die für die nicht in consistorio erfolgende Verleihung einer Kirchenpfründe an den päpstl. Stuhl zu zahlenden,
nach besondern Taxen normierten Abgaben. Früher nur außerordentlich oder transitorisch, wurden sie seit Bonifacius IX. in der
zweiten Hälfte des 14. Jahrh., seit welcher Zeit auch erst der Name Annaten aufkam, zu einer regelmäßigen,
teils in dem ganzen Jahresertrage einer Pfründe (daher der Name), teils in der Hälfte desselben bestehenden Steuer. So bildete
sich im Gegensatz zu dem kirchlichen Grundsatze, daß geistliche Güter nicht gegen Geld oder Geldeswert verliehen werden dürfen,
ein förmliches und mit äußerster Strenge gehandhabtes Besteuerungssystem, wonach von den vom Papste
im Konsistorium präkonisierten Erzbischöfen, Bischöfen und Äbten die im einjährigen Ertrage bestehenden servitia communia
und daneben noch als Kanzleigebühren die servitia minuta, von den niedern, jedoch über 24 Goldgulden angesetzten Pfründen
die Annaten im eigentlichen Sinne, und endlich von allen für immer unierten Pfründen alle 15 Jahre die quindennia
gegeben werden sollten. In Deutschland sind die beiden letzten Arten der Annaten nie sehr praktisch geworden, und über die servitia
gab es fortdauernde Streitigkeiten bis zur Auflösung der deutschen Kirchenverfassung infolge des Reichsdeputationshauptschlusses.
Ähnlich steht es in Frankreich, Spanien, Belgien und Polen. Die eine Zeit lang auch für vakante Pfründen
im halben Jahresbetrage zu zahlenden Annaten sind durch den Papst Martin V. bereits 1418 aufgehoben worden.
(spr. annßih), 1) Arrondissement im franz. Depart. Haute-Savoie, hat (1891) 82 761 E., 99 Gemeinden und 7 Kantone:
Alby (7869 E.), Annecy Nord (232,35 qkm, 20 360 E.), Annecy Sud (148,68 qkm, 13 101 E.),
Faverges (7625 E.), Rumilly (170,91 qkm, 16 362 E.), Thones (10 347 E.), Thorens (7097 E.). - 2) Hauptstadt des franz. Depart.
Haute-Savoie (Hochsavoyen) und Arrondissements Annecy, 36 km südlich von Genf,
in 448 m Höhe am Nordrande des gleichnamigen Sees, in der
fruchtbaren, von Weinbergen umgebenen Ebene des Fier, an den Linien Annemasse-Annecy (55 km) und Aix-Annecy (40 km) der Franz.
Mittelmeerbahn, hat (1891) 9119, als Gemeinde 11 947 E., neue im Pariser Kasernenstil erbaute Quartiere neben winkligen, alten
Straßen mit Säulengängen, eine 1523 erbaute Kathedrale, eine got. Mauritiuskirche mit schön geschnitztem
Hochaltar, Präfekturgebäude, einen alten und neuen bischöfl. Palast, alte Burg der Grafen von Genevois (jetzt Kaserne), Rathaus
mit archäol. und technolog. Museum (über 10000 Medaillen), Bibliothek (12000 Bände), Lyceum. Annecy hat in Garnison das 30. Infanterieregiment
und das 11. Jägerbataillon und ist Sitz der 55. Infanteriebrigade. Die Wasserkraft der drei die Stadt
durchschneidenden Kanäle (les Thioux), die die Gewässer des Sees dem Rhônezufluß Fier zuführen, hat Annecy zum Mittelpunkt
des savoyischen Gewerbfleißes gemacht; es bestehen Baumwoll- und Wollspinnereien und Webereien, Seiden-, Papier- und Parkettfabriken,
Glashütten, Eisen- und Messerschmieden und sehr besuchte Märkte. - lat. Annesium, ist röm.
Ursprungs und wird urkundlich zuerst unter Kaiser Lothar 867 erwähnt. Vom 10. bis 15. Jahrh. Sitz des
Grafen von Genevois, ging die Stadt 1401 an Savoyen über und mit diesem 1860 an Frankreich. Bei der Reformation von Genf
(1535) wurde
der
Sitz des Bischofs und Domkapitels hierher verlegt; der bekannteste Bischof ist der heil. Franz von Sales
(1602-22), der im Kloster de la Visitation beigesetzt ist.
