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Häuser mit flachen Dächern. Die Stämme an den Ufern des Euphrat wohnen in Hütten [* 2] aus Blattrippen der Dattelpalme, die ein rundes, mit Binsenmatten bedecktes Dach [* 3] haben. Die Araber kleiden sich in ein grobes Baumwollhemd, über das die Reichen eine lange, seidene oder baumwollene Robe werfen. Die meisten jedoch ziehen darüber nur einen dünnen, leichten, weißen, wollenen Mantel oder einen gröbern, schwerern, der weiß und braun gestreift ist. Die Mäntel der Scheichs sind mit Gold [* 4] durchwoben und oft kostbar.
Den Kopf bedeckt ein viereckiges Baumwolltuch; nur wenige Reiche tragen statt dessen einen Shawl aus Damaskus oder Bagdad. Im Winter hängen sie über das Hemd einen Pelz aus Schaffellen, durch den sich viele auch im Sommer mit Erfolg gegen die Sonne [* 5] schützen. Die Weiber tragen eine weite, baumwollene, dunkel gefärbte Robe und auf dem Kopfe ein Tuch, Silberringe in Nase [* 6] und Ohren, Glas- oder Silberbänder um Hals, Knöchel und Arme. Mit einem dunkelfarbigen Schleier verhüllen sie Mund und Kinn. Um Mekka und Taïf und in südlichern Gegenden tragen beide Geschlechter meistens eine lederne Schürze, die im Sommer die einzige Bekleidung der Männer ist.
Überall besteht die Nahrung in Mehl [* 7] und Butter; ungesäuerten Mehlteig, in Asche von Kameldünger gebacken, bewahrt man in hölzernen oder ledernen Kufen. Ein hervorragendes Nahrungsmittel [* 8] bildet die Kamelsmilch; bei manchen Stämmen wird aus saurer Kamelsmilch und Mehl ein Teig zubereitet. Schwelgerei ist, außer bei Festlichkeiten, selbst beim reichsten Scheich ungewöhnlich. Für Gäste von Auszeichnung bereitet man eine junge Ziege oder ein Lamm, geringern setzt man Kaffee vor oder Brot mit [* 9] geschmolzener Butter. In den hügeligen Gegenden des Westens ißt man ind. Reis mit Linsen, ohne Brot, und wo Datteln wachsen, bilden diese die Hauptnahrung. - Der Araber hat in der Regel nur eine Frau, und Beispiele von Ehebruch sind nicht häufig.
Der Mann kann indes jederzeit nach seinem Belieben die
Ehe scheiden. Eine schlecht behandelte Frau kann
zu ihres
Vaters Zelt entfliehen. Nur die wohlhabenden Scheichs haben mehrere Frauen. Das
Gastrecht gilt im ganzen Arabien
als unverbrüchlich
und heilig. Jeder
Araber verteidigt seinen Gast mit Gefahr seines Lebens. Er erträgt mit der größten Fassung den schlimmsten
Wechsel des
Glücks, zeigt sich aber auf seinen Raubzügen gegen die Feinde als sehr grausam und hinterlistig.
In der Familie ist er freimütig, heiter und anständig. Im Zelte lebt er träge, seine
Arbeit beschränkt sich auf das Füttern
der
Pferde
[* 10] und das
Melken der Kamele.
[* 11] Die Herde bewacht ein gemieteter Hirt. Die Frauen und
Töchter verrichten
die Hausarbeit. Die
Pocken richten noch jetzt unter den
Stämmen große Verwüstungen an. Auch
Fieber sind nicht selten,
Augenkrankheiten
[* 12] häufig. Der
Aussatz herrscht unheilbar erblich in gewissen Familien.
Handel,
Gewerbe. Da das Land keine
Industrie hat, ist es auf die Einfuhr aus andern
Ländern angewiesen, und schon
deshalb fehlt es nicht an Handelsbeziehungen. Überdies ist Arabien
stets ein vermittelndes Land zwischen
Indien und dem Westen
gewesen, und von seinem ehemals hochwichtigen Welthandel sind noch immer nicht alle
Spuren vergangen. Seit England seine Poststraße
über
Sues und
Aden
[* 13] gelegt hat, ist ein neuer Anstoß zur
Hebung
[* 14] gegeben. Der wichtigste Mittelpunkt des
arab.
Handels ist
Maskat (s. d.). Der größte
Teil des
Binnenhandels wird bei Gelegenheit der
Haddschs oder Pilgerfahrten bewerkstelligt.
