mehr
ward ein Kolonialland für Frankreich, England und Holland. Die Spanier eroberten und besetzten die Hochländer der Anden und die schon civilisierten Gegenden A.s, ließen sich unter der einheimischen Bevölkerung [* 2] nieder und machten letztere zu ihren Arbeitern und Unterthanen. Die Portugiesen im Süden und die Engländer im Norden [* 3] kolonisierten die Ostküsten, verdrängten die Eingeborenen und bildeten neue Gemeinwesen, in die südlich mehr, nördlich weniger amerik.
Elemente übergingen, in denen jedoch zwei verschiedene Entwicklungswege verfolgt wurden. Die einen bewohnten ein Land, in Klima [* 4] und Boden ihrem Vaterlande ähnlich, und konnten europäisch bleiben; die andern wählten die Äquinoktialgegenden zu neuer, ungewohnter Heimat und holten Negersklaven zur Arbeit über den Ocean. Auf solche Weise gestaltete sich eine natürliche Verteilung der verschiedenen Elemente auf amerik. Boden. In Nordamerika [* 5] wurde der Südosten europäisch, die Indianerstämme zogen sich nach Norden und Westen zurück; in Südamerika [* 6] dagegen wurden dieselben von allen Seiten umschlossen; sie berühren nur im Orinoco- und Amazonendelta und in Patagonien den Ocean.
Mittelamerika und das westl. Südamerika wurden Vereinigungsländer von Europäern und Eingeborenen; die östl. Küstenländer zwischen dem 35.° nördl. und dem 35.° südl. Br. wurden europ. Länder mit Sklaven und jenseit dieser Parallelen solche ohne Sklaven. Das europäisierte Amerika [* 7] bietet daher drei Kasten dar: die Europäer, die Eingeborenen und die Neger. Ihre Farbe sondert scharf; die sie trennenden Schranken sind jedoch nicht überall von gleicher Festigkeit. [* 8] Der Spanier und Portugiese verschmilzt leicht mit dem Eingeborenen; der Angloamerikaner aber scheidet sich streng von ihm. Der Einfluß der Weißen ist entscheidend für die Entwicklung der socialen Zustände, denn er beherrscht durch seine Geistesüberlegenheit den stumpfen Eingeborenen, den sinnlichen Neger, selbst den unternehmenden und thätigen Mulatten.
Die roman.
Weißen im
Süden haben indessen eine andere
Civilisation als die germanischen im nördlichen Amerika
Spanier und Portugiesen
kamen aus dem roman., kath., von unumschränkten Fürsten beherrschten
Südeuropa. Sie verließen ihr Vaterland, verlockt durch die Schätze der
Neuen Welt; sie bezogen einen
ungewohnten Himmelsstrich, unter dem viele
vor der Zeit starben, andere geistig entkräftet wurden. Ein br
eiter Ocean trennte
durch widerwärtige Strömungen den Kolonisten von der
Heimat.
Gewalt drängte dem Einheimischen den
Katholicismus auf, aber die
Civilisation faßte nicht feste
Wurzel;
[* 9] das
Volk wurde unwissend gelassen, Verkehr, Gewerbfleiß und
Handel waren gehemmt. Aus den
Kolonien wurden später selbständige
Staaten, schließlich sämtlich Republiken, aber unaufhörliche Erschütterungen verhinderten eine gedeihliche
Entwicklung.
Anders im Norden. Der brit.
Ansiedler kam als
Stellvertreter des germanischen, gewerbsamen und freien Europas in einen
Erdstrich,
seiner
Heimat ähnlich. Er fand zunächst weder
Gold
[* 10] noch
Edelsteine,
[* 11] wohl aber einen
Boden, der auf die
arbeitende
Hand
[* 12] wartete, um zu belohnen.
Der Verkehr mit dem Mutterlande war leicht, und geistig wie kommerziell bald belebt und innig. Der größte Teil der engl. Ansiedler wurde eine unabhängige Nation; ein großer Bund republikanischer Staaten bildete sich. Nicht bloß Metalle und Kolonialwaren wanderten von Amerika nach der Alten Welt, sondern auch die geistige Frische neuer polit. Theorien wirkte mächtig zurück. So steht ein romanisches und germanisches in scharfem Gegensatz einander gegenüber. In einem wichtigen Punkte aber treffen sie doch zusammen, beiden fehlen nämlich politisch bevorrechtete Stände.
