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und blumenreichen Triften, und endlich die der alpinen Gerölle mit lockerm, sich allmählich im ewigen Schnee [* 2] verlierendem Pflanzenwuchs weniger sehr harter Stauden (in der Schweiz [* 3] noch 340 Arten zerstreut über 2600 m hoch vorkommend!), Moose [* 4] und Steinflechten. Die Flora der Hochalpenregion zeigt auffallende Übereinstimmung mit derjenigen der arktischen Zone, weniger in den äußersten Vorposten der Holzpflanzen. Eigentümlich verschieden ist auch die Reihenfolge, in der in den [* 5] von unten nach oben, in der nordeurop.
Zone von S. nach N. die gleichen Holzgewächse nacheinander verschwinden. In den Alpen bleibt zuerst die Eiche zurück, dann folgen Kiefer, Buche, Birke, Fichte [* 6] und Erle; im N. dagegen verschwindet zuerst die Buche, dann die Eiche, Kiefer, Fichte und Birke. Die Rebe gedeiht in den nördlichen Alpen bis zu etwa 500, in den Centralalpen bis zu 600, am Südabhange bis zu 900 m ü. d. M. Die mittlere Getreidegrenze liegt bei 900, bez. 1300 und 1550 m, jedoch steigt die Kultur an einzelnen Stellen bis zu 1200 und 1650, in den Südalpen sogar bis zu 1950 m empor. - Die Regionen erreichen selbstverständlich in den Hauptgruppen der und je nach der Lage der einzelnen Berge eine verschiedene Höhe, sind auch nicht so scharf umgrenzt, wie man glauben möchte, sondern zeigen vielfältige natürliche Übergänge. Im Tessin herrscht die eßbare Kastanie bis 900 m, die Buche bis über 1500, die Nadelhölzer [* 7] bis 2200 und einzelne Bäume gehen im Strauchgürtel sogar bis 2100 m; im Allgäu fehlt die Kastanie, die Buche herrscht bis 1400 m, der Nadelwald von da bis 1750 m und die Arve (Zirbelkiefer) steigt vereinzelt bis 1870 m. In diesen Regionen sinkt die Vegetationszeit allmählich von acht auf fünf Monate, um sich in den beiden obersten auf vier oder zwei Monate zu verkürzen. Zwergweiden, die nicht mehr Gesträuche zu nennen sind, steigen im Allgäu noch über 2500 m hoch (Salix herbacea L.), und hier ist die Heimat der mannigfaltigen Primulaceen, Gentianen, niedern Kruciferen, [* 8] Steinbrecharten, Ranunkeln, Glockenblumen und Nelkengewächse mit frostharten Gräsern, Riedgräsern und Binsen. (S. Alpenpflanzen.)
Tierwelt. Diese ist im ganzen weniger als die Pflanzenwelt an bestimmte Klimate und Höhenstufen gebunden und bietet deshalb in den Alpen wenig Eigentümliches, nur finden sich als Überreste aus der Eiszeit [* 9] (s. d.) eine Anzahl nordischer Formen. Abgesehen von den großen gezüchteten Rinder-, Ziegen- und Schaf-, auch wohl Pferdeherden, ist sie nicht besonders zahlreich; die früher den Alpen einheimischen Tiere sind durch die wachsende Kultur teils ausgerottet, teils in die unwirtlichsten und unzugänglichsten Gegenden zurückgedrängt worden.
Den obersten Zonen sind eigentümlich: der Steinbock, der fast nur in den Grajischen Alpen noch vorkommt, die Gemse, das Murmeltier, das unmittelbar unter der Schneegrenze haust, der Alpenhase und die Alpenschneemaus (Hypudaeus alpinus Wegl.) auf dem Finsteraarhorn nach von Tschudi bis 3700 m. Vorkommende Vögel [* 10] sind: der Lämmergeier, der Steinadler, das Schneehuhn, der Schneefink, die Alpendohle und die Alpenkrähe, der Alpenfluhvogel. In den mittlern Stufen hausen das Auerhuhn, das Birkhuhn und das Steinhuhn, der Nußheher, der Alpensegler, der Mauerläufer, [* 11] der Alpensalamander, die redische, die schwarze und die gemeine Viper.