Dschidda am
Roten
Meere ist für Arabien
das eigentliche Handelsemporium. Hier sammeln sich jährlich zu Ende Mai die Handelsflotten
von
Surat,
Bombay
[* 15] und Kalkutta,
[* 16] welche die kostbaren Natur- und Industrieprodukte Südasiens dorthin bringen.
Andere wichtige Seestädte sind am
Roten
Meere Jambo, der
Hafen von Medina, ferner
Lohaja,
Hodeida und Mokka in
Jemen, Makalla in
Hadramaut am
Indischen Ocean, El-Khatif in El-Hasa, sowie Menama auf den
Bahrein-Inseln am
Persischen Golfe.
Von bedeutendem Vermögen und großen Schätzen ist nicht die Rede, da das Eigentum keinen Schutz hat. Man rechnet im Handel auf 30-50 Proz. Gewinn; Geld auf Zinsen auszuleihen verbietet der Koran. Künste und Wissenschaften haben, wenigstens unter der heutigen Bevölkerung [* 17] A.s, keinen Boden, kaum das Handwerk. Es giebt nur einige Hufschmiede und Sattler; daneben Gerberei und Weberei. [* 18] In den Städten werden Töpferwaren, Feuerwaffen, einige Seiden- und Wollstoffe gefertigt.
Verkehrswesen. Die wichtigsten Pilgerstraßen sind folgende:
1) Die syr. Haddsch von Konstantinopel [* 19] über Kleinasien nach Damaskus, dann 30 Tage Marsch bis Medina über El-Hidschr oder Medaïn-Salich.
2) Die ägypt. Haddsch von Kairo [* 20] über die Wüste El-Tih im Küstenland bis Dschidda, dem Hafen von Mekka, jetzt meist per Dampfer von Sues nach Dschidda.
3) Die pers. Haddsch, früher von
Bagdad quer durch Arabien
nach Mekka, seit dem Wahhâbitenkriege zur See um Arabien herum nach
Dschidda,
oder über
Täbris,
Konstantinopel, oder über
Teheran, Erzerum, Damaskus.
4) Die marokk. Haddsch durch Nordafrika nach Ägypten, [* 21] oder zur See von Alexandria nach Dschidda.
5) Jemen-Dschidda.
6) Von Singapur [* 22] nach Dschidda.
7) Aus Afrika [* 23] nach Dschidda oder Hodeida. Von Mekka nach Medina führen zwei Straßen, eine östliche, eine westliche, beide unsicher.
Geschichte. Die Geschichte der Araber vor Mohammed ist wegen ihrer geringen Verbindung mit der übrigen Welt von wenig allgemeinem Interesse. Die Ureinwohner A.s (Aditen, Thamuditen u. s. w.) werden Bâïde, d. h. die untergegangenen Völker, genannt und über sie wie über die alte Geschichte A.s überhaupt sind unter den arab. Historikern viele Fabeln entstanden. Die südl. Araber werden von Kahtân, dem Joktân des Alten Testaments, die nördlichen von Ismael, dem Sohne Abrahams, abgeleitet, der sich in den mit den Kahtaniden verwandten Dschorhomstamm einheiratete.
Die Kahtaniden werden daher vorzugsweise
Araber, die Ismaeliden Mostariba (fälschlich
Mozaraber) genannt. Kahtans Sohn Jarob
war der erste, der sich der arab.
Sprache
[* 24] bediente. Im
Altertum hatte sich nur im südlichen Arabien
einige Kultur,
Städte- und
Staatsleben herausgebildet. Die Bewohner trieben
Ackerbau, und durch ihren
Handel mit Räucherwerk,
Gold,
Edelsteinen, Elfenbein u. s. w. standen sie in
Verbindung mit
Indien,
Persien,
[* 25]
Syrien und
Abessinien. Die
Inschriften nennen die
Könige Südarabiens
aus den teils neben-, teils nacheinander herrschenden Dynastien der Sabäer,
Minäer und
Himjariten; 525 n. Chr.
wurde die Unabhängigkeit des
Landes durch äthiop. Invasion, später nach kurzer Restauration 634 durch
die Mohammedaner vernichtet. (S. Sabäer.) Im mittlern und nördlichen Arabien
hausten die Bewohner in nomadischer
Verfassung. Mannhaft verteidigten die
Araber jahrtausendelang die ererbte
Freiheit gegen alle
Angriffe der morgenländ. Eroberer.
