Vgl. Poschmann,Beschreibung des Gouvernements von Archangelsk (russ., 2 Bde.,
Archangelsk 1874).
2)
Kreis
[* 5] im mittlern
Teile des Gouvernements Archangelsk, hat 30 471,3 qkm mit 51 076 E.
3) Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises Archangelsk, lang und schmal gebaut, rechts
von der Dwina, 40 km oberhalb deren Mündung, ist der wichtigste
Handels- und Hafenplatz an der Nordküste
Rußlands, Sitz
eines Civilgouverneurs, eines
Bischofs, einer
Admiralität, eines deutschen Konsuls für das Gouvernement und hat (1885) 17802 E.,
Post,
Telegraph,
[* 6] 23 griech.-kath., 1 luth., 1 röm.-kath., 2 anglikan.
Kirchen, ein
Kloster, ein geistliches Seminar, ein Gymnasium, eine Kreisschule, eine
Schiffahrtsschule,
ein Irrenhaus, zahlreiche Warenmagazine, Schiffswerfte, ein Seehospital, 1 großes steinernes Kaufhaus und meist hölzerne
Häuser.
Unter den
Gebäuden ist die 1805 vollendete
Kathedrale hervorzuheben; von Denkmälern die
Statue Lomonossows. In Archangelsk bestehen
bedeutende Seilerwerkstätten, Thransiedereien sowie Segeltuch-, Zucker- und andere Fabriken. Für den
Handel wichtig ist der Margaritinsche Jahrmarkt vom 1. Sept. bis zum 1. Okt. -Schon seit dem 10. Jahrh. hatten
Normannen in der Gegend
von Archangelsk Handelsniederlassungen. Bekannter wurde der Ort, als 1553 Engländer auf einer Expedition zur Auffindung
einer Nordostdurchfahrt den Seeweg nach der Dwina gefunden hatten, an der damals ein kleines
Kloster des
heil.
Nikolaus stand.
Eine mit Bewilligung
Iwans II. gegründete engl.
Faktorei vermittelte den
Handel über
Moskau
[* 7] nach
Persien
[* 8] und
Ostindien.
[* 9] Der infolgedessen
sich lebhaft entwickelnde Handelsverkehr veranlaßte 1584 die Erbauung eines
Forts an der Nikolausbucht, und der dabei entstehende
Ort wurde nach dem von dessen Ringmauern mit eingeschlossenen
Kloster des Erzengels (archelangus)
Michael
nun «Archangelskoi-Gorod» oder das
Neue Kastell des Erzengels St.
Michael genannt. 120 Jahre lang war die Stadt der einzige
Seehafen und Stapelplatz für die Ausfuhr russ. Produtke und die Einfuhr europ.
Waren und Kulturgegenstände nach
Rußland.
Infolge der Erlaubnis des
ZarenBoris Godunow (1598-1605) siedelten sich auch
Holländer und Deutsche
[* 10] an
und trieben
Handel; 1660 erhielten die
Reformierten, 1683 die
Lutheraner ihre
Kirche. Von 1668 bis 1684 ließ
Alexej Michailowitsch
das große und feste Kaufhaus Gostinnoj-Gorod durch gefangene
Tataren erbauen. Der Verkehr mit Wechseln, die damals in
Rußland noch unbekannt waren, wurde 1670 zu Archangelsk eingeführt.
Peter d. Gr. besuchte 1693 und 1694 die Stadt, um
größere Fahrzeuge in offener See zu sehen.
Als
Peter seiner neuen Hauptstadt gleichen
Stapel erteilte, dagegen Archangelsk mit höhern
Zöllen belastete und die reichsten Einwohner
dieser (1708 zur Gouvernementsstadt erhobenen) Stadt zur Übersiedelung nach
Petersburg
[* 11] zwang, sank
der Handel
sehr, bis 1764 die ungünstigen Bestimmungen wieder aufgehoben und dem trefflichen Nordhafen alle
Vorrechte des
PetersburgerHafens eingeräumt wurden. Seitdem hat sich mit der wachsenden
Bevölkerung
[* 12]
Rußlands der Ein- und
Ausfuhrhandel an der Dwina
immer mehr gehoben, und Archangelsk ist jetzt für
Sibirien der Hauptstapelplatz, der durch
Kanäle mit
Moskau und
Astrachan in
Verbindung steht. 1888 führte Archangelsk für 6 Mill. Rubel Waren aus, darunter für über 1 ½ Mill. Lebensmittel,
Roh- und Halbrohmaterial für 4 ½ Mill., und für 1 Mill. Rubel ein.
