Der folgende
Butylalkohol, C4H10O , ist in 2 isomeren Formen bekannt: Normalbutylalkohol CH3.CH2.CH2.CH2OH
^[CH3.CH2.CH2.CH2OH] und Isobutylalkohol ^[img].
2) Einwertige sekundäre Alkohole leiten sich vomMethylalkohol in der
Weise ab, daß zwei Wasserstoffatome desselben
durch
Alkyle ersetzt sind. Sie enthalten demnach die Gruppe -CHOH-. Der erste sekundäre
Alkohol ist der sekundäre oder Isopropylalkohol,
CH3.CHOH.CH3 ^[CH3.CHOH.CH3], isomer mit dem Propylalkohol. Vom sekundären Amyalkohol an sind auch hier zahlreiche
Isomere möglich.
3) Einwertige tertiäre Alkohole leiten sich vom
Methylalkohol ab, indem 3 Wasserstoffatome desselben durch
Alkyle ersetzt werden. Sie enthalten die Gruppe ^[img], und das erste
Glied
[* 2] ist der tertiäre
Butylalkohol ^[img].
4)
Zweiwertige Alkohole enthalten nach dem oben Gesagten zwei Hydroxylgruppen und werden im allgemeinen als
Glykole bezeichnet. Das
einfachste
Glied ist das
Äthylenglykol oder
Glykol schlechtweg, CH2OH.CH2OH ^[CH2OH.CH2OH]
= C2H6O2 .
5) Dreiwertige Alkohole. Zu dieser Gruppe gehört das wichtige, in den Fetten vorhandene
Glycerin, C3H8O3 =
CH2OH.CHOH.CH2OH ^[CH2OH.CHOH.CH2OH].
Man kennt ferner vier-, fünf- und sechswertige Alkohole, wie den
Erythrit, C4H10O4 ;
Arabit, C5H12O5
; den
Mannit, C6H14O6 .
Die einwertigen Alkohole sind wasserhelle flüchtige Flüssigkeiten oder bei höherm
Molekulargewicht feste
krystallinische Körper, meist von schwachem
Geruch; die niedern
Glieder
[* 3] sind in Wasser sehr leicht löslich. Die zwei- und
dreiwertigen sind ebenfalls meist flüssig und flüchtig, das
Glycerin ist aber unter gewöhnlichem Luftdruck schon nicht
mehr destillierbar; die höherwertigen Alkohole sind ausnahmslos feste, gut kristallisierende
Körper. Mit der Zunahme der Anzahl der Hydroxylgruppen wird der süße
Geschmack der Alkohole intensiver; der
Mannit schmeckt schon
ganz zuckerähnlich.
Bei der
Oxydation verhalten sich die Alkohole verschieden, je nachdem sie primäre, sekundäre oder tertiäre (s.
Kohlenstoffbindung) sind. Die primären Alkohole verwandeln die in allen enthaltene Gruppe -CHOH- in
die Gruppe -CHO und -COOH: es bilden sich
Aldehyde und weiter
Carbonsäuren von gleicher Kohlenstoffanzahl. Die sekundären
Alkohole geben erst
Ketone durch Übergang der Gruppe -CHOH- in die Gruppe =CO, bei weiter gehender
Oxydation zerfallen sie in Säuren
mit einer geringern Anzahl von
Kohlenstoffatomen. Das letztere ist auch der Fall bei den tertiären Alkohole, die
außerdem weder
Aldehyde noch
Ketone zu liefern imstande sind.
Von allgemein anwendbaren Bildungsweisen der Alkohole kennt man eine große Zahl; die wichtigsten sind folgende:
1)
Zersetzung der halogensubstituierten
Kohlenwasserstoffe mit Alkalihydraten oder der Iodide mit feuchtem Silberoxyd:
oder
Alkoholvergiftung bezeichnet den
Inbegriff aller derjenigen körperlichen, geistigen
und sittlichen Schäden und Nachteile, die aus dem übermäßigen Genuß von
Alkohol (s. d.) und alkoholhaltigen Getränken
entspringen. Infolge der enormen
Verbreitung, welche der
Alkohol als Genußmittel fast allenthalben gefunden, erstrecken sich
seine unheilvollen Wirkungen nicht nur auf das einzelne Individuum, sie sind vielmehr fühlbar für die
ganze Gesellschaft und nehmen deshalb neuerdings das Interesse der
Ärzte, Nationalökonomen und Gesetzgeber in hervorragendem
Maße in
Anspruch.
