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her stehenden Gipfel überragen die Ebene noch um 650-1000 m, ja der Dschebel Hattun scheint 4000 m zu erreichen. Von diesen Gipfeln herab kommen zahlreiche Gebirgsströme, welche die tiefen Felsthäler bewässern, aber freilich nur bis zur dürren Tihama gelangen, wo ihr Wasser nur noch unterhalb der leichten Sanddecke zu finden ist. Die steilen Gebirgsabhänge, von denen das weiche Erdreich längst heruntergespült, sind meist öde und vegetationslos, doch sind namentlich die südl. Landschaften Jemens angebaut, das ehemals als Arabia felix bekannte Land, dessen balsamische Produkte ihm einen weitreichenden Ruf erworben hatten. Das ganze westl. Randgebirge nordwärts von Jemen ist meist steil, felsig und unfruchtbar; die Ortschaften liegen teils an der Küste, teils wie Mekka und Medina schon auf der Hochebene, oasenhaft eingestreut.
Bewässerung. Einer der in Arabien seltenen permanenten Ströme ist der im W. neben Aden [* 2] mündende Maidan. Das große Wassersystem in der nördl. Hälfte A.s ist der Wadi er-Rumem, der im N. der Radwaberge entspringt und im Anfange Wadi el-Hams, dann, wo er das Gebirge verläßt und sich andere Wadis anschließen, Wadi Nedschd heißt. Er fließt anfangs nach SO., auf Medina zu, dann nach NO. bis Hanakia, von wo er östlich nach Aban zieht. Bis dahin empfängt er alle Winterströme des Hedschas; der größte ist der Wadi Haghir, dem die Karawanenstraße der pers. Pilger zwischen Haïl und Mekka folgt.
Weiter zieht er östlich bis Anese und wendet sich nun nördlich und dann nach ONO., um sich endlich, wie es scheint, bei Suk esch-Schujuch an den Euphrat anzuschließen. Im untersten Teile ist er eine Tagereise breit und im Winter häufig so angeschwollen, daß er nicht zu überschreiten ist; im Sommer dagegen oder während des größten Teils des Jahres ist der Lauf in der 7-800 km langen Sandgegend unterbrochen. Quellen sind im ganzen Innern sehr selten. Das Bewässerungssystem ist namentlich in Jemen zu hoher Vollkommenheit gediehen. Tiefe Brunnen, [* 3] Cisternen und trichterartige Reservoirs sammeln das Wasser, das in der Regenzeit in Strömen herabstürzt und in der heißen Jahreszeit schnell wieder verdunstet. Mit Hilfe der künstlichen Behälter vermag man jedoch die Kaffeepflanzungen im üppigsten Gedeihen zu erhalten. Die Wasserbehälter sind stufenweise angelegt. An der Küste von Bahrein dringt eine Unzahl mächtiger Süßwasserquellen im Meere empor.
Klima. [* 4] In den Küstenebenen steht gewöhnlich nachts das Thermometer [* 5] auf 30°, am Morgen auf 35°, am Tage an den kühlsten und schattigsten Stellen auf mehr als 45° C. Die Küste des Roten Meers gehört unstreitig zu den heißesten Gegenden der Erde; daß auch die Nächte keine Kühlung gewähren, ist eine Hauptursache der Schädlichkeit dieses Klimas. Die Luft bleibt im Sommer zuweilen 60 Tage lang ohne jede Bewegung. Der herrschende Wind in dem völlig regenlosen Sommer ist in ganz der Passat.
Auf dem Hochlande ist das Klima extrem, heiße Tage, kühle Nächte, und in Taïf und Sana sind Schnee [* 6] und Eis [* 7] wohlbekannt. Auf den Hochebenen Hadramauts muß man die Eisdecke auf den Wasserbehältern zuweilen aufhauen. Den hochgelegenen Landschaften des Innern fehlt es auch nicht an Regengüssen, die je nach der Lage an verschiedene Jahreszeiten [* 8] gebunden sind. Auf dem Westabhange der Gebirge Jemens dauern sie von Juni bis September, und überdies fällt eine zweite Regenzeit in den Frühling.
