Argentina - Argentin. Republik (Lage u. Grenzen. Oberflächengestaltung. Klima)
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2) In der Metallbearbeitung eine zum Versilbern von Messing und Kupfer dienende Flüssigkeit, bestehend aus 5,5 Teilen Höllenstein, 6 Teilen
Salmiak, 10 Teilen unterschwefligsaurem Natrium (s. Unterschweflige Säure) in 100 Teilen Wasser mit einem Zusatz von 10 Teilen
Schlemmkreide.
3) In der Porzellanfabrikation ein von Hansen in Stockholm auf chem. Wege mit Metallsalzlösung behandeltes
Porzellan, das dadurch eine Vergoldung, Versilberung oder Verkupferung annimmt und sich äußerlich von echtem Metall nicht
unterscheidet.
4) In der Färberei ein silbergrauer Farbstoff, der bei der frühern Herstellungsweise von Aldehydgrün als Nebenprodukt gewonnen
wurde.
5) Eine im Zeugdruck verwandte Farbe; diese ist höchst fein zerteiltes Zinn, das entweder aus einer mit
Salzsäure angesäuerten Zinnchlorürlösung mittels Zink niedergeschlagen und dann durch Reiben weiter zerteilt wird, oder
auch aus den bei der Herstellung von unechtem Blattsilber (Silberschaum) abfallenden Schawinen (s. Blattgold) vermittelst Durchreibens
durch ein feines Sieb erhalten wird.
Republik (Republica Argentina) oder Argentinische Konföderation (confederacion Argentina), auch bloß
Argentina oder Argentinien genannt, Staat im SO. von Südamerika. (S. Karte: La Plata-Staaten, Chile und Patagonien.)
Lage und Grenzen. Die A.R. liegt zwischen 22° und 54° 30' südl. Br. und 56° 20' und 70° 20' westl.
L. von Greenwich, umfaßt etwa 2 894000, nach andern 2 789 400 qkm und grenzt im O. an den Atlantischen Ocean und die Staaten
Uruguay und Brasilien, im N. an Paraguay und Bolivia, im W. an Chile, im S. an Chile und das Eismeer. Die Grenze
gegen Paraguay in dem zwischen beiden Republiken streitig gewesenen Gran-Chaco bildet nach dem Schiedsspruch des Präsidenten
der Vereinigten Staaten von Amerika vom der Pilcomayo.
Außerdem aber beanspruchte die Argentinische Republik seit 1843 auch Patagonien gegen Chile, bis ein zwischen beiden Regierungen getroffenes
Übereinkommen die West- und Südgrenze folgendermaßen festsetzte: Bis zum 52. Breitengrade bildet die
Wasserscheide der Cordilleren die Grenze; die Südgrenze läuft vom Kap Dungeneß (Virgenes) im O. der Magalhãesstraße bis
zum Durchschnitt des 70.° westl. L. von Greenwich und des 52. Breitengrades und folgt dann letzterm
bis zur Wasserscheide der Anden. Außerdem gehören zur Argentinische Republik die Osthälfte Feuerlands und alle im Atlantischen
Ocean an der Ostküste Feuerlands und Patagoniens gelegenen Inseln, während Chile alle Inseln im E. des Beaglekanals bis zum
Kap Hoorn und im W. des Feuerlands zuerkannt wurden. Die Magalhãesstraße ward auf immer für neutrales Gebiet erklärt und
die Schiffahrt durch sie allen Nationen freigegeben.
Oberflächengestaltung. Die ganze Ländermasse zerfällt in folgende 6 natürliche Regionen:
1) Das westl. Grenzgebiet gegen Chile in seiner ganzen Erstreckung erfüllen die Cordilleren (s. d.) oder
Anden. Sie ziehen von S. bis 41° südl. Br. als Grenze in einer Kette (bis 2400 m Höhe), senden nördlich
des Lago Nahuel Queräste nach O. (Palau Mahuida 3340 m) und erreichen dann größere, meist vulkanische Höhen (Tupungato 6178 m,
Aconcagua 6970
m, Cerro del Cobre 5580 m, Copiapo 6000 m). Von Übergängen ist der wichtigste der Cumbrepaß (33°) westlich
von Mendoza in 3900 m Höhe.
Von hier ab nordwärts verzweigt sich das Gebirgssystem und läßt auf argentin. Gebiete ausgedehnten
Plateaus von etwa 4000 m Höhe und zahlreichen Vorketten Raum, die den nordwestl. Teil des Landes erfüllen. Von den einzelnen
Ketten sind die Züge der Sierren Ancaste, Ambato und (unter 23° südl. Br.) Aconquija (bis 4650 m Höhe), die
der Sierra Famatina (6020 m) und Gulumpaja wichtig. Beide Züge vereinigen sich zu einer fruchtbaren und dicht bevölkerten
Hochfläche, der fast quadratischen 180 km breiten Puna de Jujuy mit Gipfeln bis 6000 m. 2) Östlich von diesem Hochland der
Andenregion dehnt sich, im N. über den Pilcomayo nach Bolivia übergreifend, im S. von dem Rio Juramento
oder Salado scharf begrenzt, der Gran Chaco (s. d.) aus, das Jagdgebiet der Indianer. Nördlich vom Rio Vermejo, der das Plateau
von Jujuy entwässert, der Chaco Central, ein 300 m hohes feuchtes Wald- und Weideland, südlich von ihm der Chaco Austral,
ein wasserarmer sumpfreicher Landstrich.
3) Im O. grenzt an dieses Gebiet das Zwischenstromland, einem leicht gewellten Alluvionsboden zwischen dem Parana (Paraguay
im N.) und dem Uruguay (s. d. und La Plata), das reichlich bewässert, fruchtbar und an den
Flußufern sowie in der Sierra Central de las Misiones im NO. (250 m) dicht bewaldet ist.
4) Die Region in der Mitte des Landes wird charakterisiert durch ein in drei geschlossenen Zügen von N.
nach S. ziehendes, alleinstehendes Gebirge aus Granit, Gneis und Quarz, die Sierra de Cordoba (bis 2350 m hoch), der sich im
W. die Sierra S. Luis vorlagert. Dieser Gebirgszug ist rings von unwirtlichen Salzwüsten und Lagunen
umgeben: im O. liegt z. B. das Mar Chiquita, die Laguna de los Porongos und Laguna Barrosa,
im NW., W. und S. dehnen sich, von Travesias (Sandwüsten) oder Medanos (wandernden Dünen) unterbrochen, die Salinas Grandes
(196 m), die Pampa de las Salinas (350 m) zwischen Sierra S. Luis und Sierra de la Huerta und die Laguna
Bebedero über gewaltige Flächen aus. Von den zahlreichen Flußläufen, z. B. Rio Atuel und Salado in Mendoza, Rio Vermejo in
San Juan, Saladillo in Santiago erreichen nur zwei, der Rio Tercero und Rio Cuarto oder Carcarañal, an der Ostseite der Sierra
de Cordoba, den Parana. Gänzlich wasserlos sind im S. von S. Luis die Travesia Grande und Travesia Puntana.
5) Allmählich geht diese Region nach S. zu, und zwar im O. rascher als im W., in die grasreichen Landschaften der Pampas
(s. d.) über. Diese ist mit unzähligen kleinen Lagunen bedeckt, die nur in der
Nähe der Küste kleinen Flußläufen Raum gewähren.
6) Von den Andenströmen Rio Colorado oder Rio Negro südlich (etwa 39° südl. Br.) beginnt das große Gebiet von Patagonien
(s. d.). Seine von dem Gebirgskamme nach O. sanft geneigten tertiären Kiesterrassen
werden von wenigen Flüssen (darunter der Chubut) zum Atlantischen Ocean entwässert.