Die Wirkungen des
Alkohols auf den menschlichen Organismus sind verschiedene, je nachdem er verdünnt oder konzentriert, in
kleinern oder größern Mengen, gelegentlich oder gewohnheitsmäßig genossen wird.
Kleine Mengen rufen wie
andere gleichfalls giftige Genußmittel
(Tabak,
[* 5]
Thee,
Kaffee) eine angenehme Aufregung hervor, welcher später ein Zustand der
Erschlaffung folgt; sie bewirken zunächst das Gefühl von Wärme
[* 6] im
Magen
[* 7] und in der
Haut,
[* 8] machen den Puls kräftiger und
schneller, veranlassen einen stärkern Blutzufluß zu den
Baucheingeweiden
(Leber) und dem
Kopfe und regen
die geistige Thätigkeit an. Nach dem Genusse größerer Mengen
Weingeist sind diese Wirkungen stärker, und die schädlichen
Einflüsse derselben treten hervor.
Die Verminderung der Leistungsfähigkeit macht sich früher und in stärkerm
Grade geltend. Das Denkvermögen verliert an
Schärfe, das
Gedächtnis wird unsicher, die
Sinne versagen den Dienst, das
Gehirn
[* 9] verliert seine Herrschaft
über den Körper, so daß die
Bewegungen unsicher werden und endlich
Schlafsucht und völliger
Verlust des
Bewußtseins sich
anschließen (akuter Alkoholismus, Rausch,
Trunkenheit). Bei dem Hinzutreten anderer Einflüsse kann durch
Herzlähmung oder
Schlagfluß
der
Tod erfolgen.
Der Körper bedarf einiger Zeit, um sich von solchen
Angriffen auf seinen Normalzustand zu erholen, und
es hinterbleibt daher nach dem Rausche eine
Störung der Gesundheit, bei welcher die Zeichen eines
Magen- und
Darmkatarrhs (der
sog.
Katzenjammer) hervortreten. Bei häufiger Wiederholung der Intoxikation mit
Alkohol bilden sich allmählich in allen Geweben
und Organen des Körpers gewisse krankhafte
Veränderungen und
Störungen aus, die schließlich eine völlige
Zerrüttung des ganzen Organismus zur Folge haben und unter dem
Namen des chronischen Alkoholismus
(Trunksucht,
Trunkfälligkeit, Säuferkrankheit)
zusammengefaßt werden. Am frühzeitigsten pflegt beim Gewohnheitstrinker der Verdauungsapparat zu erkranken; chronischer
Rachen- und
Magenkatarrh, Appetitlosigkeit, morgendliches
Erbrechen, Säurebildung und Verstopfung sind die ersten
Symptome des
Alkoholmißbrauchs und haben schließlich schwere Ernährungsstörungen und fehlerhafte Blutmischung
zur Folge. Vermöge der abnormen
Verdauung und des veränderten
Stoffwechsels kommt es leicht zu einer übermäßigen Fettablagerung
in der äußern
Haut und den innern Organen, welche mannigfache
Beschwerden und
Störungen bewirkt. Namentlich die
Leber ist
vergrößert, schwerer, mit Fett infiltriert; nicht selten bildet sich unter dem irritierenden Einfluß
des
Alkohols eine chronische
Entzündung dieses Organs aus mit nachfolgender Schrumpfung,
¶
Fast immer findet sich bei Trinkern eine Vergrößerung (Hypertrophie) des Herzens, zu der sich späterhin fettige Entartung
des Herzmuskels und der größern Gefäße gesellt. (S. Herzverfettung.) Von seiten der Atmungsorgane stellen sich schon bald
chronische Kehlkopf- und Lungenkatarrhe ein und bedingen die bläulichrote Gesichtsfarbe, die anhaltende
Heiserkeit und Kurzatmigkeit der Gewohnheitstrinker. Die Nieren erkranken nicht selten infolge ihrer gesteigerten Thätigkeit
unter der Form der Brightschen Krankheit (s. d.). Sehr zahlreich und bedeutungsvoll endlich
sind bei Trunksüchtigen die Erkrankungen des Nervensystems.