Dieser Grundcharakter der amerik. Civilisation greift wesentlich ein in die Staatengeschichte der Neuen Welt. Da die amerik. Kolonien weder fürstl. Familien noch einheimischen Adel besaßen, die die öffentliche Gewalt hätten in Anspruch nehmen können, so mußten sie sich bei ihren Unabhängigkeitserklärungen von den Mutterstaaten schon darum der demokratisch-republikanischen Regierungsform zuwenden. Zugleich aber ging dieser Republikanismus nach zwei Richtungen auseinander.
Man stiftete in Nordamerika, wo es galt, die verschiedensten
Völker und abweichende Bedürfnisse und Neigungen einander anzupassen,
Bundes- oder Föderativstaaten, während sich die gleichartigen span. Volkselemente im
Süden überwiegend der Form des Einheitsstaates
zuneigten. Freilich läßt sich nicht verkennen, daß die jungen, in losen Formen schwebenden
Staats-
und Gesellschaftsbestandteile im Norden wie im
Süden
A.s noch manchen Entwicklungsprozeß zu durchleben haben, ehe sie zu
einer schärfern, sichern und innerlich gegliederten Gestaltung des polit. Lebens werden gelangen können. Im allgemeinen
sind indes die Zustände der von german.
Stämmen kolonisierten
Staaten weit gedeihlicher und geordneter,
die geistige und sittliche
Bildung weit vorgeschrittener und verbr
eiteter als in denjenigen, wo die civilisatorische
Aufgabe
in den
Händen der roman.
Stämme lag.
Staatliches. Die Zahl der selbständigen Staaten A.s beträgt 19, die sämtlich Republiken sind. Größe und Bevölkerung der selbständigen Staaten und der europ. Besitzungen zeigt die folgende Tabelle:
Selbständige Staaten | Jahr | Fläche | Bewohner | auf 1 qkm | ||
---|---|---|---|---|---|---|
Vereinigte Staaten von Amerika | 1890 | 9212300 | 62982244 | 7 | ||
Mexiko | 1894 | 1946523 | 12080725 | 6 | ||
Guatemala | 1891 | 125100 | 1452003 | 12 | ||
Salvador | 1892 | 21070 | 780426 | 37 | ||
Honduras | 1890 | 119820 | 396048 | 3 | ||
Nicaragua | 1888 | 123950 | 282 845* | 1 | ||
Costa-Rica | 1892 | 54070 | 262700 | 4 | ||
Haïti | 1887 | 28676 | 960000 | 33 | ||
Santo Domingo | 1888 | 48577 | 417000 | 9 | ||
Vereinigte Staaten von Venezuela | 1891 | 1539395 | 2323527 | 1 | ||
Columbia | 1870 | 1330875 | 3320530 | 3 | ||
Ecuador | 1890 | 299600 | 1400000 | 4 | ||
Peru | 1890 | 1137000 | 2980000 | 2 | ||
Bolivia | 1890 | 1334200 | 2270000 | 2 | ||
Chile | 1894 | 776000 | 2915332 | 3 | ||
Argentin. Republik | 1892 | 2789400 | 4257000 | 1 | ||
Paraguay | 1887 | 253100 | 330000* | 1 | ||
Uruguay | 1893 | 186920 | 748130 | 4 | ||
Vereinigte | 1888 | 8337218 | 14002335 | 1 | ||
Zusammen: | 29663797 | 114160845 | 3,8 | |||
Kolonien europ. Staaten | Jahr | Fläche | Bewohner | auf 1 qkm | ||
Großbritannien | 1891 | 9474700 | 6719000 | 0,7 | ||
Spanien | 1887 | 128147 | 2430253 | 19 | ||
Frankreich | 1889 | 81993 | 377330 | 4 | ||
Niederlande | 1890 | 130230 | 114035 | 0,8 | ||
Dänemark (mit Grönland) | 1890 | 88459 | 43302 | 0,4 | ||
Zusammen: | 9903529 | 9683920 | 1,4 |
* Ohne die uncivilisierten Indianer.