Auf dem Ostabhange beginnt die Regenzeit Mitte November und währt bis Mitte Februar, ebenso in Nedschd von 28 bis 24° nördl. Br. In Hadramaut und Oman dauert die Regenzeit an den Küsten von Mitte Februar bis Mitte April, und in den Hochlandschaften Hadramauts ist die Zeit von April bis September durch häufige, von Regenströmen begleitete Gewitter ausgezeichnet. Solange die Regenzeit dauert, ist das ganze Land mit dem frischesten Grün bedeckt. Nördlich von 16° nördl. Br. beginnen die Regen unsicher zu werden. In ganz Arabien, nördlich von 20° nördl. Br. beträgt die Regenmenge weniger als 200 mm im Jahre. In Maskat weht im Mai und Juni öfter ein sengender Westwind, unter dem die Hitze auf 47° C. steigt, dann folgt der Südost mit Nebel und Feuchtigkeit bei 30-32° Wärme. [* 9]
Die Pflanzenwelt A.s zerfällt in zwei Abschnitte:
1) Der Hauptteil des Landes schließt sich innig an die östl. Sahara an und hat als hauptsächliche Nutzpflanze die Dattelpalme.
2) Die südwestl. Provinzen ähneln dem benachbarten abessin. Bergland, die südöstlichen von Hadramaut bis Oman teils den Somalländern, teils Ostindien. [* 10] Im SW. ist die Heimat des Kathastrauches (Catha edulis Vahl.), dessen Anbau stellenweise den des Kaffees übertrifft, der vermutlich aus Afrika [* 11] in Arabien eingeführt ist. Aus Indien stammen Bananen, Mangustanen und ind. Feigen. Allgemein verbreitet sind Tamarinde und Balsambaum (Balsamodendron myrrha Nees.). Der Weihrauchbaum wächst in einem Teile von Hadramaut längs des Indischen Oceans. Überhaupt hat Arabien einen Reichtum an wohlriechenden Baumarten wie wenig andere Länder. Die Cassia fistula L., die Aloe und das Olibanum oder Weihrauch sind sehr geschätzte Droguen. Die Sykomore wächst wild. Akazienarten liefern das arab. Gummi. Tamarindus indica L. baut man im südwestlichen Arabien, ebenso Tabak, [* 12] Zuckerrohr und Indigo. [* 13]
Tierwelt. Die in den Bergen [* 14] A.s lebenden wilden Tiere sind hauptsächlich: der Panther, die Hyäne, der Wolf, der Fuchs, [* 15] ein schwarzer wilder Hund, die wilde Katze, [* 16] der Schakal, der wilde Ochse, zahlreiche Affen, [* 17] Wildschweine, auf den felsigen Höhen Steinböcke, in allen Wüsten Antilopen und Gazellen, Springmäuse und zahlreiche andere Nager;
Eidechsen [* 18] und Landschildkröten sind häufig, auch Schlangen. [* 19]
Berühmt ist die Pferdezucht. [* 20] Unentbehrlich für den Araber ist das Kamel, hier kleiner als in den nördlichern Ländern. Man gebraucht dasselbe zum Tragen; zum Reiten aber nur das einhöckerige, das Dromedar, hier Delûl oder Hedschin genannt. Wilde Esel (Onager) leben zahlreich im Westen des Dschebel Schammar, wo sie wegen ihres Fleisches, Felles und ihrer Hufe gejagt werden. Die Rindviehzucht ist unbedeutend. Die Kühe, die man zum Bewegen der Wasserschöpfmaschinen verwendet, sind klein, knochig und haben, wie die am Nil, einen Höcker.
