Für das ganze
Deutsche Reich
[* 10] gestaltete sich das Prozentverhältnis: 0,60, 0,51, 0,54, 0,45, 0,38, 0,24, wonach also die
Zahl der Analphabeten im
Heere immer mehr zurückgeht.
In
Preußen
[* 11] zeichnen sich aus durch eine hohe Analphabetenziffer die stark poln.
Provinzen Ostpreußen,
[* 12] Westpreußen und
Posen,
[* 13] doch hat sich die Zahl der Analphabeten auch hier neuerdings stark vermindert, und zwar 1883/84 bis 1893/84 in Ostpreußen
von 6,58 auf 0,76, in Westpreußen von 7,38 auf 2,25 und in
Posen von 8,89 auf 1,26 Proz. Auch in den
obengenannten fremden
Staaten ist die Zahl der Analphabeten unter den Rekruten im Laufe der Jahre ununterbrochen weiter zurückgegangen.
c. Bei
Eheschließungen ermittelt man die Zahl derer, die die Heiratsurkunde nicht unterzeichnen können. Unter 100 Eheschließenden
waren in:
Die Notariatsordnungen, sowie die Gesetze über die
Aufnahme von Verhandlungen, welche der nicht streitigen
Rechtspflege angehören, enthalten zumeist besondere Vorschriften darüber, wie zu verfahren sei, wenn Analphabeten eine
Urkunde ausstellen wollen. Nach dem
Preuß. Allg. Landr. I, 5, §§. 171 fg. und
Anhang §. 5 müssen Analphabeten ihre
Verträge, welche
der schriftlichen Form bedürfen, gerichtlich aufnehmen lassen. Fast alle geltenden
Rechte enthalten ferner
besondere Vorschriften über die Errichtung letztwilliger
Verfügungen seitens der Analphabeten. Im Gemeinen
Rechte wird die Zuziehung
eines Unterschriftszeugen bei Errichtung der
Verfügung vor sieben Zeugen (sog. octavus subscriptor) verlangt; ähnlich bestimmt
der
Code civil Art. 977, 978 (den Analphabeten ist das sog. mystische
Testament versagt) und das Sächs.
Bürgerl. Gesetzb. §. 204 (für die Errichtung vor fünf Zeugen); das
Preuß. Allg. Landr. 1,12, §§. 113 fg. verlangt sogar
die Zuziehung von zwei glaubwürdigen Männern mit näher bezeichneten Eigenschaften. Das Österr.
Bürgerl. Gesetzb. §§.
580, 581 bestimmt, daß derjenige, welcher nicht schreiben kann, in Gegenwart der drei Zeugen das Handzeichen
beisetzen müsse, und daß dem, welcher nicht lesen kann, der
Aufsatz von einem der Zeugen in Gegenwart der beiden andern
vorzulesen sei.
Nach der Civilprozeßordn. §. 381 machen Privaturkunden vollen
Beweis dafür, daß die in denselben enthaltenen Erklärungen
von den
Ausstellern abgegeben sind, sofern sie unterschrieben oder mittels gerichtlich oder notariell
beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind. Eine der letztern gleiche Vorschrift enthält die Deutsche Wechselordnung Art. 94. Die
Vollmacht muß nach §. 76 der Civilprozeßordnuug auf Verlangen des Gegners gerichtlich oder notariell beglaubigt werden;
dies genügt also auch für die
Vollmacht seitens eines Analphabeten.
Die chemische Analyse hat die
Aufgabe, die Zusammensetzungsverhältnisse von chem.
Verbindungen oder Gemengen chem. Körper nach
Art (qualitative und Mengen (quantitative Analyse) ihrer
Bestandteile zu ermitteln.
1) Die qualitative Analyse benutzt zur Erkennung der
Bestandteile von
Verbindungen und Gemengen gewisse
Veränderungen, Reaktionen,
die für die einzelnen
Bestandteile charakteristisch sind, und die entweder bei Änderung der physik.
Zustände oder bei Zusatz bestimmter anderer Körper (Reagentien) eintreten. Manche Reaktionen sind ganzen Gruppen von
Stoffen
gemeinsam und eignen sich zur
Trennung derselben von andern Bestandteilsgruppen. Sie gehen bei dem systematischen
Gange der
qualitativen der Anwendung der Einzelreaktionen zur
Trennung und Auffindung der Einzelbestandteile voraus.