Gewöhnlich Mitte Mai kommen die fremden Schiffe
[* 13] an und segeln meist im September wieder ab. Die Hauptausfuhrartikel
sind Getreide, Leinsaat, Flachs,
Teer,
Pech,
Thran, Holz
[* 14] und Felle; die Haupteinfuhrartikel
Wein,
Maschinen und
Kolonialwaren.
An dem
Handel nimmt auch die
Bjelo-More-
(Weißes-Meer-) Compagnie teil, die zugleich eine große Schneidemühle besitzt und
die Dampfschiffahrt auf der Dwina und den
Handel mit den Produkten des Walfischfangs betreibt. Ein großes
Hindernis des
Handels ist die Sandbank vor dem sonst sichern
Hafen, dessen Einfahrt früher durch die 1863 aufgehobene Festung
[* 15] Nowodwinstaja geschützt wurde. Die Admiralitätsgebäude und
Kasernen der Matrosen liegen auf der
Insel Solombala, welche
der
Fluß Kusnetschicha bildet. Von hier gehen viele Expeditionen imSommer auf den Fischfang, im Winter
auf die Jagd bis nach
Spitzbergen und Nowaja Semlja, bis zur Lenamündung und weiter. 1854 und 1855 wurde Archangelsk nebst den andern
Häfen des
WeißenMeers
(Onega,
Kem und Sumskij-Possad) von den Engländern blockiert.
(grch.) oder
Altertumskunde, im allgemeinen die
Kunde der Geschichte,
Sitten, Gebräuche,
Gesetze,
Mythen u. s. w. eines
Volks des
Altertums.
Schon Dionysius von Halikarnaß und Josephus haben in diesem
Sinne ihre Werke
über die Geschichte
Roms und des jüd.
Volks, «Archeologia Romana» und «Archeologia
Judaica» überschrieben. Im neuern Sprachgebrauch wird das Wort gewöhnlich in beschränkterm
Sinne nur auf
die Wissenschaft von den alten
Denkmalen, die nicht als Schriftwerke, sondern in festem Material von
Stein,
Erz u. s. w., auf
uns gekommen sind, angewendet.
Namentlich seit K. O.
Müller wird der
Name Archäologie fast überall nur im engern
Sinne von Kunstarchäologie gebraucht. Der eigentliche
Begründer der modernen Archäologie ist
Winckelmann. Vor ihm hatte man sich in
Bezug auf die alte Kunst entweder
mit der rein künstlerischen
Auffassung und Nachahmung begnügt, wie dies vor allem bei den
Humanisten und Künstlern der ital.
Renaissancezeit der Fall war, oder man verhielt sich zu ihr rein antiquarisch, d. h. man betrachtete,
namentlich in dein Zeitraume von 1500 bis 1750, die alten Kunstdenkmale vorzugsweise wie die
Inschriften
als Handhaben und Hilfsmittel antiquarischer und insbesondere mytholog.
Gelehrsamkeit. Die von
Winckelmann geschaffene Grundlage hat die Archäologie nicht wieder verlassen. Nach
Winckelmann sind die bedeutendsten
Archäologen: Visconti, Fiorelli,
de Rossi in
Italien,
[* 16] de Witte, Lenormant, Froehner, Rayet in
Frankreich, Zoega
in
Dänemark,
[* 17] Newton, Murray in England, J. H.
Meyer, K. Archäologie
Böttiger, F. G.
Welcker, K. O.
Müller, E. Gerhard, der sich namentlich
durch Gründung des Archäologischen
Instituts in
Rom
[* 18] ein wesentliches Verdienst erworben hat, ferner Roß, O.
Jahn,
Brunn, Friederichs,
Curtius, Michaelis, Conze,
Kekulé in
Deutschland.
[* 19] - Die jüngste Zeit hat besonders durch die großen
Ausgrabungen in
Troja,
[* 20] Tirvas und Mykenä,
[* 21] in Olympia, Pergamon
[* 22] und
Athen
[* 23] der
¶
mehr
kunstgeschichtlichen Forschung wieder bedeutende Aufgaben gestellt; eine lebendigere Anschauung wurde gewonnen, und die Periodisierung
der griech. Kunstgeschichte baut sich auf neuen Grundlagen auf.
