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demselben Meister als Waren- und Gasthaus für die Hansastädte Bremen, [* 2] Lübeck [* 3] und Hamburg [* 4] erbaut, 1882 auf Deutschlands [* 5] Veranlassung mit einer Zeitballstation versehen, brannte 1893 ab. Die Börse wurde 1869-72 an der Stelle der alten, 1858 abgebrannten, in der frühern Gotik, aber weit größer, aufgebaut. (S. Tafel: Börsengebäude I, [* 1] Fig. 3.) Sonst sind noch hervorzuheben: Banque nationale, Palais de justice, Athénée royal, königl. Schloß, Rubenshaus, ein neuer Renaissancebau an der Stelle, wo Rubens gewohnt hat. Ferner das Théâtre royal für die Oper und das Théâtre national, die Schouwburg für das vläm. Schauspiel.
Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet von einem Bürgermeister (20000 Frs.) und fünf Schöffen (je 7000 Frs.). Ersterer (seit 1870 Leopold de Wael) wird vom Könige auf je sechs Jahre ernannt, letztere werden für dieselbe Zeit vom Stadtrat (Conseil communal) gewählt, dessen 18 Mitglieder von den wahlberechtigten Bürgern ebenfalls auf sechs Jahre gewählt werden. Bürgermeister wie Schöffen sind nicht Berufsbeamte, sondern meist Kaufleute. Der Bürgermeister ist zugleich Polizeipräsident, ihm steht ein Commissaire-en-chef zur Seite und an der Spitze jeder der neun Verwaltungsbezirke steht ein Kommissar.
Die städtische Feuerwehr besteht aus 5 Offizieren, 23 Unteroffizieren und Mechanikern und 80 Pompiers und hat 4 Dampfspritzen. Wasserleitung [* 6] und Gasanstalt werden durch Aktiengesellschaften betrieben, zur Straßenbeleuchtung dienen 6880 Flammen, die Bahnhöfe [* 7] und der Hafen haben zum Teil elektrische Beleuchtung. [* 8] Die Stadt hat 183½ Mill. Frs. Schulden, seit 1881 in 2½prozentige Lose umgewandelt, die nach dem Tilgungsplane 1977 gezogen sein müssen. Die Einnahmen betrugen (1890): antwerpen ordentliche Einnahmen 13 910 938 Frs.; b. außerordentliche Einnahmen 2 437 050 Frs., zusammen 16 347 988 Frs. Die Ausgaben: antwerpen ordentliche Ausgaben 13 212 917 Frs. darunter Verwaltung 640 995 Frs., Polizei und Straßenreinigung [* 9] 2 072 959 Frs., Unterricht 185 5085 Frs., Wohlthätigkeitsanstalten 900000 Frs., Künste 323 695 Frs., Kultus 9750 Frs., Amortisation und Zinsen 5 633 055 Frs.);
b. außerordentliche Ausgaben 3 126 145 Frs.
Behörden. Antwerpen [* 10] ist Sitz der Provinzialregierung (Gouverneur Baron Osy de Zegwaart), eines Tribunals erster Instanz, Tribunal de Commerce, Conseil de guerre dela province d'Anvers.
Schul- und Bildungswesen. Die Stadt hat seit 1852 eine höhere Handelslehranstalt mit 14 Lehrern und 154 Studierenden, das Athénée royal (Gymnasium und Realschule) mit 22 Professoren und 707 Schülern, eine Akademie der schönen Künste (gegründet 1665), von 114 Malern und 29 Bildhauern besucht (1151 Handwerker erhalten unentgeltlichen Unterricht), eine Fortbildungsschule für Mädchen und andere Fachschulen. Hierzu kommen 2 Mittelschulen für Knaben (478) und Mädchen (463), 19 Knabenschulen (8319), 19 Mädchenschulen (7940), 13 Kinderbewahranstalten (4058), 92 Proz. aller Kinder genießen unentgeltlichen Unterricht; ferner 22 Fortbildungsschulen (1913) und zahlreiche Privatschulen, besonders das Jesuiteninstitut (Gymnasium und Realschule ([800]) und die deutsche Schule (350).
