Almeida-Garrett,
João Baptista de Silva Leitão, Visconde d', portug. Dichter, geb. zu Oporto, [* 2] begann 1814 in Coimbra das Rechtsstudium. In diese Zeit fallen viele lyrische Gedichte im Geschmack der Arcadia, der er als Jonio Duriense angehörte («Lyrica de João Minimo»),
Spanien und Portugal

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Portugal.zahlreiche epische Versuche und die Tragödien «Xerxes», «Lucrecia» und «Merope». Wegen des «Retrato de Venus», eines graziösen, aber nach der Ansicht der herrschenden Orthodoxie schlüpfrigen Lehrgedichts zur Verherrlichung der Malerei, verfolgt, lenkte er durch mutige Verteidigung die Aufmerksamkeit auf sich. Seine Tragödie «Catão» (1820) zählt zu den besten der portug. Litteratur. Als die Reaktion 1823 der Sekretär [* 3] im Ministerium des Innern war, verbannte, wandte er sich nach England, 1824 nach Havre, [* 4] kehrte 1826 zurück, wurde aber 1828 unter Dom Miguel eingekerkert und entfloh wieder nach England, 1832 nach Terceira, von wo aus er mit Dom Pedro in Portugal [* 5] landete, der ihm das Ministerium des Innern übertrug; 1834-30 war er Geschäftsträger in Brüssel. [* 6]
Nach dem Umschwunge von 1836 in die Cortes von 1837 gewählt, zeigte er sich als gewandter Redner. Fortwährend litterarisch beschäftigt, starb er zu Lissabon. [* 7] Almeida-Garrett befreite die portug. Poesie von den Fesseln des Pseudoklassicismus und hauchte ihr unter dem Einflusse der Romantik und der heimischen Volksdichtung neues Leben ein. Im Geiste der Romantik verfaßte in Frankreich «Camões» (Par. 1825; 8. Aufl. 1880; deutsch von Graf Almeida-Garrett F. von Schack, Stuttg. 1890),
das bedeutendste neuportug. Epos, und «Dona Branca» (Par. 1826),
eine episch-lyrische Dichtung, die vorzüglich das Mönchtum geißelt. Es folgten «Adozinda» (1828) und «Bernal-Francez» (1829),
wo Almeida-Garrett zuerst Bruchstücke alter Volksromanzen bearbeitete. Der erste Band [* 8] seines schätzbarsten Werkes, «Romanceiro» (3 Bde., Lissab. 1851-53),
enthält außer diesen beiden Bearbeitungen: «Noite de S. João», «O anjo e a Princesa», «O chapim d' elrei», «Rosalinda», «Miragaia» und «As Pėgas de Cintra»;
den zweiten und dritten füllen 32 alte Ritter- und Sagenromanzen, in stark abgerundeter und verfeinerter Redaktion;
F.Wolf teilte eine Auswahl
in
«Proben portug. und catalon. Volksromanzen»
(Wien
[* 9] 1856) mit;
15 Nummern verdeutschte Schack in dem mit Geibel herausgegebenen «Romanzero der Spanier und Portugiesen» (Stuttg. 1860).
Das Verdienst des ersten Anstoßes zu der neuern gründlichen Erforschung der portug. Volkspoesie (s. Braga) gebührt Almeida-Garrett. Er schuf auch ein Nationaltheater, dem er kurze Zeit als Generalintendant vorstand. Sein «Auto de Gil-Vicente» (1838) erklären portug. Kunstrichter für das erste rein nationale Drama. Ebenfalls rein nationale Stoffe behandeln «D. Filippa de Vilhena» (1840),
«Alfageme de Santarem» (1841) und «Frei Luiz de Sousa» (Lissab. 1844; deutsch von W. L., Frankf. a. M. 1847),
von denen letzteres den meisten Beifall fand. Unter A.s Prosaschriften sind die Novelle «Viagens na minha terra» Lissab. 1837: deutsch von Almeida-Garrett Seubert als «Der Mönch von Santarem», Lpz.
1878) und der histor. Roman «O Arco de Santa Anna» (1846) am bekanntesten. Sein letztes Werk sind die lyrischen «Folha cahidas» (Lissab. 1852),
voll eigentümlicher Anmut. Almeida-Garrett ist der bedeutendste neuportug. Dichter. Nach dem Tode erschien eine Gesamtausgabe «Obras» (25 Bde., Lissab. 1854-77),
in der aus dem reichen handschriftlichen Nachlaß nur «Helena» gedruckt ist (1871). -
Vgl. Gomes de Amorim, Garrett.
Memorias biographicas, Bd. 1-3 (Lissab. 1881-88).