Algerien (Industrie und Gewerbe. Handel. Verkehrswesen)
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Bohnen und Futterkräuter finden im
Tell gleichfalls günstigen
Boden; dagegen sind Wiesen, ein- wie zweischürige, infolge
Wassermangels kostspielig und selten. Der Tabaksbau, der einen sehr günstigen Aufschwung nahm, erlitt 1860 und 1861 durch
die Preisfeststellung des
Tabaks seitens der Regie harte
Schläge; 1887 waren 10240 ha mit
Tabak
[* 2] bepflanzt,
die 4,97 Mill. kg
Tabak lieferten.
Früchte und Gemüse sind Ausfuhrartikel, auch die Baumwollkultur that sich während der
amerik.
Krisis durch einen Export von 20000 t, die 1864 nach
Frankreich gesandt wurden, hervor. Seitdem hat sie wieder abgenommen.
Der
Weinbau, der sich 1887 über 87 795 ha (1891: 107048, 1892: 108843 ha) erstreckte, lieferte 1903011
hl (1891: 4058412, 1892: 2866870 hl)
Wein von mittlerer Güte; nur bei Staueli und bei
Medea wird ein besserer
Wein gewonnen.
(S.
Algerische Weine.) Die einst bedeutende Seidenzucht ist seit 1882 ganz zurückgegangen. Dagegen ist die Halfakultur zur
Ausdehnung
[* 3] gelangt, so daß 1887 1248852 ha damit bepflanzt waren und 224002 t geerntet wurden.
Die Fieberluft der Sumpfstrecken mit ihren zahllosen Mosquitos wird durch Anpflanzungen von Eucalyptusbäumen beseitigt.
Bemerkenswert ist noch die wichtige, namentlich in der
Provinz Constantine betriebene Korkkultur. Von Korkeichenwald besitzt
der
Staat 454912 ha. Die gesamte Waldfläche beträgt (1887) 3247692 ha, davon ist
ein Drittel mit Aleppofichten und ein Viertel mit Grüneichen bestanden. Die Viehzucht
[* 4] ist eine Haupteinnahmequelle
A.s; gezüchtet
werden besonders
Pferde,
[* 5]
Maultiere und Esel; 1887 zählte der Viehstand der Europäer 708654 und der der Eingeborenen 17264777
Köpfe.
Blutegel
[* 6] finden sich in allen
SümpfenA.s.
Dahin gehören Cigarrenfabriken, Seidenspinnereien, eine Papierfabrik, Schneide- und
Ölmühlen. Die einheimische
Bevölkerung
[* 11] fabriziert im
Tell ein wenig
Maroquin,
Teppiche, Seidengaze, goldgestickte Musseline, feine Sattlerarbeiten, Schuhwerk, in der
SaharaBurnus, Haïks und andere Wollwaren. Die
Kabylen, industriöser als die
Araber, sind auch Eisenarbeiter
und fertigen
Ackergerät, Gewehrläufe, Schlösser, Säbel u.dgl. Die industrielle
Bevölkerung betrug 343175 (9,77 Proz.)
E.
Der Handel, größtenteils
Tauschhandel, hat schnellere Fortschritte gemacht als jeder andere Zweig der Ökonomie.
Der innere Verkehr beschränkt sich auf gewisse Marktplätze, auf denen die Eingeborenen ihre Produkte
gegen europ. Waren umtauschen. Die wichtigsten derselben sind in der
Provinz Oran zu
Tlemsen, Mostaganem, Oran, bei den Oulahs,
in
Mascara,
Ain Temuschen und Tiaret; in der
ProvinzAlgier zu Arba,
Bufarik,
Algier, Orléansville,
Tenes,
Medea, Arib und Boghar;
in der
Provinz Constantine zu Constantine, Gelma,
Bona und
Setif.
Der Hauptmarkt für
Wolle ist Tiaret, für Rindvieh Gelma, für Getreide
[* 12] Arba. Neben
Frankreich haben England,
Spanien
[* 13] und die
Barbareskenstaaten den meisten Anteil an dem Handel
A.s. Die Ausfuhr betrug 1831: 7, 1840: 40, 1877: 216,6, 1888: 197,6, 1891:
222,6, 1893: 192 Mill.
Frs.;
die Einfuhr schwankte in den J. von 1830 bis 1840 zwischen 3–4 Mill.
Frs.; 1850 betrug
sie 5, 1877: 133,6, 1888: 234,9, 1891: 269, 1893: 239 Mill.
Frs. Die Beteiligung der wichtigsten
Länder am Handel betrug 1893 (in
Mill.
Frs.):
Im Handel mit
Frankreich dienen zur Ausfuhr vor allem Getreide mit 23,3,
Wein mit 54,0, Vieh mit 22,4,
Wolle mit 13,8
Mill.
Frs. Wert; daneben noch:
Halfa,
Blei,
Häute,
Kork,
[* 14]
Tabak, Tafelfrüchte, Gemüse, Pflanzenfasern und Fische.
