Alexander Johann I. (Fürst v. Rumän.) - Alexander I. Pawlowitsch (Kaiser v. Rußl.)
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ZarenIwans III. Wasiljewitsch. Alexander war vor allem bestrebt,
Litauen gegen die Moskowiten und
Tataren zu schützen, versuchte nach
dem
TodeHerzog Konrads von Masowien, dies Herzogtum einzuziehen, mußte es aber auf Betreiben der
Stände und der Herzogin
Anna auf dem
Reichstage zu Petrikau (1504) den minderjährigen
HerzögenJohann und Stanislaw unter der
Vormundschaft
ihrer
MutterAnna zugestehen. Sein Feldherr Glinski schlug die
Tataren. Alexander starb 1506 zu Wilna.
[* 2]
I. Pawlowitsch,
Kaiser von
Rußland (1801-25), geb. 23. (12.) Dez. 1777, folgte 24. (12.) März 1801 seinem
Vater,
Paul I., auf demThrone und wurde 27. (15.) Sept. desselben Jahres zu
Moskau
[* 4] gekrönt. Er hatte sich 9. Okt.
mit der Prinzessin Elisabeth (Luise Marie) von
Baden
[* 5] vermählt. Mehr humanistisch als staatsmännisch gebildet, durch
das Schreckensende seines
Vaters eingeschüchtert, von ungemessenen Hoffnungen begrüßt doch wenig mit dem praktischen Leben
bekannt, begann er, 23 J. alt, die Herrschaft des zerrütteten
Reichs.
Die zu hohen
Voraussetzungen, von denen Alexander bei seinen innern
Reformen ausging, ließen deren Ergebnisse hinter den
Vorsätzen
zurückbleiben. Indessen schuf oder reformierte er die
Universitäten, die wissenschaftlichen
Institute und die sonstigen
Lehr-
und
Bildungsanstalten des
Reichs. Weit eingreifender für
Rußlands Volksleben waren, obgleich durch die
großen Ereignisse seiner Epoche oft unterbrochen und teilweise später wieder rückgängig gemacht,
A.s Bestrebungen zur
Überführung
Rußlands aus der asiat. Willkürherrschaft in eine europ.
Rechtsordnung, wobei ihn besonders
Speranskij unterstützte.
Die Aufhebung der
Leibeigenschaft ward unter ihm in
Esthland,
[* 6] Livland und
Kurland ins Werk gesetzt.
Schon 1801 schaffte
er das sog. Heimliche Gericht ab, vor welches besonders polit. Verbrecher gezogen wurden. Auch
that er den
Mißbräuchen der Statthaltergewalt durch Gesetze Einhalt. Das
Vorrecht der Adligen, daß ihre Erbgüter in keinem
Falle zur
Strafe eingezogen werden konnten, erhob er zum allgemeinen
Recht. An einem bürgerlichen Gesetzbuch
ließ er arbeiten. Viel hat er insbesondere für
Industrie und
Handel seines
Reichs gethan, z. B. durch verbesserte Einrichtung
des Schuldenwesens, durch die 1817 gegründete Reichskammerbank, durch die
Stiftung der
Messe zu Warschau,
[* 7] durch
Straßen- und
Kanalbau, durch Bewilligung eines
Freihafens für Odessa,
[* 8] namentlich auch dadurch, daß
(Ukas vom
allen
Bauern das
Recht ward, Fabriken und Manufakturen zu errichten, was früher nur dem
Adel und den Kaufleuten zustand. Im
allgemeinen bewiesen auch mehrere durch ihn veranlaßte
Reisen um die Welt, die Gesandtschaft 1817 nach
Persien,
[* 9] Sendungen
nach Cochinchina und Chiwa, die
Verbindung mit den
Vereinigten Staaten,
[* 10] mit
Brasilien
[* 11] und
Spanien,
[* 12] die
Handels-
und
Schiffahrtsverträge mit der
Pforte, die
Niederlassungen auf der Nordwestküste von Nordamerika
[* 13] den richtigen
Blick für
RußlandsStellung im Welthandel. Die auswärtige Politik
A.s war beharrlich darauf gerichtet, mindestens Europas östl. Hälfte
dem russ. Prinzipat zu unterwerfen. Die nach Napoleons
Untergange eingetretenen europ. Verhältnisse gewährten
der russ. Politik einen überwiegenden Einfluß, der anfangs zu Gunsten des liberalen Princips
verwendet, später der polit. und socialen
Entwicklung Europas Europas sehr nachteilig wurde.
