Strafprozeßordn. §§. 197, 200, 463, 494, 501); er kann in gewissen einfachen Fällen (wegen
Übertretungen, wenn der vorgeführte
Beschuldigte die That eingesteht, ferner in Forst- und Feldrügesachen) auch ohne Zuziehung von Schöffen verhandeln und
erkennen (Strafprozeßordn. §. 211; Einführungsgesetz §. 3). Die Amtsgerichte sind ferner zuständig für den
Erlaß von
Strafbefehlen (s. d.) und in schöffengerichtlichen Sachen für die Strafvollstreckung,
sofern ihnen dieselbe durch
Anordnung der Landesjustizverwaltung übertragen ist (Strafprozeßordn. §§. 447, 483).
Neben dieser durch die Reichsgesetze begründeten Zuständigkeit für die ordentliche
streitige Gerichtsbarkeit kann den Amtsgerichte durch
die Landesgesetzgebung jede andere Art der Gerichtsbarkeit übertragen werden. So sind in
Preußen
[* 2] durch
das Ausführungsgesetz vom den Amtsgerichte überwiesen die
Führung der Handelsregister, der Genossenschaftsregister, der
Musterregister, der
Schiffsregister, ferner alle Angelegenheiten, welche nach der frühern Gesetzgebung durch Einzelrichter
zu erledigen waren, insbesondere aber das Verlassenschaftswesen, die Vollziehung,
Beurkundung und
Bestätigung von Handlungen
der nicht streitigen Gerichtsbarkeit, die
Verwaltung und
Beaufsichtigung von
Stiftungen, die
Geschäfte des
Grundbuchrichters und des Vormundschaftsrichters.
Endlich sind die Amtsgerichte verpflichtet, dem Ersuchen anderer Gerichte in Sachen der streitigen Gerichtsbarkeit
um Rechtshilfe (s. d.) zu entsprechen (Gerichtsverfassungsgesetz §. 158), in
Preußen auch in Angelegenheiten, welche zu der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehören (§. 87 desPreuß.
Ausführungsgesetzes). Im
DeutschenReiche bestanden 1890 bei einer Zahl von 49 421 259 Gerichtseingesessenen 1915 Amtsgerichte, so daß
durchschnittlich auf 25 808 E. ein Amtsgericht kommt. Von diesen sind 817 mit nur einem, 216 mit mehr als drei
Richtern besetzt.
Die Zahl der
Amtsrichter beträgt 4329, so daß auf einen
Amtsrichter durchschnittlich 11 417 E. kommen.
-
Vgl. Pfafferoth, Jahrbuch der deutschen Gerichtsverfassung (Berl. 1880-86).
im Königreich
Sachsen
[* 3] ein Verwaltungsbezirk, Unterabteilung der Kreishauptmannschaft (Regierungsbezirk),
ziemlich entsprechend dem preuß.
Kreis
[* 4] (s. d.). An der
Spitze derVerwaltung steht der Amtshauptmann. Die
Amtshauptmannschaft ist Gemeindeaufsichtsbehörde für Landgemeinden sowie für kleine und mittlere
Städte und überwacht die örtliche Polizeiverwaltung
des
Bezirks, soweit dieselbe den Gemeinden überlassen ist. Sie ist ferner
Beschwerde- und Rekursinstanz in allen Angelegenheiten,
in welchen die Gemeindeorgane der mittlern und kleinen
Städte sowie des platten
Landes in erster Instanz entscheiden.
Es bestehen im ganzen 27 Amtshauptmannschaft; über deren Sitze und Verteilung unter die Kreishauptmannschaften s.
Bautzen,
[* 5]
Dresden,
[* 6]
Leipzig,
[* 7]
Zwickau.
[* 8] Die Gehalte der Amtshauptleute betragen 4800-7800 M.
Es ist eine Forderung der Gerechtigkeit, daß der
Beamte, welcher die ihm gegenüber Dritten gesetzlich
obliegende Amtspflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, dem Dritten auf Ersatz des ihm
dadurch erwachsenen Schadens hafte. Den Machtmitteln des
Amtes muß die volle Verantwortlichkeit zur Seite stehen. So
vor
allem das
Preuß. Allg. Landr. II, 10, §.89, nur giebt es den Schadenersatzanspruch erst, wenn kein anderes gesetzliches
Mittel, durch welches den nachteiligen Folgen abgeholfen werden kann, mehr übrig ist; richtiger
nimmt das Sächs.