Klimatische Verhältnisse. Der Norden des Landes wird von der Isotherme vom 22.° geschnitten, während Feuerland nur 6° mittlere
Jahrestemperatur hat. Außerdem nimmt die Wärme nicht regelmäßig von Norden gegen Süden, sondern mehr gegen Südosten
ab, und ebenso wird das Klima von Osten nach Westen extremer, so daß namentlich die
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Ebenen am Ostfuße der Anden ein hohes Klima haben (San Luis: Januar 24,7°, Juli 7,9°). In der Tiefebene findet sich ein Küstenklima,
in dem das Thermometer selten über +35° C. steigt und selten einige Grad unter Null fällt. In Buenos-Aires ist die mittlere
Temperatur des wärmsten Monats 24°, des kältesten 10°. Die Sonnenhitze ist anhaltend; der Frost dauert
nur ganz kurze Zeit. Nach den häufigen Gewittern und dem Süd- und Süwestwinde ändert sich die Temperatur in der Regel plötzlich,
so daß Temperaturwechsel von 20° in einem Tage nicht selten sind. Da der Winter so milde ist, kann man eigentlich nur
eine warme und eine kühle Jahreszeit unterscheiden, erstere von Oktober bis Mai, letztere von Mai bis September dauernd.
Die wegen der starken und anhaltenden Winde unangenehmsten Monate sind September und Oktober. Auf die heißen Tage folgen, auch
im Sommer, stets kühle Nächte; nur in den nördl. Gegenden wird die Wärme
ermattend, und im Chaco steigt die Temperatur wochenlang am Tage über 37°, ohne daß die Nächte hinreichende Abkühlung gewähren.
Der Herbst ist sehr gleichmäßig warm und ziemlich feucht. Im Juli bis August, also im Winter, schwankt das Thermometer zwischen 9 und
14° C. Selten ist die Luft still. So z. B. weht im Ästuar des La Plata
der Südostwind sieben Monate hindurch.
Virazon nennt man in den La Plata-Gegenden den während der zweiten Hälfte der Nacht wehenden Landwind und den während der
zweiten Hälfte des Tages wehenden Seewind. Der Pampero, ein kalter aus den Anden kommender Südwestwind, ist äußerst trocken,
und ihm schreibt man das außerordentlich gesunde Klima der La Plata-Gegenden zu. Wird der Südost sehr
stark und bringt er Gewitter, so heißt er Suestadas; heftige Regen begleiten ihn. Die Monate Januar bis März ausgenommen,
fällt das ganze Jahr hindurch starker Tau.
Äußerst unregelmäßig ist die Regenverteilung; die jährliche Regenmenge zu Buenos-Aires schwankt zwischen 455 und 1394 mm,
ebenso ist die Verteilung auf die verschiedenen Jahreszeiten sehr ungleich. Der meiste Regen fällt beim Wechsel der warmen
und kühlen Jahreszeit. Nachts regnet es häufiger als am Tage, und zuweilen fallen ungeheure Wassermengen. Die Gewitter sind
dann und wann von sehr starken Hagelschlägen begleitet. Je weiter nach Norden, desto trockner wird der
Winter, und desto reichlicher fallen die Sommerregen.
Der starke, anhaltende Nordwind, Zonda genannt, ist in den Ebenen der Samum der Travesias oder Wüsten. Dagegen hat die innere
Ebene ein sehr trocknes Klima mit Temperaturextremen von +32 und -4°. Die überreichen Regen, die im Oktober
und November in Tucuman und Santiago del Estero fallen, veranlassen die großen Überschwemmungen des Dulce, Juramento, Vermejo
und Pilcomayo. Dort fällt im November wohl doppelt soviel Regen als im ganzen übrigen Jahre. Die größten Regenmengen haben
die nördl. und nordöstl. Gebiete, die geringsten von nur 100 bis 200 mm jährlich der Ostfuß der Anden,
die Gegend von Mendoza. Ganz allgemein nimmt die Regenmenge von den Anden gegen die Küste zu ab, im südl. Teile des Landes in
derselben Richtung aber zu; die Grenze beider Gebiete bildet der Rio Colorado.
Mineralien. Von den Produkten des Mineralreichs werden Achate, Karneole, Jaspis u. s. w. vom obern Uruguay
in Menge ausgeführt. Kochsalz und schwefelsaure Salze sind in der innern Ebene verbreitet;
auch an nutzbaren Thonarten fehlt
es nicht. Das Gebirge von Cordoba ist reich an Marmorarten und Bleiglanz. In dem Gebirge von San Luis wird Gold gewaschen; auch
Eisen, Blei, Kupfer und Antimon finden sich hier. Man gewinnt Kupfer im südl. Mendoza im Payengebirge und
in den Paramillos, Salz beim Fort San Rafael.
Hier sind auch reiche Lager von Bergkrystall, Achaten, Chalcedonen, Karneolen, Amethysten, buntem Marmor u. s. w. vorhanden. Die
Sierras von Gualilan und Cachi führen Gold, das sich auch bei Jachal findet. Die Anden von Rioja, die metallreichsten,
enthalten Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Nickel, Zinn, Blei und Bergkrystall in Menge. Ebenso die Sierra von Belen. Im Atajo werden
reiche Kupferminen abgebaut. Auch die Ketten von Jujuy und Salta sind metallreich; Gold und Silber finden sich sehr häufig.
Die Sierra del Alumbre enthält Alaun und eine reiche Erdölquelle. Doch ist die Ausbeutung der mineralischen
Schätze noch gering.
Pflanzenwelt. Die argentin. Flora wird nach Professor Lorentz in Cordoba in neun verschiedene Abteilungen geteilt: Formation
der antarktischen Hölzer, patagon. Formation, Pampasformation, Chañarformation, subtropische Formation, Punaformation,
Chacoformation, Paraguay- und mesopotamische Formation. Erstere Formation reicht etwa bis zum 39.° nördl.
Br., wahrscheinlich bis dahin, wo das Festland nach N. hin sich verbreitert, und ist gekennzeichnet durch Buchenwälder.
Die Hügel, die dem Winde ausgesetzt sind, tragen nur Brombeergesträuch und Gestrüpp. Die patagon. Formation ist eine Mischung
von Kräutern, Stauden und Bäumen. Die Pampasformation ist der Gegensatz zu der vorigen, sowohl in petrographischer
als phytologischer Hinsicht. Die Gräser herrschen vor, und holzartige, dem Gebiete eigentümliche Pflanzen fehlen vollständig.
Diese Formation ist mehr vom Regen begünstigt als die Chañarformation, die sich der patagon. durch ihre Trockenheit und
das Vorherrschen holziger Pflanzen nähert und die den Provinzen Cordoba, Santiago, Catamarca, La Rioja,
San Juan, Mendoza und San Luis eigen ist.
Sie besteht besonders aus Brombeeren, Gehölz und Gestrüpp. Nach den Dornengewächsen heißt sie auch Espinalregion. Diese
Espinales verlieren jenseit des 40.° südl. Br. allmählich ihren immerhin noch mannigfaltigen Wuchs und laufen in die Geröllflächen
Patagoniens (s. d.) aus, die so gut wie ganz der Kulturansiedelungen
entbehren in solchen Breiten, wo der Norden Amerikas seine reichen Gefilde von Oregon und Neuengland ausbreitet, und der Süden
an der andern Küste durch den Waldreichtum Valdiviens ausgezeichnet ist.
Die subtropische Formation bildet den Garten der Argentinische Republik durch die Pracht ihrer Ländereien und ihre erstaunliche Fruchtbarkeit.