In
richtiger Erkenntnis der falschen Neutralitätspolitik
Pauls I. war
A.s erste
Sorge (1801) die Erneuerung des Seevertrags
mit England und ein Friedensschluß mit
Frankreich, um dadurch auf die sog.
Entschädigungen in
Deutschland
[* 14] Einfluß und für
Rußlands alte Pläne auf die
Türkei
[* 15] freie
Hand
[* 16] zu gewinnen. Napoleons Streben nach einer europ. Weltherrschaft
führte Alexander 1805 im
Verein mit
Österreich
[* 17] zum
Kriege mit
Frankreich; der Friede, den
Österreich zu
Preßburg
[* 18] schloß, war für
ihn nicht bindend, so daß er 1806 sich mit
Preußen
[* 19] zur Bekämpfung Napoleons vereinigen konnte.
Doch als dieses niedergeworfen war, gab Alexander im Frieden von
Tilsit
[* 20] 1807 den Verbündeten preis und erkannte Napoleons staatliche
Schöpfungen sowie die Zerstückelung
Preußens
[* 21] an, gegen Napoleons vorläufige Einwilligung zur russ. Eroberung
Finlands und
der Donaufürstentümer. Der
Erfurter Kongreß (1808) setzte Europas
Teilung zu franz.-russ.
Verfügung
fest. Als aber
Österreich 1809 den franz. Waffen
[* 22] erlag, während das Herzogtum Warschau durch Napoleon
vergrößert wurde, löste Alexander jene Teilungsallianz, und als das franz.
Heer 1812 zum größten
Teil im russ. Feldzuge zu
Grunde
gegangen,
Rußland aber außer stande war, denKrieg allein mit Erfolg fortzusetzen, sah Alexander sich genötigt,
seine Eroberungspläne gegen
Preußen aufzugeben und zur gemeinsamen Bekämpfung Napoleons ein
Bündnis mit
Deutschland einzugeben.
Durch die Großmut, mit welcher Alexander nach der Einnahme von
Paris
[* 23] die
Franzosen behandelte, erweckte er für seine Persönlichkeit
hohe
Achtung. Auf dem
Wiener Kongreß nahm er
Polen für sich in
Anspruch und gab dem neuerworbenen
Lande
eine Konstitution. Bei der Rückkehr Napoleons drang Alexander auf die
Erfüllung des
Vertrags von
Chaumont und die Achtserklärung
gegen den gemeinsamen Feind. Auch diesmal hatte
Frankreich seiner hochherzig scheinenden Klugheit viel zu danken, da Alexander durch
ein starkes
FrankreichRußlands Einwirkung bis an den Rhein zu sichern gedachte.
Während Alexander einerseits an einer parlamentarischen
Verfassung für
Rußland arbeitete, gelang es ihm andererseits, unter dem
Einfluß frömmelnder
Mystik (s. Krüdener,Barbara Juliane) die
Heilige Allianz (s. d.) zu stiften. Die Entdeckung revolutionärer
Geheimbünde in
Rußland erstickte dann schnell
A.sLiberalismus. Er verfiel mehr und mehr dem Einfluß des
Fürsten Metternich, dessen Politik, durch
Rußland mächtig unterstützt, maßgebend für den europ. Kontinent wurde und
jenes allgemeine Repressivsystem begründete
(Kongresse von
Troppau,
[* 24] Laibach
[* 25] und Verona),
[* 26] das fortan in Europa
[* 27] herrschte. In
Rußland war selbst von Aufhebung der
Leibeigenschaft nicht mehr die Rede; die Censur wurde wieder eingeführt,
der Wissenschaft und dem Unterrichte
Fesseln angelegt, Untersuchungen wegen demagogischer
Umtriebe veranstaltet, die Freimaurerlogen
und Missionsgesellschaften unterdrückt und allmählich alle Pläne für
Reform und Fortbildung aufgegeben.