Weder
¶
0786a Arabische Kunst I 1. Grundriß der Moschee zu Cordoba. [* 27] 2. Grundriß d. Moschee Mohammeds II. zu Konstantinopel. 3. Kapitäl und Bogen [* 28] von Sta. Maria la Blanca zu Toledo. [* 29] 4. Turm [* 30] der Kathedrale zu Sevilla. [* 31] 5. Alcazar zu Sevilla, Mittelmotiv. 6. Innere Ansicht der Moschee zu Cordoba. ¶
0786b Arabische Kunst II 1. Dschamna-Moschee in Dehli. 2. Grundriß der Moschee Ibn Tulûn zu Kairo. 3. Kutab-Minar bei Dehli. 4. Grabmal des Sultans Solimân ibn Selim zu Kairo. 5. Grundriß der Moschee Sinan Pasche zu Bulak bei Kairo. 6. Minaret von der Moschee Sultan Hasan zu Kairo. 7. Saal im Palast des Großmoguls zu Dehli. ¶
mehr
die babylon. und assyr., noch die ägypt. und pers. Könige vermochten sie zu unterjochen. Alexander d. Gr. wurde an einem Zuge gegen die Araber durch den Tod gehindert. Hingegen gelang es aus dem Süden nach nördl. Richtung wandernden Stämmen in Mesopotamien und Syrien eine allerdings von Persern und Römern abhängige Herrschaft zu begründen; die herrschenden Familien waren dort die Lachmiden (s. d.), hier die Ghassaniden (s. d.), welche ihren Einfluß weit nach dem Süden hin auf die arab. Stämme erstreckten.
Drei Jahrhunderte nach Alexander rückten die Römer
[* 34] an die Grenzen
[* 35] A.s, und Trajan drang 107 in das Innere ein. Wenn es auch
nicht gelang, Arabien
zur röm. Provinz zu machen, so blieben doch wenigstens die nördl. Teile in Abhängigkeit
von den Kaisern, und die dort befehlenden arab. Fürsten wurden als deren Statthalter angesehen. Freier erhielten sich die
alten Sabäer in Jemen, gegen die ein Zug
zur Zeit des Augustus unter Älius Gallus mißlang. Mit der Schwäche
der röm. Monarchie vermehrte sich in Arabien
wieder das Streben nach Unabhängigkeit,
die sich auch durch eine Vereinigung der arab. Stämme leicht hätte erlangen lassen.
Aber die arab. Stämme blieben innerlich gespalten und brachten viele Jahrhunderte in innern Kämpfen zu, während welcher ihr Land der Schauplatz jener ritterlichen, von ihren Dichtern vielfach besungenen Fehden war. Das Christentum fand unter den dem Götzendienste ergebenen Arabern wenig Eingang. Nichtsdestoweniger zählte es unter einigen Stämmen (Taglib, Tajj u. a. m.) Anhänger, deren christl. Bekenntnis jedoch nur sehr oberflächlich war. Im Süden (Nedschran) und im Norden [* 36] hatte sich das Christentum festere Sitze geschaffen.
Hier standen mehrere Bischöfe unter dem Metropoliten zu Vosra im Ostjordanlande. Hira, unfern des Euphrat, zählte viele
arab. Christen und Klöster, und der arab. König Nomân ibn al-Mundsir nahm nicht lange vor Mohammed
das Christentum an. Auch die Juden waren seit der Zerstörung Jerusalems in Arabien
, namentlich um und nördlich
von Medina angesiedelt. Auch waren sie in Jemen verbreitet, wo sie im 5. Jahrh. Einfluß gewannen. Der letzte nationale Fürst
von Jemen, der von den christl. Äthiopiern gestürzte Dsu Nuwâs (490-525 n. Chr.), war jüd.
Glaubens.
Mit dem Auftreten Mohammeds beginnt ein neuer Abschnitt in der Geschichte des arab. Volks, welches, jetzt zum erstenmal zu einem Ganzen geeinigt, seitdem jahrhundertelang eine bedeutende Rolle in der Weltgeschichte übernahm und seine natürlichen Grenzen überschritt, um Reiche in drei Weltteilen zu gründen (s. Mauren und Chalif). In Asien [* 37] erblich der Glanz der geschichtlichen Stellung der Araber mit dem Sturze des Chalifats zu Bagdad (1258). Länger beeinflußten die Araber die Geschicke Nordafrikas und des südwestl.