Die Kolonien und sonstigen Besitzungen der Europäer umfassen folgende Länder:
1) Großbritannien [* 13] ¶
mehr
besitzt in Nordamerika: das Dominion of Canada (bestehend aus den Provinzen Ontario und Quebec [früher Ober- und Niedercanada], Neubraunschweig, Neuschottland mit Kap Breton, die Prinz-Edward-Inseln, Manitoba, Britisch-Columbia und das Nordwest-Territorium, welches die frühern Hudsonbailänder umfaßt);
ferner Neufundland, die Bermuda-Inseln, Britisch-Honduras (Belize) auf der Yucatan-Halbinsel;
b. in Westindien: [* 15] von den Großen Antillen Jamaika;
ferner die Caymans-Inseln, die Turks- und Caïcos-Inseln, die Bahama-Inseln, die Virgin-Islands, St. Kitts (oder St. Christopher mit Anguilla), Nevis (mit Redonda), Antigua (mit Barbuda), Montserrat, Dominica;
Sta. Lucia, St. Vincent, Grenada mit den Grenadinen, Barbados und Tobago, Trinidad;
c. in Südamerika: Britisch-Guayana und die Falklandinseln;
2) Spanien: [* 16] die Inseln Cuba und Portoriko;
3) Frankreich besitzt: St. Barthélemy, Guadeloupe, Martinique und kleine Eilande in den Kleinen Antillen;
die Inseln St. Pierre und Miquelon an der Küste von Neufundland;
sowie einen Teil Guayanas;
4) den Niederlanden gehören: die Antillen unter dem Winde [* 17] Curaçao, Aruba, Buen-Ayre;
die Antillen über dem Winde St. Martin, St. Eustatius, Saba;
sowie ein Teil von Guayana (Surinam);
5) Dänemark [* 18] gehören: Grönland und die virgin. Inseln Ste. Croix, St. Thomas und St. John.
Die Geschichte A.s s. unter den einzelnen Staaten. Eine Übersicht der territorialen Entwicklung derselben giebt die Karte: Geschichtliche Entwicklung der Staaten Amerikas.
Eisenbahnwesen. In Amerika hat sich das Eisenbahnwesen am meisten und schnellsten entwickelt; Ende 1893 bestanden bereits 360 415 km Linien gegen 310 755 km in den übrigen vier Erdteilen zusammen. Davon entfielen auf die Vereinigten Staaten [* 19] 286 183 km, Britisch-Nordamerika 24 172 km, Neufundland 391 km, Mexiko [* 20] 11 1121 km, Costa-Rica, Nicaragua, [* 21] Guatemala, [* 22] Salvador [* 23] und Honduras [* 24] zusammen 1000 km, Brasilien [* 25] 12000 km, Uruguay [* 26] 1800 km, Chile 3100 km, Peru [* 27] 1067 km, Ecuador 300 km, Vereinigte Staaten von Columbia [* 28] 420 km, Bolivia 1000 km, Paraguay 253 km, Britisch-Guayana 35 km, Venezuela 950 km, San Domingo 115 km, Jamaika, Barbados, Trinidad, Martinique, Portoriko u. a. 736 km, und Cuba 1731 km; in Argentinien waren 13 450 km Eisenbahnen im Betrieb. Am dichtesten ist das Netz der Vereinigten Staaten von Amerika (s. d.), in denen auf 100 qkm Flächenraum 3,7 km und auf 10000 E. 42,6 km Eisenbahnen kommen. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl besitzen auch die dünnbevölkerten Staaten A.s mehr Eisenbahnen als die der Alten Welt. Es haben auf 10000 E. Eisenbahnen: Britisch-Nordamerika 50,0 km, Argentinien 31,1 km, Chile 9,7 km, Cuba 10,6 Km und Uruguay 22,7 km, dagegen (1893) Deutschland [* 29] 8,8 km, Osterreich-Ungarn 6,8 km, England 8,6 km, Frankreich 10,3 km, Rußland 3,3 km, Italien [* 30] 4,5 km und Spanien 6,5 km. In Mexiko und Brasilien hat das Eisenbahnnetz sich erst in den letzten Jahren mehr ausgedehnt, in Mexiko 1880-93 von 1120 km auf 11 112 km, in Brasilien von 3200 km auf 12000 km. Besondere Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung des Erdteils haben die, zusammen etwa 32000 km langen und von 13 verschiedenen Gesellschaften betriebenen sog. Überlandbahnen zwischen dem Atlantischen und Stillen Ocean gewonnen (s. Pacific-Eisenbahnen).
