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Ebenen am Ostfuße der Anden ein hohes Klima [* 2] haben (San Luis: Januar 24,7°, Juli 7,9°). In der Tiefebene findet sich ein Küstenklima, in dem das Thermometer [* 3] selten über +35° C. steigt und selten einige Grad unter Null fällt. In Buenos-Aires ist die mittlere Temperatur des wärmsten Monats 24°, des kältesten 10°. Die Sonnenhitze ist anhaltend; der Frost dauert nur ganz kurze Zeit. Nach den häufigen Gewittern und dem Süd- und Süwestwinde ändert sich die Temperatur in der Regel plötzlich, so daß Temperaturwechsel von 20° in einem Tage nicht selten sind. Da der Winter so milde ist, kann man eigentlich nur eine warme und eine kühle Jahreszeit unterscheiden, erstere von Oktober bis Mai, letztere von Mai bis September dauernd.
Die wegen der starken und anhaltenden Winde [* 4] unangenehmsten Monate sind September und Oktober. Auf die heißen Tage folgen, auch im Sommer, stets kühle Nächte; nur in den nördl. Gegenden wird die Wärme [* 5] ermattend, und im Chaco steigt die Temperatur wochenlang am Tage über 37°, ohne daß die Nächte hinreichende Abkühlung gewähren. Der Herbst ist sehr gleichmäßig warm und ziemlich feucht. Im Juli bis August, also im Winter, schwankt das Thermometer zwischen 9 und 14° C. Selten ist die Luft still. So z. B. weht im Ästuar des La Plata der Südostwind sieben Monate hindurch.
Virazon nennt man in den La Plata-Gegenden den während der zweiten Hälfte der Nacht wehenden Landwind und den während der zweiten Hälfte des Tages wehenden Seewind. Der Pampero, ein kalter aus den Anden kommender Südwestwind, ist äußerst trocken, und ihm schreibt man das außerordentlich gesunde Klima der La Plata-Gegenden zu. Wird der Südost sehr stark und bringt er Gewitter, so heißt er Suestadas; heftige Regen begleiten ihn. Die Monate Januar bis März ausgenommen, fällt das ganze Jahr hindurch starker Tau.
Äußerst unregelmäßig ist die Regenverteilung; die jährliche Regenmenge zu Buenos-Aires schwankt zwischen 455 und 1394 mm, ebenso ist die Verteilung auf die verschiedenen Jahreszeiten [* 6] sehr ungleich. Der meiste Regen fällt beim Wechsel der warmen und kühlen Jahreszeit. Nachts regnet es häufiger als am Tage, und zuweilen fallen ungeheure Wassermengen. Die Gewitter sind dann und wann von sehr starken Hagelschlägen begleitet. Je weiter nach Norden, [* 7] desto trockner wird der Winter, und desto reichlicher fallen die Sommerregen.
Der starke, anhaltende Nordwind, Zonda genannt, ist in den Ebenen der Samum der Travesias oder Wüsten. Dagegen hat die innere Ebene ein sehr trocknes Klima mit Temperaturextremen von +32 und -4°. Die überreichen Regen, die im Oktober und November in Tucuman und Santiago del Estero fallen, veranlassen die großen Überschwemmungen des Dulce, Juramento, Vermejo und Pilcomayo. Dort fällt im November wohl doppelt soviel Regen als im ganzen übrigen Jahre. Die größten Regenmengen haben die nördl. und nordöstl. Gebiete, die geringsten von nur 100 bis 200 mm jährlich der Ostfuß der Anden, die Gegend von Mendoza. Ganz allgemein nimmt die Regenmenge von den Anden gegen die Küste zu ab, im südl. Teile des Landes in derselben Richtung aber zu; die Grenze beider Gebiete bildet der Rio [* 8] Colorado.