[* 15] Die Einfuhr
daher besteht außer aus Zucker,
[* 16]
Spirituosen und Seife vornehmlich aus Geweben aller Art mit 23,2, Lederwaren mit 9,3, Metallen
mit 7,3 und Kurzwaren mit 9,5 Mill.
Frs. Wert. Der wichtigste Seehandelsplatz istAlgier (s. d.); außerdem
sind die bedeutendern Häfen: Philippeville, Boua,
Bougie, Scherschel,
Tenes, Mostaganem, Oran, Nemours. Der gesamte Schiffsverkehr
A.s betrug 1893: 3389 eingelaufene Schiffe
[* 17] (darunter französische 2014) mit 1996599 t (1255841 t), dagegen 3367 ausgelaufene
Schiffe mit 2012585 t Gehalt. Dazu kommt noch der bedeutende Küstenverkehr.
Der Verkehr der Küstenplätze mit dem Innern ist durch ausgedehnte Straßenbauten
von (1887) 13812 km Länge erleichtert worden, zu denen in neuerer Zeit noch Eisenbahnen gekommen
sind. Die Eisenbahnen hatten eine
Ausdehnung von 2932 km; hiervon gehörten 513 km Betriebsstrecken der
Paris-Lyon-Mittelmeergesellschaft; 887 km
der Ost-Algerischen Eisenbahngesellschaft, 372 km der West-Algerischen Eisenbahngesellschaft, 663 km
Betriebsstrecken der
Französisch-Algerischen Eisenbahngesellschaft (einschließlich der vom
Staate gebauten 114 km langen
strategischen
Bahn Mosba-Mescheria).
Algerien (Verfassung u
* 18 Seite 51.394.
Ferner entfielen 436 km Betriebsstrecken auf die Eisenbahn
Bona-Gelma und Verlängerungen und 33 km Betriebsstrecken auf die
Eisenbahn Mokta el-Hadid. Außerdem führten 21 km Industriebahnen nach dem alger. Salzwerk und 7 km nach
den
Minen von Kesum-Teboul. Genehmigt oder zum
Bau in Aussicht genommen waren weitere 543 km; nach Fertigstellung dieser Linien
würde demnach das
Eisenbahnnetz in A. eine Gesamtlänge von 3475 km erreichen. Die wichtigsten
Strecken der Hauptbahnen sind:
Algier-Oran (426 km), von Constantine über Kroub,
El-Gerra und Selif nach Ménerville (409 km), von
Algier
über Ménerville nach Tisiusu (96 km), von
El-Gerra über Batna nach
Biskra (201 km), von St.
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Barbe du Tlélat nach Ras el-Ma (151 km), von Arzeu über Ain Tisy nach Mosba (238 km), an die sich die ausschließlich militär.
Zwecken dienende, vom Staate erbaute Bahn von Mosba nach Mescheria (114 km) anschließt, von Mescheria nach Aïn Sefra (102
km); ferner von Bona über Gelma nach Kroub (203 km), von Duvivier bis zur tunes. Grenze
(105 km). (S. Französische Eisenbahnen.) Der franz. Staat hat für fast sämtliche Eisenbahnen einen fünfprozentigen Zins
gewährleistet.
Die alger. Eisenbahnen erzielten (1891) bei einer Gesamteinnahme von 25 206 751 Frs. und einer Gesamtausgabe von 21 972 204 Frs.
einen Reinüberschuß von 3 234 547 Frs. Befördert wurden 3 072 450 Personen (245 196 116 Personenkilometer)
und 1 737 642 t Güter (129 806 812 Tonnenkilometer); 1 Personenkilometer brachte 3,39, 1 Tonnenkilometer 11,25 Cent. Einnahme.
Von den vorhandenen 279 Lokomotiven, 653 Personen- und 6150 Gepäck- und Güterwagen wurden 6 560 860 Lokomotivkilometer und 70 928 938 Wagenkilometer
zurückgelegt. 1892 wurden 178 km Straßenbahnen genehmigt.
Über das Projekt einer Fortsetzung der alger. Eisenbahnen quer durch die Wüste Sahara in der Richtung auf Timbuktu s. Sahara-Eisenbahn.
Zweigbahnen sollen nach dem Tsadsee und dem Niger angelegt werden. Der Karawanenhandel ist ziemlich bedeutend, besonders nach
den 1869 eingeführten Erleichterungen. Das Telegraphennetz umfaßte (1892) 7155 km Linien mit 16 603 km
Leitungen; Zahl der Bureaus 361, der internen Depeschen 1 380 355, der internationalen 44 526, der Dienstdepeschen 276 843. Die
Zahl der Postanstalten betrug 461 und die Einnahme derselben 4 123 834 Frs.
Verfassung und Verwaltung. An der Spitze der Kolonialverwaltung A.s steht (seit 1871) ein Civil-Generalgouverneur,
der zugleich Oberkommandant der Land- und Seetruppen in A. ist, dem jedoch für Civilangelegenheiten ein Regierungsconseil
beigegeben ist, in dem er den Vorsitz führt. Die Kolonie zerfällt (1891) in drei Provinzen (Chalifate): Algier (170 801 qkm
mit 1 468 127 E.), Oran (115 585 qkm mit 942 066 E.) und Constantine (191 527 qkm mit 1 714 539 E.),
deren jede ein Departement in civiler Beziehung bildet.