Wolf und Fuchs, [* 12] Wildkatze und Luchs, Wiesel [* 13] und Hermeline, sonst Thalbewohner, sind wie der Bär, der am häufigsten in den Südrhätischen und Ortleralpen vorkommt, durch die Kultur aus den untern Gegenden verdrängt worden und streifen und wohnen nun selbst noch oberhalb der Baumgrenze. Die Alpengewässer sind reich an Fischen, besonders an Forellen (See-, Bach- und Rotforellen), Saiblingen, Schmerlen, Hechten, Barschen und Äschen. Die meisten niedern Tierarten sind nicht bis zur Schneelinie verbreitet und die Zahl der Arten nimmt von unten nach oben rasch ab, es finden sich aber eine nicht unbedeutende Anzahl den Alpen ausschließlich eigentümliche Arten oder Ortsrassen.
Als ständige, nicht verschlagene Bewohner werden über 2200 m folgende niedere Tiere beobachtet: 2 Schnecken, [* 14] etwa ein Dutzend Schmetterlinge, [* 15] von Käfern eine Anzahl Lauf-, Raub- und Flugkäfer, eine Chrysomeli;
von Hautflügern die Felshummel, eine Blattwespe, die Bienenameise (Mutilla europaea L.), ferner eine Grille, einige Spinntiere, darunter mehrere Milben und bis 3240 m ein Weberknecht (Opilio glacialis Brem.), eine Höhe, bis zu der selbst der Gletscherfloh (s. d.) nicht steigt.
Bevölkerung. [* 16] Die ältesten Spuren menschlicher Ansiedelungen in den Alpen sind die Pfahlbauten, [* 17] deren Überreste überall in den Seen am Rande des Gebirges, besonders zahlreich im Genfer, Züricher und Bodensee, auch im Starnberger oder Würmsee und in vielen kleinern, zum Teil versumpften Auswaschungsseen der Hochebene vorkommen. Auch der Südrand der Alpen hat im Lago Maggiore spärliche Überreste von Pfahlbauten aufzuweisen. Wie die vorgefundenen Stein- und Bronzewaffen und Werkzeuge [* 18] beweisen, sind die ältesten dieser Pfahlbauten vorrömisch, und das Volk, welches sie zum Schutz vor feindlichen Angriffen in die Seen hinausbaute, mag zu den Kelten oder Galliern gehört haben, die auch in röm. Zeit in verschiedene Stämme, wie Allobroger, Kaluriger, Nantuaten, Helvetier, Karner u. s. w., geteilt, die Alpen bewohnten. Ob die Rhätier, welche, von den Seen am Südfuße der Alpen nach N. bis zum Bodensee und zur bayr. Hochebene, das heutige Graubünden, Veltlin, Tirol [* 19] und Vorarlberg nebst dem bayr. Hochlande bewohnten, ebenfalls keltischen oder, wie von Niebuhr und O. Müller angenommen wird, etrur. Stammes waren, ist noch unentschieden.
Alle Völkerschaften der Alpen wurden nach und nach, die Helvetier z. B. 57 v. Chr., die Rhätier 15 v. Chr., von den Römern unterworfen und blieben, Sprache [* 20] und Sitten der Eroberer annehmend, unter röm. Herrschaft bis zur Völkerwanderung, welche german. und slaw. Völker zur dauernden Ansiedelung in den Alpen führte. Burgundionen, Alamannen und Bajuvaren besetzten den nördl. Teil, der in Sprache und Sitte seither germanisch geblieben ist. Langobarden und Ostgoten drangen in die südl. Thäler, Slowenen oder Winden [* 21] gegen das Ende des 6. Jahrh. in den Südosten der Alpen ein, in dem die slaw. Sprache die herrschende geblieben ist. Durch die Völkerwanderung weniger berührt, behielten die Westalpen ihre kelt.-röm. Bevölkerung; auch auf dem Südabhang gewann diese rasch wieder die Oberhand, und die Stämme der Ostgoten und Langobarden gingen teilweise in ihr auf.