Blutüberfüllung des Gehirns und seiner Häute, Verdickungen der Hirnhäute, Blutergüsse in das Gehirn (Schlagflüsse),
Entzündungen der Hirnsubstanz mit nachfolgender Atrophie derselben (Hirnschwund) sowie analoge Erkrankungen des Rückenmarks
und der Sinnesorgane kommen bei Trinkern oft vor und werden die Ursache mannigfacher psychischer Störungen (Hallucinationen,
Delirien, Blödsinn, allgemeine Paralyse u. a.). Selbst geringfügige Erkrankungen, operative Eingriffe und Verlegungen sind
bei Gewohnheitstrinkern oft von schweren Hirnsymptomen, dem sog. Säuferwahnsinn
oder Delirium (s. d.), begleitet.
Eine natürliche Folge dieser Umstände ist es, daß die Sterblichkeitsziffer der Trunksüchtigen eine ganz abnorme Höhe
erreicht. Nicht nur, daß eine große Anzahl von Trinkern während oder unmittelbar nach einem Alkoholexzeß plötzlich stirbt,
eine noch weit größere erliegt den mittelbaren Folgezuständen des Alkoholismus, namentlich
dem Delirium tremens. Nach amtlichen Erhebungen gingen in England in den J. 1847-74: 22 723 Personen an den unmittelbaren Folgen
der Trunksucht zu Grunde;
in Neuyork
[* 11] ist ein Drittel aller Todesfälle direkt oder indirekt durch den Alkoholismus bedingt, und in den 38 Jahren
1840-78 sind 190000 Menschen daselbst durch den Einfluß des Alkohols gestorben, so daß sich William Parker
zu dem Ausspruch berechtigt glaubt, daß das Gelbe Fieber gegenüber der Trunksucht ein sehr mildes Leiden
[* 12] für die Menschheit
sei.
Hierzu kommt, daß unter den tödlichen Verunglückungen ein nicht unerheblicher Teil lediglich durch den Alkoholismus veranlaßt
und herbeigeführt wird; in Frankreich beispielsweise verunglückten im Rausche in der neuesten Zeit durchschnittlich
jährlich 404 Personen, im Königreich Sachsen
[* 13] waren 1847-76 unter 17 939 tödlichen Verletzungen 1111 oder 6,2 Proz., im Königreich
Preußen
[* 14] 1809-73 unter 33 371 tödlichen Verletzungen 1554 oder 4,6 Proz. notorisch durch
Trunkenheit und Trunksucht verursacht.
Einen ebenso wichtigen Anteil nimmt der am Selbstmord. So ließen sich 1875 in Frankreich 17 Proz., in
Dänemark
[* 15] 17,5 Proz., in Preußen 8 Proz., in Sachsen 10,3 Proz., in Rußland sogar 38 Proz. aller Selbstentleibungen auf übermäßigen
Alkoholgenuß zurückführen. Nicht minder auffallend ist das Verhältnis der Trunksucht zum Irrsinn; Stark giebt für
das Elsaß bei 34 Proz. der Männer und 15 Proz. der Frauen Trunksucht als Ursache des Irrsinns an, und Nasse fand in der Rheinprovinz
[* 16] 27,7 Proz. der männlichen Geisteskranken infolge von Alkoholmißbrauch erkrankt.
Hierzu kommt als weiteres wichtiges Moment, daß Trunksüchtige auf ihre Nachkommenschaft gewisse Krankheitsanlagen im Bereiche
des physischen, psychischen und moralischen Lebens vererben, welche schließlich eine
wesentliche Degeneration
der Bevölkerung
[* 17] zur Folge haben, wie dies für einzelne Teile von Schweden,
[* 18] Galizien, Preußen und dem Kanton Bern
[* 19] durch die Verminderung
der Militärbrauchbarkeit der heranwachsenden Jugend bereits erwiesen ist; die Kinder von Gewohnheitstrinkern sind meist schwächlich
und besitzen häufig eine große Prädisposition zu schweren Nervenkrankheiten (Epilepsie, Veitstanz, Idiotie
u.s.w.) und zu Geistesstörungen.
