(spr. anánji),Stadt im
Kreis
[* 2]
Frosinone der ital.
ProvinzRom,
[* 3] in 460 m Höhe und in fruchtbarer Umgebung, hat
(1881) 7758 E. und ist Sitz eines 487 errichteten
Bistums. In der Nähe befinden sich Schwefelquellen und Schwefelminen. Der
häufige Aufenthalt der Päpste in Anagni hat manches
Denkmal mittelalterlicher Kunst hinterlassen, so die
Kathedrale mit schönen Fresken und Musivarbeiten des 13. Jahrh. von der berühmten Künstlerfamilie
der Cosmaten und mit dem lebensgroßen
StandbildeBonifacius' VIII., der hier geboren und ganz besonders thätig für die Ausschmückung
der
Kirche war. Das alte Anagnia, Hauptstadt der Herniker, wurde 305
v. Chr. röm. Municipium.
(grch.; lat. lectores, Vorleser), bei den
Römern gebildete Sklaven oder Freigelassene, welche als Vorleser
dienten.
In der ältern christl.
Kirche hießen Anagnosten die Vorleser der biblischen
Abschnitte während des Gottesdienstes. Im 3. Jahrh.
waren sie
Kirchendiener;
später dem Klerus einverleibt, erhielten sie unter den sog. vier niedern
Weihen die vorletzte
Stelle.
In der röm.-kath.
Kirche ist das
Amt der Anagnosten ganz weggefallen, in der griech.
Kirche auf die Diakonen übergegangen.
Auslegung, eine allegorische
Bibelerklärung, die den buchstäblichen Worten eine höhere symbolische
Beziehung
giebt. So wurden z. B. die Worte «Es werde Licht»
[* 4] anagogisch von der einstigen Verklärung verstanden, der Bräutigam und die
Braut des Hohenliedes auf
Christus und seine
Kirche, der 45. Psalm, anstatt auf einen irdischen König, auf den Messias als einen himmlischen König
bezogen.
Die jüdisch-alexandrinische Schule, an deren
SpitzePhilo (s. d.) stand, hat diese Erklärungsweise zuerst aufgebracht.
(grch.) heißt zunächst das Rückwärtslesen der
Buchstaben eines oder mehrerer Worte.
So ist
«Sarg» von «Gras», «Nebel»
von «Leben»,
«Amor» von
«Roma».
[* 5] Meist versieht man im weitern
Sinne darunter (seit Lykophron von
Chalkis im 3. Jahrh.
v. Chr.)
eine Buchstabenversetzung, um ein neues Wort öder mehrere zu bilden, wie «Lied»
und
«Leid». So giebt «Révolution française» «Veto:
un Corse la tinira» oder «La
France veut son roi». Vorzüglich liebten die Morgenländer und die
Kabbalisten
diese Spielereien; in Europa
[* 6] wurden Anagramm im 16. und 17. Jahrh. für
Pseudonyme benutzt, z. B. von Rabelais, Fischart,
Grimmelshausen,
Logau; Calvinus nannte sich auf dem
Titel seiner «Institutionen» mit Anagramm
«Alcuinus». Sammlungen u. a. vonMautner
(1636), Anagramm Stender (1673) u. a. -
L., Pflanzengattung aus der Familie der Legmninosen (s. d.),
Abteilung der Papilionaceen, mit nur wenigen in den Mittelmeerländern wachsenden
Arten;
strauchige Gewächse
mit dreizähligen
Blättern und zu kurzen
Trauben vereinigten goldgelben
Blüten.
Der
Stinkstrauch (Anagyris foetidaL.), der im südlichsten
Spanien
[* 7] und
Portugal sowie in Nordafrika und auf den
Balearen wild wächst und einen bis mannshohenStrauch bildet, besitzt ein
sehr übel riechendes Holz,
[* 8] das demStrauch seinen
Namen verschafft hat.
Die
Blätter wirken abführend,
die Samen
[* 9] brechenerregend.
altmexik.