Größere Abbildungswerke über das Gesamtgebiet der griech. Kunst, mit Ausschluß der modernen, sind nicht vorhanden. Eine
Auswahl enthält Menge, «Einführung in die antike Kunst» (Lpz.
1880, zusammengestellt aus den «Kunsthistor. Bilderbogen»);
Baumeister, «Denkmäler des klassischen Altertums» (3 Bde., Münch. 1885-88). Das Gesamtgebiet der griech. und der griech.-röm.
Kunst mit Ausschluß der Architektur begreift der jetzt freilich auch in seinem ersten kuustgeschichtlichen Teile veraltete
Atlas
[* 25] der «Denkmäler der alten Kunst» von K. O. Müller, fortgesetzt von Wieseler (2 Bde.,
Gött. 1834-46; 2. und 3. Bearbeitung 1854-81). Die bis dahin bekannten, überwiegend der griech.-röm.
Kunst angehörenden statuarischen Werke faßt Clarac, «Mesée de sculpture»
(6 Bde. Textu. 6 Bde. Atlas, Par. 1826-53),
zusammen; eine Auswahl hervorragender Stücke in guten Reproduktionen giebt Rayet,
«Monuments de l'art antique» (2 Bde.,
Par. 1884). Ein großes Tafelwerk, welches alle wichtigern Werke der Plastik
in Lichtdruck wiedergeben soll, wird von Brugmann und Brunn (München)
[* 26] veröffentlicht. Abbildungswerke der gemalten Thongefäße
s. Vasen,
[* 27] der erhaltenen Wandgemälde von Pompeji
[* 28] und Herculanum s. unter diesen Artikeln; über die in und bei Rom gefundenen
Wandgemälde vgl. die Werke von Bartoli und Bellori, Raoul-Rochette, Peintures antiques inédites (Par.
1836); Wörmann, Die antiken Odysseelandschaften (Münch. 1876), und besonders Mau, Geschichte der dekorativen Wandmalerei
(Berl. 1882).
Das beste Handbuch der Archäologie ist noch immer das von K. O. Müller (3. Aufl.von Welcker, Bresl. 1848); das «Handbuch der der Kunst»
von Stark (1. und 2. Lfg., Lpz. 1878-80) ist durch den Tod des Verfassers auf die Einleitung: «Systematik
und Geschichte der der Kunst», beschränkt geblieben.
Vgl. ferner: H. Brunn, Geschichte der griech. Künstler (2. Aufl., 2 Bde.,
Stuttg. 1888 -89);
Overbeck, Geschichte der griech. Plastik (4. Aufl., 2 Bde.,
Lpz. 1892 - 93);
Collignon, Handbuch der griechischen Archäologie, deutsch von
Friesenhahn (Lpz. 1893).
Die wichtigsten Zeitschriften sind die Veröffentlichungen des (deutschen) Archäologischen Instituts
(s. d.), das von der franz. Schule in Athen herausgegebene Bulletin de correspondance hellénique, das Journal of Hellenic
studies, das American Journal of archaeology, die Revue archéologique, die Gazette achéologique, die Comptes rendus de la
commission impériale archéologique (Petersburg), das Bullettino della commissione municipale archeologica
(Rom).
Nach Vorgang und Vorbild der klassischen Archäologie hat sich die christliche oder kirchliche Archäologie zu
einer eigenen Wissenschaft ausgebildet, als deren eigentlicher Schöpfer der Engländer Bingham («Origines
ecclesiasticae or the antiquities of the Christian Church, 10 Bde., Lond.
1710-22; lateinisch von Grischovius, Halle
[* 29] 1724 -30) betrachtet werden kann. In Deutschland hat im Anfange
des 19. Jahrh.
besonders Augusti (sein Hauptwerk "Denkwürdigkeiten aus der christlichen Archäologie", 12 Bde.,
Lpz. 1817-31) die christliche Archäologie gefördert; doch gab ihr erst die wiedererblühende
Katakombenforschung eine festere Basis und größere Bereicherung. Sie umfaßt die altchristl. und die mittelalterliche Zeit
und wird am zweckmäßigsten gegliedert in der kirchlichen Verfassung, des kirchlichen Kultus, des christl.
Lebens und der christl. Kunst. Davon ist zu unterscheiden die der christl.
oder kirchlichen Kunst (s. Altchristliche Kunst), die sich ausschließlich auf die Kunstdenkmäler
richtet und sie nach Inhalt und Bedeutung verständlich zu machen sucht. -