Auf dem Gebiete der Alpen finden sich also alle drei großen Völkerfamilien des indo-german. Sprachstammes, die Germanen (Deutsch-Schweizer, Bayern, [* 22] Tiroler, Österreicher u. s. w.) in der Mitte, im N. und O., Romanen (Franzosen, Italiener, Furlaner ¶
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und Rhäto-Romanen) im W. und S., Slawen im SO. Von den etwa 9 Mill. Bewohnern der Alpen mögen 33,4 Proz. deutscher, 25,6 französischer, 29,4 italienischer, furlanischer oder ladinischer, 10,0 Proz. slaw. Zunge sein. Die franz. Sprache herrscht in den Westalpen, in Savoyen, in der Dauphine, der Provence und in der südwestl. Schweiz und dringt über die Wasserscheide in das Pogebiet ein. Die ital. Sprache beherrscht den Südabhang der Alpen, die Alpenländer der Lombardei, den Kanton Tessin [* 24] und vier Thäler des Kantons Graubünden in der Schweiz, Südtirol, Venetien und Görz. [* 25] In Friaul geht sie in die furlanische Sprache über.
Die rhäto-roman. Sprache (ladinisch) ist auf den Kanton Graubünden (Bündner Oberland, Schams, Oberhalbstein und Engadin) und auf die Thäler Fassa, Gröden, Enneberg und Buchenstein in Südtirol beschränkt und wird allmählich teils vom Deutschen, teils vom Italienischen verdrängt. Die Slawen der Alpen bewohnen in Kärnten und Krain [* 26] das ganze Savegebiet, das untere Gailthal in Kärnten, die rechte Seite des Drauthals und unterhalb Unterdrauburg beide Seiten, das unterste Murthal, das obere Isonzothal und das südöstl.
Vorland der Alpen, das Krainer Kalkplateau mit Ausnahme der deutschen Sprachinsel Gottschee. Die deutsche Sprache, in viele Dialekte geteilt, beherrscht das ganze übrige Alpengebiet und bildet im ital. Gebiete zahlreiche Sprachinseln, so in den Thälern von Gressoney, Alagna und Anzasca am Südfuße des Monte-Rosa, im Formazzathale an der obern Toce, im Averser Thal [* 27] in Graubünden, in den Sette und Tredeci Communi der Vicentinischen und in Sappada (Bladen). Die bunteste Abwechselung der Sprachen zeigen Graubünden, Südtirol und der Gerichtsbezirk Tarvis in Kärnten.
Die Gegensätze zwischen dem warmen Süd- und dem rauhern Nordabfall, zwischen dem dem Ackerbau zugänglichen Voralpen- und Thalboden und dem armen, nur für die Viehzucht [* 28] geeigneten Mittel- und Hochalpenland, vor allem aber die allerdings durch viele Übergänge und Mischungen teilweise verwischte Stammesverschiedenheit der Alpenbewohner machen es fast unmöglich, einen scharf hervorstechenden alpinen Typus aufzustellen. Im allgemeinen jedoch ist der Alpenbewohner schlanker gebaut, gelenkiger und sehniger als der Bewohner des Hügellandes und der Ebene, dafür fehlt ihm aber oft die nachhaltige Kraft, [* 29] die den Bauern der niedern Gegenden eigen ist.
Der Schritt des berggewohnten Älplers ist geschmeidig, der Tritt sicher, die Haltung frei und ungezwungen. Die Sinne, besonders Auge [* 30] und Ohr, [* 31] sind scharf; das Gesicht [* 32] zeigt gewöhnlich ausgeprägte Züge, bei den Frauen oft von überraschender Feinheit. Große, den Mittelwuchs überragende Gestalten finden sich besonders im bayr. Hochlande, in Tirol, im Berner Oberland und in Graubünden. In vielen Alpengegenden sind die Frauen, an harte Arbeit gewöhnt, verhältnismäßig kräftiger als die Männer. Im steten Kampfe mit einer übermächtigen Natur stählen sich Körper und Geist des Alpenbewohners; mit der Gefahr vertraut, ist er entschlossen, bei aller Kühnheit besonnen und besitzt mehr Geistesgegenwart und Findigkeit als der Bauer der Ebenen.