Die nördlichen arab. Stämme treiben viel Schaf- und Ziegenzucht. Diese Schafe [* 21] sind ohne Fettschwanz. Oft weiden zwischen den Herden zahm gewordene Gazellen. In den fruchtbaren Gegenden findet sich reichliche Geflügelzucht. An wilden, besonders auf dem Boden lebenden Vogelarten ist kein Mangel. Perlhühner wohnen in den Wäldern in größter Menge; in den Ebenen leben Rebhühner, Lerchen, wilde Gänse, Kraniche u. s. w. Adler, [* 22] Falken, Sperber und der ägypt. Geier sind die gewöhnlichen Raubvögel; [* 23] eine Drosselart nützt durch Vertilgung der Heuschrecken. [* 24] In den Wüsten ist der Strauß [* 25] häufig; an den Küsten findet man ¶
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Pelikane, Störche, Taucher u. s. w. Die schädlichsten Insekten [* 27] A.s sind die Heuschrecken. Sie kommen in allen wüsten Teilen der Halbinsel vor; in Nedschd dringen sie selbst in die Häuser. Wie im nördl. Afrika, ißt man sie allgemein; sie werden eingesalzen, in Säcke gefüllt und zum Verkaufe gestellt. Auch die Termite ist sehr verbreitet. Zu den gefährlichen Plagen gehört endlich der Medinawurm. Die reiche Tierwelt des Roten und des Persischen Meers zeichnet sich in ersterm besonders durch Korallenriffe, [* 28] in letzterm durch Perlenbänke aus.
Bevölkerung. [* 29] Man schätzt die Bevölkerung A.s auf 3½-5 Mill., welche teils seßhafte Lebensweise führen, teils als Beduinen auf der Stufe des Nomadentums stehen. Das Arabertum zerfällt in eine große Menge von Stämmen, welche in besondern Gebieten hausen. Auch die Beduinen, welche in Zelten wohnen und mit ihren Herden ein Wanderleben führen, halten sich innerhalb eines ihnen zugehörenden Distrikts, so daß selbst durch die Wüste bestimmte, nicht zu verletzende Grenzen [* 30] laufen.
Die Beduinen sehen mit Verachtung auf die seßhaften Araber und schätzen ihr Leben in der Freiheit als das allein des Menschen würdige. Die Beduinen im nördlichen Arabien sind (nach Burckhardt) teils solche, welche im Frühling und Sommer in die fruchtbaren Teile Syriens wandern und im Winter in die Wüste zurückkehren (Anese), teils solche, welche das ganze Jahr hindurch in der Nähe der kultivierten Landstriche bleiben. Die Anese sind einer der mächtigsten Stämme der arab. Wüsten, auf deren Schutz sowohl die benachbarten Dorfbewohner als auch die Karawanen, die Pilgerkarawanen nicht ausgenommen, angewiesen sind.
Ihre Zahl wird ans mehr als 300000 geschätzt. Manche andere Stämme an den Grenzen Syriens und den Ufern des Euphrat zahlen den Anese einen jährlichen Tribut, andere leben mit ihnen in Feindschaft; manche wohnen in Zelten und bebauen dennoch das Land, andere bringen die Produkte ihrer Viehzucht [* 31] auf den Markt nach Haleb. Unter den im mittlern und in den westl. Gebirgsstrichen hausenden Stämmen sind noch erwähnenswert die Beni Schammar, die Meter in den fruchtreichen Weiden von Nedschd und die Beni Harb, südlich von Medina. Im O. von Mekka und Taïf wohnt der tapfere und mächtige Stamm der Beni Otaiba; die in der Geschichte berühmten Koreisch (s. d.) in und um Mekka sind jetzt wenig zahlreich mehr.
Der wegen seiner Tapferkeit und Gastfreundschaft berühmte Stamm der Adwân, zu welchem die regierenden Scherifs von Mekka ihre Kinder zur Erziehung senden, besteht nur noch aus ungefähr 100 Familien. Im SO. von Taïf besitzen die Thakif die Gartenländer um Taïf und die fruchtbaren Thäler auf der Ostseite der Bergkette von Hedschas. Noch weiter nach SO. leben die Beni Kahtân und Beni Sad, schon im Altertume berühmte Stämme. Zwischen jenen und der Küste wohnen die Asir.
Unter allen arab. Stämmen nehmen die Beni Slêb (Solaib) in der syr. Wüste die verächtlichste Stellung in Arabien ein. Sie haben nur Esel; man kann sie in Damaskus sehen, wohin sie kommen, um die in der Wüste wachsenden Trüffeln zu verkaufen. Ebensolcher Geringschätzung begegnet im Hedschas der Fischerstamm der Huteimi. Erwähnung verdienen noch die in Südarabien wohnenden Pariastämme (Schumr, Achdâm), welche verschiedenen Hantierungen sich hingeben und auf welche der Araber mit Verachtung hinabblickt. - Der echte unverdorbene Bewohner der arab. Wüste ist ein kriegerischer Hirt, gewissermaßen der Urtypus der arab. Rasse, wie ihn die alte vormohammed.
