den bedeutendsten und überhaupt letzten Chemiker gelten kann, dessen
Richtung eine ausschließlich alchimistische war.
Schon
Paracelsus (s. d.) ist nicht mehr zu den reinen Alchimisten zu rechnen, da er
ausdrücklich sagt, der wahre Zweck jener Wissenschaft sei nicht
Gold
[* 2] zu machen, sondern Arzneien zu bereiten. Mit dem 16. Jahrh.
beginnt eine Sonderung der Bestrebungen, und von den wissenschaftlichen Chemikern, die sich jedoch noch
nicht ganz von dem
Wahne der Alchimie befreien können, scheidet sich eine zahlreiche
Klasse meist umherziehender Abenteurer, die
den allgemeinen
Glauben an die Möglichkeit,
Gold zu machen, zu trügerischen Zwecken benutzen und scheinbare
Proben ihrer Kunst
ablegen.
Namentlich wurden Fürsten und Vornehme auf diese
Weise hintergangen. Viele gekrönte Häupter im 15., 16. und 17. Jahrh.
waren eifrig mit dem
Studium der Alchimie beschäftigt; so z. B. mehrere Könige von England, besonders
Heinrich VI., unter dem mit Hilfe einer Compagnie von Goldmachern das Land mit falschem
Golde und falscher Münze
überschwemmt wurde. Das Metall, das hier die Rolle des
Goldes übernehmen mußte, war sehr wahrscheinlich eine Kupferlegierung.
In ähnlicher
Weise manipulierte um dieselbe Zeit
Karl VII. von
Frankreich mit Hilfe eines gewissen Jacques Le
[* 3] Coeur.
Selbst Frauen, wie die Kaiserin
Barbara,
Witwe des
Kaisers Sigismund, werden unter den
Adepten genannt.
KaiserRudolf II. (1576-1612) war Mäcen der fahrenden Alchimisten, und seine Residenz bildete den Mittelpunkt für die alchimist.
Bestrebungen seiner Zeit. Seine Schützlinge nannten ihn den deutschen Hermes
[* 4] Trismegistos, und sein
Beispiel erweckte besonders
am benachbarten sächs.
Hofe Nachahmung. Kurfürst
August von
Sachsen
[* 5] und seine Gemahlin
Anna von
Dänemark
[* 6] beschäftigten
sich mit der erstere in seinem «Goldhaus» zu
Dresden,
[* 7] die letztere in ihrem prächtig eingerichteten Laboratorium
[* 8] im Fasanengarten
zu
Annaburg.
Dresden blieb noch lange der Sitz alchimist. Fürsten, und die Alchimie wurde am eifrigsten betrieben, als die
Erwerbung der poln.
Krone einen außerordentlichen Geldaufwand erforderte. Auch der
Berliner
[* 9]Hof
[* 10] ward unter
Kurfürst
JohannGeorg der Schauplatz eines alchimist. Schwindlers, des Leonhard Thurnheysser, der jedoch aus
Berlin
[* 11] fliehen
mußte.
Über hundert Jahre später fällt das Auftreten von
JohannFriedrichBöttger (s. d.) in
Dresden, der zwar kein
Gold zu
stande brachte, dafür aber in seiner Haft 1704 erst das braune Jaspisporzellan und 1709 das weiße Porzellan
erfand.
Einer der letzten
Adepten war um dieselbe Zeit
Caetano, genannt
Graf Ruggiero, ein geborener Neapolitaner und Bauernsohn, der
an den
Höfen von
München,
[* 12]
Wien
[* 13] und
Berlin sein Unwesen trieb und in letzterer Stadt 1709 sein Ende an einem mit
Flittergold
beklebten Galgen fand. Doch trat nach ihm noch ein Engländer, der
Arzt James Price, auf, der
vor der königl.
Gesellschaft der Wissenschaften erklärte, ein rotes und
weißes Pulver erfunden zu haben, womit man
Quecksilber beliebig in
Gold und
Silber verwandeln könne.
Als er jedoch ernstlich gedrängt ward, die
Beweise dafür zu liefern, brachte er sich 1783 durch
Gift um.
Mit ihm waren die Alchimisten immer noch nicht ganz ausgestorben. Noch zu Anfang des 19. Jahrh.
bestand in
Deutschland
[* 14] eine von Kortum (s. d.) in
Bochum
[* 15] (dem Verfasser der «Jobsiade») gegründete Gesellschaft von
Alchimisten (die
«Hermetische Gesellschaft» genannt),
die ihre Verhandlungen regelmäßig im
«Deutschen Reichsanzeiger» veröffentlichte.