Name für die heißen, mit tropischer
Vegetation erfüllten Küstenstriche,
die im O. und W. die höher gelegenen Binnenlandgebiete umsäumten. Die unterrichteten ältern
Autoren gebrauchen das Wort
ebenfalls ausschließlich in dieser Bedeutung und unterscheiden das atlantische und das pacifische Küstenland
durch die
Namen Anahuac Xicalanco und Anahuac Ayotlan. Der einzige der ältern
Autoren, der das Wort anders gebraucht, ist der
Franziskaner
Motolinia (Ende des 16. Jahrh.), der über Neuspanien schrieb. Er nimmt Anahuac als
Bezeichnung für «Neuspanien», d. h. das
Land Mexiko.
[* 10]
Das ist aber ein Mißverständnis, vermutlich daher rührend, daß die Mexikaner das Wort cem-anahuac, «Ganz
Anahuac», d. h. «das ganze Land, die
beiden Küstenstriche mit einbegriffen», im
Sinne von «alles Land», «die
ganze Welt» gebrauchten. Von Motolinia haben dann die spätern diesen Gebrauch des Wortes übernommen.
Da man diese Bedeutung
mit dem
Sinne des Wortes nicht zusammenreimen konnte, so nahm man weiter an, daß ursprünglich mit dem Worte das an den beiden
Seen gelegene Land, d. h. das eigentliche Hochthal von Mexiko gemeint gewesen sei. Infolge
dieser irrigen
Auffassung wird noch jetzt in geogr. Werken und auf Karten Anahuac als Bezeichnung
des südl.
Teils des Hochlandes von Mexiko (s. d.) gebraucht.
eine iran. Göttin, ursprünglich bloß
Beiname einer solchen, deren
Name im
Avesta stets
Ardvi sûra anâhita,
d. h. hilfreiche, unbefleckte
Ardvi, lautet, eigentlich ein großer
Strom, der auf dem
Berge Hukairja entspringt und im See
Vourukasha mündet, aber zugleich am Himmel
[* 11] jenseits der
Sonne
[* 12] in voller Reinheit fließt. Sie ist die
Göttin des vom Himmel strömenden, alle
Fruchtbarkeit schaffenden Wassers. Personifiziert erscheint sie als schöne kräftige
Jungfrau, mit einem Biberpelz umhüllt und auf einem von vier weißen
Pferden gezogenen Wagen fahrend.
In den altpers.
Keilinschriften
kommt sie erst unter
Artaxerxes Mnemon vor; die klassischen Schriftsteller nennen sie die pers.
Artemis
[* 13] und schildern sie als
Aphrodite,
[* 14] ihren Kult als hierodulisch (s. Hierodulen). -
der
Heilige, angeblich einer der ersten
Bischöfe der christl. Gemeinde in
Rom, gilt
als zweiter oder dritter Nachfolger des
Petrus und soll 79-91
Bischof gewesen sein. Spätere Verzeichnisse haben wegen der
doppelten Schreibweise seines
Namens (bald Anenkletus, bald Kletus) statt seiner zwei Päpste. Die
Kirche feiert sein
Gedächtnis
am 13. Juli. - Anakletus II., eigentlich Pietro Pierleoni, aus einer jüd.
Familie stammend, Mönch, dann Kardinal und Legat in
Frankreich und England, wurde 1130 von einem
Teil des röm.
Adels gegen
Innocenz II. zum Papst gewählt und behauptete sich, von
Rom, Mailand
[* 15] und dem
Grafen Roger von
Sicilien, dem er den Königstitel
gab, anerkannt, bis zu seinem
Tode (1138), obschon Innocenz II. von
Kaiser Lothar II. unterstützt und
mit Waffengewalt in
Rom eingeführt wurde.
oder Anakoluthie (grch.), in der
GrammatikMangel an Folgerichtigkeit der Konstruktion, entsteht durch
deren plötzliche
Veränderung oder
Unterbrechung, besonders nach längern Zwischensätzen, oder durch Weglassung von Wörtern,
die aus dem Zusammenhange ergänzt
¶
mehr
werden müssen. Das rhetorische Anakoluth(on) soll den Affekt zeichnen oder den Hauptbegriff nachdrücklich hervorheben oder auch die
nachlässigere Ausdrucksweise der Umgangssprache nachahmen.