Man unterscheidet mehrere Zonen, nämlich die des subtropischen Waldes, die in den untern Gebirgsstrichen herrscht;
die des
Parklandes, dort wo die Berge in die Ebene übergehen;
die der Akazien in der Ebene selbst;
die des Quebracho Colorado (LoxopterygiumLorenzii Griseb.) in noch tiefern Gegenden, so
genannt nach einem prächtigen Baume mit dichtbuschiger Krone, dessen Holz für die Industrie hochwichtig
ist;
die der Erle und der Quiñoa, einer Rosacee, in den Bergen und über diesen die Zone alpiner Prärien.
Die Punaformation
finden wir über letzterer Zone in den Cordilleren-Regionen,
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eine ärmliche Flora, zusammengesetzt aus Gebüschen von riesigen Actäen und kümmerlicher Kräutervegetation. Wenig östlich
von den Cordilleren beginnt die Chacoformation. An Stelle der subtropischen Büsche treten Bäume von geringer Höhe, das Gestrüpp
ist höher. Gehölz und Gestrüpp wechselt ab mit Grasflächen. Die Paraguayformation breitet sich im Norden der Provinz Corrientes
und auf dem Territorium der Missionen aus und ist wenig bekannt. Gehölze, ähnlich denen der subtropischen Formation, bedecken
diese Gebiete.
In den Provinzen Corrientes und Entre-Rios herrscht die mesopotamische Formation, die von den Pampas durch eine große Anzahl
von Bäumen und Büschen abweicht. Gehölze und Gestrüpp fehlen nicht. Der Ackerbau ist noch wenig entwickelt,
da die Viehwirtschaft besser lohnt als die Bodenkultur. Nur wenige Bodenprodukte kommen in den Handel, doch ist der Getreidebau
im Zunehmen. Die Grundlagen der Kultur oder der Gewinnung wildwachsender Produkte sind naturgemäß nach den fünf unterschiedenen
Regionen sehr verschiedenartig. In Entre-Rios bestehen noch die Kulturbedingungen des südl. Brasilien,
und die von Ilexarten herstammenden Yerba-Mateblätter des sog. Paraguaythees werden gesammelt. In den Pampas ist unter Bewässerung
Gemüse- und Getreidebau lohnend; die subtropische Waldregion zieht Mandioca und Bananen, in den Anden die Cocablätter (von
Erythroxylon Coca Lam.),
die obere Puna die Quiñoa oder nordisches Getreide. Insofern ist der Wert des Landes in der Argentinische Republik sehr
ungleich, und große Strecken sind außerdem durch die Salzwüsten dauernd kulturunfähig.
Tierwelt. Belebt werden die Pampas durch zahlreiche Herden verwilderter Rinder und Pferde, Hirsche und Strauße (Avestruz genannt).
Hauptsächliche Säugetiere der Argentinische Republik sind sieben Fledermausarten, der Jaguar oder die Unze in den Wäldern
an den großen Strömen, der Pumalöwe, die überall verbreitete Felis Geoffroyi Gerc., der große rote Wolf oder Aguara (Canis
jubatus Desm.),
der große Fuchs oder Culpeus (Canis magellanicus Gray) und der Zorro (Canis Azarae Wied. und gracilis Gray), der Huron (Galictisvittata Bell.), das Chincha (Mephites patagonicus Lichtenst.).
Ferner: ein Fischotter, die Comadrija (Didelphys Azarae Rengg.), Ratten- und Mäusearten, Pampashasen (Dolichotis patagonica
Wagn.), Iguanas und Viscachas, Meerschweinchen, Gürteltiere, Lamas und Vicuñas u. s. w. An Vögeln sind hervorzuheben: verschiedene
Kolibri- und Papageienarten, der häufig vorkommende Rohrhordenvogel (Agelaeus thilius Molin), der Tordo (Icterus sericeus
Wied.), der häufigste Vogel des Landes, u. s. w. Auch finden sich mehrere Schildkröten, Saurier-,
Schlangen- (auch Klapperschlangen) und Froscharten. Mosquitos und Sandflöhe (Nigua) sind Insekten, die hier den Menschen äußerst
lästig werden.
Das Nutzvieh, dessen Zucht für das Land von so großer Wichtigkeit ist, haben erst die Spanier eingeführt, und zwar zunächst
das Pferd, sodann 1553 die ersten Rinder. Von diesen eingeführten Tieren stammen die unermeßlichen Herden
der Pampas, in denen sich das Vieh seit Anfang des 17. Jahrh. verbreitete. Gegen die Mitte
des 18. Jahrh. wurde schon 1 Mill. Häute aus den La Plata-Gegenden ausgeführt; damals tötete man die wild in den Ebenen
umherschweifenden Tiere nur wegen ihres Felles.
Jetzt trägt der größte Teil des Viehs das Zeichen seines Besitzers und
wird unter den Augen behalten. Die Zahl der Pferde,
von denen ehemals ebenfalls ganze Herden verwildert waren, hat sehr abgenommen. Dieselben schweifen noch setzt, wie das Rindvieh,
frei umher, bis man sie einfängt, um sie zu gebrauchen. Der Gaucho fängt die Pferde mittels des Lasso
oder der Bolas. Der Esel ist für die Zucht der Maultiere von Bedeutung, die als Lasttiere von den Estancias nach den verschiedensten
Seiten hin in Menge ausgeführt werden.
Mit der Zucht der Schafe beschäftigt man sich erst in neuerer Zeit ernstlicher. Ziegen sind sehr verbreitet,
namentlich beim armen Volke. Das sich schnell vermehrende Lama ist in den Anden Haus- und Lasttier. Schweine zieht man wenig,
Federvieh überall. Auch Bienen-, Seiden- und Cochenillezucht findet sich hier und da. Zu den Ausfuhrartikeln aus dem Tierreiche
gehören die Felle des Fischotters und des Chinchilla, erstere namentlich aus der Laguna de los Porongos,
letztere aus den Anden auf der boliv. Grenze, sodann Straußfedern, Wachs und Honig. Die großartigste Ausbeute aber liefert
die Rindviehzucht. Es giebt Saladeros oder Schlachthäuser, die täglich 400 Stück Vieh schlachten. 1893 gab es in der Argentinische Republik etwa 80000000
Schafe, 1 960000 Ziegen, 22000000 Rinder, 5 200000 Pferde, 450000 Esel und Maultiere, 405000 Schweine u. s. w.
Am stärksten ist die Viehzucht in den Provinzen Entre-Rios, Buenos-Aires, Santa Fé, Corrientes, Cordoba.
Bevölkerung. Der Census vom Dez. 1869 ergab 1 812 490 E., mit Ausschluß der Indianer, deren Zahl man in Chaco und in
Patagonien zusammen auf etwa 80000 rechnete. Die Einwohnerzahl wurde amtlich (1888) auf 3 807 530,
von Latzina (1889) auf 3 874000 geschätzt, darunter 400000 Italiener, 150000 Spanier, 150000 Franzosen, 35000 Engländer, 25000 Deutsche
und 300000 Mischlinge. 1892 berechnete man schon 4 257000 E. Am dichtesten bevölkert (über 50 E. auf 1 qkm)
ist die Umgebung der Hauptstadt Buenos-Aires; viel geringer die Umgebungen der übrigen Städte mit 20-30 E. auf 1 qkm, dann
die Landschaften an den großen Strömen, sowie die Provinzen San Luis, Cordoba, La Rioja, Mendoza, Santiago und besonders Tucuman,
Jujuy, Salta. Dagegen sind der Chaco, die Pampas und Patagonien so schwach bevölkert, daß auf dieselben
weniger als ein Bewohner auf 10 qkm kommt. - Von einheimischen Indianerstämmen hausen im Becken des La Plata im NO., im Territorio
de Misiones Occidentales, zwischen den Flüssen Uruguay und Parana, die sehr friedlichen Guayana und die Tupi, die Reste der alten
Tupinamba Brasiliens und der Guarani.