Nach dem gegenwärtigen
Stande der
Chemie, wonach man die Metalle als Elemente,
d. i. als chemisch
einfache Stoffe, ansieht,
muß es für unmöglich gelten, aus andern als goldhaltigen
StoffenGold zu gewinnen. Sollte sich aber auch zeigen, daß die
Metalle zerlegbar sind, so steht doch fest, daß der Weg zur Metallverwandlung ein ganz anderer sein
müßte, als der von den Alchimisten eingeschlagene. Die Alchimisten haben aber durch die Erfahrungen, die sie bei ihren
Experimenten notwendig machen mußten, der
Chemie den wesentlichsten Nutzen gebracht, ja mit den
Grund zu dieser Wissenschaft
gelegt.
Litteratur.Schmieder, Geschichte der Alchimie
(Halle
[* 16] 1832);
(spr. altschahti),Andrea, ital. Jurist, geb. in Alzate bei
Mailand,
[* 18] aus alter mailändischer Familie, lehrte abwechselnd zu
Bourges,
Bologna, Pavia, Ferrara
[* 19] und
Avignon, arbeitete mehrere
Jahre als
Advokat in Mailand und starb zu Pavia. Alciati hat zuerst Gegenstände der Rechtswissenschaft mit schärferer
Kritik und einer an der klassischen
Philologie geschulten Methode, in gutem Latein, behandelt. Er ist
der
Stifter der sog. eleganten Rechtsschule. Seine Rechtsschriften sind in den
«Opera omnia» (4 Bde.,
Bas. 1546-49 u. ö.; 6 Bde.,
Lyon
[* 20] 1560-61; 4 Bde., Frankf, a. M.
1617) gesammelt. Er schrieb auch antiquarische
Abhandlungen und eine aus den
Quellen geschöpfte Geschichte Mailands bis zur
Zeit Justinians in vier
Büchern. Unter
A.s poet.
Arbeiten waren die «Emblemata» (zuerst Mail.
1522),
Epigramme auf
Tugenden und Laster seiner Zeitgenossen, am beliebtesten; von den zahllosen
Ausgaben sind mehrere wegen
der Holzschnitte geschätzt. -
Vgl. ClaudioMignault, Vita d'A. (Mail. 1584);
B.
Podesta, Documenti inediti per servire alla
storia del diritto.
(Alkibiades), athen. Staatsmann und Feldherr, Sohn des Klinias und der Dinomache, geb.
um 451
v. Chr. zu
Athen,
[* 21] verlor seinen
Vater in der
Schlacht bei
Koronea 447, und ward im Hause des
Perikles, seines Verwandten,
erzogen. Er zeigte hohe Begabung, aber auch unbegrenzte Selbstsucht, Leichtfertigkeit und Übermut.
Sokrates
gewann großen aber nicht nachhaltigen Einfluß auf ihn. Anfangs wahrscheinlich ein Gegner des
Kleon (s. d.), trat er nach
dessen
Tode (422), als der
AristokratNicias 421 zwischen den Athenern und Spartanern einen Frieden auf 50 Jahre zu stande gebracht
hatte, eifersüchtig auf dessen Ansehen, an die
Spitze der radikal demokratischen und Kriegspartei und
bewog die
Athener, sich im
Frühjahr 420 mit den
Argivern, Eliern und Mantineern zu verbünden. Dem
Bunde machten die Spartaner 418 durch
den
Sieg bei Mantinea, an der auch Alcibiades teilnahm, ein Ende. Auf des Alcibiades.
¶
mehr
Betreiben unternahmen sodann die Athener 415 den Zug
nach Sicilien (s. Griechenland,
[* 23] Geschichte) und ernannten Alcibiades nebst Nicias und
Lamachus zum Oberbefehlshaber. Aber während der Rüstungen
[* 24] geschah es, daß in der Nacht zum 11. Mai alle Hermensäulen
Athens verstümmelt wurden. Alcibiades' Feinde schoben den Verdacht der That auf ihn, doch wurde er nicht wegen
dieses Frevels, an dem er unschuldig war, angeklagt, sondern wegen Entweihung Eleusinischer Mysterien. Alcibiades verlangte vergebens
sofortige Untersuchung vor Abgang der Flotte; erst als diese wenige Wochen fort war, rief das Volk Alcibiades zurück, damit er sich
verantworte. In Sicilien hatte Alcibiades indes bereits einige nennenswerte Erfolge erzielt, die StädteNaxos und
Catana gewonnen, andere Orte waren im Begriff, sich den Athenern zu übergeben.
