den Methodisten thätig. Als bald nach der Durchführung der
Reformbill von 1867 eine emancipatorische
Bewegung unter den ländlichen
Arbeitern ausbrach, wurde Arch deren anerkannter Führer. 1872 begründete er als
Centralorgan der
Bewegung die «National Agricultural
Labourers'
Union» und widmete seitdem seine ganze Kraft
[* 2] einer agitatorischen Thätigkeit, welche die
Anerkennung der
polit.
Rechte und die Besserung der wirtschaftlichen
Lage der ländlichen
Bevölkerung
[* 3] zum Zwecke hatte.
Sein tüchtiger Charakter und seine populäre
Beredsamkeit, sowie sein unzweifelhaftes Organisationstalent sicherten den Erfolg
der Sache, die er vertrat. Um seinen
Gesichtskreis über die
Arbeiterfrage und die eng mit derselben verbundene Auswanderungsfrage
zu erweitern, unternahm Arch später eine
Reise nach
Canada. Es war ein persönlicher
Triumph für ihn, als 1885 endlich
die polit. Emancipation der ländlichen
Arbeiter durchgesetzt wurde (s.
Großbritannien
[* 4] und
Irland). Arch selbst wurde 1885 zum
Unterhausmitglied für Norfolk gewählt, unterlag 1886 seinem konservativen Gegner, wurde aber Aug. 1892 wieder gewählt
und schloß sich den Anhängern
Gladstones an. -
Vgl. F. G. Heath, The English peasantry (Lond. 1874;
neue Ausg. 1883).
Formationsgruppe, eine über 30000 m mächtige Schichtenreihe, die aus einem untern
Komplex von Gneisen,
Hornblendeschiefern und krystallinischen Kalksteinen und einem obern aus
Glimmer-, Quarzit-,
Chloritschiefern und
Phylliten
besteht. Ersterer ist die
Urgneisformation (s. d.), letzterer die
Urschieferformation (s. d.). Sie stellen die
Ablagerungen
des ältesten irdischen
Meers dar und werden von der untersten versteinerungsführenden Formation, dem
Cambrium, überlagert.
Reste von organischen Wesen kennt man aus dieser Gruppe noch nicht (s. Eozoon),
daher die andere Benennung
Azoische Formationsgruppe. Die Archäische Formationsgruppe dürfte überall auf der Erde vorhanden sein, wenngleich
sie oft auf große
Strecken durch jüngere Gebilde bedeckt ist; sie bildet das wahre Grundgebirge der Erdkruste (daher Fundamentalgneis
bei engl. Geologen), über dem alle jüngern Formationen nur eine dünne
Decke
[* 5] bilden.
der Gebrauch von Worten, Formen und
Wendungen, die in Umgangssprache und gewöhnlicher Prosa veraltet sind.
Die Dichtersprache,
die überhaupt Altertümlichkeiten der
Sprache
[* 6] länger bewahrt, braucht solche Archaismen häufig, die Prosa mehr zu besondern
Zwecken, namentlich um alte
Zeiten auch durch die Sprechweise dem
Leser recht lebendig vorzuführen (z. B.
Scheffel im
«Ekkehard», Freytag in den
«Ahnen», R.
Wagner).
Stil heißt in
Bezug auf die antike Kunst diejenige Stilart späterer Zeit, welche die
Strenge, Steifheit
und übermäßige Zierlichkeit der altertümlichen Kunst wiederzugeben sucht.
Man spricht in gleichemSinne
auch von einem hieratischen
Stil, weil diese Behandlung sich hauptsächlich bei Bildwerken angewendet findet, welche für
die Zwecke des
Kultus, als Tempelbilder,
Weihgeschenkeu. dgl. bestimmt waren, Häufig ist es schwer, archaistische Monumente
von einfachen
Kopien altertümlicher Werke zu unterscheiden.
Hoffm.
Pflanzengattung aus der Familie der
Umbelliferen
[* 7] (s. d.) mit wenigen
Arten in der nördlich gemäßigten
Zone.
Die in
Deutschland
[* 8] vorkommende echte Engelwurz, Archangelica officinalis Hoffm.,
ist eine perennierende bis zu 2 m hohe
Pflanze mit mehrfach gefiederten
Blättern.
Die angenehm aromatisch riechende
Wurzel
[* 9] ist als Radix Archangelicae offizinell und wird vielfach bei Bereitung von Liqueuren als magenstärkendes
Mittel zugesetzt. (S.
Angelikawurzel.)
1) Das größte und nördlichste Gouvernement im Europäischen
Rußland, südlich vom
Eismeer mit dem tief eindringenden
WeißenMeere, östlich von
Finland, nördlich von
Olonez und Wologda, westlich vom
Ural gelegen, hat mit Nowaja Semlja und andern
Inseln desEismeers 858930,4 qkm,d. i. ungefähr 7,5 Proz. von ganz Europa
[* 10] und mehr als das Doppelte
des preuß.