Im N. am Paraguay wohnen die Guato, die auf den Flüssen leben und fast alle portugiesisch sprechen; ferner die Guana und die
mit diesen eng verbundenen Mbaya. Im Chaco schweifen zwischen dem Pilcomayo und dem Paraguay die verwandten Stämme der Guaycuru,
Lengua und Toba, volkreiche aber wilde Stämme, die noch in jüngster Zeit durch die Ermordung des Reisenden
Creveaux sich einen traurigen Namen gemacht haben. Südlich vom Pilcomayo am Rio Vermejo leben die unberittenen Stämme der
Lule und der Vilela und die Mataco, die auch nach den Pflanzungen auf Arbeit ziehen. Die Chiriguano, ein zur großen
Guaranfamilie gehöriger Stamm, wohnen auf den östl. Abhängen der Anden und im Chaco. Diese Indianer, in Bolivia Camba genannt,
sind in Viehzucht und Ackerbau sehr vorgeschritten. Die immer
mehr
mit den Toba im Kriege lebenden, aber wenig zahlreichen Mbocovi hausten (bis 1884/85) im Innern des Chaco, ebenso die jetzt
nahezu verschwundenen Abiponer und Calchinen. In den Anden finden sich Quichuastamme, die Christen und Landbauer sind. Die kriegerischen
Stämme, die sich unabhängig erhalten haben, werden mit dem Gesamtnamen Indios bravos bezeichnet.
Die südlichen sog. Pampasindianer bilden eine Menge kleiner Horden, die aber sämtlich drei
großen Gruppen angehören, den Puelche, das sind die eigentlichen Pampasindianer, die sich auch Auca nennen, und den Tehuelche
und Ranqueles, die den Araukanern verwandt sind und Patagonien bis zur Magalhãesstraße in Anspruch nehmen.
Seit 1881 sind sie über den Rio-Negro zurückgedrängt worden. Alle unabhängigen Indianerstämme im
N. wie im S. haben den kolonisierten Teil des Landes fortwährend durch ihre Einfälle beunruhigt, namentlich in Zeiten, wo
die Kräfte des Landes durch Bürgerkriege in Anspruch genommen waren. Ihre Zahl beträgt jetzt noch etwa 100000. Die ehemaligen
Missionen der Jesuiten, später der Franziskaner, bestanden in La-Guayra, in Paraguay und in Corrientes.
Kurz vor Vertreibung der Jesuiten waren hinzugekommen die Missionen zu San Estanislao, San Joaquin und Belen, die die Verbindung
mit den Niederlassungen bei den Mojo und Chiquito herstellen sollten. Von 1810 an wurden die seßhaften Indianer gezwungen,
in die Armee einzutreten, und infolgedessen zerstörte man 1817 die 15 indian. Ortschaften in
den noch bestehenden Missionen des Uruguay gänzlich. Seit 1853 sind die Indianer ihren Dörfern wiedergegeben, und ihre Civilisierung
ist ins Auge gefaßt. Die Missionen sind aufs neue eingerichtet, und schon sind einem Teile der Indianer die Produkte
der europ. Industrie unentbehrlich geworden.
Die weiße Bevölkerung besteht zunächst aus den Nachkommen der ursprünglichen span. Eroberer, den
Argentinos, dann aus den zahlreichen eingewanderten Kaufleuten, Handwerkern, Abenteurern und Flüchtlingen der verschiedensten
Länder Europas. Diesen schließen sich an die von den Weißen mit indian. Frauen erzeugten Mischlinge, im N. Cholo und
in den Küstenstaaten Chino genannt. Seit 1702 kamen hierzu noch die als Sklaven eingeführten afrik. Neger, deren mit Weißen
erzeugten Mischlinge Mulatten, mit Indianern erzeugte Zambo genannt werden.
Die Einwanderung von Kolonisten wurde erst nach 1820 von Bedeutung, eigentlich erst von 1830 an. Von 1843 bis 1852 hörte
die Einwanderung fast ganz auf. Buenos-Aires ist seit 1848 der eigentliche Ort der Einwanderung; die Zahl
der Einwanderer betrug 1883: 63 213, 1890: 138 407, 1891: 73 597, 1803: 84 420, meist Italiener, daneben Spanier, Franzosen
u. s. w.;
unmittelbar nach Buenos-Aires kamen 1890: 77 815, 1893: 52 067 Personen, darunter 37 977 Italiener, 2012 Franzosen, 7100 Spanier, 685 Österreicher, 748 Deutsche, 906 Russen
und 1979 andere.
Dagegen wanderten aus 1879: 23 690, 1890: 82 981, 1891: 90 936, 1893: 48 794 Personen. Die innern Staaten
werden erst seit 1854 von den Einwanderern aufgesucht, und den meisten ist es dort gelungen, sich eine leidliche,
zum Teil gute Lebenslage zu schaffen. Seit 1853 sind die Farbigen ganz unter die weiße Bevölkerung gemischt als Handwerker,
Arbeiter, Ackerbauer, auch als Eigentümer, meist aber als Dienstboten.
Handel
und Verkehrswesen. Der Handel hat besonders infolge der von Engländern und Deutschen in großartigem Maßstabe eingeführten
Schafzucht einen lebhaften Aufschwung genommen. Die Wollausfuhr betrug 1879: 919 511 t im Werte von 88 601000
M., 1889 gar 226 840000, 1891: 177 304000 M. Jedoch wurde, wie das bei einem noch verhältnismäßig jungen Kulturlande natürlich
ist, die Ausfuhr bis vor kurzem von der Einfuhr überwogen. Die im Anfang 1890 eingetretene Handelskrisis und
die infolge dieser eingetretene starke Entwertung des Geldes hat zu zahlreichen Bankrotterklärungen geführt
und auch die beteiligten Firmen des Auslandes schwer geschädigt.
Die Einfuhr betrug in Tausenden Pesos nacionales (1 Peso = 4 M.) ohne die Edelmetalle: 1886: 95 409, 1888: 128 412, 1890: 142 241, 1891 nur 67 207,
1892: 97 899, 1893;
Die wichtigsten Handelsartikel waren 1893 (in Tausenden Pesos):
Einfuhr:
Gewebe und Kleider
32509
Nahrungsmittel
10724
Eisen und Eisenwaren
13055
Getränke
8341
Holz und Holzwaren
4889
Eisenbahnmaterial
3279
Papier und Papierwaren
3127
Metalle
1555
Töpfer- u. Glaswaren
2360
Chemikalien
4095
Kohlen, Koks, Öl
6868
Verschiedenes
5297
Ausfuhr:
Tiere u. tierische Produkte
52997
Landwirtschaftliche Erzeugnisse
29017
Manufakturen
4769
Walderzeugnisse
2251
Mineralien
362
Verschiedenes
3305
Von den Hauptartikeln entfielen (1893) in Prozenten auf:
Warengruppen
Einfuhr
Ausfuhr
Nahrungs- und Genußmittel
16,9
42,5
Tiere
---
6,5
Rohstoffe
16,2
51,0
Fabrikate
66,9
Gold wurde (1891) 8,88, Silber 0,37 Mill. Pesos eingeführt, während nur 1,18 bez. 0,51 Mill. zur Ausfuhr gelangten. 1893 betrug
die Einfuhr von Edelmetallen 4,68, die Ausfuhr 0,81 Mill. Pesos.