Die Stadt besitzt seit 1890 ein neues Museum mit mehr als 1000 Ölgemälden (besonders der Antwerpener Maler), Bildhauerarbeiten und den Photographien und Stichen fast sämtlicher Werke von Rubens, das Museum Plantin-Moretus mit zahlreichen Kunstschätzen, das Museum für Altertümer im Steen; ferner ist die Privat-Gemäldegalerie von Notebohm dem Publikum geöffnet. Das Musée commercial, industriel et ethnographique wurde 1885 gegründet und in das ehemalige Ausstellungsgebäude [* 11] der franz. Kolonien gelegt.
Außer den größern Gemäldeausstellungen (alle drei Jahre) veranstalten mehrere Künstlervereine sowie der Cercle artistique, littériaire et scientifique regelmäßige Ausstellungen. Außerdem bestehen noch mehrere wissenschaftliche Vereine: Académie d'archéologie de Belgique, Société royale de géographie, Société de médicine, Société de pharmacie, Société royale d'horticulture et d'agriculture, Société royal de zoologie, Société des bibliophiles u.a.
Hervorragender Pflege erfreut sich die Musik; in der Musikschule erhielten (1890) 1699 Schüler und Schülerinnen von 34 Lehrern unentgeltlichen Unterricht; die größten Musikgesellschaften sind: Société royale d'harmonie, Société de musique, Société de symphonie, Antzwerpsche toonkunstenaarsvereeniging. Die Stadt hat drei Theater [* 12] (s. oben), eine städtische Bibliothek (56000 Bände), eine Volksbibliothek (15000 Bände) und eine zweite der Gesellschaft «De Toekomst» (21000 Bände), meist in vläm. Sprache. [* 13]
Von den 44 in Antwerpen herausgegebenen Zeitungen und Zeitschriften erscheinen 11 täglich, und zwar: 6 in vlämischer, 4 in französischer, 1 in deutscher Sprache. Die Zahl der Wohlthätigkeitsanstalten ist eine sehr bedeutende. 1890 wurden in den Krankenhäusern 10 084 Personen aufgenommen, 2859 andere wurden in Versorgungsanstalten, Waisenhäusern, Taubstummenanstalten u. dgl. verpflegt. Dazu besitzt die Stadt zwei große Krankenhäuser (St. Elisabeth mit 500 Betten, Stuyvenberg mit 400 Betten, 1885 nach dem Pavillonsystem vollendet), eine Irrenanstalt, je ein Waisenhaus für Knaben und für Mädchen, eine Versorgungsanstalt für Greise und 20 kleinere Wohlthätigkeitsanstalten. 43 Vereine bezwecken gegenseitige Unterstützung in Krankheit und bei Unglücksfällen. Unbemittelten Fremden dienen ein Nachtasyl, eine Volksküche, eine Suppenanstalt, den Deutschen der Verein Germania, [* 14] den Seeleuten mehrere Seemannshäuser, den Dienstmädchen mehrere Mädchenheime, die Deutschen, Österreicher, Schweizer u. a. haben Unterstützungsvereine (der Deutsche [* 15] Unterstützungsverein verausgabte 1890: 18 532 Frs.); die Stadt gab dennoch für hilfsbedürftige Fremde 53 513 Frs. aus.
Industrie. Hervorzuheben sind: die Spiritusbrennereien (L. Meeus erzeugte allein in einem Jahre über 10 Mill. Liter Genever und zahlte jeden Arbeitstag 26000 Frs. Steuer), 36 Brauereien, 40 Diamantschleifereien (25 große, 15 kleinere Schleifereien; Diamantenumsatz jährlich 60 Mill. Frs.) mit mehr als 3000 Arbeitern, 30 Cigarrenfabriken (120 Mill. Stück jährlich), Zuckerraffinerien, Kerzenfabriken, die Werkstätten der Bell Telephone Manufacturing Cie., die Fleischextrakt-Compagnien von Liebig, Kemmerich, Cibil und Koch, die Reisstärkefabriken von Remy, Färbereien, Lackfabriken, Reismühlen, Schwefelraffinerie u. s. w.
Handel. Der seit Jahrhunderten in hoher Blüte [* 16] stehende Handel A.s wurde durch die von den Niederländern verfügte Sperrung der Scheldemündungen (im 17. Jahrh.) vernichtet und hat sich erst in den letzten 30 Jahren infolge der Aufhebung des Scheldezolles (1863) und dadurch, daß der Staat ¶
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die Ausführung der großartigen Hafen- und Quaibauten übernahm, wieder gehoben.