Staates, aber nur (1885) 315730 E., darunter 32020 Stadtbewohner. Abgesehen von den Westabfällen
des
Urals, den östl. Zweigen des norweg.
Gebirges und den Felshöhen der lappländ.
Halbinsel Kola sowie von den isolierten Höhenzügen des
Pai-Choi und der Timanischen
Berge (von 300 m
Höhe), gehört das
Land der osteurop.
Tiefebene an, hat großenteils den Charakter des polaren
Sibiriens, in seinem westl.
Teil jedoch vorwiegend denjenigen
Finlands (s. Kola) und ist reichlich bewässert durch die
Petschora, den
Mesen, die Dwina,
den
Onega und unzählige kleinere
Flüsse,
[* 11] sowie besonders im westl.
Teile durch sehr viele größere und
kleinere Seen.
Das Gouvernement hat
Gold-,
Silber-,
Blei-, Kupfererze, Naphtha u. s. w., welche jedoch nur mangelhaft ausgebeutet werden.
Der
Süden gehört der
Region der
Wälder und der Viehzucht
[* 12] an, aber nordwärts gehen
Tannen,
Fichten,
Birken, sibir. Cedern und
Lärchen nach und nach in kriechendes, dürftiges Gesträuch über.
Strecken, die nur mit Renntierflechten
überzogen sind, werden im Norden
[* 13] immer häufiger (s.
Tundra). Ungeheure Landstrecken liegen völlig menschenleer.
Etwa fünf Achtel des
Areals sind ganz unfruchtbares Land, nahezu ein Drittel
Wald. Die
Krone besitzt ein Waldareal von 43 Mill.
Dessätinen. Auf Kulturboden kommen kaum 880 qkm, auf Wiesen und
Weiden nur 1700 qkm.
Das Klima ist sehr
rauh; die mittlere Jahrestemperatur von Archangelsk ist 0,37° C. Der Winter dauert 8
Monate und ist so streng, daß selbst das
Meer
gefriert; der kurze
Sommer ist heiß, oft naß. Der kürzeste
Tag dauert in der Hauptstadt 3
Stunden 12 Minuten.
Lappen und Karelier leben im Kemskischen
Kreise,
[* 14] Samojeden und Syrjänen im
Osten, zwischen ihnen angesiedelte
Russen.
Die Hauptbeschäftigung bilden Fischfang und Jagd auf
Land- und Wasserpelztiere und
Vögel,
[* 15] die auf den Seen nisten. Das wichtigste
Jagdtier ist der freilich an Zahl sehr abnehmende Polarfuchs, selten ist der gemeine Fuchs,
[* 16] seltener
der
Wald- und Eisbär, Hermelin,
Baummarder, Vielfraß, Flußotter,
Eichhörnchen, Hase.
[* 17]
Zobel,
Biber und
Elen
[* 18] sind fast ganz vertilgt.
Der
Wolf ist häufig. Bedeutend ist die Jagd auf Robben,
[* 19]
Walrosse und Delphine, sowie der Fischfang an der
Küste, namentlich
an der Murmanschen. Außerdem werden
Schiffbau,
Teer-, Leinen-, Matten-, Leder- und Talgfabrikation betrieben.
Ackerbau findet sich in den südl.
Kreisen, Viehzucht in den
KreisenCholmogory,
Mesen,
Pinega, teilweise Archangelsk
Die Industrie ist gering;
zu erwähnen sind die Sägemühlen, welche für
¶
Vgl. Poschmann, Beschreibung des Gouvernements von Archangelsk (russ., 2 Bde.,
Archangelsk 1874).
2) Kreis
[* 23] im mittlern Teile des Gouvernements Archangelsk, hat 30 471,3 qkm mit 51 076 E.
3) Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises Archangelsk, lang und schmal gebaut, rechts
von der Dwina, 40 km oberhalb deren Mündung, ist der wichtigste Handels- und Hafenplatz an der Nordküste Rußlands, Sitz
eines Civilgouverneurs, eines Bischofs, einer Admiralität, eines deutschen Konsuls für das Gouvernement und hat (1885) 17802 E.,
Post, Telegraph,
[* 24] 23 griech.-kath., 1 luth., 1 röm.-kath., 2 anglikan.
Kirchen, ein Kloster, ein geistliches Seminar, ein Gymnasium, eine Kreisschule, eine Schiffahrtsschule,
ein Irrenhaus, zahlreiche Warenmagazine, Schiffswerfte, ein Seehospital, 1 großes steinernes Kaufhaus und meist hölzerne
Häuser.