Mineralien. [* 9] Von den Produkten des Mineralreichs werden Achate, Karneole, Jaspis u. s. w. vom obern Uruguay [* 10] in Menge ausgeführt. Kochsalz und schwefelsaure Salze sind in der innern Ebene verbreitet; auch an nutzbaren Thonarten fehlt es nicht. Das Gebirge von Cordoba [* 11] ist reich an Marmorarten und Bleiglanz. In dem Gebirge von San Luis wird Gold [* 12] gewaschen; auch Eisen, [* 13] Blei, [* 14] Kupfer [* 15] und Antimon finden sich hier. Man gewinnt Kupfer im südl. Mendoza im Payengebirge und in den Paramillos, Salz [* 16] beim Fort San Rafael.
Hier sind auch reiche Lager [* 17] von Bergkrystall, Achaten, Chalcedonen, Karneolen, Amethysten, buntem Marmor u. s. w. vorhanden. Die Sierras von Gualilan und Cachi führen Gold, das sich auch bei Jachal findet. Die Anden von Rioja, die metallreichsten, enthalten Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Nickel, Zinn, Blei und Bergkrystall in Menge. Ebenso die Sierra von Belen. Im Atajo werden reiche Kupferminen abgebaut. Auch die Ketten von Jujuy und Salta sind metallreich; Gold und Silber finden sich sehr häufig. Die Sierra del Alumbre enthält Alaun [* 18] und eine reiche Erdölquelle. Doch ist die Ausbeutung der mineralischen Schätze noch gering.
Pflanzenwelt. Die argentin. Flora wird nach Professor Lorentz in Cordoba in neun verschiedene Abteilungen geteilt: Formation der antarktischen Hölzer, patagon. Formation, Pampasformation, Chañarformation, subtropische Formation, Punaformation, Chacoformation, Paraguay- und mesopotamische Formation. Erstere Formation reicht etwa bis zum 39.° nördl. Br., wahrscheinlich bis dahin, wo das Festland nach N. hin sich verbreitert, und ist gekennzeichnet durch Buchenwälder.
Die Hügel, die dem Winde ausgesetzt sind, tragen nur Brombeergesträuch und Gestrüpp. Die patagon. Formation ist eine Mischung von Kräutern, Stauden und Bäumen. Die Pampasformation ist der Gegensatz zu der vorigen, sowohl in petrographischer als phytologischer Hinsicht. Die Gräser [* 19] herrschen vor, und holzartige, dem Gebiete eigentümliche Pflanzen fehlen vollständig. Diese Formation ist mehr vom Regen begünstigt als die Chañarformation, die sich der patagon. durch ihre Trockenheit und das Vorherrschen holziger Pflanzen nähert und die den Provinzen Cordoba, Santiago, Catamarca, La Rioja, San Juan, Mendoza und San Luis eigen ist.
Sie besteht besonders aus
Brombeeren, Gehölz und Gestrüpp. Nach den Dornengewächsen heißt sie auch Espinalregion.
Diese
Espinales verlieren jenseit des 40.° südl.
Br. allmählich ihren immerhin noch mannigfaltigen Wuchs und laufen in die Geröllflächen
Patagoniens (s. d.) aus, die so gut wie ganz der Kulturansiedelungen
entbehren in solchen
Breiten, wo der Norden
Amerikas seine reichen Gefilde von Oregon und Neuengland ausbreitet, und der
Süden
an der andern
Küste durch den Waldreichtum Valdiviens ausgezeichnet ist.
Die subtropische Formation bildet den Garten [* 20] der [* 21] Argentinische Republik durch die Pracht ihrer Ländereien und ihre erstaunliche Fruchtbarkeit. Man unterscheidet mehrere Zonen, nämlich die des subtropischen Waldes, die in den untern Gebirgsstrichen herrscht;
die des Parklandes, dort wo die Berge in die Ebene übergehen;
die der Akazien in der Ebene selbst;
die des Quebracho Colorado (Loxopterygium Lorenzii Griseb.) in noch tiefern Gegenden, so genannt nach einem prächtigen Baume mit dichtbuschiger Krone, dessen Holz [* 22] für die Industrie hochwichtig ist;
die der Erle und der Quiñoa, einer Rosacee, in den Bergen [* 23] und über diesen die Zone alpiner Prärien.
