Unter den unmittelbar Beteiligten ist die Anzeige im bürgerlichen
Recht von Bedeutung: bei der Cession (s. d.) die von der Session
an den Schuldner mit der Wirkung, daß die von da ab gegen den Cedenten erworbenen Einreden nicht mehr gegen den Cessionar
wirksam sind, entsprechend die von der erfolgten Verpfändung einer Forderung;
die Anzeige des Käufers einer
von auswärts gesandten Ware an den Verkäufer, daß und welche Mängel sie habe (Handelsgesetzbuch Art. 347), des
Kommissionärs
von der Ausführung des
Auftrags (Art. 361, 370, 377), des Wechselinhabers von der Protesterhebung.
Diese Anzeige im Handelsverkehr
werden gewöhnlich
Avis (s. d.) genannt. Die unerlassene ^[richtig: unterlassene?]
Anzeige hat überall besondere im Gesetz geordnete Nachteile. Im Civilprozeß gehört hierher die Streitverkündigung
(s. d.) einer Prozeßpartei an den Dritten, an welchen sie Regreß nehmen will,
wenn sie verliert, Civilprozeßordn. §§. 69-72; die Anzeige an den Drittschuldner und den Schuldner, daß der
Gläubiger die
Forderung der Schulden pfänden
wolle (§. 744).
Das
Strafrecht kennt ebenfalls die und die
Anzeigepflicht (s. d.).
Jene, auch Denunziation (s. d.) genannt, war schon im Inquisitionsverfahren
des Mittelalters und ist noch heute die regelmäßige Veranlassung zu strafrechtlichen Verfolgungen. Sie wird von jeder beliebigen
Privatperson, besonders häufig aber von Sicherheits(Polizei-)beamten an die
Behörde erstattet, deren
Aufgabe in der Verfolgung begangener
Verbrechen besteht, wird aber als
falsche Anschuldigung (s. d.) selbst zu einem
Vergehen.
Im Mittelalter bestand eine sehr ausgedehnte Pflicht aller
Bürger, besonders schwere, ihnen bekannt gewordene
Verbrechen zur
Anzeige zu bringen.
Auch auf dem Gebiet der socialpolitischen Gesetze spielt die Anzeige, hier insbesondereAnmeldung und Abmeldung
genannt, eine erhebliche Rolle. In der
Krankenversicherung liegt dem
Arbeitgeber die Verpflichtung ob, jede von ihm beschäftigte
Person behufs der
Kontrolle spätestens am dritten
Tage nach Beginn der Beschäftigung anzumelden und spätestens am dritten
Tage nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzumelden. Die Meldungen erfolgen bei der Gemeindebehörde oder besondern
Meldestellen (§. 49 des Gesetzes vom Unterlassung der Anzeige macht straffällig (§. 81) und verpflichtet
zur Erstattung derjenigen Aufwendungen, welche die
Krankenkasse zur Unterstützung der
vor derAnmeldung erkrankten
Personen
hat machen müssen (§. 50).
FreieHilfskassen haben der
Aufsichtsbehörde oder gemeinsamen Meldestelle das Ausscheiden eines
Mitgliedes und Übertreten eines solchen in eine niedrigere Mitgliederklasse anzuzeigen (§. 49 a). Bezüglich
der
Unfallversicherung besteht die
Anzeigepflicht für die Eröffnung neuer sowie
Veränderungen älterer Betriebe, die für
die Zugehörigkeit zur Genossenschaft oder für die Einschätzung in die Gefahrenklassen maßgebend sind (§§. 35, 38, 39, 104 des
Gesetzes vom Für die in der
Land- und Forstwirtschaft beschäftigten
Personen fällt letztere
Verpflichtung im allgemeinen fort und besteht nur zum
Teil für die Betriebsbeamten. Privatunternehmer von Regiebauten müssen
auch diese Bauarbeiten anzeigen (§.9 des Gesetzes vom Für die Invaliditäts- und
Altersversicherung ist die
Anzeige insofern von Bedeutung, als Invaliden- und
Altersrenten nur auf
Grund einer
Anmeldung des
Anspruchs zu
gewähren sind (§. 75 des Gesetzes vom
Eine
solche ist durch §. 139 des
Reichsstrafgesetzbuchs an die
Behörde oder die bedrohte
Person bei
erlangter Kenntnis des Vorhabens gefordert für folgende
Verbrechen: Hochverrat, Landesverrat, Münzverbrechen,
Mord, Raub,
Menschenraub, gemeingefährliche
Verbrechen (Abschn. 27 des
Reichsstrafgesetzbuchs:
Brandstiftung, Herbeiführung
von
Überschwemmung, Gefährdung von Eisenbahnen und Telegraphenanstalten,
Beschädigung oder Zerstörung von Wasserbauten,
Bergwerksvorrichtungen und Schiffahrtseinrichtungen,
Brunnenvergiftung, Verletzung von Einfuhrverboten und Absperrungsmaßregeln
gegen
Epidemien und Seuchen, Gefährdung der Versorgung des
Heers in Kriegszeiten, Kunstfehler bei Bauten nach näherer Bestimmung
der §§. 306-330);
Voraussetzung der Strafbarkeit der unterlassenen
Anzeige ist Kenntnis «zu einer Zeit, in welcher die Verhütung
des
Verbrechens möglich ist», ferner wenigstens versuchte Ausführung; die
Strafe ist Gefängnis.
