Die Evangelischen lehren allerdings ebenfalls die alleinseligmachende Kraft der Kirche, verstehen darunter aber im Unterschiede
von jeder Partikularkirche die wahre Kirche oder die Gemeinschaft der Heiligen, deren Glieder in sehr verschiedenen Sonderkirchen
zerstreut sein können, und halten ausdrücklich an dem Grundsatze fest, daß die Zugehörigkeit zu einer bestimmten äußern
Kirchengemeinschaft nicht notwendig zur Seligkeit sei. Die luth. Dogmatik des 16. und 17. Jahrh.
verengte die freiere Anschauung der Reformatoren durch das immer ausschließlichere Betonen der «reinen Lehre», d. h. des strengen
Festhaltens des orthodox-luth.
Lehrsystems, in welchem jedes Stück als unmittelbar oder mittelbar fundamental, d. h. als zur Seligkeit notwendig, erschien.
Hierdurch war eine alleinseligmachende luth. Lehrkirche aufgerichtet, die im Grunde nicht weniger intolerant
war als die alleinseligmachende röm. Priesterkirche, obwohl man protestantischerseits sich immer
gescheut hat, die letzten Konsequenzen zu ziehen. Die neuere, von Schleiermacher angeregte, prot. Theologie lehrt, daß als
einzige Bedingung der Seligkeit der persönliche Heilsglaube anzuerkennen sei, dieser aber nur auf Grund
der geschichtlichen Erlösung und vermittelst der geschichtlichen Kirchengemeinschaft wahrhaft zu stande kommen könne. Hiermit
sucht sie ebensowohl das Recht jenes Satzes, daß außer der Kirche Christi kein Heil sei, zu wahren, als auch dem Mißverständnisse
zu wehren, als ob die Zugehörigkeit zur äußern Kirche und das Fürwahrhalten ihrer Dogmen die Hauptsache
sei.
(frz, spr. allmángd), ein Tanz, der im 16. Jahrh.
«deutscher Tanz» hieß und als Allemande nach Frankreich, England und Spanien (wo ein ähnlicher Tanz schon früher bekannt war) kam.
Die spätere Allemande ward von der franz. Tanzkunst zur Zeit Ludwigs XIV. erfunden und unter Napoleon I. wieder
sehr beliebt in Theater wie Salon. Die Allemande hat langsames Walzertempo und besteht ans drei geschleiften sog.
pas marchés, bald vor, bald zurück, selten walzend. Der Reiz liegt in der anmutigen Bewegung und Haltung der Arme, den sog.
passes. Dieses Motiv sowohl als die Musik sollen ans dem Elsaß stammen. - Auch heißt Allemande eine musikalische
Komposition von ernstem Charakter und gemessener Bewegung, die als Teil der ältern franz. Suite (s. d.) vielfach bei Seb. Bach
und Händel vorkommt.
Mannauf, der durch ein eigenartiges Pfeifen der Trillerpfeifen des Bootsmanns und seiner Maate
gegebene Befehl für die gesamte Schiffsbesatzung, schleunigst an Deck zu kommen zur Ausführung eines Segel- oder sonstigen
Manövers.
(spr. älln), Bog oder Torfmoor von, ein über 600 qkm großer Sumpf Irlands in den Grafschaften
Kildare und King's-County, durch große Strecken trocknen Bodens in verschiedene Teile geschieden, fließt durch den Barrow nach
Süden und den Boyne nach Osten ab.
(spr. älln), Grant, engl. Naturforscher und Romanschriftsteller,
geb. zu Kingston in Canada, studierte in Oxford seit 1867 und ward 1871 daselbst Bachelor of
arts. Er wurde ein eifriger Anhänger des Darwinismus und trat, früh schriftstellernd, in sachkundigen und scharfsinnigen
Aufsätzen für ihn ein. Er veröffentlichte: «Physiological aesthetics» (1877),
«'The
colour sense» (1879),
«The evolutionist
at large» (1881; 2. Aufl. 1885),
«Anglo-Saxon Britain» (1881),
«Vignettes from nature» (1881),
«Colours of flowers» (1882),
«Colin Clout's Calendar» (1883),
«Flowers and their pedigrees» (1884; 2. Aufl.
1886),
«Charles Darwin» (1885),
«Force and energy; a theory of dynamics» (1888).
