
Als im Okt. 1868 Mitré's Amtsdauer ablief, wurde der damalige Gesandte der Konföderation in Nordamerika, Domingo Faustino Sarmiento, mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt, der seine Regierung antrat. Von dieser Zeit an nahm das Land einen mächtigen Aufschwung. Mehrere Aufstände in der Provinz Entre-Rios April 1870 und dann 1873 unter Lopez Jordan wurden bald unterdrückt. Schlimmer gestaltete sich die Lage, als die Präsidentschaft Sarmientos sich ihrem Ende näherte. Die Unitarier stellten Mitré abermals als Kandidaten auf, doch wurde Avellaneda, der Kandidat der Föderalen, gewählt, Mitré 26. Nov. bei La Verde geschlagen und 2. Dez. bei Junin zur Unterwerfung gebracht. Avellaneda trat die Regierung an. Seiner Energie
mehr
und der Thätigkeit des Finanzministers de la Plaza gelang es, den drohenden Staatsbankrott abzuwenden und den Credit wiederherzustellen. Der Kriegsminister Adolfo Alsina schob 1876 die Indianergrenze gegen Südwesten vor und gewann so ein bedeutendes Kulturgebiet. Nach dessen Tod wurde der neue Kriegsminister Julio Roca Kandidat der Föderalen für die bevorstehende Präsidentenwahl, während die Unitarier den Gouverneur von Buenos-Aires, Dr. Stejedor, aufstellten.
Für letztern erklärten sich die Provinzen Buenos-Aires und Corrientes, während die andern 12 Provinzen für Roca eintraten. So brach 1880 abermals ein Bürgerkrieg aus. Der Präsident Avellaneda verließ mit der Bundesregierung Buenos-Aires, und Belgrano wurde provisorischer Regierungssitz. Buenos-Aires wurde eingeschlossen und mußte sich nach blutigen Gefechten ergeben, worauf Roca 13. Juni gewählt wurde und die Regierung antrat. Unter ihm wurden die Indianer aus dem Dreieck zwischen Neuquen, Limay und den Anden vertrieben und der Limay als Grenze festgesetzt.
Zugleich erfolgte die Zurückdrängung der Chaco-Indianer und die Umgestaltung dieses Landstrichs für Ansiedlerzwecke. Am wurde durch Vertrag der Streit mit Chile über die Grenze in Patagonien geschlichtet. Ein Gesetz über die Gründung einer Nationalbank in Buenos-Aires und Zweigniederlassungen in den Provinzen wurde erlassen, doch begann schon jetzt das Treiben, das 10 Jahre später zum finanziellen Ruin des Landes führen sollte. Den ersten Anlaß dazu gaben Landspekulationen in den neu erworbenen Indianerterritorien.
Europäische Kapitalien wurden in großen Beträgen zu Staats- und Provinzialanleihen herangezogen, und eine Gründungsperiode in Eisenbahnen, Hafenbauten, Ackerbaukolonien u. s. w. begann. Der Handel blühte und schien auf einer soliden Basis zu beruhen, seitdem Roca 1882 die Goldwährung eingeführt hatte; 1885 sah er sich jedoch bereits infolge des steigenden Goldagios genötigt, den Noten der Nationalbank Zwangskurs zu verleihen. 1886 konnte der Präsidentenwechsel zum erstenmal ohne Bürgerkrieg vor sich gehen.
Dr. Miguel Juarez Celman trat 12. Okt. als Präsident ein. Unter ihm nahm die ungesunde Spekulationswut einen noch erhöhten Aufschwung und brachte es dahin, daß die Staatsschulden eine ungewöhnliche Höhe erreichten und die Bezahlung der Zinsen immer schwieriger wurde. Die Regierung ließ heimlich Noten bis zu einer Höhe von 220 Millionen ausgeben, so daß das Papiergeld immer mehr im Kurse sank und man für 100 Pesos Gold 300 Pesos Papiergeld bezahlen mußte. Es entstand allgemeine Unzufriedenheit, welche die regierungsfeindliche Partei, die Union Civica, benutzte, um in Buenos-Aires einen Aufstand ins Werk zu setzen.
Die Aufständischen bemächtigten sich nach blutigem Kampfe der wichtigsten Punkte der Stadt und riefen den Vorsitzenden der Union Civica, Leandro Allem, zum Präsidenten aus. Zwar gelang es dem General Roca schließlich, die Empörung zu unterdrücken; aber bei der allgemeinen Erbitterung gegen ihn sah sich Celman gezwungen, von der Präsidentschaft zurückzutreten. Der bisherige Vicepräsident Pellearini führte nun die Präsidentschaft. Mit dem Zusammenbruch der Herrschaft Celmans war indessen der Bankrott der eine Argentinische Republikeine vollendete Thatsache, die durch die Zahlungseinstellung der Londoner Firma Baring Brothers & Co., der Hauptvermittler der argentin.