Die Einbeziehung von Gebieten des Territoire de commandement in das Territoire civil nimmt indessen stetigen Fortgang, so
daß sich die Zahlen des Areals von Jahr zu Jahr ändern. So umfaßte das Territoire civil 1877: 41 600 qkm
mit 1 316 517 E., dagegen 1880 bereits 110 468 qkm mit 2 338 434 E. und (1891) 3 636 967 E. Das Territoire civil zerfällt
in drei Provinzen mit folgenden Arrondissements (Aghaliks): im Depart. Algier: Algier, Medea, Miliana und
Tisiusu; im Depart. Constantine: Batna, Bona, Bougie, Gelma, Constantine, Philippeville, Serif;
im Depart. Oran: Mascara, Mostaganem,
Oran, Sidi bel-Abbes, Tlemsen.
Unter ihm arbeiten vier Bureaus, für allgemeine und
municipale Verwaltung, für Kolonisation und öffentliche
Arbeiten, für Rechnungswesen und für die arab. Angelegenheiten. Nicht zu verwechseln mit
letztern Bureaus der Civilverwaltung sind die «Arabischen Bureaus», die unter der Direktion und Kontrolle der Militärkommandanten
stehen. Sie sind zusammengesetzt aus zwei oder drei Offizieren und einem Dolmetscher und bilden die oberste
Behörde für die Eingeborenen, die unter ihren eigenen Häuptlingen (Kaïds, Agbas und Baschaghas) stehen. Die Einnahmen
der Kolonie beliefen sich 1892 im Budget auf 44,4 Mill. Frs., darunter indirekte Abgaben 21,8 Mill., die Ausgaben auf 60,4 Mill.
Frs., davon für Civilverwaltung 47,4 Mill., darunter für das Ministerium der öffentlichen Arbeiten 26,5
Mill. Frs. Die Armee bestand Ende 1872 mit Inbegriff der Marine aus 73 553 Mann und 15 723 Pferden. (S. FranzösischesHeerwesen.)
Geistige Kultur. Für das Unterrichtswesen bildet die Kolonie einen Akademiebezirk, dessen Rektor in Algier wohnt. Außer Kursen
für das Arabische bestehen von höhern Bildungsanstalten eine Vorbereitungsschule für Ärzte, eine Zeichenschule
(Algier), 3 Lyceen (Algier, Constantine und Oran), 7 Collèges und 2 freie Lehranstalten. Ende 1884 gab es außerdem 905 öffentliche
Elementar- und 151 freie Schulen mit zusammen 80 840 Schülern; 3531 Schüler besuchten Mittelschulen, 904 genossen höhern
Unterricht. Zu Constantine und Algier haben sich Gesellschaften für Altertumskunde gebildet.
Die Katholiken stehen unter einem Erzbischof zu Algier, dem zwei Bischöfe zu Oran und Constantine untergeordnet sind, die
Protestanten unter einem Konsistorium zu Algier. Das Justizwesen ist, soweit nicht das einheimische Recht und dessen Formen
gelten, nach franz. Weise eingerichtet. A. besitzt ein Appellgericht (Algier), 4 Assisenhöfe (Algier, Bona,
Constantine, Oran), 16 Landgerichte, 4 Handels- und 105 Amtsgerichte. Zufolge des Dekrets vom entscheiden die Mahatmas
oder Tribunale der Kadi in Streitigkeiten der Muselmanen über Personenstands- und Nachlaßrecht; für alle andern Streitigkeiten
der mohammed. Eingeborenen sind die franz. Gerichte zuständig.
Die in A. erscheinenden wichtigsten Zeitungen sind: «Le
[* 19] Moniteur de l'Algérie», «La
Vigie Algérienne», beide täglich, «Le Petit Colon Algérien» mit illustriertem Wochenblatt, der franz. und arab.
«Mebacher» (seit 1848),
der «Akhbar» (seit 1841) und «Le
Patriote Algérien» zu Algier. Im ganzen erscheinen hier 25 Zeitungen und Zeitschriften. In ganz A. beträgt die Zahl derselben 92.
Ungeachtet der unsichern Zustände und der großen Opfer, welche die Koloniebis in die neueste Zeit erforderte, war doch die
franz. Regierung bemüht, die Entwicklung des Landes durch mannigfaltige Kulturanstalten zu fördern. Ein Dekret vom erteilte
einer Compagnie, an deren Spitze derGrafBranicki und der Bankier Gautier standen, auf 99 Jahre die Genehmigung
zur Anlage wichtiger Eisenbahnlinien, zugleich mit der Zusage einer vierjährigen Staatssubvention von 6 Mill. Frs. und einer
Anzahl sonstiger Begünstigungen. Außerdem unterstützte die Regierung mannigfach die Anlegung von Banken, Sparkassen, Leihhäusern
u. s. w., die freilich nur dem europ. Elemente der Kolonie zu gute kommen können. Die Stadt Algier besitzt
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