Ähnlich aber unter
Ausdehnung
[* 2] auf weitere Fälle das Österr. Strafgesetzbuch. Auch das sog.
Beichtgeheimnis (s. d.) befreit
nicht von dieser Anzeigepflicht.
Vgl. hierzu ferner Militärstrafgesetzb. §. 60 und besonders die Erweiterung der
Anzeigepflicht nach §. 13 des Dynamitgesetzes vom Eine fernere gesetzliche Anzeigepflicht ist die
durch Gewerbeordnung §. 14 bezüglich aller
Gewerbe beim Beginn des Betriebes vorgeschriebene
Anzeige an die zuständige
Behörde,
bei
Strafe bis 150 M., im Unvermögensfalle Haft bis vier Wochen (§. 148,
Ziffer 1).
Außerdem ist in verschiedenen Fällen noch eine besondere
Anzeige neben der allgemeinen gefordert (§. 14, Abs.2, §. 35).
Ferner ist bei
Annahme von jugendlichen
Arbeitern in Fabriken bei der Ortspolizeibehörde durch den
Arbeitgeber bei
Strafe bis 30 M.
oder Haft bis zu 8
TagenAnzeige über die
Tage und Art der Beschäftigung, Beginn, Ende und Pausen der
Arbeitszeit zu erstatten (§§. 138, 149). -
Vgl.
Heß, Die Anzeigepflicht im
Strafrecht (Bresl. 1893).
Ludw., deutsch-österr. Schriftsteller, geb. zu
Wien,
[* 3] mußte infolge mißlicher Verhältnisse
die
Studien aufgeben, ward Buchhändler, war 1860-67 Schauspieler, dann Mitarbeiter mehrerer Witz- und
Unterhaltungsblätter und wurde 1869 Kanzleibeamter der
Wiener Polizei.
Schon als Schauspieler wagte er dramat. Versuche, bis
es ihm 1870 gelang, durch das antiklerikale Volksstück «Der Pfarrer von Kirchfeld»
(Wien 1872; 5. Aufl., Stuttg. 1893) Aufsehen zu erregen.
Dadurch ermutigt, widmete er sich seit 1871 gänzlich der Schriftstellers und gab «Die
Heimat» (1882-84) und das Witzblatt «Figaro»
(seit 1884) zu
Wien heraus, wo er starb. 1893 wurde ihm auf dein
Wiener Centralfriedhof ein
Denkmal gesetzt. Seine
übrigen
Dramen sind: die Volksstücke «Der Meineidbauer»
(Wien 1872; 3. Aufl., Stuttg. 1891),
1888). Für «Heimg’funden. Eine Weihnachtskomödie») (1885)
erhielt Anzengruber 1887 den Grillparzer-Preis. Aus seinem Nachlaß erschien noch das Volksstück «Brave
Leut’ vom Grund» (Stuttg. 1892). Auf erzählendem Gebiete veröffentlichte er den Roman «Der Schandfleck» (Wien 1876; 3. umgestaltete
Aufl., Lpz. 1894),
die Sammlungen: «Dorfgänge» (2 Bde.,
Wien 1879; darin die Perle «Der Einsame») und «Bekannte
von der Straße. Genrebilder» (ebd. 1881),
«Launiger Zuspruch und ernste Red’!» (Lahr
[* 7] 1882),
sein episches Meisterwerk. Aus dem Nachlaß erschienen
die «Letzten Dorfgänge» (Stuttg. 1894). Die
Hauptwirkung seiner Schöpfungen, insbesondere der Dramen, liegt im Inhalte, nicht in der künstlerischen Gestaltung. Anzengruber ist
überzeugter Realist stark volkstümlicher Art und findet in den aus sittlich-sinnlicher und -religiöser
Leidenschaft entspringenden Widersprüchen den Haupthebel der Stoffe, die er am liebsten dem mittelösterr. Bauernleben entnimmt
und bald düster-tragisch, bald mit köstlicher Laune ausführt. «Gesammelte Werke»
(eigene Beiträge zu A.s Lebensgeschichte im 1. Band)
[* 8] gaben nach A.sAnordnung Bettelheim, Chiavacci und Schembera (10 Bde.,
Stuttg. 1890) heraus, eingeleitet von ersterm, der auch eine Biographie (Dresd. 1891) verfaßte. –