Infolge der Hebung des Handels ist auch die Schiffahrt zur Blüte gelangt, doch zeigt sich auch hier seit
der Handelskrisis ein Rückgang.
Den auswärtigen Schiffsverkehr aller argentin. Häfen stellt folgende Tabelle dar:
Segler
Davon beladen
Dampfer
Schiffe
Tonnen
Schiffe
Tonnen
Schiffe
Tonnen
Eingelaufen 1889
8222
1675345
7641
1642863
6223
5036341
-"-
1893
3036
763764
2225
620958
7731
5641254
Ausgelaufen 1889
5479
1264755
1665
309393
5990
4578217
-"-
1893
2820
681585
1487
499102
7940
5751737
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Im J. 1888 bestanden 24 Dampferlinien nach Europa (9 engl., 6 ital., 5 franz., 3 deutsche, 1 holl.)
und eine nach Nordamerika. Eine argentin. Linie versieht den Dienst zwischen Buenos-Aires und den atlantischen Häfen bis
Kap Hoorn, drei Linien bestehen auf den Flüssen und nach Montevideo. Der Paraguay wird bis Asuncion befahren,
von wo paraguaysche und brasil. Dampfer Cuyaba (s. d.) erreichen. Seedampfer kommen bis Rosario herauf.
Außerdem vermitteln auch verschiedene Eisenbahnen den Verkehr mit dem Innern des Landes. Am waren im ganzen 12 353 km
im Betrieb, deren Herstellung bisher rund 1800 Mill. M. erforderte. Auf 100 qkm Flächeninhalt des Landes
kommen 0,4 km, und auf je 10000 E. entfallen 30,4 km Bahnen. Ungefähr 2500 km befinden sich im Bau und Linien in einer Ausdehnung
von etwa 8000 km waren zum Bau in Aussicht genommen. Die überwiegende Mehrzahl der Bahnen gehört Privatgesellschaften, 555 km
der Provinz Sta. Fé.
Das der Provinz Buenos-Aires gehörige Bahnnetz von 1209 km hat dieselbe auf Grund des Gesetzen vom im Wege der öffentlichen
Versteigerung an die (engl.) Buenos-Aires-Westbahngesellschaft für 104 Mill. M. veräußert.
Die Gesellschaft betreibt nur die Hauptbahn La Plata-Buenos-Aires-Trenque-Lauquen (526 km) selbst, während sie die Zweigbahnen
wieder veräußert oder für die Konzessionsdauer verpachtet hat. Die argentin. Eisenbahnen besaßen 880 Lokomotiven, 1128 Personenwagen, 143 Schlaf-, 679 Gepäck-
und 24260 Güterwagen.
Befördert wurden 1891: 10 820000 Reisende und 4 690000 t Güter. Das Anlagekapital verzinste sich durchschnitllich mit 1,3
Proz. gegen 1,6 Proz. im Vorjahre; einzelne Bahnen ergaben zum Teil erheblich höhere Renten, doch zahlen
die meisten Bahnen jetzt gar nichts mehr. Die wichtigsten Bahnen sind (1892): die Central-Nortebahn von Cordoba nach Chilcas
(884 km), die Andinobahn von Villa Maria nach San Juan (255 km), die Buenos-Aires-Pacificbahn von Buenos-Aires nach Villa Mercedes
(684,60 km), die Südbahn von Buenos-Aires nach Bahia-Blanca (1352 km) u. s. w. Die 1226 km lange Linie
(im Bau) von Buenos-Aires zum Anschluß an das chilen. Eisenbahnnetz bei Yambel (südamerik. Überlandbahn) wird nach Fertigstellung
eine direkte Verbindung zwischen der chilen. Hafenstadt Concepcion und Buenos-Aires herstellen.
Durch eine weitere, ebenfalls noch im Bau befindliche Linie nach dem chilen. Eisenbahnnetz wird ein fast
gerader Schienenweg von Buenos-Aires über Mercedes, San Luis und Mendoza nach Valparaiso genommen werden. Die auf argentin.
Gebiete belegene 1039 km lange Strecke Buenos-Aires-Mendoza ist bereits seit März 1888 im Betriebe. Der Bau der Fortsetzung
(Andenbahn) wurde 1888 begonnen und sollte 1893 vollendet sein, doch dürfte die Fertigstellung der Tunnelsektion
kaum vor 1896 zu erwarten sein. 1891 erlitten die Arbeiten Verzögerungen durch den chilen. Bürgerkrieg und die argentin.
Finanzverlegenheiten. Auf argentin. Seite sind schon 120 km fertiggestellt, die Arbeiten für die Strecke bis zum Gipfel (125
km) sind im Gange. Von der chilen. Thalstrecke sind 37 km bis Juncal vollendet.
Die steilen Abhänge der Anden auf der argentin. Seite erfordern die größten Opfer von Zeit und Arbeit. Bis zum Fuße des
Gipfels müssen 6 Tunnels von über 700 m Länge gebohrt und 7 Brücken mit 75 und 45 m Spannweite gelegt werden. Die
Bahn
windet sich aus beiden Seiten des Gipfels zu einem 5065 m langen Tunnel, der 3140 m ü.d. M. liegt, also etwa 2½ mal höher
als der St. Gotthardtunnel (s. Gotthardbahn). Insgesamt sind zur Überschreitung des Gipfels 7 Tunnel mit 16 km Gesamtlänge
nötig. Die Spurweite der Andenbahn beträgt 1 m, während auf argentin. Seite die dortige Weitspur (1,676 m)
und auf chilen. Seite die gewöhnliche Vollspur (1,435 m) anschließt.
Der Postverkehr wird durch (1892) 1384 Bureaus vermittelt. Die Zahl der beförderten gewöhnlichen Briefe betrug (1888) 32 233 932,
der eingeschriebenen Briefe 1 310 909, Postkarten 526 595, Drucksachen 27 974 999, Warenproben 165 195,
amtliche Schreiben 616 189, zusammen 62 827 819; die Zahl der Postpakete betrug 20 876.
Im Telegraphenverkehr betrug die Gesamtlänge der Linien (1888) 29 576, der Drähte 68 651, der Kabel 159 km, die Zahl der Bureaus
der Staatstelegraphen 162. Die Einnahmen der Staatstelegraphen betrugen (1888) 696 859 Pesos, die Ausgaben 1 666 473 Pesos.
In der Provinz Buenos-Aires wurden befördert: 485 738 private, 23 888 Staats-, 370 515 dienstliche, zusammen 880 141 Depeschen.
Die Eisenbahntelegraphen beförderten 218 570, 1194 und 1 020 002, zusammen 1 239 766 Depeschen.
Verwaltung und Verfassung. Die Republik zerfällt in 14 Provinzen oder Staaten, die sich in vier Gruppen
ordnen. Zur ersten Gruppe, den Küsten- und Stromuferprovinzen, gehören Buenos-Aires (Ende 1892 nach der Schätzung Latzinas 1 020000
E.), Santa Fé (Zählung 1887: 220 332, nach Schätzung für 1892 fast 300000 E.), Entre-Rios (nach Latzina 300000 E.) und
Corrientes (216000 E.). Die zweite Gruppe der Andenprovinzen bilden La Rioja (nach Latzina 86000 E.),
Catamarca (118000 E.), San Juan (110000 E.) und Mendoza (150000 E.).