Über alle
Provinzen des
Reichs breitete sich, nach österr.
Muster, das
Netz einer offenen wie geheimen Polizei aus. Die Erfahrung,
daß trotz dieses Repressivsystems die öffentliche Meinung sich nicht ersticken ließ, und der Zwiespalt,
in welchen Alexander selbst sich mit seiner Vergangenheit versetzt sah, quälten den krankhaft erregten
Kaiser und versenkten ihn
mehr und mehr in religiöse
Mystik. Bei dem
AufstandGriechenlands geriet die Politik
A.s in vollsten
Widerspruch mit den
Sympathien der
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Nation. Während das russ. Volk mächtig von dem religiösen Elemente des griech. Kampfes ergriffen wurde, verdammte
der Kaiser die Erhebung als Empörung, verleugnete die Gunst, die er früher den griech. Bestrebungen
erwiesen, und beschränkte sich auf Ermahnungen an die Pforte. Der Tod seiner einzigen, heißgeliebten natürlichen Tochter,
die furchtbare ÜberschwemmungPetersburgs 1824, wobei er sich sogar persönlichen Gefahren aussetzte,
endlich die Schrecken einer russ.-poln. Verschwörung gegen das Haus Romanow trugen nicht wenig bei, seinen Gemütszustand
vollends zu verdüstern.
Körperlich leidend und voller Lebensüberdruß, trat er Mitte Sept. 1825 mit seiner kranken Gemahlin eine Reise in die Krim
[* 29] an, wo letztere Genesung finden sollte und er selbst sich der Zurückgezogenheit hingeben wollte. Dort
wurde er plötzlich von einem Fieber ergriffen und starb 1. Dez. zu Taganrog, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Kurz
vor seinem Tode erfuhr er noch die Einzelheiten jener Verschwörung, mit deren Bekämpfung sein Bruder und Nachfolger
Nikolaus I. die Regierung beginnen mußte. -
Vgl. Rabbe, Historie d' Alexandre I (2 Bde., Par. 1826);
Gräfin Choiseul-Gouffier, Mémoires historiques sur l'empereur Alexandre et la cour de Russie (ebd. 1829);
II. Nikolajewitsch, Kaiser von Rußland (1855-81), geb. 29. (17.) April 1818 als Sohn des KaisersNikolaus I.
Seine Erzieher waren die Obersten Mörder und Kawelin, Leiter seiner Studien der Dichter Shukowskij. Ferner standen StaatsratGrimm und Admiral Lütte ihm in seinen Jünglingsjahren zur Seite. 1846 bereiste den Nordosten des europ.
Rußlands und einen TeilSibiriens, wo er die Milderung des Loses der polit. Verbannten von 1825 zu bewirken wußte. Im letzten
Jahrzehnt der Regierung des KaisersNikolaus ward während dessen Reisen dem Cäsarewitsch die Regentschaft mehrmals anvertraut,
auch wurden ihm nach 1848 verschiedene Missionen an die Höfe von Berlin,
[* 30] Wien
[* 31] u. s. w. aufgetragen.
Vom militär. Specialdienst zog sich Alexander bei reiferm Alter fast ganz zurück. Als Nachfolger seines Vaters bestieg er 2. März
während des Krimkrieges den Thron.