Als Schattenseite zu diesen allgemeinen Kennzeichen des Älplers tritt in manchen Thälern der Kretinismus (s. Kretinen). Die Städte der Alpen sind meist klein, eng zusammengedrängt; die meisten besitzen kaum 15000 E. Die Dörfer, in den tiefen Thälern und im Voralpenlande bequem und behäbig ausgebreitet, drängen sich in den Hochthälern zu wirren Häuserklumpen rings um die Kirche zusammen. Ein großer Teil der Bevölkerung wohnt aber, besonders im N., außerhalb der Städtchen und Dörfer, in vereinzelten Höfen, im Sommer in den Sennhütten der Alpweiden. Während auf der Nordseite der Holzbau in den Alpen vorherrscht, sind die Dörfer und sogar die Sennhütten des S. und W. meist aus Steinen erbaut und die stadtartig gebauten ital. und franz. Alpendörfer bilden mit ihren finstern, fast fensterlosen, ruinenartigen Steinhäusern einen scharfen Gegensatz zu den freundlichen und zierlichen Holzbauten des Nordabhangs.
Erwerbsquellen. Die Bodenkultur der Alpen richtet sich nach dem Klima, [* 33] der Lage und dem Boden. Die Grenzen [* 34] der Kulturzonen sind oben angegeben. In den tiefern Lagen, besonders im S. und W., sind Mais, Weizen und Spelz die herrschenden Getreidearten, in den höhern werden sie durch Hafer [* 35] und Roggen ersetzt, und die Gerste [* 36] bildet die obere Grenze des Getreidebaues. Hülsenfrüchte und Kartoffeln, im S. auch Kastanien sind neben dem Getreide [* 37] und den Produkten der Viehzucht die Hauptnahrung.
Südfrüchte kommen nur am südl. Abfalle vor, dagegen steigt der Obstbau hier und da bis in die Zone der Nadelhölzer empor. Kirsch-, Apfel- und Birnbäume finden sich in den Central- und Westalpen in geschützten Thälern noch bis zu 1200-1500 m. Der Weinbau, der besonders in Steiermark, [* 38] Südtirol, Veltlin, Wallis und Piemont geschätzte Weine liefert, überschreitet selten die untere Laubwaldregion. In den Thälern und den niedrigen Voralpen mit der Landwirtschaft verbunden, wird die Viehzucht, hauptsächlich die Rinderzucht, in den obern Regionen als Alpenwirtschaft selbständig betrieben und liefert für den Handel Käse, Butter und Milchzucker.
Besonders bekannt ist die Alpenwirtschaft der nördl. Voralpen mit ihren Greyerzer und Emmenthaler Käsen u. s. w. Weder die Schweinezucht, noch die Pferdezucht [* 39] der Alpen sind von großer Bedeutung; letztere beschränkt sich größtenteils auf das Voralpengebiet, doch werden auch in den Hochalpen, besonders im S., treffliche Maultiere für den Saumverkehr und im Pinzgau (Salzburg) [* 40] schwere Zugpferde gezüchtet. Größere Ziegen- und Schafherden werden nur da gehalten, wo die Alpweiden für die Rinder [* 41] schwer zugänglich oder zu spärlich sind, so in Graubünden und im Tessin. Die Rinderherden werden im Sommer dem weichenden Schnee nach allmählich von den untern Alpstufen oder Staffeln zu den obern zur Weide [* 42] getrieben und im Herbst wieder zurück, um in den Stallungen der Thaldörfer zu überwintern (s. Alp). Die Zahl der hauptsächlich mit der Alpenwirtschaft beschäftigten Alpenbewohner mag etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung betragen. (S. Alpenwirtschaften.)
Da Ackerbau und Viehzucht nicht hinreichenden Ertrag liefern, um die verhältnismäßig starke Bevölkerung zu ernähren, so ist ein großer Teil derselben auf andere Erwerbsquellen angewiesen und beschäftigt sich mit dem Fällen und Flößen des Holzes, mit Bergbau [* 43] und Verhüttung der Erze, an den großen Bergstraßen mit Durchgangsverkehr, d. h. mit der Beförderung von Reisenden und Waren. Von eigentlichen Industriezweigen der Alpenbewohner verdienen Erwähnung: die Eisenindustrie von Steiermark, Oberösterreich und Tirol, die Zucht der Seidenraupe und die Seidenspinnerei am ¶