Die dritte Gruppe der Centralprovinzen umfaßt Cordoba (380000 E.), San Luis (105000 E.), Santiago del Estero (225000 E.) und
Tucuman (225000 E.). Zu der vierten Gruppe, den Nordprovinzen, gehören Salta (162000 E.) und Jujuy
(60000 E.). Hierzu kommen noch die neun Gobernaciones (Territorios nacionales) Formosa (Chaco central), Chaco (Chaco Austral),
Misioneo, Pampa, Neuquen, Rio Negro, Chubut, Santa Cruz und Tierra del Fuego mit zusammen 250000 E. Bundeshauptstadt ist seit 1880 Buenos-Aires.
Die Verfassung vom (revidiert ist im wesentlichen der Konstitution der Vereinigten Staaten
von Amerika nachgebildet. An der Spitze steht ein Präsident, auf 6 Jahre durch 133 Repräsentanten der 14 Provinzen gewählt.
Die gesetzgebende Gewalt üben ein Senat und eine Deputiertenkammer, von denen ersterer 30, die letztere 86 Glieder zählt.
Ein Vicepräsident wird auf dieselbe Weise und zu derselben Zeit wie der erste Präsident gewählt. Der
Präsident ist Oberbefehlshaber der Truppen und vergiebt die Civil-, Militär- und richterlichen Ämter. Doch bleibt er, wie
auch seine Minister, deren es fünf (Inneres, Auswärtige Angelegenheiten, Finanzen, Justiz, Kultus und Unterricht, Krieg und
Marine) giebt, dem Senate und Repräsentantenhause verantwortlich.
Die Einnahmen betrugen (in Tausenden Pesos) 1886: 46 762, 1887: 57 306, 1888: 51 640, 1890: 72 900, 1891: 73 150, 1894: 34 193 in
Gold und 20 280 in Papier;
über die Ausgaben sind Abrechnungen für 1886: 46 695 und für 1887: 54 098 vorhanden.
mehr
Die Staatsschuld betrug argentinische äußere Schuld: 208,883 Mill. Pesos Gold; d. innere Schuld: 194,378 Mill. Gold und 43,520
Mill. Papier;
c. schwebende Schuld: 13,517 Mill. Gold und 20,460 Mill. Pesos Papier. Es kommt demnach auf den Kopf der Bevölkerung
eine Schuld von 330 M.
Das Wappen der Republik ist ein quergeteilter Schild;
das obere Feld blau, das untere silbern;
im untern
halten zwei verschlungene Hände einen Stab mit der in das obere Feld hineinragenden roten Freiheitsmütze;
hinter dem obern
Schildrande eine aufgehende goldene Sonne.
Den Schild umschließt ein Eichen- und ein Lorbeerzweig. Die Flagge ist blau-weiß-blau
horizontal gestreift, mit einer Sonne in dem mittlern Streifen. (S. Tafel: Flaggen der Seestaaten.)
Heerwesen. Die Armee zählt 1590 Offiziere und 6498 Mann. Die Nationalgarde ist etwa 480000 Mann stark. Militärisch ausgebildet
sind höchstens 65000 Mann. - Die Flotte besteht aus 47 Schiffen, darunter 6 Panzerschiffe, 7 Kanonenboote, 24 Torpedofahrzeuge;
zusammen mit 223 Kanonen armiert und einer Besatzung von 2190 Mann.
Geistige Kultur. Das ganze Unterrichtswesen wurde seit 1868, dem Regierungsantritte des Präsidenten Sarmiento, einer wirksamen
Reorganisation unterworfen. So erhielt die Universität Cordoba, die bis dahin unter jesuitischer Leitung äußerst wenig
in den Naturwissenschaften geleistet hatte, auf Betrieb des Präsidenten mehrere Professoren aus Deutschland
für Chemie, Physik, Botanik u. s. w. und auch einen namhaften Astronomen aus Nordamerika. Neben den beiden
Universitäten Buenos-Aires und Cordoba bestehen gegenwärtig noch 14 Kollegien, an denen ebenfalls vielfach deutsche Lehrer
angestellt sind.
Diese Anstalten gleichen ihrem Unterrichtsplane nach etwa unsern höhern Industrieschulen. Namentlich um das Elementarschulwesen
hat sich die Regierung Sarmientos und vor allem sein Unterrichtsminister Avellaneda große Verdienste erworben. 1875 genossen
in der Republik 125 150 Schüler Unterricht; es bestanden 1896 Primärschulen. In der Argentinische Republik ist, ebenso wie in Brasilien und
Chile, allen christl. Konfessionen freier Kultus und Gründung von Schulen gestattet.
Doch bekennen sich fast sämtliche eingeborene Weiße und die bekehrten Indianer zum Katholicismus. Ein
Erzbischof hat seinen Sitz in Buenos-Aires, und unter ihm stehen vier Bischöfe zu Parana, Cordoba, San Juan (Cuyo) und Salta.
Sprache der Regierung wie des Landes ist das Spanische; doch ist unter den Gebildeten das Französische, in den
Seestädten das Englische sehr verbreitet, während in den innern Provinzen noch vielfach die Guaranisprache herrscht.
Geschichte. Der La Plata-Strom wurde 1512 durch den span. Großpiloten Juan Diaz de Solis aufgefunden und auf einer zweiten
Reise 1515 bis zur Mündung des Uruguay befahren. 1527 erreichte Sebastian Caboto den La Plata und baute
am Parana das Fort Santo Espiritu, die erste span. Niederlassung. Dann legte Pedro de Mendoza als erster Adelantado (Civil- und
Militärgouverneur) den Grund zur Stadt Buenos-Aires, aber die von ihm bei seiner Rückkehr nach Europa 1537 zurückgelassenen
Spanier gaben die Niederlassung auf, gingen
den Paraguay aufwärts und gründeten Asuncion.
Der zweite Adelantado, Alvaro Nufiez Cabeza de Vaca, landete an der brasil. Küste bei der Insel Santa Catarina und ging zu
Lande nach Asuncion, während die Schiffe den La Plata dorthin hinaufsegelten. Diesem folgte in der Würde 1555 Martinez de
Irala, der eigentliche Eroberer der La Plata-Gegend. Unter ihm und seinem Nachfolger (1569) Ortiz de
Zarata entstanden viele Ansiedelungen. Der 1576 zum Generalkapitän ernannte Juan de Garay baute 1580 Buenos-Aires wieder auf,
und damit war die Eroberung des La Plata-Gebietes abgeschlossen.
Unter Juan de Torres Vera y Aragon, 1587-91, wurde (1588) Corrientes gegründet. Um 1610 begannen die Jesuiten
ihre folgenreiche Missionsthätigkeit am obern Parana (s. Paraguay). Unter Philipp III. wurde 1620 eine besondere Regierung
(Gobierno del Rio de la Plata) für die Länder südlich vom Zusammenfluß des Parana und Paraguay gebildet, und das Land in
drei Provinzen geteilt: Tucuman, Buenos-Aires und Paraguay. Ein drückendes Monopolsystem hemmte aber das
Aufblühen dieser Provinzen und es entwickelte sich ein maßloser Schleichhandel, besonders von den Portugiesen betrieben,
die 1680 gegenüber von Buenos-Aires die Colonia del Sacramento mit Genehmigung der Spanier gegründet hatten. Dadurch kamen
die Spanier in ganz Südamerika um die beabsichtigten Handelsvorteile. 1726 erfolgte die Gründung von Montevideo. Nach der
Vertreibung der Jesuiten 1767 aus den La Plata-Ländern gerieten ihre zahlreichen und blühenden Niederlassungen in Verfall,
und die indian. Bevölkerung sank in Elend und Verwilderung.