Das
Verfahren der qualitativen Analyse ist zu systematischem
Gange ausgebildet worden, dessen Befolgung vor Irrtümern und Übersehung
einzelner
Stoffe sichert. Meist läßt man ihm die sog. Vorprüfung vorausgehen, d. h.
man beobachtet, wie sich der zu untersuchende
¶
mehr
Körper beim Erhitzen unter Abschluß oder Zutritt von Luft, beim Zusammenschmelzen mit reduzierenden oder auflösenden Substanzen
u. s. w. verhält, und gewinnt damit oft bereits Andeutungen über die Natur der Bestandteile, die den eigentlichen Gang
[* 20] der
Analyse zweckmäßig zu modifizieren gestatten und namentlich für die Wahl der einzuschlagenden Methoden, um die betreffende
Substanz in Lösung zu bringen (s. Aufschließen), maßgebend werden können. - Besondere Arten der qualitativen Analyse sind Spektralanalyse
[* 21] (s. d.) und Lötrohranalyse (s. d.).
2) Die quantitative Analyse hat die Aufgabe, die Mengenverhältnisse der Bestandteile in chem. Verbindungen oder Gemengen chem. Körper
festzustellen. Man benutzt zu dieser Ermittelung Gewichts- und volumetrische Methoden.
analyse In der quantitativen Gewichtsanalyse trennt man die durch vorausgegangene qualitative Analyse bekannt
gewordenen Bestandteile des genau gewogenen und meist vorher in Wasser gelösten Untersuchungsobjektes entweder direkt oder
in Gestalt von ihrer Zusammensetzung nach bekannten unlöslichen Verbindungen voneinander, sammelt dieselben möglichst verlustlos
an und bestimmt ihre Menge wiederum durch genaues Wägen mit der Chemischen Wage (s. d.). Aus der gefundenen
Menge der abgeschiedenen neuen bekannten Verbindung läßt sich dann die des gesuchten Bestandteils berechnen.
b. Die quantitative volumetrische Analyse, Maß- oder Titrieranalyse, dagegen ermittelt die Menge gewisser Bestandteile des Untersuchungsobjekts
durch Messung der Volummenge der Lösung des Reagens von bekanntem Gehalte (Titer), die erforderlich ist,
um den fraglichen Bestandteil eben vollkommen in bestimmter Weise chemisch umzuwandeln. Das Ende dieser Umwandlung muß sich
durch eine sichtbare Veränderung verraten, die durch einen möglichst geringen Überschuß der Reagenslösung hervorgerufen
wird. Zu diesem Zwecke wird der zu untersuchenden Lösung häufig ein dritter Körper, der Indikator
[* 22] (s. d.),
hinzugefügt, der durch das Reagens in dem Augenblicke eine empfindliche Farbenveränderung (Endreaktion) erfährt, wo etwas
mehr desselben hinzugesetzt wurde, als zur Vollendung der Umwandlung (Reaktion) erforderlich ist.
Die ihrem Gehalte nach bekannten oder titrierten Lösungen der Reagentien werden nach dem Vorschlage von Mohr normale genannt,
wenn sie im Liter Flüssigkeit das Reagens in Gramm-Äquivalenten, d. h. so viel Gramm Gewicht, wie sein
Äquivalentgewicht (s. d.) beträgt, enthalten. Man wendet jedoch oft auch
Halb- und Zehntel-Normallösungen an, in denen die gleiche Quantität des Reagens in 2, bez. 10 l gelöst ist. So enthält
z. B. Normalsalzsäure 36,5 g HCl, Normalätznatron 40 g NaOH, Halbnormal-Ammoniak 17/2 = 8,5 g NH3,
Zehntel-Normalnatron 4 g NaOH im Liter der Lösung.