Europa,
[* 38] welches letztere erst um 1492 die letzten Mauren wieder auf afrik. Boden zurückschlug. Das Innere A.s selbst bot während
der Zeit der auswärtigen Kämpfe wenig mehr als die bedeutungslose Geschichte einiger Beduinenstämme und die Schicksale
der jährlich nach Mekka strömenden Karawanen. Nach dem Untergange des arab. Weltreichs versank das Land
in gänzliche Erschöpfung. Es entstanden, namentlich in Südarabien
, eine Menge kleiner Feudalherrschaften, wie sie noch
in neuerer Zeit die Imame von Sana und Maskat vergegenwärtigen. An geschichtlichen Ereignissen sind nur
wenige hervorzuheben,
wie die Unterwerfung Jemens durch die Türken (1570) und deren Wiedervertreibung 1630-40, die Oberherrschaft
der Portugiesen 1508-1659 über Maskat, die Herrschaft der Türken über Hedschas und dessen Gefährdung durch die Perser am
Ende des 16. Jahrh. Dann endlich griff im 18. Jahrh. das Auftreten
der Wahhâbiten (s. d.) wieder neu belebend in die Geschichte der arab.
Halbinsel ein. Der moralische Einfluß dieser Ereignisse wirkt noch gegenwärtig fort, der politische
war bald vernichtet durch das Eingreifen des ägypt. Paschas Mehemed Ali (1811). Über die Geschichte der größern arab. Staatengründungen
außerhalb A.s s. die Artikel: Afrika, Ägypten, Algerien,
[* 39] ferner auch Almoraviden und Almohaden, Omajjaden.
Litteratur. Die vorislamische Geschichte A.s hat nach Materialiensammlungen und Beiträgen von Marigny, Pococke, Rasmussen, de Sacy, Förster (Historical geography of Arabia, 2 Bde., Lond. 1844) mit ausgiebiger Benutzung der alten Quellen zuerst im Zusammenhang behandelt Caussin de Perceval (Essai sur l'historie des Arabas avant l'Islamisme, 3 Bde., Par. 1847-49). -
Die alte Geographie A.s ist durch Sprenger (Bern [* 40] 1875) erschöpfend behandelt worden. Den auf vorislamische Geschichte bezüglichen Teil des Geschichtswerks von Al-Tabari hat Nöldeke (Geschichte der Perser und Araber zur Zeit der Sasaniden, Leid. 1879) übersetzt und kritisch bearbeitet; nach inschriftlichen Quellen hat Eduard Glaser eine «Skizze der Geschichte und Geographie A.s von den ältesten Zeiten bis zum Propheten Muhammad» (Heft 1, Münch. 1889; 2. Bd., Berl. 1890) entworfen. - Die Nachrichten über die vorislamischen Kulturzustände A.s, welche sich bei griech. und röm. Geographen und Historikern, sowie in den Werken der Byzantiner finden, sind zwar sehr dürftig und zum Teil ungenau und untereinander widersprechend, nichtsdestoweniger konnten sie vielfach zur Beleuchtung [* 41] der aus altarab.
Poeten und aus alten überlieferten Berichten zu erschließenden Thatsachen dienen. Das Familienrecht des heidnischen und seine Entwicklung hat in diesem Sinne W. Robertson Smith dargestellt (Kinship and marriage in early Arabien, Cambridge 1885); vgl. auch G. Wilken, Het Matriarchaat bij de oude Arabieren (Amsterd. 1884; deutsch Lpz. 1884). Die religiösen, kulturellen und socialen Verhältnisse behandeln Sprenger, Das Leben und die Lehre [* 42] des Mohammad, Bd. 1 (Berl. 1861);
Krehl, Über die Religion der vorislamischen Araber (Lpz. 1863);
Wellhausen, Reste arab. Heidentums (Berl. 1887);
Goldziher, Muhammed.
Studien, 1. Tl. (Halle [* 43] 1889). Die Geschichte des Islam unter den Arabern ist außer in den Werken von Weil, Muir, Sprenger, Nöldeke, Krehl, Wellhausen über Mohammed (s. d.) am eingehendsten dargestellt worden von Dozy, Historie des Musulmans d'Espagne (4 Bde., Leid. 1861; deutsch, 2 Bde., Lpz. 1874). Ferner sind zu erwähnen: Weil, Geschichte der Chalifen (5 Bde., Heidelb. und Stuttg. 1846-62);
Kremer, Kulturgeschichte des Orients unter den Chalifen (2 Bde., Wien [* 44] 1875-77);
Aug. Müller, Der Islam im Morgen- und Abendland (2 Bde., Berl. 1885-87). - Über die Erdkunde [* 45] A.s und die neuern Kulturzustände vgl. die Reisewerke: Niebuhr, Beschreibung von Arabien (Kopenh. 1772) und dessen Reisebeschreibung nach Arabien (Bd. 1 und 2, ebd. 1774 -78; Bd. 3, Hamb. 1837);
Burckhardt, Travels in ¶