Bis 1776 gehörten die La Plata-Länder zum Vicekönigreich Peru, dann wurde aus ihnen ein besonderes span. Vicekönigtum
mit der Hauptstadt Buenos-Aires gebildet, zu dem die Provinzen Buenos-Aires, Paraguay und Tucuman, die Präsidentschaft
Charcas, das Territorium Cuyo und die Patagonische Küste gehörten. Nachdem 1776 die Portugiesen aus der Nachbarschaft vertrieben
waren, wurde ein vernünftigeres Handelssystem angenommen; schon seit 1774 durften alle span.
Kolonien untereinander Handel treiben. Unter dem zweiten Vicekönige wurde 1782 das Reich in acht Intendanzen
geteilt, von denen vier (La Paz, Cochabamba, Charcas und Potosi) das spätere Oberperu, vier andere Salta, Cordoba, Buenos-Aires
und die Missionen «Argentina» bildeten.
Infolge des Bündnisses Spaniens mit Frankreich nahmen im Juni 1806 die Engländer die Stadt Buenos-Aires, wurden aber nach
wenigen Monaten wieder vertrieben. Während des franz. Krieges in Spanien selbst setzten 1810 die Kolonisten
den Vicekönig ab und ernannten 22. Mai im Namen Ferdinands VII. eine provisorische Junta. Da Cordoba, Paraguay und Uruguay aber
diese nicht anerkannten, kam es zu Bürgerkämpfen, bis ein Kongreß zu Tucuman die Unabhängigkeit der «Vereinigten
Staaten von Rio de la Plata» erklärte. Daneben bildeten sich nun Paraguay und Uruguay als besondere Republiken.
Ein Kongreß der 14 konföderierten Republiken bestimmte endlich 1825 das Verhältnis der einzelnen Staaten zueinander und
stellte fest, daß der Staat Buenos-Aires die auswärtigen Angelegenheiten leiten und als oberste
mehr
Verwaltungsbehörde gelten sollte. Aber es fehlte noch ein einigendes Band. Dazu kamen die Umtriebe der Unitarier (Centralisten),
die die Konstitution vom zu stande brachten, gemäß welcher die Konföderation durch eine an Zahl geringe Aristokratie
gebildet wurde. Rivadavia wurde als Generalkapitän von Buenos-Aires Präsident der Konföderation, trat aber zurück.
Der größere Teil des Staates Buenos-Aires erhielt sein Gepräge von den unabhängigen Herdenbesitzern, die ihre Gewalt zu
Gunsten des Föderalismus behaupten wollten. Sie fanden einen Führer in Don Juan Manuel de Rosas (s. d.), der Ende 1821 zum
Gouverneur von Buenos-Aires sowie zum Haupte der Konföderation erwählt wurde. Nachdem er drei Jahre lang
jeden Widerstand unterdrückt hatte, übertrug er 1832 seine Gewalt dem General Balcarce, um gegen die Indianer zu ziehen,
die er über den Rio Colorado zurückdrängte. 1835 übertrug man ihm mehrmals die Diktatur, so daß er bis 1852 unumschränkter
Herrscher von ganz Argentina blieb.
Paraguay erhielt sich unter seinem Diktator Francia unabhängig, während auf Uruguay abwechselnd Argentina
und Brasilien Anspruch machten. Erst 1828 vermittelte England die Unabhängigkeit Uruguays als einer selbständigen Republik.
Dem Vertrage gemäß sollte Argentina die neue Republik beschützen; dies benutzte Rosas, um in die innern Zwiste (s. Uruguay)
zwischen Oribe und Ribera einzugreifen. Während der daraus entstandenen Kämpfe fielen die Staaten Corrientes
und Entre-Rios von Rosas ab, der dann, in der Schlacht von Monte-Caseros durch die Truppen Brasiliens, Uruguays, Paraguays
und der oppositionellen Teile Argentinas geschlagen, sich genötigt sah, nach England zu fliehen.
Eine Versammlung von Abgeordneten der verschiedenen Staaten erwählte Mai 1852 Vincente Lopez zum provisorischen
Gouverneur des Staates Buenos-Aires. Aber schon 23. Juni stellte sich Urquiza, der über die Armee verfügte, als Diktator an die
Spitze, erkannte durch Vertrag die Unabhängigkeit Paraguays an und sicherte durch Verträge die freie Schiffahrt auf allen Nebenflüssen
des La Plata. Am brach jedoch eine Empörung aus, infolge deren Valentin Alsina zum Gouverneur
erwählt wurde.
Bueuos-Aires beschloß jetzt, sich von der Konföderation zu trennen und als selbständigen Staat zu erklären. Die in
Santa Fé versammelten Abgeordneten aller Staaten, Buenos-Aires ausgenommen, entwarfen eine Verfassungsurkunde, die 15. Mai veröffentlicht
wurde. Man hatte in dieser den Staat Buenos-Aires ausdrücklich zum Haupt der Konföderation bestimmt in der Hoffnung, derselbe
werde sich dem Bunde wieder anschließen. Zu Ende 1853 sollte die Konstitution in Wirksamkeit treten. Am wurde Urquiza
zum Präsidenten der Konföderation auf fünf Jahre erwählt; zum Sitz der Regierung bestimmte man das
in der Provinz Entre-Rios gelegene Bajada del Parana.
Inzwischen hatte sich im Januar demselben Jahres auch Buenos-Aires eine Konstitution gegeben, in der ebenfalls die Rückkehr
zur Konföderation vorgesehen war. Am kam ein Vertrag zu stande, demzufolge beide Regierungen unabhängig sein sollten,
aber Unteilbarkeit des Territoriums verbürgt wurde; bei drohender Gefahr von außen sollten die Staaten
einander unterstützen; an den Grenzen sollten keine Pässe gefordert werden und die Schiffe beider Nationen die Nationalflagge
führen, keiner
von beiden Staaten sollte Steuern auf die Produkte des andern legen.
In Buenos-Aires wurde Obligado 1857 auf fünf Jahre zum Präsidenten gewählt. Alle Bemühungen, die alte
Vereinigung vollends herzustellen, erwiesen sich jedoch als erfolglos, ja es wurde sogar infolge neuer Zwistigkeiten
der Vertrag wieder aufgehoben. Nachdem Urquiza die Truppen von Buenos-Aires bei Cepada geschlagen, wurde durch
den Frieden zu San José de Flores und die zu Parana geschlossene Union der Staat Buenos-Aires wieder
mit dem argentin.
Bunde vereinigt. Aber 1861 begannen wegen der Steuerfrage neue Feindseligkeiten; 17. Sept. schlug der General Mitré von Buenos-Aires
die argentin. Truppen zu Pavon. Darauf dankte der Präsident des Bundes, Santiago Derqui, ab, die Nationalregierung
wurde Mitré übertragen und für den nach Buenos-Aires eine Nationalversammlung berufen. Diese nahm eine neue
Konstitution an, nach der die Stadt Buenos-Aires zur Konföderation eine ähnliche Stellung haben sollte wie der Distrikt Columbia
in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der erwählte Gouverneur sollte nur den Staat, nicht aber die Hauptstadt
Buenos-Aires regieren; diese Bestimmung aber trat erst 1880 in Wirksamkeit. Mitré wurde der erste Präsident
der nun wieder vereinigten Argentinischen Konföderation.
Die neue Verfassung, nach dem Muster der nordamerikanischen entworfen, war den beiden polit. Hauptparteien des Landes, den Unitariern
und Föderalisten, gleich gerecht geworden. Den Unitariern bot sie eine kräftige Centralgewalt, den gemäßigten
Föderalisten hinreichende Selbständigkeit für die einzelnen Provinzen. Präsident Mitré war zudem ein tüchtiger staatsmännischer
Kopf, der sein Volk kannte und zu leiten verstand. Aber der Übermut des Diktators von Paraguay, Lopez (s. d.), nötigte Brasilien
zum Kriege und zog auch die Argentinische Konföderation mit hinein.