Die Punaformation
finden wir über letzterer Zone in den Cordilleren-Regionen
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eine ärmliche Flora, zusammengesetzt aus Gebüschen von riesigen Actäen und kümmerlicher Kräutervegetation. Wenig östlich von den Cordilleren beginnt die Chacoformation. An Stelle der subtropischen Büsche treten Bäume von geringer Höhe, das Gestrüpp ist höher. Gehölz und Gestrüpp wechselt ab mit Grasflächen. Die Paraguayformation breitet sich im Norden der Provinz Corrientes und auf dem Territorium der Missionen aus und ist wenig bekannt. Gehölze, ähnlich denen der subtropischen Formation, bedecken diese Gebiete.
In den Provinzen Corrientes und Entre-Rios herrscht die mesopotamische Formation, die von den Pampas durch eine große Anzahl
von Bäumen und Büschen abweicht. Gehölze und Gestrüpp fehlen nicht. Der Ackerbau ist noch wenig entwickelt,
da die Viehwirtschaft besser lohnt als die Bodenkultur. Nur wenige Bodenprodukte kommen in den Handel, doch ist der Getreidebau
im Zunehmen. Die Grundlagen der Kultur oder der Gewinnung wildwachsender Produkte sind naturgemäß nach den fünf unterschiedenen
Regionen sehr verschiedenartig. In Entre-Rios bestehen noch die Kulturbedingungen des südl. Brasilien,
[* 25] und die von Ilexarten herstammenden Yerba-Mateblätter des sog. Paraguaythees werden gesammelt. In den Pampas ist unter Bewässerung
Gemüse- und Getreidebau lohnend; die subtropische Waldregion
zieht Mandioca und Bananen, in den Anden die Cocablätter (von
Erythroxylon Coca Lam.),
die obere Puna die Quiñoa oder nordisches Getreide.
[* 26] Insofern ist der Wert des Landes in der Argentinische Republik sehr
ungleich, und große Strecken sind außerdem durch die Salzwüsten dauernd kulturunfähig.
Tierwelt. Belebt werden die Pampas durch zahlreiche Herden verwilderter Rinder [* 27] und Pferde, [* 28] Hirsche [* 29] und Strauße (Avestruz genannt). Hauptsächliche Säugetiere der Argentinische Republik sind sieben Fledermausarten, der Jaguar oder die Unze in den Wäldern an den großen Strömen, der Pumalöwe, die überall verbreitete Felis Geoffroyi Gerc., der große rote Wolf oder Aguara (Canis jubatus Desm.), der große Fuchs [* 30] oder Culpeus (Canis magellanicus Gray) und der Zorro (Canis Azarae Wied. und gracilis Gray), der Huron (Galictis vittata Bell.), das Chincha (Mephites patagonicus Lichtenst.). Ferner: ein Fischotter, [* 31] die Comadrija (Didelphys Azarae Rengg.), Ratten- und Mäusearten, Pampashasen (Dolichotis patagonica Wagn.), Iguanas und Viscachas, Meerschweinchen, Gürteltiere, Lamas und Vicuñas u. s. w. An Vögeln sind hervorzuheben: verschiedene Kolibri- und Papageienarten, der häufig vorkommende Rohrhordenvogel (Agelaeus thilius Molin), der Tordo (Icterus sericeus Wied.), der häufigste Vogel des Landes, u. s. w. Auch finden sich mehrere Schildkröten, [* 32] Saurier-, Schlangen- (auch Klapperschlangen) und Froscharten. Mosquitos und Sandflöhe (Nigua) sind Insekten, [* 33] die hier den Menschen äußerst lästig werden.
Das Nutzvieh, dessen Zucht für das Land von so großer Wichtigkeit ist, haben erst die Spanier eingeführt, und zwar zunächst das Pferd, [* 34] sodann 1553 die ersten Rinder. Von diesen eingeführten Tieren stammen die unermeßlichen Herden der Pampas, in denen sich das Vieh seit Anfang des 17. Jahrh. verbreitete. Gegen die Mitte des 18. Jahrh. wurde schon 1 Mill. Häute aus den La Plata-Gegenden ausgeführt; damals tötete man die wild in den Ebenen umherschweifenden Tiere nur wegen ihres Felles.