Poesie schildert. Stets sind sie mit Lanze und Säbel, oft auch mit Flinte und Pistolen [* 32] bewaffnet. Der Kampf, sei es um Blutrache, um einen Brunnen, um ihren Weidegrund, ist ihr Element. Noch heute pflegen sie die Jugendideale des alten Arabertums, deren Summe Muruwwa (virtus) genannt wird, in welchen die Wahrung der Ehre des Stammes und die rachsüchtige Bekämpfung aller, die derselben Abbruch gethan, die erste Stelle einnimmt. Großmütig sind sie in der Übung der Gastfreundschaft und in der Beschützung der Verfolgten, die in ihren Zelten Schutz suchen.
Ein Heiligtum ist ihnen die Pflicht der Blutrache, deren Übung durch uralte Gewohnheitsgesetze geregelt ist. Die Strenge der Blutrache wird durch die Institution des Lösegeldes (Dija) gemildert, welches mit Einverständnis der zur Blutrache Verpflichteten an Stelle derselben tritt. Nirgends in der Welt findet man einen größern Familienstolz als unter den Arabern.- Unter den Städtebewohnern (namentlich im Hedschas) werden als Nachkommen Mohammeds besonders die Scherifs (s. d.) als Adlige ansgezeichnet, und aus ihrer Familie geht der Großscherif von Mekka hervor. Der Inhaber dieser Würde übt bis zum heutigen Tage großen Einfluß auf die Bewohner des Hedschas und die umwohnenden Beduinen aus. Auch die Nachkommen der übrigen Zweige des Koreischstammes genießen noch heute ein in den Traditionen des Arabertums begründetes Ansehen.
Politische Verhältnisse. Ein bedeutender Teil von Arabien hat sich von dem Osmanischen Reiche unabhängig zu erhalten gewußt. Namentlich in Südarabien (Jemen) herrschen in den einzelnen Distrikten feudale Dynastien, über welche uns Maltzan in seinem südarab. Reisewerke näheres mitgeteilt hat. Die Herrschaft über die Provinz Oman behauptet der in Maskat residierende sog. Imâm. Zumal die Beduinen Centralarabiens leben, trotz aller Versuche der Türkei [* 33] sie zu unterwerfen, noch heute in ihrer alten unabhängigen patriarchalischen Verfassung.
Das Oberhaupt des Stammes ist der Scheich (s. d.); die Würde eines solchen ist in der Familie erblich, aber auf welchen der Nachkommen sie übergehen soll, bestimmt stets eine Wahl. Daher kann ein solcher auch wohl abgesetzt werden, oder die Glieder [* 34] des Stammes können ihn verlassen. Er ist Führer und Leiter, aber nicht eigentlich Befehlshaber. Unter den verschiedenen Stämmen bilden sich gemeinsame Schutz- und Trutzverbrüderungen, Eidgenossenschaften (Hilf). Einen größern Staat haben im Innern A.s die Wahhâbiten (s. d.) gegründet. Die Beduinen bekennen den Islam nur äußerlich; unter ihnen hat die positive Religion nie feste Wurzel [* 35] geschlagen. Unter den Städtebewohnern findet man die beiden Hauptsekten des Islam, Sunniten und Schiiten, vertreten; die letztern vielfach an der Ostküste und in Südarabien, wo die Seiditen (s. d.) in großer Anzahl zu finden sind.
Lebensart und Sitte. Sein Zelt bedeckt der Araber mit aneinander genähten Stücken eines Filzes aus Ziegenhaaren, der gegen den stärksten Regen schützt. Es ist 2,2 m hoch, 6-9 m lang und etwa 3 m breit. Das Innere ist für die männlichen und die weiblichen Bewohner durch einen Teppich geteilt. In den Städten hat man steinerne ¶