Finanzgeschäfte, Nov. 1890 hinlänglich dokumentiert wurde. Es wurde ein Komitee aus den bedeutendsten am argentin. Geschäft beteiligten Kaufleuten unter der Führung Rothschilds gebildet und auf dessen Rat die Zinszahlung der auswärtigen Schuld auf 3 Jahre sistiert, mit Ausnahme der Anleihe von 1886/87 von 7 Mill. Pfd. St. Die Wirkungen dieser Katastrophe zeigten sich bald in furchtbarer Weise: Bankbrüche und Zahlungseinstellungen folgten in großer Anzahl, und die Regierung sah sich gezwungen, eine Notstandsanleihe von 100 Mill. Pesos zu fordern, ohne die Lage zu bessern.
Im Juni 1892 wurde der Vicegouverneur der Provinz Buenos-Aires, Luis Saenz Pena, zum Präsidenten der Argentinische Republik gewählt. 12. Okt. trat er sein Amt an. Aufständische Bewegungen, die bald darauf die Provinzen Santiago del Estero und Corrientes beunruhigten, wurden in kurzer Zeit unterdrückt. Größern Umfang nahm jedoch ein Aufruhr an, der durch die Ernennung des radikalen Kabinetts del Valle (Juli 1893) hervorgerufen wurde und zu einem förmlichen Bürgerkriege führte, infolgedessen das Kabinett zurücktrat. Als der Kongreß die Amnestierung der in die letzten Revolutionen Verwickelten verlangte, dankte der damit nicht einverstandene Präsident Saenz Pena im Jan. 1895 ab; an seine Stelle trat der bisherige Vicepräsident Uriburi.
Litteratur. Burmeister, Reise durch die La Plata-Staaten (2 Bde., Halle 1861);
Dominguez, Historia Argentina (Buenos-Aires 1861);
de Moussy, Description géographique et statistique de la Confédération Argentine (3 Bde., Par. 1860-64);
Beck-Bernard, La République Argentine (Lausanne 1867; deutsch, 2. Aufl., Bern 1874);
Tschudi, Reisen durch Südamerika, Bd. 5 (Lpz. 1869);
Andree, Buenos-Aires und die argentin.
Provinzen (3. Aufl., ebd. 1874); Petermann, Die südamerik. Republiken Argentina, Chile, Paraguay und Uruguay (Gotha 1878); Mulhall, Handbook of the River Plate Republics (6. Aufl., Lond. 1893); Burmeister, Physik. Beschreibung der Argentinische Republik (Bd. 1, Buenos-Aires 1875; Bd. 2, Par. 1876);
Napp, Die Argentinische Republik (Buenos-Aires 1876);
Aleman, Neueste Mitteilungen über die Argentinische Republik (Biel 1883);
Greger, Die Republik Argentina (Bas. 1883);
Lopez, Historia de la Republica Argentina (2 Bde., Buenos-Aires 1883);
Latzina, Die Argentinische Republik als Ziel der europ. Auswanderung (ebd. 1883);
Coni, Die Provinz Buenos-Aires u. s. w. (Zür. 1834);
Stelzner, Beiträge zur Geologie und Paläontologie der Argentinische Republik, Tl. 1 (Cass. 1885);
Latzina, Geografia de la Republica Argentina (Buenos-Aires 1888; neue Ausgabe 1890);
Anales de la oficina meteorologica de Argentina, jährlich; Clemens, La Plata countries of South America (Philad. 1886): Daireaux, La vie et les mœrs à La Plata (Par. 1887);
ders., République Argentine (2 Bde., ebd. 1889);
Andrießen, De Argentijnsche Republiek (Leiden 1889);
Latzina, L'agriculture et l'élevage de la République Argentine (Par. 1889);
ders., Geografia de la Republica Argentina (ebd. 1891);
Guilaine, La République Argentine, physique et économique (ebd. 1889): Bovio, Geografia de la Republica Argentina (Buenos-Aires 1888);
Peyret, Une visite aux colonies de la République Argentine (Par. 1889);
B. Lehmann, Die Rechtsverhältnisse der Fremden in Argentina (Buenos-Aires 1889);
Modrich, Republica Argentina (Mail. 1890);
Alcorta, La Republica Argentina en la Exposicion universal
mehr
de Paris de 1889 (2 Bde., Par. 1890);
Kreuth, Aus den La Plata-Staaten (Wien 1891);
Turner, Argentina and the Argentines (Lond. 1892);
Schmitz, Die Finanzen Argentiniens (Lpz. 1895). -
Karten: Atlas da la Republica Argentina (seit 1886 unter Argentinische Seelstrangs Leitung im Instituto Geografico Argentino erscheinend);
Brackebusch (6 Blätter, Hamb. 1890);
ders., Mapa geologico del interior de la Republica Argentina 1: 1000000 (Gotha 1892).