Bürgerl. Gesetzb. §§. 1506, 1507 die Haftung für den Fall aus, daß der Beschädigte unterlassen hat, die gesetzlichen
Mittel zu gebrauchen, durch welche er die Schadenzufügung hätte abwenden können.
Andere Gesetzgebungen nehmen, wie das
Franz.
und das Österr. Gesetzbuch, den
Beamten von der allgemeinen
Anordnung, daß jeder für den einem andern
durch unrechte That vorsätzlich oder fahrlässig zugefügten Schaden hafte, nicht aus, und machen damit den
Beamten und zwar,
wie das
Preuß. Allg.
Landrecht bei Fahrlässigkeit, für jedes Versehen haftbar; während er nach sächs. Gesetz
nur für grobe Fahrlässigkeit haften soll. Nach dem
DeutschenEntwurf (§. 762) ist der
Beamte bei Fahrlässigkeit
erst haftbar, wenn der Beschädigte nicht auf andere
Weise Ersatz zu erlangen vermag.
Nur werden diejenigen reichs- und landesgesetzlichen Bestimmungen nicht berührt, nach welchen erst die Vorentscheidung einer
besondern
Behörde erforderlich ist,
ob derBeamte sich einer Überschreitung seiner Amtsbefugnisse oder
der Unterlassung einer Amtshandlung schuldig gemacht hat. Eine Ausnahmestellung nehmen die
Richter ein, soweit sie
Recht sprechen.
Da für die beschwerte Partei Rechtsmittel bestehen, auch dem
Richter die volle Unabhängigkeit zu gewähren ist, hat man
es schon im ältern röm.
Recht und in den ältern deutschen Reichsgesetzen für angemessen erachtet,
die Haftung des
Richters auf den Fall vorsätzlicher Rechtsbeugung einzuschränken; sehr zweckmäßig hat deshalb auch der
Deutsche
[* 9]
Entwurf §. 762 den
Beamten, welcher bei Leitung oder
Entscheidung einer Rechtssache seine Amtspflicht verletzt, für den Schaden
(pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des
Amtes ausgenommen) nur dann verantwortlich
erklärt, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen
Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen
Strafe
bedroht ist.
Auch der franz.
Richter haftet, abgesehen von den Fällen, in welchen das Gesetz die Regreßklage ausdrücklich zugelassen
oder die
Richter für
Schadenersatz verantwortlich erklärt hat, nur, wenn er sich im gerichtlichenVerfahren
oder bei einer
Entscheidung einer
Arglist, eines
Betrugs oder einer
Erpressung schuldig gemacht hat, oder wenn eine Verweigerung
der Rechtsprechung vorliegt
(Code de procédure Art. 505 fg.). Dagegen hat das Österr. Gesetz vom ohne eine derartige
Einschränkung den Grundsatz ausgesprochen: Wenn ein richterlicher Beamter in der Ausübung seiner amtlichen
Wirksamkeit durch
Übergehung seiner Amtspflicht einer Partei eine Rechtsverletzung und dadurch einen Schaden zugefügt hat, gegen
welchen die in dem gerichtlichen
Verfahren vorgezeichneten Rechtsmittel eine Abhilfe nicht gewähren, so ist die beschädigte
Partei nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt, den Ersatz des Schadens mittels Klage gegen den schuldtragenden richterlichen
Beamten allein, oder gegen den
Staat allein oder gegen beide anzusprechen. Diese Haftung des
Reichs und des
Staaten, in deren
Namen und mit deren Machtmitteln der
Beamte die
Amtsgewalt handhabt, für den durch Verletzung einer Amtspflicht erwachsenen Schaden
ist leider noch nicht allgemein anerkannt; auch der Deutsche
Entwurf ist dieser Regelung aus dem Wege
gegangen.
¶
mehr
Daß der Staat da, wo die Beamten in seinem Namen kontrahieren, wie bei Hinterlegungen, oder bei in allgemeinem Interesse getroffenen
Einrichtungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wie Führung der Grund- und Hypothekenbücher, für den durch Versehen entstandenen
Schaden wenigstens subsidiär hafte, sollte nirgends mehr bestritten werden.