Auch in Südamerika wird an den ersten Pacific-Eisenbahnen (hier Transandinische, auch Andenbahnen genannt) eifrig gearbeitet, so an der Vollendung der Bahnen zwischen Buenos-Aires und dem chilen. Eisenbahnnetz. Neuerdings hat sich der Panamerikanische Kongreß für die Herstellung einer Interkontinentalen Eisenbahn (s. d.) ausgesprochen. Amerika besitzt auch die höchst belegene Bahn der Welt, die in Peru von Lima [* 31] nach Oroya in den Cordilleren führt. (S. Cordilleren-Eisenbahnen und Interkolonial-Eisenbahn.)
Die Spurweite der amerik. Bahnen, bei deren Bau man sich möglichst den Bodenverhältnissen anpaßte, ist selbst bei den Hauptbahnen noch heute sehr verschieden. Die Normal-(Voll-)Spur ist die gleiche wie bei den Eisenbahnen der übrigen Länder (4 Fuß 8½ Zoll englisch = 1,435 m). Außerdem finden sich Spurweiten von 0,763 m bis 1,678 m vor. Die brasil. Bahnen besitzen meist eine Spurweite von 1 m. Neuerdings sind mehrere Bahnen in normalspurige Bahnen umgebaut worden, so die südl. Bahnen der Vereinigten Staaten von 1,525 m auf eine der Vollspur fast gleiche Spurweite von 4 Fuß 9 Zoll, statt 4 Fuß 8½ Zoll. Auf der Eriebahn liegen drei Schienen; sie hat neben der Breitspur von 1,830 m auch die Vollspur von 1,435 m.
Das herrschende Eisenbahnsystem A.s ist das der Privatbahnen. [* 32] In den Vereinigten Staaten, in Britisch-Amerika und in Mexiko bestehen gegenwärtig nur Privatbahnen, in den mittel- und südamerik. Staaten, besonders in Brasilien, Chile und Argentinien befinden sich auch viele Bahnen im Eigentum und der Verwaltung des Staates.
Nähere Angaben über die Eisenbahnen der einzelnen Länder und Staaten sind in den betreffenden Einzelartikeln enthalten.
Eine Zusammenstellung der wichtigsten amerik. Eisenbahnen, deren Papiere an deutschen Börsen gehandelt werden, s. auf der Tabelle S. 519.
Entdeckungsgeschichte. Das Verdienst, das amerik. Festland Europa [* 33] zuerst erschlossen zu haben, gebührt dem Genuesen Christoph Columbus (s. d.), der auf seiner ersten Entdeckungsreise Guanahani, eine der Bahama-Inseln, auffand, die er San Salvador nannte. Was das Altertum über ferne Länder im westl. Ocean berichtet, ist Fabel. Die Behauptung de Guignes' des Ältern, daß die Chinesen seit dem 5. Jahrh. n. Chr. Amerika gekannt, ist nicht völlig unwahrscheinlich, obwohl das Land Fusang, wohin der buddhistische Glaubensbote Hwischan gekommen sein will, Rinder [* 34] und Pferde [* 35] besessen haben soll, welche in Amerika erst im 15. Jahrh. eingeführt worden sind.
Dagegen steht urkundlich fest, daß Normannen seit dem 10. Jahrh. Grönland bewohnt haben. Von Island [* 36] aus wurde Grönland 982 durch Erik den Roten besucht und drei Jahre später besiedelt. Sein Sohn Leif, der 999 nach Norwegen [* 37] gegangen und Christ geworden war, wurde, als er 1000 nach Grönland zurückkehrte, aus seinem Kurs nach Süden verschlagen und entdeckte die Ostküste von Nordamerika von Neuschottland bis Labrador. Der Waldreichtum und der wilde Wein im Süden erregten die Aufmerksamkeit der Normannen; aber von einer Ansiedelung war keine Rede, Leif kam noch im Herbste des J. 1000 nach Grönland zurück. Hier rüstete man sich, die Entdeckung zu verfolgen; aber der erste Zug, an dem auch der alte Erich teilnahm, schlug fehl, man erreichte das gesuchte Land nicht. So kam denn erst 1003 eine ¶