A.s Erzählungen sind: «Strange stories» (1883),
«Philistia» (1884),
«Babylon» (3 Bde., 1885),
«For Maimie's sake» (1886),
«In
all shades» (3 Bde., 1887),
«The devil's die» (3 Bde.,
1888),
neben «Babylon» die beste Erzählung, «This mortal coil» (3 Bde., 1888),
«The tents of Shem» (3
Bde., 1889),
«Dr. Palliser's patient» (1889),
«What's bred in the bone» (1891),
«The duchess of Powsyland» (3 Bde.,
1892),
«At market value» (2 Bde., 1894) u. a.
Zu nennen sind auch A.s «Biographies of working men» (1888).
Karl Ferd., dän. Geschichtsforscher, geb. zu
Kopenhagen, studierte seit 1830 daselbst, bereiste behufs Archivforschungen 1845 - 48 Holland, England, Frankreich, Italien,
Deutschland und wurde 1851 zu Kopenhagen Universitätsdocent und Titularprofessor, 1862 ord. Professor der Geschichte
und der nordischen Archäologie. Geschwächter Gesundheit wegen brachte Allen zuletzt mehrere Winter im Süden
zu und starb zu Kopenhagen. Seine wichtigsten Schriften sind: «Haandbog i Fädrelandets Historie» (Kopenh.
1840; 8. Aufl. 1880; deutsch Lpz. 1849; neue Aufl.
1855; auch sonst übersetzt),
«Lärebog i Danmarks Historie» (Kopenh. 1842;
deutsch ebd. 1843) und «De tre nordiske Rigers Historie under Hans, Christiern den Anden, Frederik den Förste,
Gustav Vasa, Grevefejden, 1497 - 1536» (Bd. 1 - 5, ebd. 1864 -
72),
sein Hauptwerk, das unvollendet, aber eine Hauptleistung nordischer Geschichtschreibung ist. Von den politischen sind
hervorzuheben: «Om Sprog og Folkeeiendommelighed i Hertugdömmet Slesvig eller Sönderjylland»
(Kopenh. 1848, auch deutsch),
«Det Danske Sprogs Historie i Hertugdömmet Slesvig eller Sönderjylland»
(2 Bde., ebd. 1857 fg.; deutsch Schlesw.
1857);
beide riefen von deutscher Seite heftige Widersprüche hervor.
Stadt im Kreis Wehlau des preuß. Reg.-Bez. Königsberg, an der schiffbaren
Alle, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Königsberg i. Pr.) und einer Reichsbanknebenstelle,
hat (1890) 1958 evang. E., Post, Telegraph, evang. Kirche, Stadtschule, Privatschule mit Pensionat, Damenstift
(gegründet von von Rauschke), Krankenhaus, Mädchenwaisenhaus, Spar- und Vorschußverein;
Zündholzfabrik, Dampfsägewerk,
Molkerei, Handelsmühle und 2 Windmühlen, Holz- und Getreidehandel, Kram-, Vieh- und Pferdemärkte. Allenburg wurde 1407 durch
den Hochmeister Konrad von Jungingen gegründet.
(spr. ällendehl), Kirchspiel und Marktstadt in der engl.
Grafschaft Northumberland, am Allen, 15 km im SW. von Hexham, hat (1891) 5045 E. und in der Nähe große Bleigruben.
1) Allendorf an der Werra, Stadt im Kreis Witzenhausen des preuß. Reg.-Bez. Cassel, in 154 m Höhe, an der Linie Frankfurt-Bebra-Göttingen
der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Cassel), hat (1890) 2770 E., darunter 25 Katholiken,
Postamt zweiter Klasse, Telegraph, Krankenhaus; Fabrikation von Papierwaren und künstlichem Dünger und 2 Holzschleifereien.
Allendorf ist Geburtsort des Fabeldichters Burkard Waldis. Jenseit der Werra, mit Allendorf durch zwei Brücken
mehr
verbunden, Solbad Sooden (s. d.). -
Vgl. Wagner, Geschichte der Stadt Allendorf (Marb. 1865). -
2) Allendorf an der Lumda, Stadt im Kreis Gießen der hess. Provinz Oberhessen, hat (1890) 1093 E., Postagentur, Telegraph und evang.
Pfarrkirche.