Jetzt ist Antwerpen eine der ersten Handelsstädte Europas und wetteifert mit Hamburg auf dem Festlande. Die Seele des Handels ist die Einfuhr. Dieselbe erstreckt sich auf: Weizen (1893: 13,59 Mill. hl gegen 18,04 im J. 1891) aus den Donauländern, Südrußland und Britisch-Indien;
Roggen (393 317 hl) und Gerste [* 18] (2 787 307 hl) aus Rumänien [* 19] und Rußland;
Hafer [* 20] (3 029 390 hl) aus Rußland;
Mais (1 960 252 hl) aus den Vereinigten Staaten, [* 21] Südrußland und Uruguay; [* 22]
Mehl [* 23] (330 249 Säcke) aus den Vereinigten Staaten und Deutschland; [* 24]
Reis (677 856 Ballen) aus Birma und Indien;
Kaffee (562 217 Ballen) aus Santos und Haïti; [* 25]
Kakao (18998 Ballen);
Rohrzucker, Olivenöl aus Marseille, [* 26] Thee (10 280 Kisten), Wein (53 504 hl), Fleischextrakt, Schweineschmalz, amerik.
Pökelfleisch, Speck, Harze, Droguen, Terpentin und Gewürze. Der Handel mit Rohstoffen, unter denen Holz [* 27] eine große Rolle spielt, sinkt dauernd; 1893 wurden 437 229 cbm Bauholz eingeführt; ferner Mahagoni- und Cedernholz, Eben- und Nußbaumholz, afrik. Rinden zum Gerben (Garouille, 2,2 Mill. kg), Wolle (1893: 230 796 Ballen), Häute und Felle (1 504 253 Stück), Hörner (1.6 Mill.) von La Plata, Elfenbein (224000 kg) aus Westafrika, Hanf (39 335 Ballen) aus Rußland und Bombay, [* 28] Baumwolle [* 29] (352 086 Ballen) auch als Transit nach Deutschland und der Schweiz, [* 30] Petroleum (728 850 Colli aus Nordamerika [* 31] und 231000 Fässer aus Südrußland) und Naphtha (5445 Colli).
Die Ausfuhr setzt sich zusammen aus den belg. Produkten und reinen Transitgütern. Es wurden ausgeführt Rübenrohzucker, Branntwein, ferner die Produkte der Diamantschleifereien, der Textil-, Tabak-, Teppichfabrikation und Schwefelraffinerien, endlich Portlandcement, Dynamit, Maschinen, Eisenbahnschienen, Werkeisen, Glas-, Thon- und Porzellanwaren. Die Transitgüter gehen von Antwerpen nach allen Ländern West- und Nordeuropas. Seit 1893 wird ein regelmäßiger Diamantenmarkt abgehalten.
Der Handel betrug in 1000 Franken:
Jahre | Einfuhr (Generalhandel) | Ausfuhr (Specialhandel) | Generaldurchfuhr im Ausgange | |||
---|---|---|---|---|---|---|
im ganzen | davon zur See | im ganzen | davon zur See | im ganzen | davon zur See | |
1887 | 1221747 | 1035433 | 465950 | 350455 | 316574 | 157760 |
1888 | 1295105 | 1108009 | 464652 | 354683 | 324232 | 166366 |
Menge der wichtigsten Waren in Tonnen: | ||||||
3210820 | 2754502 | 1365413 | 925868 | 357815 | 187683 | |
3513124 | 3142709 | 1330987 | 913046 | 388846 | 245214 |
Die größten Handelshäuser sind in deutschen Händen: J. D. Fuhrmann, E. Osterrieth & Comp., E. Karcher, de Bary & Comp., N. Rhodius & Comp., Ch. Schmied & Comp.; für Kaffee die vläm. Firmen Antwerpen Huybrechts und F. Ceulemans.