Nicht selten, namentlich wenn sich die Reagenslösung bei längerm Stehen zersetzt und dabei ihren Titer ändert, verzichtet
man auf die Benutzung von solchen Normallösungen, die nur einen Wert hat, wenn man sich auf einmal große, für
viele Einzelanalysen ausreichende Mengen derselben herstellen und sie aufbewahren kann. Man bedient sich alsdann der Lösungen
mit unbestimmtem Titer, den man vor jeder Verwendung durch besondere Versuche festzustellen hat. Zur Messung der Flüssigkeitsvolume
bei volumetrischen Analyse bedient man sich entweder der Pipetten, d. h. Glasgefäße,
die bis zu einer Marke
ein bestimmtes Volumen (1, 5, 10, 100 u. s. w. ccm) fassen, oder der Büretten, unten
durch einen Glashahn oder Quetschhahn verschlossener Glasröhren, deren Volumen durch eine außen eingeätzte Skala genau in
Kubikcentimeter und bestimmte Teile derselben geteilt sind.
Aus ihnen läßt man von der Nullmarke an das Reagens so lange (zuletzt tropfenweise) zu dem Untersuchungsobjekte
treten, bis die Endreaktion erreicht ist, und liest das verbrauchte Volumen direkt von der Skala ab. Die Titrieranalyse umfaßt
mehrere Methoden, unter denen die wichtigsten die Neutralisations-, Oxydations-, Reduktions-, jodometrischen und Fällungsanalysen
sind. Die Neutralisationsanalysen sind entweder acidimetrische (s. Acidimetrie) oder alkalische (s. Alkalimetrie).
Bei oxydimetrischen Analyse bedient man sich meist des Kaliumpermanganats, dessen tief rot gefärbte
Lösung energische Oxydationswirkungen hervorruft und dabei entfärbt wird. Hier ist kein besonderer Indikator nötig, da
das Reagens selbst als solcher wirkt und, sobald die Oxydationswirkung vollendet ist, die Flüssigkeit ihre rote Farbe behält.
Bei jodometrischen Operationen (s. Chlorometrie) dient als Indikator Stärkelösung, die durch eine Spur
freien Jod sofort intensiv gebläut wird. - Aus der Menge des bis zum Eintritt der Endreaktion verbrauchten Reagens läßt
sich in sehr einfacher Weise die Menge des zu bestimmenden Bestandteils berechnen. Hat man z. B. bei der volumetrischen Bestimmung
von Handelssoda zur Neutralisation von 5,3 g der letztern 92,4 ccm Normalsalzsäure aufwenden müssen,
so enthält die Soda 92,4 Proz. reines kohlensaures Natron, da 1 ccm der Normalsäure 0,53 g des letztern
gerade in das neutral reagierende Chlornatrium verwandelt.
Als Elementaranalyse bezeichnet man die Ermittelung der Mengen der Elementarbestandteile in organischen Verbindungen, namentlich
ihres Gehaltes an Kohlenstoff und Wasserstoff. Es geschieht dies durch vollständiges Verbrennen (daher
auch Verbrennungsanalyse) gewogener Mengen der Substanz in schwer schmelzbaren Glasröhren, die im Verbrennungsofen (s. d.) erhitzt
werden. Dabei wandelt sich der Kohlenstoff in Kohlensäure, der Wasserstoff in Wasser um. Beide Verbrennungsprodukte aber lassen
sich durch geeignete Vorrichtungen getrennt voneinander ansammeln und zur Wägung bringen und aus ihren
Gewichten die Menge des Kohlenstoffs (3/11 von der Kohlensäure) und Wasserstoffs (1/9 vom Wasser) berechnen.
Besondere Methoden erfordert die der Gase.
[* 23] Dieselben werden in kalibrierten Röhren,
[* 24] Eudiometer (s. d.), über Quecksilber gesammelt
und das abgeschlossene und genau gemessene Gasvolumen dann chem. Reaktionen unterworfen, die
einzelne Bestandteile in flüssige oder feste Verbindungen verwandeln und dadurch aus dem Gasvolumen verschwinden lassen. Die
dabei eintretenden Volumverminderungen werden abermals gemessen und ihre Größe mit dem Volumen des ursprünglichen Gases verglichen.
(S. auch Gasanalyse.)
Litteratur. Das ganze Gebiet umfassende Werke: Fresenius, Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse (10. Aufl., Braunschw.
1894);