Der Alkoholismus führt zu den schwersten Nachteilen für die Wohlfahrt der Familie, der Gemeinde und des Staates, insofern er die ergiebigste
Quelle
[* 20] der Einzel- wie der Massenarmut darstellt, das Familienglück dauernd vernichtet, die Prostitution fördert und den
Sinn für öffentliche Ordnung und Rechtssitte völlig untergräbt. In welch einschneidender Weise der
Nationalwohlstand durch den Alkoholmißbrauch in Mitleidenschaft gezogen wird, geht aus der Thatsache hervor, daß die Ausgaben
für Schnaps nach Brüning jährlich in Preußen 261, in England 1200, in der kleinen Schweiz
[* 21] jährlich 120 Mill. M. betragen,
und doch bilden diese direkten Ausgaben nur einen geringen Teil derjenigen Schäden, welche dem Nationalvermögen
durch die Trunksucht und ihre Folgezustände zugefügt werden.
Wie groß der Einfluß ist, den der Alkoholismus auf die Häufigkeit und die Art der Verbrechen ausübt, haben erst neuerdings wieder
die verdienstlichen Untersuchungen vonBaer gezeigt, nach denen sich in Deutschland
[* 22] 1874 unter 32 837 Gefangenen 13 706 (41,7
Proz.) Trinker und zwar 7269 (22,1 Proz.) Gelegenheitstrinker und 6437 (19,6
Proz.) Gewohnheitstrinker befanden. Hinsichtlich der verschiedenen Arten der Verbrechen ließ sich nachweisen, daß der Mord in
46,1 Proz., der Totschlag in 63,2 Proz., Körperverletzungen schwerer Art in 74,4 Proz.,
solche leichterer Art in 63 Proz., Widerstand gegen die Staatsgewalt in 76,5. Proz., Vergehen gegen die Sittlichkeit in 77 Proz.
der Fälle im Zustande der Trunkenheit verübt worden waren.
Ebenso wurden in England nach amtlichen Erhebungen drei Viertel bis vier Fünftel sämtlicher Verbrechen unter dem Einfluß
des Alkohols begangen. Mit der Zunahme der Trunksucht steigt naturgemäß die Zahl der Verbrechen, während
umgekehrt überall da, wo sich eine Abnahme des Alkoholverbrauchs konstatieren läßt (z. B. in Irland infolge der Bestrebungen
des Pater Mathew, in Schweden nach energischen Repressivmaßregeln der Staatsgewalt), sich eine starke Verminderung zeigt.
Hinsichtlich der Bekämpfung der Trunksucht muß vor allem betont werden, daß nur dann ein sicherer Erfolg
erwartet werden kann, wenn Staat und Gesellschaft gemeinsam gegen den Alkoholismus energisch Stellung nehmen. Was sich von seiten einzelner
privater Vereine durch Opferwilligkeit, Humanität und zähe Beharrlichkeit im Kampfe gegen die Trunkfälligkeit erreichen läßt,
haben die seit 1808 in Nordamerika
[* 23] wirkenden Mäßigkeits- und Abstinenzgesellschaften, die über England
seit 1829 verbreiteten Temperanzgesellschaften (s. d.), ferner die wunderbaren Erfolge des irischen
Enthaltsamkeitsapostels Pater Mathew, der in den J. 1838-56 über einer Million Menschen das Gelöbnis der Abstinenz abnahm,
sowie die ersprießliche Thätigkeit der schwed. Mäßigkeitsvereine zur Genüge bewiesen. Auch die in Deutschland begründeten
Mäßigkeitsvereine nahmen einen vielversprechenden Anlauf,
[* 24] fanden aber unter den polit. Wirren des J. 1848 ein plötzliches
Ende. Die Errichtung und Unterstützung derartiger
¶