Von den sieben Banken (ohne die Volksbanken) hatte die Banque nationale 1889 einen Umsatz von 1 955 758 527 Frs., außerdem sorgten 13 Privat-Bankgeschäfte und mehrere Agenten auswärtiger Banken für den Geldbedarf des Handels und 137 Wechselmakler für Vermittelung desselben. Dem Handel dienen ferner 191 Versicherungsgesellschaften, die durch 24 Direktoren und 184 Agenten vertreten sind. Zur Handelskammer (17 Sektionen mit 10 Schiedskammern) gehören 660 Firmen.
Große Bedeutung hat die Börse. Durch Generalkonsuln sind vertreten: Argentinien, Brasilien, [* 32] Dänemark, [* 33] das Deutsche Reich, die Dominikanische Republik, Ecuador, [* 34] Frankreich, Großbritannien, [* 35] Haïti, Hawaii, Italien, [* 36] Liberia, [* 37] die Niederlande, [* 38] Paraguay, Portugal, [* 39] Schweden-Norwegen, Uruguay;
durch Konsuln: Bolivia, Chile, Costa-Rica, Griechenland, [* 40] Guatemala, [* 41] Japan, [* 42] Mexiko, [* 43] Monaco, [* 44] Nicaragua, [* 45] Österreich-Ungarn, [* 46] Persien, [* 47] Peru, Rumänien, Rußland, Salvador, [* 48] Siam, Spanien, Türkei, [* 49] Venezuela, die Vereinigten Staaten von Amerika. [* 50]
Verkehrswesen. Dem Schiffahrtsverkehre dienen acht große und mehrere kleine Bassins mit zusammen 42½ ha Oberfläche, die durch drei Schleusen mit der Schelde in Verbindung stehen, und die 3,5 km langen Scheldequais (1879-85 mit einem Kostenaufwande von mehr als 80 Mill. Frs. erbaut), die selbst den größten Schiffen das Anlegen unmittelbar am Quai erlauben. Die Waren können durch die Kräne (der größte trägt 120 t) unmittelbar aus den Schiffen in die Waggons und umgekehrt verladen werden. Wie sich der Verkehr durch diese Einrichtungen gehoben hat, ist aus dem nachfolgenden Vergleich ersichtlich:
Jahr | Angekommen | Zusammen | Tonnenzahl | ||
---|---|---|---|---|---|
Segelschiffe | Dampfschiffe | ||||
1800 | 83 | -- | 83 | 5028 | |
1830 | 719 | -- | 719 | 120333 | |
1860 | 2137 | 410 | 2547 | 540444 | |
1880 | 1317 | 3158 | 4475 | 3063825 | |
1891 | 688 | 3773 | 4461 | 4693238 | |
1893 | 546 | 3872 | 4418 | 4692211 |
Dazu kommen 1893: 27 746 Flußfahrzeuge im Verkehr mit dem Innern, Deutschland, den Niederlanden und Frankreich mit 3,14 Mill. Registertons.
Dagegen sind abgegangen: 3279 Schiffe [* 51] mit 3 271 063 t (darunter 823 mit 1 158 396 t Ballast). Die brit. Flagge steht allen andern weit voran. Dazu kommen 29 339 Flußfahrzeuge mit 3,24 Mill. t.
Die eigene Handelsflotte zählt (Dez. 1892) 46 Schiffe (42 Dampfer) mit 68 391 t.
Die sechs Trockendocks wurden 1888 von 318 Schiffen benutzt. 70 Dampferlinien (ohne Fluß- und Kanalboote) stellen eine regelmäßige Verbindung mit 200 Ortschaften her. Die bedeutendsten Linien sind: Red Star Line (Neuyork [* 52] und Philadelphia, [* 53] Agenten von der Becke & Marsily), Norddeutscher Lloyd (Brasilien, La Plata, China, Australien, [* 54] Agenten de Bary & Comp.), Peninsular and Oriental Nav. Co. Union Line (Italien, Kap, Agenten John P. Best & Comp.), Comp. commerciale, Soc. anon. de nav. Belge royale Sud-Amér. et Lamport et Holt (Cuba, Neuorleans, Brasilien, La Plata, Agenten Kennedy & Hunter), Linie Walford & Comp. (Spanien, Portugal) u. a.
Antwerpen liegt an den Linien: Contich-Lierre (Zweigbahn der Hauptlinie Brüssel-Antwerpen, 44 km), ¶