Der See von Annecy ist 14 km lang, bis 3½ km breit, 27 qkm groß, bis 80,6 m tief, mit einer mittlern Temperatur von 4 bis 5°
C. und fischarm; seine Ufer bestehen aus grünen Wiesen- und Rebgeländen mit Baumgruppen, Dörfern und
Villen und werden überragt von den Bergketten der Tournette (2357 m) und des Mont-de-Veyrier im O., der Montagne-de-Semnoz
(dem «Rigi» Savoyens) mit dem Crêt-de-Châtillon (1704 m) und dem Cret-du-Maure
im W. Ein Dampfboot vermittelt den Verkehr der Uferorte.
Hauptort der Samtgemeinde Annen-Wullen und Ardey, Landgemeinde im Kreis Horde des preuß. Reg.-Bez. Arnsberg, in
102-205 m Höhe, an felsigem Abhänge des Gebirges Ardey (s. d.), an den Linien Langendreer-Löttringhausen
und Dortmund-Hagen der Preuß.
Staatsbahnen, hat (1890) 8342 E., evang. und kath. Kirche, 2 Bahnhöfe, 5 Schulen, 1 Pflegeanstalt
für Kranke, Sieche und Waisen;
2 Steinkohlenzechen, 2 Glashütten, 2 Gußstahlwerke, 1 Kleineisenfabrik, 1 Fabrik feuerfester
Produkte, Ringofenziegelei und mehrere Steinbrüche.
Michael Nikolajewitsch, russ. General, geb. 12. Mai in Petersburg, nahm 1863-66 an den Kämpfen und
an der Verwaltung in Polen teil und erwarb sich später große Verdienste um das russ. Eisenbahnwesen, namentlich
um die Truppendislokationen auf den Eisenbahnen. 1870 ward er zur preuß.
Feldarmee kommandiert und veröffentlichte darüber «Bemerkungen und Betrachtungen
eines russ. Offiziers» (russisch, Petersb. 1871; deutsch
Berl. 1871). Im Russisch-Türkischen Krieg (von 1877 bis 1878) leitete Annenkow die Truppentransporte im Rücken der Donauarmee. 1880 nahm
er an der Expedition gegen die Teke-Turkmenen teil. Hierbei führte er die Erbauung der Eisenbahn vom
Kaspischen Meer bis Kisil-arwat aus, die er dann 1885-88 bis Samarkand weiter führte (s. Transkaspische Eisenbahn). In der
Zwischenzeit war ihm die Erbauung der strategischen Bahnen im Poljessje-Gebiet (Westrußland) übertragen. 1892 wurde er zum
General der Infanterie und Leiter des Baues der Bahn Samarkand-Taschkent ernannt.
Nikolaj Iwanowitsch, russ. Botaniker und Landwirt, geb. 1819, studirte ^[richtig: studierte] in Moskau, war
1853-63 Direktor der Landwirtschaftlichen Schule in Moskau, dann bis 1875 Direktor der Gartenbauschule in Uman und des Gartens
zu Sofiewka. Zugleich war er Direktor der Acclimatisationsgesellschaft in Rußland. Er starb 21. (9.)
Aug. 1889 in Petersburg. Annenkow gab ein Herbarium der Moskauer Flora («Flora mosquensis exsiccata») heraus, schrieb " Observations
sur la floraison de quelques plantes cultivées, faites à Moscou pendant les années 1844-48», «Kursus
der Waldwirtschaft» (russisch, Moskau 1851). Sein «Botan. Wörterbuch» («Botaničeskij Slovaŕ», 3. Aufl.,
Moskau 1878)
mehr
enthält die Namen der Pflanzen in russ., franz., deutscher, engl.,
verschiedenen slaw. u. a. Sprachen.
Paul Wassiljewitsch, russ. Schriftsteller, geb. 1. Juli in
Moskau, lebte viel im Ausland und starb 20. (8.) März 1887 in Dresden, machte sich zuerst durch seine «Reisebriefe über Westeuropa»
(in den «Vaterländischen Annalen») und durch seine «Provinzialbriefe» (im «Zeitgenossen»)
bekannt. Sein Hauptverdienst ist die Herausgabe der Werke Puschkins (7 Bde.,
Petersb. 1855-57),
mit Anmerkungen und Materialien zu seiner Biographie. Einen Teil der letztern arbeitete Annenkow selbst aus in
«Alex. Sergejewitsch Puschkin in der Epoche Alexanders I.» (Petersb. 1874). Auch gab er die «Korrespondenz
und Biographie Stankewitschs» (Moskau 1863) heraus und veröffentlichte «Erinnerungen und kritische Skizzen» (3 Bde., Petersb.
1877-81).