Dennoch folgte Alcibiades dem Befehle zur Rückkehr, entfloh aber auf dem Rückwege in Thurii und begab sich nach Argos. Als ihn in
Athen das Volk zum Tode verurteilte, beschloß er sich an seinen Landsleuten zu rächen; er ging nach Sparta
(Ende 415) und wußte sich namentlich durch strenge Beobachtung der Landessitte bald zum Lieblinge des Volks zu machen. Durch
ihn wurden die Lacedämonier bestimmt, den Syrakusiern Hilfe zu senden und sich in Attika selbst 413 durch die Besetzung von
Dekelea einen Stützpunkt für ihre Kriegsoperationen zu verschaffen.
Auch veranlaßte Alcibiades Sparta, nach dem unglücklichen Ausgange der athen. Unternehmung auf Sicilien (Sommer 413), sich mit dem
pers. Satrapen Tissaphernes zu verbinden und zunächst Chios zu unterstützen, um dies von Athen loszureißen. Er selbst brachte
im Frühling 419 Ionien gegen die Athener in Aufstand. Als aber dann die von Mißtrauen und Eifersucht gegen
ihn erfüllten Vornehmen Spartas, an ihrer Spitze König Agis II., dessen Gemahlin er verführt hatte, ihn umzubringen gedachten,
rettete sich Alcibiades, zur rechten Zeit gewarnt, im Okt. 412 zu Tissaphernes.
An den Spartanern Rache zu nehmen und mit Athen sich zu versöhnen, war von jetzt an sein Bemühen. Dem
Tissaphernes stellte er vor, wie es dem Interesse der Perser entgegen sei, die Athener ganz zu entkräften, und ließ zugleich
den oligarchischen Befehlshabern der athen. Macht auf Samos eröffnen, daß er bereit sei, sie mit Tissaphernes zu befreunden,
wenn sie die Demokratie in Athen stürzen und eine oligarchische Regierung einführen wollten. Als es ihm
nicht gelang, Tissaphernes zu einem Bündnisse mit den Athenern zu bewegen, ließen die oligarchischen Verschwörer den Alcibiades fallen,
setzten es aber durch, daß April 411 zu Athen die oligarchische Regierung der «Vierhundert» eingesetzt wurde.
Indessen erklärte sich das Heer in Samos gegen die Abschaffung der alten Verfassung, wählte sich neue
demokratische Strategen, rief Alcibiades zu sich und stellte ihn an deren Spitze. Im Okt. 411 verhalf er durch seine rechtzeitige Hilfe
den Athenern zum Seesiege bei Abydos. Als Führer des athen. Heers schlug Alcibiades dann 410 die Spartaner und
Perser bei Kyzikos, nahm 409 Perinth, Chalecdon, Byzanz u. s. w., gab den Athenern die Herrschaft des Meers wieder und kehrte
im Juni 408 im Triumphe nach Athen zurück, wo bereits Juni 411 die Herrschaft der Oligarchen gestürzt und an ihre Stelle die
gemäßigte Demokratie getreten war.
Unter dem Schutze seiner Truppen konnte auch der lange entbehrte Festzug nach Eleusis wieder stattfinden,
ohne daß die Spartaner von Dekelea aus einen Angriff wagten. Diese Glanzzeit war indes nur von kurzer Dauer.
Von den Oligarchen
wie von den Radikalen gefürchtet und gehaßt, ging von dem Volke zum unumschränkten Oberfeldherrn ernannt, im Herbst
mit hundert Schiffen nach Asien.
[* 25] Gegenüber dem neuen spartan. Feldherrn Lysander gelang es ihm nicht Erfolge zu erringen,
und während Alcibiades selbst sich zu Thrasybulus begab, der Phocäa belagerte, ließ sich sein Unterfeldherr Antiochus gegen ausdrücklichen
Befehl (407) in ein Gefecht bei Notion vor Ephesus verwickeln, das ihm das Leben und den Athenern einige
Schiffe
[* 26] kostete. Alcibiades wurde abgesetzt und zog sich nach der Propontis zurück.
Vergebens bot er dann noch vor der verhängnisvollen Schlacht bei Ägos-Potamos (405) den athen. Feldherren Rat und Hilfe an.
Nach dem Falle von Athen ging er im Frühling 404 zu dem Satrapen Pharnabazus und beabsichtigte, Artaxerxes
II. durch Enthüllung der Pläne seines Bruders Cyrus für sich zu gewinnen. Vielleicht auf Betreiben der sog. Dreißig Tyrannen
von Athen und wahrscheinlich durch Cyrus dazu ermächtigt, forderte Lysander von Pharnabazus Alcibiades' Ermordung. Dieser ließ dann
seinen Gastfreund auf der Reise nach Susa in dem phrygischen Städtchen Melissa mit Pfeilen erschießen
(Ende 404 v. Chr.). - Biographien des Alcibiades schrieben Cornelius Nepos und Plutarch.