[* 32] Nach der Unterzeichnung des dritten Pariser Friedens (s. d.) verkündete der Kaiser
in Moskau das «alle geistigen und materiellen Kräfte entwickelnde»
Friedensprogramm seiner Regierung. Eine Umgestaltung des Ministeriums folgte, und Fürst Gortschakow übernahm an StelleNesselrodes
das Staatskanzleramt. Noch vor der Krönung in Moskau machte Alexander einen Besuch in Warschau (22. Mai), wobei er den Adelsmarschällen
Amnestie und Verwaltungsreformen verhieß;
dann folgte ein gegen Österreich demonstrativer Besuch in Berlin(29. Mai). Bei der Krönung selbst wurde ein Manifest (Cirkular vom 2. Sept.) erlassen, welches die Auflösung der Heiligen Allianz (s. d.)
bestätigte. Zu Sardinien
[* 33] und Napoleon III. bahnte Alexander nähere Beziehungen an. Mit letzterm hatte er zu Stuttgart
[* 34] eine Konferenz, deren Erfolg indes durch das Zusammentreffen mit dem Kaiser von Österreich in Weimar
[* 35] (1. Okt.)
abgeschwächt wurde.
Bald nach der Rückkehr A.s nach Petersburg
[* 36] begannen die Maßregeln zur Emancipation der Leibeigenen; sie erfolgte dann
und daran schlossen sich die weitern socialen Reformen, deren vornehmster Träger
[* 37] der Minister des Innern Walujew (seit 1861)
war. Die Reorganisation der Armee begann 1862, als General D. Miljutin das Kriegsministerium übernahm.
Ebenso wurde die Marine außerordentlich gehoben. Die Trennung der Justiz von der Verwaltung wurde vorbereitet (Ukas vom
eine Justizreform nach modernen Grundsätzen eingeführt. Die Budgets und Jahresabrechnungen wurden veröffentlicht, doch
bestand für deren Richtigkeit keine öffentliche Kontrolle. Ein vom 13. (1.) Jan. 1864 datierter Ukas
bereitete eine ständige Teilnahme der Bevölkerung
[* 38] an der Verwaltung vor, indem er die Einführung von Provinzial-(Gouvernements-
und Kreis-)Institutionen anbefahl, welche die ökonomischen Interessen der Provinzialbevölkerungen beraten sollten.
Von den europ. Verwicklungen in Italien
[* 39] hielt sich Alexander äußerlich fern; doch begünstigte seine Politik
Österreichs Isolierung, und im Aug. 1862 erfolgte die AnerkennungItaliens.
[* 40] In Mittelasien wurden die Eroberungen fortgesetzt,
andere Erwerbungen durch wissenschaftliche Expeditionen angebahnt, mit China
[* 41] Verträge (Nov. 1860) abgeschlossen, welche den
Besitz der Küste der Mandschurei sicherten. Der Kaukasuskrieg war 1859 durch die Gefangennahme des Imam Schamyl so
gut wie beendet.
Der poln. Aufstand von 1863 wirkte, obgleich die Gefahr einer Intervention der Westmächte und Österreichs mit Entschiedenheit
russischerseits abgewandt wurde, noch jahrelang auf den Gang
[* 42] der Regierung A.s ein. Dem Einflüsse der nationalen Partei gelang
es, das in Litauen und Polen befolgte Russifizierungssystem zum leitenden Princip zu machen und auf Finland
und die Ostseeprovinzen auszudehnen, ebenso wurden dem russ. Liberalismus gegenüber die Zügel straffer angezogen.
Als die Moskauer Adelskorporation um Einführung einer Repräsentativverfassung bat, verkündigte in einem Reskript vom
daß das Recht der Initiative bei allen Reformen ausschließlich ihm selbst zustehe und mit der ihm von
Gott verliehenen autokratischen Gewalt unzertrennlich verbunden sei. Der mißlungene Mordversuch gegen den Kaiser durch Dimitrij
Karakasow führte zu einer umfassenden Untersuchung gegen die geheimen Gesellschaften.
Trotz aller strengen Maßregeln breiteten sich jedoch die Geheimbünde immer weiter aus (s. Nihilisten). Die traditionelle
Politik des KaisersNikolaus I., welche darauf abzielte, alle fremden Nationalitäten des Reichs möglichst
zu russifizieren, kam immer mehr zur Geltung. Am gewaltsamsten verfuhr man in den westruss. Gouvernements und in Polen. Wegen
der Maßregeln gegen die kath. Kirche daselbst kam es zu Streitigkeiten mit der päpstl. Kurie, worauf Alexander die diplomat. Beziehungen
mit
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