Der vierjährige Krieg gegen Paraguay kostete der Argentinischen Konföderation 40 Mill. Dollars und 40-50000 Mann, abgesehen
von den 200000 Opfern, welche die infolge des Krieges ins Land geschleppte Cholera forderte. Von 1865 bis 1868, während welcher
Zeit Mitré an der Spitze der verbündeten Heere stand, geschah gegen Lopez nichts von entscheidender Bedeutung.
Erst als im Jan. 1868 der Vicepräsident der Argentinischen Konföderation, Marcos Paz, starb und Mitré wieder verfassungsmäßig
die Regierung übernahm, begannen die wirksamen Unternehmungen in Paraguay, die im Frühjahr 1870 mit gänzlicher Vernichtung
der Lopezschen Macht und dessen Tode endigten.
Als im Okt. 1868 Mitré's Amtsdauer ablief, wurde der damalige Gesandte der Konföderation in Nordamerika,
Domingo Faustino Sarmiento, mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt, der seine Regierung antrat. Von dieser
Zeit an nahm das Land einen mächtigen Aufschwung. Mehrere Aufstände in der Provinz Entre-Rios April 1870 und dann 1873 unter
Lopez Jordan wurden bald unterdrückt. Schlimmer gestaltete sich die Lage, als die Präsidentschaft Sarmientos
sich ihrem Ende näherte. Die Unitarier stellten Mitré abermals als Kandidaten auf, doch wurde Avellaneda, der Kandidat der
Föderalen, gewählt, Mitré 26. Nov. bei La Verde geschlagen und 2. Dez. bei Junin zur Unterwerfung
gebracht. Avellaneda trat die Regierung an. Seiner Energie
mehr
und der Thätigkeit des Finanzministers de la Plaza gelang es, den drohenden Staatsbankrott abzuwenden und den Credit wiederherzustellen.
Der Kriegsminister Adolfo Alsina schob 1876 die Indianergrenze gegen Südwesten vor und gewann so ein bedeutendes Kulturgebiet.
Nach dessen Tod wurde der neue Kriegsminister Julio Roca Kandidat der Föderalen für die bevorstehende
Präsidentenwahl, während die Unitarier den Gouverneur von Buenos-Aires, Dr. Stejedor, aufstellten.
Für letztern erklärten sich die Provinzen Buenos-Aires und Corrientes, während die andern 12 Provinzen für Roca eintraten.
So brach 1880 abermals ein Bürgerkrieg aus. Der Präsident Avellaneda verließ mit der Bundesregierung Buenos-Aires,
und Belgrano wurde provisorischer Regierungssitz. Buenos-Aires wurde eingeschlossen und mußte sich nach
blutigen Gefechten ergeben, worauf Roca 13. Juni gewählt wurde und die Regierung antrat. Unter ihm wurden die Indianer
aus dem Dreieck zwischen Neuquen, Limay und den Anden vertrieben und der Limay als Grenze festgesetzt.
Zugleich erfolgte die Zurückdrängung der Chaco-Indianer und die Umgestaltung dieses Landstrichs für
Ansiedlerzwecke. Am wurde durch Vertrag der Streit mit Chile über die Grenze in Patagonien geschlichtet. Ein Gesetz
über die Gründung einer Nationalbank in Buenos-Aires und Zweigniederlassungen in den Provinzen wurde erlassen, doch begann
schon jetzt das Treiben, das 10 Jahre später zum finanziellen Ruin des Landes führen sollte. Den ersten
Anlaß dazu gaben Landspekulationen in den neu erworbenen Indianerterritorien.
Europäische Kapitalien wurden in großen Beträgen zu Staats- und Provinzialanleihen herangezogen, und eine Gründungsperiode
in Eisenbahnen, Hafenbauten, Ackerbaukolonien u. s. w. begann. Der Handel blühte und schien auf einer soliden Basis zu beruhen,
seitdem Roca 1882 die Goldwährung eingeführt hatte; 1885 sah er sich jedoch bereits infolge des steigenden Goldagios genötigt,
den Noten der Nationalbank Zwangskurs zu verleihen. 1886 konnte der Präsidentenwechsel zum erstenmal ohne Bürgerkrieg vor
sich gehen.
Dr. Miguel Juarez Celman trat 12. Okt. als Präsident ein. Unter ihm nahm die ungesunde Spekulationswut einen
noch erhöhten Aufschwung und brachte es dahin, daß die Staatsschulden eine ungewöhnliche Höhe erreichten und die Bezahlung
der Zinsen immer schwieriger wurde. Die Regierung ließ heimlich Noten bis zu einer Höhe von 220 Millionen ausgeben, so daß
das Papiergeld immer mehr im Kurse sank und man für 100 Pesos Gold 300 Pesos Papiergeld bezahlen mußte.
Es entstand allgemeine Unzufriedenheit, welche die regierungsfeindliche Partei, die Union Civica, benutzte, um in
Buenos-Aires einen Aufstand ins Werk zu setzen.
Die Aufständischen bemächtigten sich nach blutigem Kampfe der wichtigsten Punkte der Stadt und riefen den Vorsitzenden
der Union Civica, Leandro Allem, zum Präsidenten aus. Zwar gelang es dem General Roca schließlich, die
Empörung zu unterdrücken; aber bei der allgemeinen Erbitterung gegen ihn sah sich Celman gezwungen, von der Präsidentschaft
zurückzutreten. Der bisherige Vicepräsident Pellearini führte nun die Präsidentschaft. Mit dem Zusammenbruch der Herrschaft
Celmans war indessen der Bankrott der eine Argentinische Republikeine vollendete Thatsache, die durch die Zahlungseinstellung der
Londoner Firma Baring Brothers & Co., der
Hauptvermittler der argentin.
Finanzgeschäfte, Nov. 1890 hinlänglich dokumentiert wurde. Es wurde ein Komitee aus den bedeutendsten am argentin. Geschäft
beteiligten Kaufleuten unter der Führung Rothschilds gebildet und auf dessen Rat die Zinszahlung der auswärtigen
Schuld auf 3 Jahre sistiert, mit Ausnahme der Anleihe von 1886/87 von 7 Mill. Pfd. St. Die Wirkungen dieser Katastrophe zeigten
sich bald in furchtbarer Weise: Bankbrüche und Zahlungseinstellungen folgten in großer Anzahl, und die Regierung sah sich
gezwungen, eine Notstandsanleihe von 100 Mill. Pesos zu fordern, ohne die Lage zu bessern.
Im Juni 1892 wurde der Vicegouverneur der Provinz Buenos-Aires, Luis Saenz Pena, zum Präsidenten der Argentinische Republik gewählt. 12. Okt. trat
er sein Amt an. Aufständische Bewegungen, die bald darauf die Provinzen Santiago del Estero und Corrientes beunruhigten, wurden
in kurzer Zeit unterdrückt. Größern Umfang nahm jedoch ein Aufruhr an, der durch die Ernennung des radikalen
Kabinetts del Valle (Juli 1893) hervorgerufen wurde und zu einem förmlichen Bürgerkriege führte, infolgedessen das Kabinett
zurücktrat. Als der Kongreß die Amnestierung der in die letzten Revolutionen Verwickelten verlangte, dankte der damit nicht
einverstandene Präsident Saenz Pena im Jan. 1895 ab; an seine Stelle trat der bisherige Vicepräsident
Uriburi.
Litteratur. Burmeister, Reise durch die La Plata-Staaten (2 Bde., Halle 1861);
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