Unter den Gebäuden ist die 1805 vollendete Kathedrale hervorzuheben; von Denkmälern die Statue Lomonossows. In Archangelsk bestehen
bedeutende Seilerwerkstätten, Thransiedereien sowie Segeltuch-, Zucker- und andere Fabriken. Für den
Handel wichtig ist der Margaritinsche Jahrmarkt vom 1. Sept. bis zum 1. Okt. -Schon seit dem 10. Jahrh. hatten Normannen in der Gegend
von Archangelsk Handelsniederlassungen. Bekannter wurde der Ort, als 1553 Engländer auf einer Expedition zur Auffindung
einer Nordostdurchfahrt den Seeweg nach der Dwina gefunden hatten, an der damals ein kleines Kloster des
heil. Nikolaus stand.
Eine mit Bewilligung Iwans II. gegründete engl. Faktorei vermittelte den Handel über Moskau
[* 25] nach Persien
[* 26] und Ostindien.
[* 27] Der infolgedessen
sich lebhaft entwickelnde Handelsverkehr veranlaßte 1584 die Erbauung eines Forts an der Nikolausbucht, und der dabei entstehende
Ort wurde nach dem von dessen Ringmauern mit eingeschlossenen Kloster des Erzengels (archelangus) Michael
nun «Archangelskoi-Gorod» oder das Neue Kastell des Erzengels St. Michael genannt. 120 Jahre lang war die Stadt der einzige
Seehafen und Stapelplatz für die Ausfuhr russ. Produtke und die Einfuhr europ.
Waren und Kulturgegenstände nach Rußland.
Infolge der Erlaubnis des ZarenBoris Godunow (1598-1605) siedelten sich auch Holländer und Deutsche
[* 28] an
und trieben Handel; 1660 erhielten die Reformierten, 1683 die Lutheraner ihre Kirche. Von 1668 bis 1684 ließ Alexej Michailowitsch
das große und feste Kaufhaus Gostinnoj-Gorod durch gefangene Tataren erbauen. Der Verkehr mit Wechseln, die damals in Rußland
noch unbekannt waren, wurde 1670 zu Archangelsk eingeführt. Peter d. Gr. besuchte 1693 und 1694 die Stadt, um
größere Fahrzeuge in offener See zu sehen.
Als Peter seiner neuen Hauptstadt gleichen Stapel erteilte, dagegen Archangelsk mit höhern Zöllen belastete und die reichsten Einwohner
dieser (1708 zur Gouvernementsstadt erhobenen) Stadt zur Übersiedelung nach Petersburg
[* 29] zwang, sank der Handel
sehr, bis 1764 die ungünstigen Bestimmungen wieder aufgehoben und dem trefflichen Nordhafen alle Vorrechte des PetersburgerHafens eingeräumt wurden. Seitdem hat sich mit der wachsenden
BevölkerungRußlands der Ein- und Ausfuhrhandel an der Dwina
immer mehr gehoben, und Archangelsk ist jetzt für Sibirien der Hauptstapelplatz, der durch Kanäle mit Moskau und
Astrachan in Verbindung steht. 1888 führte Archangelsk für 6 Mill. Rubel Waren aus, darunter für über 1 ½ Mill. Lebensmittel,
Roh- und Halbrohmaterial für 4 ½ Mill., und für 1 Mill. Rubel ein.
Gewöhnlich Mitte Mai kommen die fremden Schiffe
[* 30] an und segeln meist im September wieder ab. Die Hauptausfuhrartikel
sind Getreide, Leinsaat, Flachs, Teer, Pech, Thran, Holz
[* 31] und Felle; die Haupteinfuhrartikel Wein, Maschinen und Kolonialwaren.
An dem Handel nimmt auch die Bjelo-More- (Weißes-Meer-) Compagnie teil, die zugleich eine große Schneidemühle besitzt und
die Dampfschiffahrt auf der Dwina und den Handel mit den Produkten des Walfischfangs betreibt. Ein großes
Hindernis des Handels ist die Sandbank vor dem sonst sichern Hafen, dessen Einfahrt früher durch die 1863 aufgehobene Festung
[* 32] Nowodwinstaja geschützt wurde. Die Admiralitätsgebäude und Kasernen der Matrosen liegen auf der Insel Solombala, welche
der Fluß Kusnetschicha bildet. Von hier gehen viele Expeditionen im Sommer auf den Fischfang, im Winter
auf die Jagd bis nach Spitzbergen und Nowaja Semlja, bis zur Lenamündung und weiter. 1854 und 1855 wurde Archangelsk nebst den andern
Häfen des WeißenMeers (Onega, Kem und Sumskij-Possad) von den Engländern blockiert.