Jetzt trägt der größte Teil des Viehs das Zeichen seines Besitzers und wird unter den Augen behalten. Die Zahl der Pferde, von denen ehemals ebenfalls ganze Herden verwildert waren, hat sehr abgenommen. Dieselben schweifen noch setzt, wie das Rindvieh, frei umher, bis man sie einfängt, um sie zu gebrauchen. Der Gaucho fängt die Pferde mittels des Lasso oder der Bolas. Der Esel ist für die Zucht der Maultiere von Bedeutung, die als Lasttiere von den Estancias nach den verschiedensten Seiten hin in Menge ausgeführt werden.
Mit der Zucht der Schafe [* 35] beschäftigt man sich erst in neuerer Zeit ernstlicher. Ziegen sind sehr verbreitet, namentlich beim armen Volke. Das sich schnell vermehrende Lama ist in den Anden Haus- und Lasttier. Schweine [* 36] zieht man wenig, Federvieh überall. Auch Bienen-, Seiden- und Cochenillezucht findet sich hier und da. Zu den Ausfuhrartikeln aus dem Tierreiche gehören die Felle des Fischotters und des Chinchilla, erstere namentlich aus der Laguna de los Porongos, letztere aus den Anden auf der boliv. Grenze, sodann Straußfedern, Wachs und Honig. Die großartigste Ausbeute aber liefert die Rindviehzucht. Es giebt Saladeros oder Schlachthäuser, die täglich 400 Stück Vieh schlachten. 1893 gab es in der Argentinische Republik etwa 80000000 Schafe, 1 960000 Ziegen, 22000000 Rinder, 5 200000 Pferde, 450000 Esel und Maultiere, 405000 Schweine u. s. w. Am stärksten ist die Viehzucht [* 37] in den Provinzen Entre-Rios, Buenos-Aires, Santa Fé, Corrientes, Cordoba.
Bevölkerung. [* 38] Der Census vom Dez. 1869 ergab 1 812 490 E., mit Ausschluß der Indianer, deren Zahl man in Chaco und in Patagonien zusammen auf etwa 80000 rechnete. Die Einwohnerzahl wurde amtlich (1888) auf 3 807 530, von Latzina (1889) auf 3 874000 geschätzt, darunter 400000 Italiener, 150000 Spanier, 150000 Franzosen, 35000 Engländer, 25000 Deutsche [* 39] und 300000 Mischlinge. 1892 berechnete man schon 4 257000 E. Am dichtesten bevölkert (über 50 E. auf 1 qkm) ist die Umgebung der Hauptstadt Buenos-Aires; viel geringer die Umgebungen der übrigen Städte mit 20-30 E. auf 1 qkm, dann die Landschaften an den großen Strömen, sowie die Provinzen San Luis, Cordoba, La Rioja, Mendoza, Santiago und besonders Tucuman, Jujuy, Salta. Dagegen sind der Chaco, die Pampas und Patagonien so schwach bevölkert, daß auf dieselben weniger als ein Bewohner auf 10 qkm kommt. - Von einheimischen Indianerstämmen hausen im Becken des La Plata im NO., im Territorio de Misiones Occidentales, zwischen den Flüssen Uruguay und Parana, die sehr friedlichen Guayana und die Tupi, die Reste der alten Tupinamba Brasiliens und der Guarani.
Im N. am Paraguay wohnen die Guato, die auf den Flüssen leben und fast alle portugiesisch sprechen; ferner die Guana und die mit diesen eng verbundenen Mbaya. Im Chaco schweifen zwischen dem Pilcomayo und dem Paraguay die verwandten Stämme der Guaycuru, Lengua und Toba, volkreiche aber wilde Stämme, die noch in jüngster Zeit durch die Ermordung des Reisenden Creveaux sich einen traurigen Namen gemacht haben. Südlich vom Pilcomayo am Rio Vermejo leben die unberittenen Stämme der Lule und der Vilela und die Mataco, die auch nach den Pflanzungen auf Arbeit ziehen. Die Chiriguano, ein zur großen Guaranfamilie gehöriger Stamm, wohnen auf den östl. Abhängen der Anden und im Chaco. Diese Indianer, in Bolivia Camba genannt, sind in Viehzucht und Ackerbau sehr vorgeschritten. Die immer ¶